Dienstag, 28. Februar 2012

Kein Problem Amtswillige zu finden

Aus unerfindlichen Gründen sind manche kommunalen Ämter, für die man oft Mühe hat überhaupt geeignete Kandidaten zu finden, zu gewissen Zeiten derart begehrt, dass gar Kampfwahlen stattfinden. Dies war in Weiach vor 50 Jahren bei der Primarschulpflege der Fall, wie Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1962 schreibt:

«Im Februar fand, mit den allgemeinen Gemeindewahlen, auch die Bestätigungs- bzw. Neuwahl der Primarschulpflege statt. Die Herren Albert Schenkel im Höhberg, Ernst Bersinger im Oberdorf und Hans Meier in der Kellen lehnten eine Wiederwahl ab, sodass für diese drei neue Mitglieder "gesucht" werden mussten.

Nach ziemlich heftigem Wahlkampf, an dem für die 3 Vakanzen im ganzen sieben Kandidaten vorgeschlagen waren, gingen als "Sieger", aber erst nach zwei Wahlgängen, hervor: die Herren
  • Hans Baumgartner, Metzger
  • Albert Wiesendanger, Landwirt
  • Ernst Baumgartner-Burri
Die beiden nicht zurückgetretenen Mitglieder Ernst Pfenninger-Bühler und Ernst Baumgartner-Imhof wurden ehrenvoll bestätigt. Der erstere versieht das Amt des Präsidenten, der letztere ist Gutsverwalter.

In der konstituierenden Sitzung vom 16.5. wurde, anstelle des Unterzeichneten, der während 20 Jahren auch das Aktuariat der Schulpflege geführt hatte, sein bisheriger Kollege an der Unterstufe, Herr Kurt Ackerknecht, zum neuen Aktuar gewählt.

Sodann wurde eine besondere "Turnhalle-Baukommission" bestellt, bestehend aus der Schulpflege und je einem Abgeordneten der verschiedenen Ortsvereine.
»

Dass es in Weiach eine heftigen Wahlkampf gibt, das ist schon etwas ungewöhnlich. Der letzte Kampf dieser Art wurde 2011 um das Gemeindepräsidium ausgefochten (vgl. Patt nach Kampfwahl um Gemeindepräsidium, WeiachBlog Nr. 759, 31. Januar 2010).

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 16-17. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Sonntag, 19. Februar 2012

Trottoir an der Stadlerstrasse taghell beleuchtet

In der Rubrik «VERKEHRSWESEN / UNFAELLE» seiner Jahreschronik 1962 konnte Walter Zollinger einen Meilenstein der dörflichen Erleuchtung melden. Knapp 50 Jahre nach der ersten elektrischen Installation im Dorf (auf Weihnachten 1912) hatte man auf moderne Leuchten umgestellt:

«Am 19. 2. konnte die neue, modern gestaltete Strassenbeleuchtung längs des Dorftrottoirs vom "Wiesental" bis zum Schulhaus erstmals unter Strom gesetzt werden. Das gab eine andere "Helligkeit" als vorher! Taghell dünkt einen die "Nacht" nun auf diesem Strassenstück. - Das Trottoir gegen die Station hinein, durch einen Grünstreifen von der Landstrasse getrennt, ist ab mitte Jahr ebenfalls benützbar; es bedeutet eine wahre Wohltat, vor allem für diejenigen Benützer, die täglich den Weg zur und von der Station zu gehen haben.»

Was diese Erleuchtung zwecks Verbesserung der Sicherheit gekostet hat, konnte man bereits dem WeiachBlog-Beitrag vom 5. Februar 2011 entnehmen: «Antrag des Gemeinderates betr. Krediterteilung für die Erstellung einer Strassenbeleuchtung vom Rest. "Sternen" bis zum Schulhaus im Betrage von Fr. 15'000.-".»

Quellen und weiterführende Artikel
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Samstag, 18. Februar 2012

Abendunterhaltung als «übertrieben, unpassend» empfunden

In der Jahreschronik 1962 zeigte Chronist Zollinger mit spitzer Feder, dass er nicht grad jeder Neuerung viel abgewinnen konnte. Ob sie nun von den übrigen Weiacherinnen und Weiachern begrüsst wurde oder nicht - er hatte seine eigene Meinung:

«Die Dorfmusik: Ihre diesjährige Abendunterhaltung vom 17.&18.2. wurde, nach ihrer Meinung wenigstens, "ganz gross aufgezogen". Es genügte nicht am üblichen "Konzert und Theater", sondern musste im II. Teil eine "grosse klingende, singende & tanzende Musikshow" her. Bei den meisten Besuchern fand sie sehr guten Anklang und es steckte gewisslich auch ungeheuer viel Arbeit und Proben dahinter. Aber unseres Erachtens ist diese Art Veranstaltung für ein Landdorf, gelinde gesagt, übertrieben, unpassend, eben "importiert". (Programm im Anhang).»



Das war ein ziemlich unverblümter Seitenhieb gegen den Leiter der Dorfmusik und langjährigen Kirchenorganisten Walter Harlacher.

Dazu muss man wissen, dass Zollinger sozusagen die konservative Konkurrenz führte. Er war nämlich der künstlerische Leiter sowohl des Männerchors wie des Kirchenchors Weiach (vgl. Mit dem Kirchengesangbuch ans Konzert, WeiachBlog Nr. 773, 21. Februar 2010, bzw. Abgesang auf einen Männerchor, WeiachBlog Nr. 24, 24. November 2005)

Es war für den dörflichen Haussegen gewiss gut, dass die Ortschronik erst einmal mehrere Jahre unter Verschluss war und nicht gleich jedermann zur Kenntnis gebracht wurde.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 18. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Donnerstag, 16. Februar 2012

Zuviele Veranstaltungen schon vor 50 Jahren

Zuweilen wird ja heutzutage über die Unmenge an Veranstaltungen geklagt. Die Vielzahl an Freizeitgestaltungsmöglichkeiten sei einer der Gründe für das Sterben von örtlichen Vereinen, die noch vor wenigen Jahrzehnten keine Probleme gehabt hätten, Mitglieder zu finden.

Dass dem nicht unbedingt so sein muss und es auch vor 50 Jahren schon Stress und zu viel Auswahl gab, zeigt der nachstehende persönliche Kommentar den Ortschronist Walter Zollinger unter der Überschrift «Volkskundliches / Kulturelles» in seiner Chronik 1962 gab:

«Wenn man alle die Veranstaltungen unter den Rubriken "Kirchenwesen", "Vereine und Genossenschaften" ansieht, so versteht man es wohl, dass daneben nicht mehr viel "anderes" platzhatte, es wäre sonst "des Guten zuviel" geworden. Als Beweis hiefür seien nur die Anlässe einer einzigen Februarwoche nochmals festgehalten:

11. Febr.: Vortrag des ev. Pressedienstes in der Kirche,
12. Febr.: Oberstufenversammlung im Zentralschulhaus Stadel,
13. Febr.: Unterhaltungsabend im Restaurant "Bahnhof",
14. Febr.: Vortrag Frauenverein im Schulhaus,
15. Febr.: M'chorprobe und Probeabend der Dorfmusik,
[M'chor = Männerchor]
16. Febr.: Schul- und Volkskino im Rest. "Bahnhof",
17. und 18. Febr.: Konzert der Dorfmusik und "Musikshow" im "Sternen".

Zum Glück gehts nicht jede Woche so intensiv zu; aber immerhin sind ja auch noch die Kirchenpflege, die Chöre, der Turnverein und andere Instanzen mit ihren Veranstaltungen, Sitzungen und Versammlungen im "winterlichen Rennen" eingespannt, sodass der diesbezügliche Bedarf, wenigstens meinerseits, vollauf gedeckt, nein "überzeichnet" war.
» (G-Ch 1962, S. 24)

Wenn man - wie Lehrer Zollinger - gleich in mehreren Behörden und Vereinen aktiv ist, dann konnte das natürlich schon damals zum Problem werden.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 24. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Freitag, 10. Februar 2012

Höchste je erreichte Einwohnerzahl: 1036

Per Jahresende 2011 überstieg die Einwohnerzahl der Gemeinde erstmals seit dem Rekordjahr 2002 wieder die magische Tausendergrenze. Und zwar deutlich: 1036 gemeldete Einwohner bedeuten einen neuen Rekord.

Es sieht danach aus, als sei Weiach nun nach mehreren Jahren der Stagnation wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt.

55 Personen Nettozuwachs: bei immerhin 28 Abgängen bedeutet dies Zuzug von 83 Personen. Ob diese markante Steigerung auf Bautätigkeit in den Quartierplangebieten zurückzuführen ist ist immerhin fraglich.

Verwunderlich wäre das nicht: der Gemeinderat strebt mit den diversen Quartierplänen eine deutliche Vergrösserung bis auf 1500 Einwohner an (vgl. WeiachBlog Nr. 92). Damit soll u.a. auch die Primarschule wieder belebt werden.

Quellen
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Sonntag, 5. Februar 2012

Vom Auseinanderfallen der Familien

Der Weycher Dorfchronist und langjährige Lehrer Walter Zollinger (1896-1986) machte jeweils kurze Schlussbemerkungen zu seinen Jahreschroniken.

Für den Sommer 1963 abgeschlossenen Text der Chronik 1962 basierten sie einerseits auf der Einleitung (vgl. WeiachBlog vom 12. Januar 2012) und andererseits auf einem Zitat eines Referenten an der von ihm obligatorisch zu besuchenden Lehrersynode und mündeten in einer veritablen Zivilisationskritik:

«Prof. Dr. J. Niehaus sprach in seiner diesjährigen Synodalrede auch den folgenden Satz aus, den ich mir spontan notierte: "Der steigende Wohlstand ist mitschuld, dass die Landwirtschaft zusammenschrumpft; denn von 1.- Fr. Mehrlohn gehen nur noch ca. 20 Rp. auf den Sektor Nahrung, weil die heutigen Menschen "satt genug" sind."

Vierfünftel der erhöhten Löhne gehen damit also wohl auf in Anschaffungen für Bekleidung, für Maschinen im Beruf und Haushalt, in erhöhtem Wohnkomfort, für die Motorisierung, für Reisen und andere Vergnügung aller Art. Der Bauer hat also nur geringen Anteil an der Hochkonjunktur von heute. Das erklärt wohl, nochmals, die in der Einleitung zu dieser Chronik erwähnte Tatsache, des Rückgangs unserer landwirtschaftlichen Betriebe um beinahe die Hälfte.

Eine weitere Folge des erhöhten Komforts im Haushalt, der vermehrten maschinellen statt Hand-Arbeit, der gestiegenen Reise- und Vergnügungssucht ist sicher auch der geringere, leicht zu beobachtende Zusammenhalt, oder schärfer gesagt: das Auseinanderfallen der Familien (vornehmlich in Angestellten- und Arbeiterfamilien). Für die heute aufwachsende Generation hat man daheim keine erzieherisch so wertvollen Beschäftigungen mehr, da ja die bequemen, wenn auch teuren Apparate und Maschinen das alles leisten können, wozu man früher etwa die Kinder anhalten konnte oder musste. So suchen diese eben ihre Zeit nun auf der Strasse (früher sagte man "auf der Gasse") zu vertrödeln. Und was dabei herauskommt, ist oft erschreckend: zunehmender Ungehorsam, wachsende Arbeitsscheu, abnehmende Autorität des Elternhauses, Sucht nach Schleckereien (dies auch dank der Verlockungen durch die neuen, überall aufgestellten Automaten oder durch die Kioske), Verwilderung in den Sprachausdrücken u.s.w.

Einige Beispiele! "Dumme Siech", "du bisch en Dubel", "es gaht di en Dräck a", "das isch en Seich". Solch wüste Ausdrücke hätten wir uns zu meiner Bubenzeit und im Beisein Erwachsener kaum gestattet. Heute hört man sie ungeniert und zwar von Knaben wie von Mädchen und in jedem Milieu; leider musste ich's sogar schon von jungen Kollegen anhören und auch von Elternseite, was mir jedesmal bis in's Innerste weh tat.

Es tut mir fast leid, die 1962er-Chronik mit solch betrüblicher Feststellung schliessen zu müssen, aber eben....!
»

Dieser Text wurde in Teilen bereits veröffentlicht in Weiacher Geschichte(n) Nr. 44: «Di hütigi Jugend...!» Von der «Jugendordnung 1960» zur «Just Community»?

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 26-27. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]

Donnerstag, 2. Februar 2012

Februarwetter 1962: Um ein Haar Sonne an Lichtmess

Im Januar vor 50 Jahren gab es wohl zu Beginn viel Schnee, sonst aber nicht allzu kalte Temperaturen. Der Folgemonat setzte zwar einen kalten Auftakt, war seinem Vorgänger aber sonst recht ähnlich, wie Walter Zollinger schreibt:

«Februar: Dieser dagegen setzte gleich mit ordentlicher Kälte ein, -12° am ersten Morgen schon. Und der zweite Tag brachte endlich herrlichen Schneefall und damit eine prächtige Winterlandschaft. Nachmittags aber schien "fast,fast" die Sonne wieder. Das wäre fatal gewesen, man denke doch: an Lichtmess [2. Februar]! Sagen doch einige Regeln von ihr

"Wenn's an Lichtmess stürmt & schneit,
ist der Frühling nicht mehr weit.
Ist es aber klar und hell,
kommt der Lenz wohl nicht so schnell."

Oder: "An Lichtmess sieht man lieber
den Wolf im Stall als die Sonne".

Die Temperaturen stiegen jetzt aber rasch wieder und hielten sich morgens meist so um -4° bis +5°. Nur mitte Monat erreichte sie einmal -9°. Fast täglich zeigte sich dieselbe Hochnebeldecke oder dann eine starke Bewölkung des Himmels; der 5., der 13. und der 17. Februar waren recht stürmische Tage mit Sudelwetter u. Schneegestöber. Allerdings dürfen auch wieder einige dazwischen aufgetretene sonnige Tage genannt werden, wie z.B. der 3. & 15.2., sowie die Tage vom 18. bis und mit 21. Februar.
»

Besonders die zweite dieser «Bauernregeln» ist bemerkenswert. Immerhin ist ein Wolf im Stall eine ziemliche Katastrophe. Das zeigt, wie sehr man anscheinend früher sonniges Wetter an einem 2. Februar fürchtete.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 6. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 18. März 2012]