Sonntag, 30. November 2014

Novemberwetter 1964: Unvermeidliche Hochnebeldecke

Für die Beschreibung des Oktoberwetters 1964 hat Walter Zollinger in seiner Jahreschronik erstmals den Begriffs «netzend» verwendet. Und zwar in der Bedeutung von Nebel der sich auf Oberflächen in nasser Form niederschlägt. Das neue Wort wird auch für die Beschreibung des nachfolgenden Monats verwendet. Denn da ging es mit dem Nebel weiter wie im Oktober:

«November: Die ersten 2 Wochen des Novembers zeigten ständig eine Hochnebeldecke an den Vormittagen, hie und da sogar leicht netzend; nachmittags manchmal etwas aufhellend, dann aber auch gleich ein kalter Oberwind. Nun folgt vom 14. ab ein Wechsel auf ein paar föhnig-stürmische Tage mit z.T. "scheusslichem Regenwetter". Jetzt, etwa ab dem 20.11. wirds endlich besser, morgens wohl noch neblig oder bedeckt, aber doch die Nachmittage und Abende teilweise sonnig, trocken sogar. Das Monatsende bringt wieder ganze Tage mit der unvermeidlichen Hochnebeldecke, mit kühlen Winden und sogar (am 28., 29., 30.11.) etwas leichtem Schneefall, sodass Wiesen, Bäume und Dächer weissbedeckt sind. Die Temperaturen hielten sich leicht unter denjenigen des Vormonates:

Höchstemperaturen: morgens 11°, mittags 12°, abends 13° (Föhn)
Tiefsttemperaturen: morgens 0°, mittags 2°, abends 0°
»

Also eigentlich übliches Weiacher Herbstwetter. Neblig halt. Bodennebel ist ebenfalls sehr häufig, liegt doch der Dorfkern nur ein paar hundert Meter vom Rhein entfernt. Im hier beschriebenen Monat hat sich aber offensichtlich eine ziemlich stabile Inversionslage halten können.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 - S. 7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
[Veröffentlicht am 20. Januar 2015]

Samstag, 29. November 2014

Öffentliche Bauvorhaben 1914: Kirche und Altes Schulhaus

Im Jahre 1914 liessen die Weiacher gleich zwei öffentliche Bauvorhaben ausführen. Einerseits eine sanfte Renovation der evangelisch-reformierten Kirche. Und andererseits eine Modernisierung des Schulhauses (heute als «Altes Schulhaus» bezeichnet).

Modern heizen bei den Schülern

Dem Schulhaus wurde eine ganz spezielle Neuerung spendiert, nämlich der «Einbau einer Zentralheizung» (zit. n.: Weiach, 4. Aufl., Fussnote 160). Über eine solche Annehmlichkeit konnten sich die meisten Weiacher in ihren privaten Wohnungen noch nicht erfreuen, wie man der elektronischen Version des Historischen Lexikons der Schweiz (e-HLS) entnehmen kann:

«Im 17. und 18. Jh. kamen in den Bauernstuben die Kachelöfen auf. Die dafür benötigte Keramik wurde häufig aus städt. Abbruchmaterial gewonnen. Die ländl. Kachelofenheizung, die heute als bäuerl. Attribut schlechthin gilt, ist eine Form von diffundiertem höf. und städt. Kulturgut. [...] Im 18. und 19. Jh. setzte sich die industrielle Produktion von gusseisernen Zimmeröfen durch. Mit dieser zweiten Zäsur war die H[eizung] nicht mehr zwingend an Küche und Stube gebunden. Die Brüder Johann Jakob und Salomon Sulzer führten hierzulande - nach nordamerikan. und engl. Vorbild - 1841 die dampfbetriebene Zentralheizung ein. Deren Betrieb mit warmem Wasser verbreitete sich im Wohnungsbau erst nach dem 1. Weltkrieg.» (e-HLS, Artikel Heizung, Stand 24/03/2011).

Ob es sich bei der neuen Schulhausheizung um eine nach dem Prinzip Sulzer oder doch schon um eine Warmwasserheizung gehandelt hat? Die Protokollbände im Archiv der Primarschulgemeinde könnten da allenfalls zur Aufklärung beitragen.

Immerhin ein neuer Bodenbelag für die Kirche

Die Kirchgemeinde konnte (oder wollte) in der Zeit vor 100 Jahren nicht allzu viel Geld auf einmal verbauen. 1912 wurde zum ersten Mal eine elektrische Beleuchtung installiert, womit die Kirche eines der ersten mit Strom versorgten Gebäude im Dorf war.

1914 wurde eine von der Kantonalen Denkmalpflege Zürich als «Gesamtrenovation» (s. unten) bezeichnete Sanierung durchgeführt:

«Dabei wurden zwei bisher neben dem Taufstein liegende Grabplatten entfernt und in die nahen Mauern eingelassen (es könnte sich um die Grabplatten von Pfarrer H.R. Wolf und seiner Schwester handeln). Der alte Klinkerboden wurde durch einen Plättlibelag ersetzt. Die Kosten für diese Innen- und Aussenrenovation beliefen sich damals auf Fr. 37'900 (nach Maurer, 1965; indexiert auf heute ca. Fr. 400'000).» (zit. n.: 300 Jahre Kirche Weiach, S. 54).

Mit dieser Gesamtrenovation 1914 war es also nicht weit her - ausser man wolle auch die beiden folgenden Bauprojekte dazuzählen: 1926 liess die Kirchgemeinde das Wandtäfer ausbauen, sanieren und teilweise erneuern. Auf den Heizkomfort, der die Schüler damals schon seit mehr als einem Jahrzehnt erfreute, mussten die Kirchgänger bis 1929 warten, als durch die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach (EGW) eine elektrische Heizung installiert wurde. Ob man vorher mit Kohlenöfen oder dergleichen zu Winterzeiten ein bisschen Wärme in die Kirche gebracht hat, ist mir nicht bekannt. Zusätzlich zur neuen Heizung wurde eine neue Turmuhr eingebaut (bis heute in Betrieb), sowie die erste richtige Orgel (von 1930 bis 1967 in Betrieb - vorher gab es nur ein Harmonium).

Gesamtrenovation?

Diese schrittweise Renovationstätigkeit war aus der Sicht des Denkmalschutzes ein Glücksfall, wie der 6. Bericht der Kantonalen Denkmalpflege Zürich verrät:

«Glücklicherweise überstanden der aus der Bauzeit stammende Taufstein, die auf 1706 datierte Kanzel, grosse Teile der Chorbestuhlung, die Empore sowie die Bretterdecke auch die Gesamtrenovation von 1914, so dass für die Gesamtrestaurierung von 1967/68 noch wichtigste Teile der alten Bausubstanz vorhanden waren.» (zit. n.: 300 Jahre Kirche Weiach, S. 30).

Die vermeintliche Gesamtrenovation 1914 entpuppt sich als ganze Serie von Entscheiden der Kirchgemeinde. Letztlich war es neben der konservativen Grundhaltung sicher auch das mangelnde Geld, das die damaligen Weiacher (Frauen hatten bis 1964 nichts zu sagen - zumindest in der Gemeindeversammlung) davon abgehalten hat, alte Bausubstanz im grossen Stil durch Modernität zu ersetzen.

Die erste wirkliche Gesamtrenovation dürfte somit die von 1967/68 gewesen sein.

Quellen
  • Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006, (Internetausgabe 2007)
  • Brandenberger, U.: Weiach. Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Vierte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach» (Internet-Ausgabe 2014)
  • Maurer, E.: Die Kirche zu Weiach. Weiach, 1965. Hrsg.: Evang.-ref. Kirchgemeinde
    Weiach.
  • Zürcher Denkmalpflege (Hrsg.): Weiach. Reformierte Kirche. Gesamtrestaurierung. In: 6. Bericht 1968/1969 – S. 143-144.
[Veröffentlicht am 20. Januar 2015]