Ihr allererstes Geschäft war dann gleich ein recht unerfreuliches aus der Nordwestecke des Staatsgebiets. Ein auf den 1. Januar datiertes Schreiben des Oberamtmanns auf Schloss Regensberg (heute wäre das der Bezirksstatthalter), das über einen Grossbrand an Silvester 1824 berichtet:
«Da die Ursache des Brandes, dieser in ihrer Feuereinrichtung sehr übel bestellt gewesenen Gebäude, nicht ausgemittelt ist, die erstbenannte Haushaltung aber, welche ein ungetheilt gutes Zeugniß genießt, alles Verdachtes entschlagen ist, und gegen die zweyte, die sich zwar auch schon die Ahndung für Fahrläßigkeit mit dem Feuer zugezogen hat, keinerley Indicien vorhanden sind, auch beyde Parteyen alle ihre Fahrnuß verloren haben und sehr dürftig sind, so haben UHHerren und Obern erkennt, denselben den ganzen Ersatz der obbemeldten Aßecuranz-Summe, nebst der gewohnten Obrigkeitlichen Steuer an Frucht und Geld verabfolgen zu laßen.
Hievon wird der Lbl. Brandaßecuranz-Commißion, der Lbl. Finanz-Commißion, und dem Lbl. Oberamte Regensperg Kenntniß gegeben.»
«Das Lbl. Oberamt Regensperg erstattet der hohen Regierung sub dato 1sten hujus den Bericht, daß Tags vorher die mit No. 17. und 18. bezeichneten, zusammen für fl 1500. aßecurirten Wohnungen der Jacob Baumgartnerschen und Heinrich Bersingerischen Haushaltung zu Weyach gänzlich abgebrannt seyen. Dieser Bericht wird, in Gewärtigung des hierüber abzufaßenden Gutachtens der Lbl. Brandaßecuranz-Commißion, einstweilen ad acta gelegt.»
Ein versicherter Schaden von 1500 Gulden also. Von der (wohl nicht versicherten) ebenfalls verbrannten Fahrhabe und persönlichen Effekten der nun ohne Häuser dastehenden Familien ist hier keine Rede. Die Regierung nahm die Angelegenheit erst einmal lediglich zur Kenntnis und liess die löbliche (das bedeutet Lbl. nämlich) Gebäudeversicherungskommission ihres Amtes walten.
Gutachten der Brandassekuranz innert 10 Tagen erstellt
Und diese Kommission hat sich wohl schon kurz nach dem Eintreffen des Schreibens aus Regensberg vor Ort begeben, hat die Akten durchgesehen und sich ein eigenes Bild verschafft.
Bereits am 11. Januar behandelte die Regierung die traurige Angelegenheit erneut, denn am Vortag hatte die Kommission ihren Antrag formuliert und das am 6. Januar offiziell bestellte Gutachten eingereicht.
Diesmal geht das Protokoll tiefer und erwähnt (wohl basierend auf dem Bericht) die Versicherungssummen der beiden Gebäude:
«Mit einer Weisung d. d. 10ten hujus hinterbrachte die Lbl. Brandaßecuranz-Commißion der hohen Behörde des Kleinen Rathes ihren gutächtlichen Bericht und Antrag, betreffend das am 31sten passati zu Weyach Statt gehabte Brandunglück, durch welches die zwey Behausungen, No. 17. für fl 1000. aßecurirt, den Erben des Heinrich Bersinger, und No. 18. für fl 500. eingeschrieben, dem Jacob Baumgartner zugehörig, gänzlich eingeäschert wurden.»
Die Abkürzung «d.d.» steht für lateinisch «de dato»: «vom Datum» oder «datiert vom»; «hujus» (abgekürzt für «huius mensis») bedeutet «dieses Monats», also desselben, auf den der vorliegende Eintrag datiert ist. Diese Formulierung war insbesondere in der Verwaltungssprache und in juristischen Texten bis ins 19. Jahrhundert verbreitet. «Passati» steht entsprechend für den vorangehenden Monat, also hier den Dezember.
Wieder einmal vernachlässigte Feuerstellen!
Die Ermittlungen der Kommission zur Brandursache ergaben laut dem Regierungsratsprotokoll vom 11. Januar 1825 ein durchzogenes Bild:
«Da die Ursache des Brandes, dieser in ihrer Feuereinrichtung sehr übel bestellt gewesenen Gebäude, nicht ausgemittelt ist, die erstbenannte Haushaltung aber, welche ein ungetheilt gutes Zeugniß genießt, alles Verdachtes entschlagen ist, und gegen die zweyte, die sich zwar auch schon die Ahndung für Fahrläßigkeit mit dem Feuer zugezogen hat, keinerley Indicien vorhanden sind, auch beyde Parteyen alle ihre Fahrnuß verloren haben und sehr dürftig sind, so haben UHHerren und Obern erkennt, denselben den ganzen Ersatz der obbemeldten Aßecuranz-Summe, nebst der gewohnten Obrigkeitlichen Steuer an Frucht und Geld verabfolgen zu laßen.
Hievon wird der Lbl. Brandaßecuranz-Commißion, der Lbl. Finanz-Commißion, und dem Lbl. Oberamte Regensperg Kenntniß gegeben.»
UHHerren (Unsere Hohen Herren) zeigten sich angesichts des Umstandes, dass im Gutachten keine Brandursache direkt angesprochen werden konnte (ausser dem generell schlechten Zustand der Feuerstellen) sowie aufgrund der Armut der beiden vom Brand betroffenen Weyacher Haushalte also gnädig. Und das, obwohl die Familie von Jacob Baumgartner punkto Feuersicherheit bereits mindestens einen Tolggen im Reinheft hatte!
Es wurde also erkannt (d.h. beschlossen), die volle Versicherungssumme zur Auszahlung bringen zu lassen und den Betroffenen auch die üblichen Leistungen des Staates zugesprochen.
In welchem Dorfteil standen Nr. 17 und 18?
Aufgrund des Umstandes, dass die Nummerierung nach dem ältesten System bei der Mühle im Oberdorf begonnen wurde, kann man direkt ableiten, dass es sich um Häuser am Fuss der Fasnachtflue gehandelt hat. Und das ist auch so, wie man dem im Gemeindearchiv liegenden Lagerbuch der Brandassekuranz (PGA Weiach IV.B.06.01) entnehmen kann:
Aus diesen beiden im Jahre 1834 mutmasslich aus einem älteren Lagerbuch kopierten Einträgen ersieht man, dass die Nr. 18 (versichert für 500 Gulden) nicht wiederaufgebaut wurde. Wohl aber die Nr. 17 (ursprünglich assekuriert für 1000 Gulden). 1834 gehörte das neu erstellte Gebäude Hans Ulrich Bersinger (wohl einer der Erben des Heinrich Bersinger sel.) und war für 1550 Gulden versichert.
Diese Assekuranzsumme entspricht fast exakt der 1825 ausbezahlten Entschädigung. Aufgrund dieser Angaben könnte man nun annehmen, dass das neue Gebäude im Verhältnis 2:1 unter den beiden brandgeschädigten Familien aufgeteilt wurde, schliesslich waren ja beide Parteien mittellos. Fragt sich nur, weshalb dann das Eigentum nun zu 100 % bei Hs. Ulrich Bersinger lag. Waren die Baumgartner ausgewandert? Und woher wäre dann das Geld gekommen, mit dem sie ausbezahlt wurden?
Abgebrannt war ein Strohdachhaus
Nicht allzu viel weiter kommt man mit dem 1812 erstellten Lagerbuch, das mittlerweile im Staatsarchiv (allerdings nur noch in Form der Negative der Mikroverfilmung) einsehbar ist (Original: StAZH RR I 575.1):
Die beiden versicherten Objekte sind auf ein und derselben Seite des Lagerbuchs eingetragen und die Versicherungssummen beider Parteien werden zusammengezählt, sodass man annehmen muss, sie seien zusammengebaut gewesen. Zudem ist bei beiden Parteien ein Strohdach eingetragen. Brannte eins der beiden Objekte ab, dann war es unvermeidlich auch um das andere geschehen.
Bereits der Eintrag für den Neubau nach dem Brandunglück, datiert auf das Jahr 1825, weist als Eigentümer einzig den oben erwähnten Hs. Ulrich Bersinger aus! Der Neubau hatte ein Ziegeldach erhalten und als Versicherungssumme wurde offenbar der bisherige Gesamtbetrag für beide Objekte (1500 Gulden) übernommen. Und: Der Zuname dieses Zweiges der Bersinger war Weibelrudis (wenn ich das ab der leider ziemlich verschwommenen Aufnahme richtig entziffert habe).
Von der zweiten brandgeschädigten Partei findet man aber in den Eigentümereinträgen keine Spur mehr. Dieses Rätsel harrt also noch der Auflösung.
Nummer 17 (1809) ist jetzt Oberdorfstrasse 13 (1992)
Aus der Gebäudenummernkonkordanz geht hervor, dass die wiederaufgebaute Liegenschaft Nr. 17 im Jahre 1895 die Nummer 33 und im Jahr 1955 die Assekuranznummer 265 zugeteilt erhalten hat und heute immer noch steht.
Es handelt sich um das einzige Gebäude, das zurückversetzt von der Oberdorfstrasse gelegen ist (hinter der Nr. 11) und nach den offiziellen Richtlinien eigentlich die Adresse Rebweg 1 tragen müsste.
Laut Gebäudeversicherung ist das Baujahr (technisches Gebäudealter) 1826. Auf welche Angaben sich diese Verschiebung um ein Jahr bezieht (Fertigstellungsjahr?), ist derzeit noch offen.
Als Eigentümer der Parzelle 293 firmierten noch im Oktober letzten Jahres Roger und Nadja Kappeler. Aktuell sind es Daniel und Kathrin Rimensberger.
Quellen
- Das Lbl. Oberamt Regensperg berichtet, daß in Weyach 2. Wohnungen abgebrannt. Beschluss des Kleinen Raths (Regierungsrat) vom 6. Januar 1825. Signatur: StAZH MM 1.90 RRB 1825/0001.
- Aßecuranzvergütung des Brandunglückes zu Weyach an die Haushaltungen Bersinger und Baumgartner. Beschluss des Kleinen Raths (Regierungsrat) vom 11. Januar 1825. Signatur: StAZH MM 1.90 RRB 1825/0028.
- Lagerbuch Gebäudeversicherung Kt. ZH, Expl. Gemeinde, 1834-1894. Signatur: PGA Weiach IV.B.06.01.
- Brandenberger, U. (Bearb.): Gebäudenummernkonkordanz der Gemeinde Weiach 1809-1895-1955-1992, nachgeführt bis 31.12.2024; in Verbindung mit der Gebäudealterkarte sowie der Eigentümerauskunft des Geoportals des Kantons Zürich (maps.zh.ch).
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