Montag, 13. April 2020

Die Weiacher Autobiographie einer amerikanischen Tierbuchautorin

«My family home was in an obscure village called Weiach, but situated on the romantic river Rhine. Our Swiss language was an equally obscure dialect.» Mit diesen Worten beginnt das im Oktober 1921 in Boston erschienene Buch «When I was a girl in Switzerland» von Louise Patteson.

Der Begriff «obscure» steht hier wohl für «unbedeutend» oder «abgelegen». Und wie man aus diesen Worten herauslesen kann, ist Louise Patteson ursprünglich eine Weiacherin.

Ihr Buch entpuppt sich als eine kulturhistorische Trouvaille. Es berichtet aus der Sicht eines Kindes, wenn auch aus der Erinnerung und mit mehreren Jahrzehnten Abstand, so doch aus erster Hand und detailgetreu über den Weiacher Dorfalltag in der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Telegraphen-Angestellte bei einer Bahn, Inhaberin einer Privatschule, Autorin

In einem Artikel, der am 11. Februar 1904 in The Tacoma Times (Tacoma im Bundesstaat Washington an der Westküste der USA) erschienen ist, wird der sonst – auch von ihr selber – nirgends erwähnte Geburtsname genannt: Griesser!

Susanna Louise Griesser Patteson, geboren am 14. Februar 1853 in Weiach als Luisa Griesser, gestorben in Cleveland, Ohio im Jahre 1922, wanderte im Oktober 1867 zusammen mit ihrer Stiefmutter und ihrem fünf Jahre jüngeren Bruder Jacques über Le Havre in die USA aus, wo sich ihr Vater bereits eine Existenz aufgebaut hatte.

In der neuen Heimat arbeitete sie unter anderem als «telegraph operator in a railroad office», wie sie in ihrem autobiographischen Werk When i was a girl in Switzerland auf S. 225 schreibt.

Diese Tätigkeit hat sie zu einer selbstständigen Tätigkeit als Lehrperson weiterentwickelt. In den 1890ern tritt sie als Inhaberin und Leiterin einer eigenen Stenografen-Schule in Cleveland, Ohio in Erscheinung, wie man einem von ihr verfassten Lehrbuch, dem Complete manual of Pitmanic phonography von 1895 entnehmen kann. Sir Isaac Pitman war der Erfinder des damals im englischen Sprachbereich verbreitetsten Stenographie-Stils.

Katzenliebhaberin mit privatem Tierheim

Von Kindesbeinen an liebte Louise Tiere. 1901 erschien ihr Buch Pussy Meow. The autobiography of a cat. 1903 im selben Verlag die Letters from Pussycatville. So kam es, dass sie als «writer of cat stories» bekannt wurde, wie der Titel des oben erwähnten Artikels in der Tacoma Times lautete. Der Artikel selber beschreibt, wie Louise Patteson in ihrem Haus in Cleveland dutzenden von vernachlässigten Katzen eine vorübergehende Heimstätte bot. So lange, bis sie an einem geeigneten Platz ein neues Zuhause fanden.

1917 schliesslich schlug sich die Beziehung zu ihrem Rafzerfelder Grossvater, einem Vogelliebhaber, der in seinem Dorf den Übernamen «Vögeli» trug, im Buch How to have bird neighbors nieder.

Eine der ältesten Umweltschutzorganisationen in Cleveland, die Audubon Society of Greater Cleveland wurde 1923 unter dem Namen Susanna Louise Patteson Memorial Association gegründet.

Illustration im Artikel der Tacoma Times, 11. Februar 1904. 
Der Name ist irrtümlich zum wesentlich häufiger auftretenden Patterson verschrieben.
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Susanna_Louise_Patteson,_1904.jpg

Quellen
  • S. Louise Patteson: When I Was a Girl In Switzerland. Lothrop, Lee & Shepard Co., Boston, October 1921 [Elektronische Fassung auf archive.org; PDF, 11 MB
  • The Tacoma Times, Februar 11, 1904, page 4 [Elektronische Ressource, Library of Congress http://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn88085187/1904-02-11/ed-1/seq-4/]

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