Montag, 31. Dezember 2012

Dezemberwetter 1962: achtmal Schnee und etwas Regen

Vor 50 Jahren erlebte Weiach einen trockenen Herbst (vgl. den Beitrag Novemberwetter 1962). Die Temperaturen und der Nebel entsprachen zwar durchaus der Jahreszeit. Nur der Niederschlag kam und kam nicht. Im Dezember schneite und regnete es dann zwar, aber das war für die Landwirtschaft etwas gar spät:

«Dezember: Der "Weihnachtsmonat" beginnt mit ordentlich kalten Tagen (bis zu -10°), meist bedeckt Hochnebel den ganzen Himmel. Dieser Monat zeichnet sich überhaupt durch sehr viel Hochnebel aus; eigentlicher Morgennebel dafür nur dreimal. Sonnige Tage gab es fast keine (5 mal an Nachmittagen, einmal an einem Vormittag, nur einmal war's den ganzen Tag sonnig). Sehr oft blies ein kalter Oberwind. Schnee fiel achtmal, meist nur wenig und der wurde erst noch am selben Tag durch den nachfolgenden Regen wieder weggewischt. Der 15./19./29. Dezember machten da eine rühmliche Ausnahme, indem etwas grössere Mengen Schnee fielen (bis 10 cm). Langer Bestand war aber auch diesem Schnee jeweilen nicht beschieden.

Höchsttemperaturen verzeichnete ich morgens +6°, mittags +5°, abends wieder +5°; es waren dies ein paar Tage zwischen dem 12. und 16. Dezember, die deutlich unter Föhneinfluss standen. Die Tiefsttemperaturen erreichten -13° morgens, -11° mittags und -12° abends. Diese Tage standen dann ganz im Zeichen des anhaltenden Oberwindes, 23. bis 28. Dezember.

Der ganze Herbst und Vorwinter waren demnach sehr niederschlagsarm und trocken; die so nötige Winterfeuchte für den Boden blieb aus.»

Unter dem Begriff «Oberwind» versteht Zollinger einen kalten Nordwind. Warum er ihn nicht Bise nennt, ist unklar.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 10. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 1. Januar 2013]

Samstag, 29. Dezember 2012

Wie wird's? Das Wetter in den nächsten 2 Stunden

Sie wollen wissen wie das Wetter in den nächsten zwei Stunden an ihrem Standort wird? Zum Beispiel in Weiach?

Kein Problem! Dafür gibt es pünktlich zu Weihnachten wiewirds.ch - ein Webdienst der vom ETH-Spinoff meteoradar.ch zur Verfügung gestellt wird. Für Weiach gibt man http://www.wiewirds.ch/Weiach-8187.php ein und erhält das folgende kleine Fenster:


Diese so genannten 2H5M-Prognosen (Blick auf die nächsten zwei Stunden, der jeweils alle fünf Minuten aufdatiert wird) sind immer aktuell und können für das nächste Planquadrat der Schweizer Kilometerkoordinaten in der Nähe ihres Wohnorts aufgerufen werden.

Für 8187 Weiach und 5467 Fisibach ist das die Koordinate 675/270 auf einer Höhe von 419 m ü. M. (Kaiserstuhl kennt wiewirds.ch übrigens nicht, dafür aber Regensberg). Die benachbarte Koordinate (entsprechend Mellikon, Rümikon und Wislikofen, alle im aargauischen Studenland) ist 670/270. Die Prognose basiert also auf einem 5 km-Raster.

Zu weiteren technischen Details, besonders dem dahinter steckenden Rechenmodell äussern sich die Profis am besten gleich selber: http://www.meteoradar.ch/wetterblog/2012/12/20/2h5m-prognosen/

Freitag, 30. November 2012

Novemberwetter 1962: wieder keine Niederschläge

Bereits im September und Oktober 1962 war es aussergewöhnlich trocken (vgl. die Beiträge Septemberwetter 1962 und Oktoberwetter 1962). Diese Witterung setzte sich auch im «Wintermonat» fort, wie Walter Zollinger notiert hat:

«November: Er zeichnet sich durch zahlreiche Tage mit bedecktem Himmel aus. Auch Morgennebel und Hochnebel während ganzer Vormittage gab es ziemlich viel; die Sonne zeigte sich jeweilen nur für kurze Zeit an Nachmittagen. Niederschläge fielen trotzdem sozusagen keine, nur 2 oder 3 mal etwas Schnee, um doch den "Wintermonat" wenigstens zu markieren. Die Temperaturen hielten sich fast durchwegs im gewohnten Rahmen:
Höchsttemperaturen: morgens 7°, mittags 15°, abends 9°
Tiefsttemperaturen: morgens -6°, mittags -5°, abends -5°.»

An der Wetterfront vor 50 Jahren galt also: «im Westen nichts Neues». Selbst die Trockenheit war keine Neuigkeit mehr.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 10. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 1. Januar 2013]

Freitag, 9. November 2012

Mit Bahnpost von Burladingen nach Weyach, 1901

Burladingen ist eine Gemeinde im heutigen Zollernalbkreis des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg. Sie gehört historisch gesehen zu Hohenzollern und war vor rund hundert Jahren Teil des preussischen Regierungsbezirks Sigmaringen. Im frühen 20. Jahrhundert war der Ort auch ein Zentrum der Textilindustrie.

Es ist also gut möglich, dass das 8 Kilogramm schwere Päckchen an die «Handlung» von Jakob Meierhofer-Meier in Weiach etwas Textiles enthielt. Der dazugehörige Begleitschein mit württembergischen Briefmarken und diversen Stempeln steht aktuell bei Ebay zum Verkauf.

Viele Durchgangsstempel

Nachstehend die Vorderseite mit Adressatenanschrift (man beachte: als «Weiach Cant. Zürich» geschrieben). Interessant auch, dass zusätzlich zu den Beförderungsgebühren von Reichsmark 1.40  auch Zollgebühren verrechnet wurden:
Auf der Hinterseite sind die Unterschrift der Empfängerin (Hulda Meierhofer) sowie vier Durchgangsstempel zu finden:
 
Befördert wurde das Paket demnach per Bahn und zwar wohl zuerst mit der Hohenzollerischen Landesbahn, dann auf nicht mehr eruierbaren Wegen mit dem Postzug Strassburg (Elsass) - Stuttgart und war dann nach Waldshut unterwegs. Während es vom ersten Stempel der königlich württembergischen Bahnpost (11. Mai 1901) bis nach Waldshut (12. Mai 1901) nur gerade einen guten Tag dauerte, datiert der Stempel Weyach vom 14. Mai.

Benötigte die Verzollung nach der Schweiz so viel Zeit? [Das Elsass gehörte damals zum Deutschen Reich, da gab es keine Zollgrenze (ausserdem handelte es sich ja auch um einen Postzug Strassburg-Stuttgart)]

Dass es sich hier um Bahnpoststempel handelt ist kaum verwundertlich, war die begleitete Bahnpost doch in der gesamten Zeit der Deutschen Reichspost das Rückgrat der Postbeförderung. Das war auch in der Schweiz ab 1866 nicht anders. Der letzte begleitete Bahnpostwagen wurde hierzulande erst nach der Jahrtausendwende ausgemustert, als man 2004 den Zeitungsversand auf die Strasse verlegte (vgl. den Wikipedia-Artikel Bahnpost).

Warum Weyach und nicht Weiach?

Der zuletzt vom hiesigen Postbüro aufgedrückte Stempel führt noch immer das y im Ortsnamen, obwohl die Gemeinde 1901 offiziell schon seit Jahrzehnten mit i geschrieben wurde (vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 2).

Wie man dem Artikel Die Weiacher Post und ihre Stempel (WeiachBlog Nr. 702 vom 24. November 2009) entnehmen kann, wurde am 1. Juli 1871 ein Rundstempel ohne Stundenangabe mit der Bezeichnung «Weyach» eingeführt. Vorher war der einfache Schriftzug ohne Datumsangabe in Gebrauch.

Dass die Zürcher Kantonsverwaltung schon 1872 der Ansicht war, die Schreibweise sei zu modernisieren, hat die Post erfolgreich während über 30 Jahren ignoriert. Erst 1904 erhielt der Stempel die Bezeichnung «Weiach».
 

Dienstag, 30. Oktober 2012

Oktoberwetter 1962: ein trockener Geselle

Im Oktober vor 50 Jahren zeichnete sich erstmals ab, dass die Nässe im Frühling nun durch eine umso grössere Trockenheit kompensiert wurde. Für das Einfahren der Ernte (Obst und Trauben) war die trockene Witterung natürlich ein Vorteil:

«Oktober: Der "Weinmonat" war ebenfalls ein trockener Geselle. Wohl lagen an 15 Tagen Morgennebel über der Gegend und 11 mal sogar eine Hochnebeldecke. Regen aber fiel nur dreimal, sonst war es, vor allem an den Nachmittagen, immer sonnig oder "wolkig bis heiter". Die Temperatur war gegenüber dem Vormonat allerdings gefallen und zwar merklich. An den Morgen und Abenden selten mehr über 10°, meist um 6 oder 7° herum, einmal schon nahe der 0°-Grenze und am Morgen des 30.10. lag der erste Reif über den Wiesen (-2°). Die Nachmittage waren, weil viel sonnige, natürlich warm. Höchste Temperatur zeigte der Nachmittag des 5.10. mit 20°. Das trockene Wetter begünstigte die Herbstarbeiten in hohem Masse, vor allem die Obst- und Traubenernte.»

Gerade so extrem warm und sonnig wie das heurige Oktoberende (ein verspäteter «Altweibersommer» oder «indian summer») war der Oktober 1962 dann doch nicht. Aber trocken.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 9-10. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 9. November 2012]

Sonntag, 30. September 2012

Septemberwetter 1962: ein annehmbarer Herr

So wie der August war auch der September vor 50 Jahren ein guter Monat für die Landwirtschaft, wie man Zollingers Jahreschronik entnehmen kann:

«September: Im grossen und ganzen ein annehmbarer Herr. Am Anfang sogar ganz warme und schöne Zeit, höchstens Morgennebel oder hie und da nachts etwas Regen (7 mal); nur wenig regnerische Vor- oder Nachmittage, einmal etwas Wind, am 12.9. abends sogar stürmisch. In der Mitte des Monats begann allerdings eine kühle Woche (18. bis 26.9.) mit Temperaturen von nur 3 1/2° bis höchstens 5° am Morgen. Das Monatsende aber wird wieder milder, bis zu 11° "Morgenwärme". Etwas was wohl noch selten vorkam: am 24.9. war im Schulhaus --- geheizt!
Höchsttemperaturen: morgens 16°, mittags 27°, abends 12°
Tiefsttemperaturen: morgens 3 1/2°, mittags 12°, abends 7°.
Der "Härdöpflet" geht wacker vor sich; der Ertrag sei gut, die Knollen durchwegs von mittlerer Grösse. Auch Obst und Trauben geniessen die warme erste Monatshälfte.
»

Dass das Schulhaus früher kaum so früh im Jahr geheizt wurde, war unter anderem wohl auch dem Umstand geschuldet, dass man in früheren Jahrzehnten aus Spargründen erst dann geheizt hat, wenn es wirklich unumgänglich war.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 9. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 9. November 2012]

Freitag, 31. August 2012

Augustwetter 1962: seit Jahrzehnten nicht günstiger

Einen für die Landwirtschaft geradezu idealen Herbstanfang erlebte die Gemeinde Weiach vor 50 Jahren:

«August: Ein Anfang mit schwülen, gewitterschwangeren Tagen, platzregenartigen Schauern zwischen sonnigen Stunden; das geht so bis zum 8.8., von da an eine Woche sehr schönes Wetter, sodass die Getreideernte ihrem Ende entgegen gehen kann. Erst ab 15.8. wieder regnerische Nächte und Tage mit bedecktem Himmel, auch etwas abgekühlter Temperatur; am 14.8. noch 31° am Nachmittag, am 18.8. bloss mehr 19°. So geht es eigentlich während des ganzen Monats noch weiter: immer warmes, trockenes Wetter im Wechsel mit nächtlichen Gewitterschauern. Das ist ja sehr gut für die abgeernteten Felder und vor allem für das restliche Obst und die Trauben. "Seit Jahrzehnten kein so günstiger August wie der diesjährige", so kann man's in den Zeitungen lesen. Die Morgentemperaturen bewegten sich immer so zwischen 10° bis 20°, nachmittags zwischen 20° und 31° (einmal bloss 16°, nämlich nach der Regennacht vom 6./7. August), abends zwischen 15° und 22°. Stärkere Gewitter verzeichnete ich viermal.»

Der Getreide- wie auch der Obstertrag wurden denn auch für 1962 als befriedigend bezeichnet. Immerhin ein Lichtblick nach dem nasskalten Mai, welcher den Graswuchs nicht gerade förderte.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 9. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].

[Veröffentlicht am 9. November 2012]

Donnerstag, 23. August 2012

Elektrizitätsgenossenschaft Weiach: 100 Jahre unter Strom

«Die Zeit war da, wo man sich in der ganzen Schweiz damit beschäftigte elektrisches Licht & Kraft einzuführen. Das Zürchervolk nahm ein Gesetz an, nach welchem der Kanton die Versorgung der Gemeinden mit elektrischer Energie an die Hand zu nehmen hatte.»

Diese Einleitung findet man im «Protokoll der Elektrizitäts-Commission Marthalen». Sie zeigt, dass die Stromversorgung vor rund einem Jahrhundert ihren Siegeszug auch an der Basis, auf der bäuerlich geprägten Landschaft antrat (Marthalen liegt im Zürcher Weinland).

Strom: Weichenstellung anfangs 20. Jahrhundert

Das oben erwähnte, in der kantonalen Volksabstimmung vom 15. März 1908 gutgeheissene Gesetz war auch zugleich der Startschuss für die Gründung der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ). Der Eintrag ins Handelsregister erfolgte am 2. Oktober 1908. Nur wenige Monate vorher wurden die Nordostschweizerischen Kraftwerke (heute: Axpo AG) gegründet: erster Handelsregistereintrag am 9. Dezember 1907.

Damals wurden also die Weichen punkto Stromnetz gestellt, wie man dem Historischen Lexikon der Schweiz entnehmen kann (e-HLS: Artikel Elektrizitätswirtschaft, Stand 16. Februar 2012):

«Die gegenwärtige Situation ist weitgehend auf Entscheidungen zurückzuführen, die zwischen 1880 und 1916 getroffen wurden. In den meisten grossen Schweizer Städten richteten in den 1880er Jahren Privatunternehmer in Pionierarbeit die ersten elektr. Beleuchtungsanlagen ein.»

Industriegebiete und Städte machen den Anfang

Schauen wir uns an, wann der elektrische Strom verschiedene Gemeinden erreichte: Zürich 1892, Schönenwerd 1895, Embrach 1904, Bubikon 1906, Otelfingen 1908, Marthalen 1911, Weiach 1912.

Grosse Städte wie Zürich waren ab 1892 erstmals mit elektrischer Energie versorgt worden (Gründung des Elektrizitätswerk der Stadt Zürich EWZ), die Bally-Werke sorgten dafür, dass das vor den Toren Aaraus liegende Schönenwerd schon vor der Jahrhundertwende erleuchtet wurde.

Meist wurde aber nicht das ganze Gemeindegebiet versorgt. Das war auch in Weiach nicht anders, als 1912 die Elektrizitäts-Genossenschaft Weiach das erste Verteilungsnetz errichten liess. Das Versorgungsgebiet der EGW beschränkt sich auch heute noch auf das eigentliche Dorfgebiet (vgl. das Kärtchen unten). Der Ofen-Hof und das Kieswerkareal beziehen ihren Strom von Osten her und direkt von den EKZ. Dasselbe gilt übrigens für Rheinsfelden und Zweidlen. Sie gehören nicht zum Versorgungsgebiet der Genossenschaft Licht- und Kraftwerke Glattfelden. Ähnliches gilt für Otelfingen (ebenfalls eine der wenigen Gemeinden im Unterland mit bis heute eigenem Stromversorgungsnetz).

Gemeindewerke erhalten Monopol

Warum die Boomzeit der Stromversorgung ausgerechnet auf die ersten Jahren des 20. Jahrhunderts fiel, erläutert das Historische Lexikon der Schweiz: «Die beiden Bundesgesetze, welche die aus Wasserkraft gewonnene Elektrizität betreffen, förderten die zunehmende Vielfalt der Anbieter: 1913 wurden erstmals über 1'000 Elektrizitätswerke gezählt, während es 1900 erst 140, 1905 490 und 1910 780 gewesen waren. Mit dem Gesetz von 1902 über die Starkstromanlagen wurde den Gemeindewerken offiziell eine Monopolstellung eingeräumt...» (Artikel Elektrizitätswirtschaft).

Heutiges Versorgungsgebiet EKZ

Auf der Website der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich findet man eine Karte, die detailliert zeigt, wo die EKZ direkt an den Endkunden liefern (blau: das «Detailversorgungsgebiet») bzw. die Lieferung über ein Gemeindewerk erfolgt (grün: das Endverteilergebiet). Das Gebiet von Weiach ist Teil der Netzregion Limmattal, das Gemeindegebiet von Glattfelden dagegen gehört zur Netzregion Weinland.



Interessant ist übrigens, dass Teile der Kantone Schwyz (Einsiedeln, Feusisberg, Wollerau und Freienbach), Zug (Gde. Menzingen und Teile von Baar und Neuheim), St. Gallen (Goldingen) und Thurgau (Oberneunforn und Teile von Fischingen) ebenfalls durch die EKZ versorgt werden.

[Veröffentlicht am 9. November 2012]

Montag, 6. August 2012

«Ungeheuerliche Flughafenkommunikation»

Der Weiacher Daniel Elsener, Präsident der EVP des Bezirks Dielsdorf, ist in den Leserbriefspalten der Unterländer Presse kein Unbekannter. Auch WeiachBlog hat sich schon mehrfach mit ihm und seinen Voten beschäftigt:
Das Thema ZFI (Zürcher Fluglärm-Index) zeigt, dass sich Elsener auch mit dem Flughafen beschäftigt. Was bei einem in Weiach wohnhaften Politiker kaum verwundert. Unter dem Titel «Wachstum als oberste Priorität» druckten Zürcher Unterländer (ZU) und Neues Bülacher Tagblatt (NBT) seine Antwort zum Artikel «Eine längere Piste ist unnötig», der in der Ausgabe vom 18. Juli erschien.

Kommunikativer Etikettenschwindel

Elsener selber gab seinem Beitrag den Titel «Ungeheuerliche Flughafenkommunikation». Und weil es in der Causa Flughafen Kloten tatsächlich seit Jahrzehnten immer wieder um kommunikative Etikettenschwindel zu Lasten der Überflogenen geht, habe ich ihn auch als Titel dieses Posts übernommen. Nachstehend der vom NBT (27. Juli 2012, S. 9) redaktionell bearbeitete Brief Elseners:

«Was von Seiten des «City»-Flughafens Zürich im Zusammenhang mit Staatsvertrag, Pisten, Sicherheit und gekröpften Nordanflug kommuniziert wird, ist gelinde gesagt dümmster Schwachsinn [NBT: das Dümmste] oder schlicht und einfach gelogen! Den Aussagen diesbezüglich von Airbus-Pilot Mathias Rieder im oben erwähnten Artikel, Pistenverlängerungen hätten überhaupt nichts mit Sicherheit zu tun, kann ich hierfür nur beipflichten.

Das eigentliche Problem, welches der Flughafen hat, ist: Er ist zu gross, zu laut (ZFI), zu dreckig, dem Umfeld nicht angepasst und leidet unter Anti-Loyalität durch den Süden und der Stadt Zürich. Und dabei möchte er so gern wachsen und Frankfurt so richtig einheizen. Wachsen, so wie es im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) durch Flughafen, Kanton und Bund definiert wurde – und am liebsten noch eine Parallelpiste dazu. Von 200'000 auf 320'000 im Jahr 2000 und weiter auf 420'000 bis 540'000 Flugbewegungen im Jahr, also alle 40 Sekunden eine.

Wachstum über allem, und dem haben sich gefälligst alle unterzuordnen. Egal, wenn ganze Regionen im Kanton oder Süddeutschland lärmkanalisiert zwangsbeschallt werden. Es werde ganz schlimm mit dem Flughafen, wenn das alles nicht realisiert werden kann. Dies wird bei jeder Gelegenheit der Bevölkerung marketingmässig mit Erfolg eingetrichtert, denn niemand möchte ja auf die zwangsneurotische Mobilität verzichten.

Der Ausbau am Flughafen geschieht natürlich in milliardenteurer Salamitaktik-Manier, was sich dort als ewige Dauerbaustelle zeigt. Mit katastrophaler Auswirkung zeigt sich auch die Rechnung für 850 Meter Pistenverlängerungen 14/32 und 10/28. Kostenpunkt «nur» 500 Millionen, da ist ein Autobahnkilometer ein Klacks dagegen.

Die Nordausrichtung des Flugbetriebs ist nirgends in Stein gemeisselt. Würde der Süden gemäss gängigem Verursacherprinzip statt den 5 Prozent ähnliche Belastungen wie der Bezirk Dielsdorf (80 Prozent) tragen, wären Staatsvertrag, Pistenverlängerungen und gekröpfter Nordanflug überflüssig und obsolet.
»

Nachhaltig wäre anders

Leider ist es so, dass in der Tendenz erneut (wie seit Jahrzehnten) versucht wird, in technokratischer Manier am Volk - und vor allem an Minderheiten - vorbei, die von wirtschaftlichen Interessen verlangte Entwicklung durchzusetzen. Das zeigt das aktuelle Vorgehen des Bundesamts für Zivilluftfahrt (verantwortlich: Frau Bundesrätin Leuthard) ganz deutlich.

Irgendwann rächt sich das, denn wie schreibt Hans Burkhardt aus Birchwil gleich unter Elseners Beitrag so treffend: «Nicht Günstlingswirtschaft, sondern möglichst grosse Rücksicht auf alle vom Fluglärm Belasteten kann in unserem dicht besiedelten Land dem Flughafen Zürich-Kloten eine zuverlässige Zukunft sichern!».

Mit Sankt-Florians-Politik wie gehabt - und vermarktet als «gottgebene» Nordausrichtung - ist das nicht zu schaffen. Das müssten eigentlich auch die Südschneiser einsehen, die jetzt seit einigen Jahren erleben, wie sie von den Technokraten aller Couleur untergebuttert werden (wie der Flughafen-Norden seit Jahrzehnten).

Freitag, 3. August 2012

Die ausgefallene 1. August-Rede

Die Weiacher Rede zum Nationalfeiertag für die Nachwelt und die Abwesenden zum Nachlesen festhalten. Dies hat sich WeiachBlog seit mehreren Jahren zur Aufgabe gemacht. Auch 2012 war das Thema traditionsgemäss auf der Agenda. Aber erstens kommt es bekanntlich anders und zweitens als man denkt.

Aus Kreisen des dieses Jahr für die Organisation der Feier verantwortlich zeichnenden Turnvereins Weiach verlautete im Juli, als Rednerin sei Natalie Rickli im Gespräch gewesen: die SVP-Nationalrätin, die vor einigen Wochen mit ihrer Aussage, es habe zu viele Deutsche in der Schweiz, international für Aufsehen sorgte.

Das wäre natürlich ein spannender Abend geworden. Würde sie - quasi in Sichtweite der Bundesrepublik - die Deutschenschwemme thematisieren? Möglich, denn ihre Schwerpunkt-Themen sind: Medien, Sicherheit und Ausländerpolitik (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Natalie_Rickli bzw. http://www.natalie-rickli.ch/).

Keine Nationalrätin an Land gezogen

Wie man hört, sei es mit der Spannung aber nicht weit her gewesen. Zwar hätten die Mannen vom Turnverein die anwesenden ca. 70-90 Personen sehr gut bewirtet. Es gab die obligaten Schweinesteaks oder Wurst und feine Salate (inklusive Kartoffelsalat) bzw. Brot als Beilage.

Weniger gut kam an, dass es entgegen der Ankündigung offensichtlich nicht gelang, eine Ansprache zustandezubringen. Und dies, obwohl sich Gemeindepräsident Willi für den Notfall bereit erklärt hatte, einzuspringen. Dass ein eingeladener Redner ausfällt kann ja vorkommen. Leider hat man der Angelegenheit aber nicht das nötige Mass an Aufmerksamkeit geschenkt.

Nicht nur die 1. August-Rede 2012 fiel komplett aus. Etwas merkwürdig war auch, dass die anwesende Live-Band nicht in der Lage war, die Landeshymne zu spielen, sodass die anwesenden Weyacher gezwungen waren, den Schweizerpsalm unter Mithilfe einiger Vorsänger des Turnvereins a cappella zu intonieren.

Ansonsten sei es - berichtete man mir aus Weiach - gemütlich und warm gewesen. Auch das Höhenfeuer auf dem Stocki habe schön gebrannt. Und selbst Petrus hatte ein Einsehen: erst nach Mitternacht hat ein heftiges Gewitter das Dorf mit Blitzen und Regengüssen eingedeckt.

Braucht es überhaupt eine Rede?

Es ist ja nun nicht so, dass Feierlichkeiten mit vaterländischen Reden Pflicht wären. Im Oberemmental beispielsweise gibt es kaum derartige Ansprachen. Abgesehen von Bauernhof-Brunches wird eher im Familienkreis gefeiert und da und dort ein Höhenfeuer entzündet.

Auch im Zürcher Unterland ist durchaus eine Vielfalt festzustellen, wie man dem Zürcher Unterländer vom 2. August entnehmen konnte: die 1.-August-Feiern seien «ohne grosses Pathos» abgelaufen, dafür sei das «gemeinsame Feiern im Mittelpunkt» gestanden, so in Oberglatt das gemeinsame Cervelat-Bräteln. Es geht auch ohne Rede. Nur wenn man eine ankündigt erwarten die Anwesenden auch eine.

Bevor man also über den jungen OK-Mitgliedern den Stab bricht, muss man sich im Dorf nun darüber klar werden, welchen Stellenwert Ansprache und Hymne haben sollen.

Bedenken wir auch, dass der Sommer 2012 ein für Weiach unüblich dichtes Programm an Festen (50 Jahre Weiacher Kies im Juni und 100 Jahre Elektrizitätsgenossenschaft im August) bereithält. Bei beiden Anlässen ist auch der Turnverein massgeblich beteiligt. Da kann schon einmal etwas schiefgehen.

Seien wir gespannt auf die Rede vom 1. August 2013. So man denn eine organisieren möchte.

Zu den Reden vergangener Jahre

Wer trotzdem noch eine lesen will, findet hier die Links zu den Reden früherer Jahre: Regierungsrat Markus Kägi zum 1. August 2007, EVP-Bezirkspräsident Daniel Elsener zum 1. August 2008, Kantonsrätin Barbara Steinemann zum 1. August 2009, Gemeindepräsident Paul Willi zum 1. August 2010, sowie Gemeinderat Thomas Steinmann zum 1. August 2011.

[Veröffentlicht am 6. August 2012]

Dienstag, 31. Juli 2012

Juliwetter 1962: anfangs so kalt wie im April

Was den heurigen Juli betrifft waren die ersten drei Wochen nicht gerade sommerlich. Nass und kalt kamen sie daher. Überhaupt kein Heuwetter. Erst gegen Schluss des Monats war es schön und heiss - längst überfällig für das Emden von überständigem Gras. Aber ideal für Bodenheu, was Stromkosten für die Belüftung spart.

Auch der Juli vor 50 Jahren fiel ziemlich aus dem sommerlichen Rahmen, wie Walter Zollinger berichtet:

«Juli: Die erste Woche ist's meist bewölkt oder bedeckt mit Hochnebel und an den Nachmittagen meist leicht sonnig. Man wäre froh um nochmaligen Regen, damit das Emdgras nun wachsen könnte, und auch in den Gärten alles besser vorwärts käme. Aber statt Regen meldet sich immer der leidige Wind, bald von Westen, bald von Osten her; regnen will's und will's nicht recht. Der 5.7. bringt endlich etwas Regen, aber dazu ist es so empfindlich kühl, dass man fast glaubt im März oder April zu stehen. Nach Zeitungsmeldungen soll's seit 1758 keinen so kühlen Julitag mehr gegeben haben (ganzer Tag über höchstens um +9°). In den folgenden Tagen stieg gottlob das Thermometer ganz plötzlich wieder (27° am Mittag des 10.7. und 20° am Morgen des 11.7.) und es reihten sich einige recht schöne Sommertage an. Wenn nur der Wind nachliesse!  Die Bauern befürchten, dass auch der Emdertrag gering werde und beginnen bereits damit, das eine oder andere Stück Vieh abzustossen; schon seien die Viehpreise gefallen. (Wann folgt wohl der Preisabschlag bei den Metzgern?!).

Endlich, vom 14.7. an, hie und da einige Regenschauer, für das Emdgras zwar zu spät, aber für Gärten, Getreide und Obstbäume noch sehr wohltuend und höchst willkommen. Die letzten Tage des Monats waren z.T. sehr schön und sonnig, schwül sogar an den Nachmittagen. Eine Regennacht (27./28.7.) erfrischte die Luft wieder, sonst aber blieb es schön, sodass die Bauern nun mit der Getreideernte begannen. Es ist sogar schon ziemlich Gerste gedroschen worden.

Höchsttemperaturen: morgens 20°, mittags 29°, abends 22°
Tiefsttemperaturen: morgens 9°, mittags 16°, abends 12°.
»

Am frühzeitigen Abstossen von Vieh sieht man, wie wichtig dem Bauern eine quantitativ ausreichende Heuernte ist, wenn er den Winter bezüglich Dürrfutter ohne teure Zukäufe überstehen will bzw. muss.

Quellen
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 8-9. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].
[Veröffentlicht am 6. August 2012]

Freitag, 8. Juni 2012

Juniwetter 1962: Heuernte befriedigt nur qualitativ

Chronist Walter Zollinger hatte ein Auge für die Belange der Landwirtschaft in seinem damals noch bäuerlich geprägten Umfeld. Im Frühsommer ist der Heuet angesagt. Das schlug sich auch in seinen Notizen zum Juni 1962 nieder:

«Juni. "Heumonat"! Die ersten Tage immer noch kühl; am Radio wird sogar eine "Frostwarnung" ausgestrahlt. Zum Glück aber trifft dieser nicht ein, weil bei uns Nebel lag. Vom 3.6. an bis zum 9.6. eine Reihe sonniger Tage, sodass tüchtig geheuet wurde. Die beiden Pfingsttage (10.& 11.6.) wollten die Sonne nicht so recht aufkommen lassen, es war immer wolkig, bedeckt oder tröpfelte gar etwas. Nachher, bis Ende Monat, wieder richtiges Heuwetter, z.T. sogar heisse Nachmittage (25°, 26°, 27°), am 23. und 24.6. gar 30°C. Hie und da allerdings nachts oder spätabends einmal ein kurzer Schauer. Gegen Ende des Monats wehte auch häufig ein heftiger "Wälderwind", der alles wieder austrocknete; darum war man direkt froh um den kräftigen Regenfall vom 29. spätnachmittags. - Der Heuet ist zuende; aber wie schon im Mai befürchtet, quantitativ unbefriedigend, aber qualitativ dagegen gut. Man redet von einem Heupreis von Fr. 12.- per Zentner, er wird aber wohl noch ansteigen.»

Da nordwestlich von Weiach ein Teil des Schwarzwaldes liegt, wäre dies zumindest eine mögliche Erklärung für die Bezeichnung «Wälderwind», denn der Nordwind (auch: Bise) ist mehrheitlich trocken.

Heupreise damals und heute

Von Interesse ist in diesem Monatseintrag vor allem die Preisangabe. Was nicht verwundert, denn letztlich muss es beim Bauern ja auch in der Kasse stimmen.

Ein Vergleich von Preisen wie dem obgenannten für Heu mit heutigen Werten ist immer heikel, zumal nicht nur die Art wie damals Landwirtschaft betrieben wurde sich doch beträchtlich von der heute üblichen unterscheidet. Damit sind die Kostenstrukturen schon einmal völlig andere.

Schaut man sich auf Agrigate.ch die Futtermittelpreise für Heu an, dann findet man dort beispielsweise die Richtpreise des Schweizerischen Rauhfutterverbandes (SRV). In den Jahren 2006 bis 2011 wurden für unbelüftetes Heu, lose ab Stock (also noch nicht für den Transport gepresst) Preise von zwischen 20 und 26 Franken pro Dezitonne (Zentner) bezahlt.

Vergleicht man dies mit dem Wert, dem 12 Franken vom Juni 1962 gewichtet mit dem Landesindex der Konsumentenpreise heute entsprechen würden, so kommt man mit Basis August 1939 auf rund 47 Franken. Die Mechanisierung scheint sich also nicht gerade preistreibend ausgewirkt zu haben.

Quellen

Donnerstag, 31. Mai 2012

Maiwetter 1962: Wonnemonat mit eisig kalter Begrüssung

Der amtierende Gemeindepräsident Paul Willi erwähnte in seinem Beitrag im Mitteilungsblatt dieses Monats eine populäre Deutung des Monatsnamens:

«Wir stehen am Anfang des Monats Mai, auch Wonnemonat genannt. Karl der Grosse führte im 8. Jahrhundert den Namen „Wonnemond“ ein, der darauf hinweist, dass man in diesem Monat das Vieh wieder auf die Weide treiben konnte. Ebenso erhielt der Mai die Bezeichnung Blumenmond, dies wegen der Hauptblütezeit der meisten Pflanzen.» (MGW, Mai 2012, S. 3)

Mai ist ein Fremdwort

Joachim Heinrich Campe vertritt in seinem 1813 in zweiter Auflage erschienenen «Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke» diese Verbindung zum oft mythologisch überhöht dargestellten Kaiser der Franken:

«Mai, der Wiesenmond (Wunnimonath). Karl der Große. Aus diesem Namen hat man in der Folge, weil man die Herleitung von Wunn, wiese, verkannte, Wonnemonat oder Wonnemond gemacht; ein schöner Name, der eines so schönen Monats allerdings würdig ist. Jene altdeutsche Benennung aber bedeutet Wiesenmonat, und antwortet dem Prairial der Franzosen. S. Götze Versuch einer Historie der Nieders. Bibeln, Seite 257. Man sehe übrigens über die Verdeutschung der Monatsnamen den Artikel April (Zus.) "Die Herleitung des Worts Wonnemonat von Wonne scheint mir doch richtiger und besser als die von dem alten Wunne, Wiese, zu sein. Denn 1. schrieb man Wonne ehemals auch Wunne; 2. paßt Wiesenmonat eben so gut für April, Junius und Julius, weil in jenem die Wiesen oft schon grün sind, und in diesen Heu darauf gemacht wird; 3. weil im mai wirklich alles zur Wonne einladet. Karl der Große, der auch ein großes Herz hatte, empfand dis sicher auch, und deßwegen nannte er diesen Monat den Wonnemonat." Heinze. Man prüfe!» (Campe 1813, S. 407)

Mit Wunn und Weid

Nun ist es tatsächlich so, dass «mittelhochdeutsch wünne, wunne, althochdeutsch wunn(i)a, eigentlich = Genuss, Freude» bedeutet, wie Schmeller in seinem Bayerischen Wörterbuch von 1837 erwähnt. Es sei, so Schmeller «unter Wunn entweder bebautes Land überhaupt, oder insonderheit zu Graswuchs, als Wiese gepflegtes zu verstehen». Und die «alliterierende Formel Wunn und Waid würde sodann nicht völlig tautologisch seyn, sondern der gewöhnlichen lateinischen "culta et inculta" (...) entsprechen».  Gemeint ist damit im klassischen Sinne «terra culta et inculta, wobei terra culta bebautes, kultiviertes Land und terra inculta Wald (im ursprünglichen Sinne eines Urwaldes) darstellte» (vgl. Vavra 2008). In obigem Fall aber geht es möglicherweise eher um den Unterschied zwischen regelmässig gemähter Wiese (wo ein Gewinn in Form von Heu oder Emd herausschaut) im Gegensatz zur nicht gemähten Weide (wo die Tiere das Futter direkt abgrasen).

Im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (erschienen 1838 bis 1961) ist der Begriff «wonne» im 1951 herausgegebenen Band (Bd. 30, Sp. 1422-1435) zu finden:

Wonne sei einerseits, «A. 'was freude, lust gewährt, genuß bereitet', als bezeichnung eines objektiv gegebenen, oft auf gegenständliches oder geistiges bezogen. in älterer sprache vorherrschend, in jüngerer hinter der psychologischen bedeutung von wonne (s. B) zurücktretend, zugleich freilich von dorther in seinem intensitätsgehalt gesteigert.»

Und andererseits ein «B. 'gefühl der freude, lustgefühl'. in dieser bedeutung von anfang an neben A, dabei schon früh, namentlich aber in jüngerer sprache oft in gesteigerter bedeutung als 'innige freude, entzücken, hoher genuß', vor allem im bereich geistig-seelischer genüsse, aber auch von körperlichem lustgefühl. die grenze dieses psychologischen gebrauchs gegen die objektiv-gegenständliche bedeutung A ist nicht in jedem einzelfall scharf zu ziehen, im ganzen aber tritt wonne als bezeichnung eines subjektiven zustandes in nhd. zeit immer stärker hervor, mit fühlbarem antrieb seit dem empfindsamen zeitalter in der mitte des 18. jh.»

In der Tradition der Gebrüder Grimm wird im Wörterbuch konsequent die Kleinschreibung verwendet.

Der Kerl wagt es, mit -3° einzuziehen

Nun aber endlich zum Thema «Wetter vor 50 Jahren». Berücksichtigt man die oben erwähnten Traditionslinien, ist es nur verständlich, wenn Walter Zollinger ebenfalls dort anknüpft:

«Mai. "Wonnemonat" nennt man ihn im Volksmund immer noch und der Kerl wagt es mit -3° Morgentemperatur und damit ziemlich starkem Reif einzuziehen! Da ist nun wohl am ersten Tag allerhand erfroren: Kirschblust vor allem. Zum Glück geht's nicht so weiter, sondern wird nun nach und nach milder, wenn auch immer noch der leidige Oberwind vorherrscht. In der zweiten Woche beginnt dann der wirklich Wonnemonat. Warme, sogar düppige Tage folgen, allerdings nicht übermässig sonnig, sondern immer noch etwas wechselnd bewölkt. Temperatur morgens zwischen +9° & 15°, mittags bereits zwischen 16° & 25°, abends immer noch zwischen 10° & 20°C. "Die Birnbäume blühen nun prächtig und auch die Apfelbäume beginnen damit", meldet das Notizheft. Die "Eisheiligen" sind, samt der Sofie, vier unfreundliche, zwischen Regen und Aufhellungen hin und her pendelnde Gesellen, auch ordentlich kühl; Höchsttemperatur am Morgen des 13.5. bloss 10°, Tiefsttemperatur am 15. morgens +7°. Nun wäre man froh über nochmaliges richtiges Maiwetter; aber es bleibt auch die nächsten 14 Tage noch aus; nur Wind, Wolken und hie und da sogar Regen, immer auch verhältnismässig kühl für diese Jahreszeit. Erst an den Abenden wird es oftmals etwas angenehmer, aufhellend. Der einzige schöne Tag in der zweiten Maihälfte war der 30.5. Der ganze Monat brachte 4 schöne Tage, sonst war's immer halbbatzig oder ganz ungefreut. Das verspricht kein besonders gutes Obstjahr u. keinen hohen Heugrasbestand.»

Da haben wir es dieses Jahr schon etwas besser «preicht».

Quellen
  • Campe, J. H.: Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. 2. Auflage, Braunschweig, 1813 - S. 407
  • Schmeller, J. A.: Bayerisches Wörterbuch. Sammlung von Wörtern und Ausdrücken, die in den lebenden Mundarten sowohl, als in der ältern und ältesten Provincial-Litteratur des Königreichs Bayern, besonders seiner ältern Lande, vorkommen und in der heutigen allgemein-deutschen Schriftsprache entweder gar nicht, oder nicht in denselben Bedeutungen üblich sind. Stuttgart/Tübingen, 1837
  • Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm - Bd. 30, Sp. 1422-1435 (Stichwort wonne; Bd. 30 wurde 1951 herausgegeben; Gesamtwerkt erschienen zwischen 1838 und 1961)
  • Vavra, E.: Der Wald im Mittelalter. Funktion – Nutzung – Deutung. In: Das Mittelalter, Bd. 13 (2008) Nr. 2, S. 3.
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].

Sonntag, 27. Mai 2012

Alter Wein in neuen Schläuchen

Pünktlich zur Informationsveranstaltung am 23. Mai wurde der neue Webauftritt der politischen Gemeinde offiziell freigeschaltet, einige Tage früher als erwartet. In den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Ausgabe Mai 2012, stand nämlich, die Aufschaltung erfolge «Ende Mai». Nun gut, Vorsprung auf die Marschtabelle ist ja immer zu begrüssen.

Was man allerdings bei einem Besuch auf der Website http://www.weiach.ch zu sehen bekommt, ist leider nicht viel mehr als alter Wein in neuen Schläuchen. Ausser dem Promotionsvideo (vgl. WeiachBlog vom 27. April) gibt es nichts neues. NICHTS. Nur das Layout hat geändert.

Enttäuschung macht sich breit, hatte doch der Gemeindepräsident in der Mai-Ausgabe der Mitteilungen explizit und schon im ersten Satz seiner Ankündigung des neuen Webauftritts die «Beschaffung von Dokumenten (...) auf dem elektronischen Weg» erwähnt (vgl. WeiachBlog vom 7. Mai).

«Si tacuisses... (Hättest Du doch geschwiegen)», denkt der WeiachBlog-Autor da. Oder war das etwa nicht so gemeint, dass man nun auch alle Gemeinde-Verordnungen (oder wenigstens die wichtigsten) problemlos herunterladen kann?

Mängelliste wie gehabt

1. Es gibt nach wie vor kein Archiv aller bisher im Internet veröffentlichten Ausgaben der Gemeinde-Mitteilungen. Warum nicht? Selbst unsere kleine Nachbargemeinde Bachs bringt das problemlos zustande. Die aktuelle Ausgabe findet man dort prominent auf der Startseite. Aufgabe: Suchen Sie einmal das Weiacher Pendant. Das ist sehr gut versteckt.

2. Die vom Gemeindepräsidenten angekündigten verwaltungsspezifischen Module fehlen meines Erachtens nach wie vor. Jedenfalls wenn man solche sucht, die ohne einen Telefonanruf und ausserhalb der Bürozeiten einen benutzerfreundlichen Service liefern. Auch hier hat Bachs die Nase vorn. Dort kann man z.B. die Fristverlängerung für die Steuererklärung per Online-Formular einreichen. In Weiach kann man dem Steuersekretär nur eine e-mail oder einen konventionellen Brief schreiben.

3. Downloadmöglichkeiten. Die noch kleinere Nachbargemeinde Kaiserstuhl (400 Einwohner), die übrigens auf denselben Dienstleister vertraut wie Weiach (i-Web), schafft es problemlos, einwohnerfreundliche Angebote online zu stellen. Einen Guichet virtuel eben, wie er heute üblich ist.

Auf der Kaiserstuhler Website gibt es explizit einen Menupunkt «Reglemente». Und da sind sie, die von mir im Falle von Weiach schon seit dem ersten Launch 2005 vermissten Dokumente. Polizeiverordnung, Gemeindeleitbild, Friedhofreglement, Zonenplan, etc. Alles verfügbar, wahlweise als Download oder über ein elektronisches Bestellformular:

Nur zu Büroöffnungszeiten erreichbar

Die Kaiserstuhler Verwaltung kennt sogar einen Menupunkt «Lebenslagen». Weiach hingegen hat nur Telefonnummern und e-mail-Adressen zu bieten. Sonst nichts. Der Eindruck: dort lebt man anscheinend noch wie in den 90er Jahren. E-mail ist schon fast das höchste der Gefühle.

Die Kaiserstuhler haben ihr Leitbild online. Und die Weiacher? Es fragt sich wirklich, warum der Gemeinderat seine Legislaturziele nicht prominent publiziert. Hat er etwa Angst vor dem eigenen Mut?

Besonders Mühe habe ich, das Fehlen der jüngst verabschiedeten Polizeiverordnung zu verstehen. Immerhin sucht die Gemeinde nach wie vor in just diesem Zusammenhang eine(n) Ordnungshüter(in). Der Entwurf der Polizeiverordnung wurde vor der Abstimmung im Format PDF online gestellt (vgl. WeiachBlog vom 4. Mai 2011). Warum jetzt nicht auch die geltende Verordnung? Das soll begreifen wer will.


Fazit: Beim Relaunch wurde eine grosse Chance vertan. Weiach macht sich lächerlich. Seine kleinen Nachbarn beweisen, dass es mit wenig Aufwand besser geht. Nacharbeit ist angesagt.


Montag, 7. Mai 2012

«ffnungszeiten». Gemeindewebsite völlig veraltet

Die Politische Gemeinde Weiach verfügt seit Mitte September 2005 über einen eigenen Internetauftritt (vgl. dazu Weiacher Geschichte(n) Nr. 71).

Seither ist auf der Website nicht allzu viel verändert worden. Ja, man wird den Eindruck nicht los, als sei das Schaufenster zur Welt ein ungeliebtes Stiefkind der Gemeindeverwaltung. Denn regelmässig betreut wird bei Weiach Online lediglich der Bereich, wo das Mitteilungsblatt im Format PDF aufgeschaltet wird. Sonst dümpelt das Angebot dahin und macht damit nicht gerade den Eindruck einer aufgeweckten Gemeinde - eher den des Gegenteils.

Leider ist das sogar auf der Subsite der Jugendarbeit so: Unter http://www.weiach.ch/de/bildung/jugendarbeit/ findet man seit Monaten exakt folgenden Inhalt:

Jugendarbeit Weiach

Der Jugendtreff Weiach ist wieder offen.

ffnungszeiten.pdf (295.5 kB)


Das tollste an dieser wirklich ausführlichen Information ist, dass das hinterlegte Dokument die Daten für das vierte Quartal 2011 enthält. (Über das Wegfallen des grossen Ö beim Speichern der obigen Datei im Content-Management-System mag man ja noch nachsichtig lächeln. Über den Inhalt nicht.)

Für ein schlecht gepflegtes Schaufenster ist der Chef verantwortlich

Nun kann man den Vorwurf sowohl dem Jugendarbeiter wie der Websiteverantwortlichen machen. Tatsache ist, dass Böcke wie dieser auf der Website der politischen Gemeinde leider keineswegs Einzelfälle sind.

Das ernüchternde Fazit: Hier wird schlicht und einfach nicht geführt. Kein Update-Konzept, keine Qualitätskontrolle, kein Nachfassen bei den Verantwortlichen. Und das seit Jahren nicht. Eine Verwaltung und ein Gemeinderat im Tiefschlaf.

In seltsamem Kontrast dazu: der neue Werbevideo der Gemeinde. Der wurde interessanterweise gerade NICHT auf der Gemeindewebsite veröffentlicht. Warum?

Silberstreif am Horizont

Fast hätte ich obiges Lamento vor einigen Tagen tel quel veröffentlicht. Doch halt: seit Erscheinen der Mai-Ausgabe der MGW gibt es Antworten auf diese Frage. In der Rubrik WORTE DES GEMEINDEPRÄSIDENTEN schreibt Paul Willi unter dem Abschnitt «Ein neuer Internetauftritt der Gemeinde Weiach»:

«Die Beschaffung von Dokumenten und Informationen auf dem elektronischen Weg hat heute eine zentrale Bedeutung erhalten. Um diesen Anforderungen stand zu halten und aktuell zu sein, wurde der Internetauftritt der Gemeinde Weiach überarbeitet und aktualisiert. Die Aufschaltung erfolgt Ende Mai. Die neue Internetplattform erscheint in einem frischen, klar strukturierten und verständlichen Auftritt. Neben verwaltungsspezifischen Modulen, welche Ihnen den Verkehr mit der Verwaltung vereinfachen, wird auch der neue Film über Weiach ersichtlich sein. Gerne nehmen wir ihr Feedback zu der Neugestaltung entgegen.»

Es geschehen noch Zeichen und Wunder... Man darf gespannt sein auf den neuen Auftritt.

Quelle
  • Brandenberger, U.: «Keine verspielte, teure und nutzlose Selbstdarstellung». Zur Erstaufschaltung der Website der Gemeinde Weiach – 15. September 2005. Weiacher Geschichte(n) Nr. 71
  • Willi, P.: Ein neuer Internetauftritt der Gemeinde Weiach. Worte des Gemeindepräsidenten. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Mai 2012 - S. 4.

Sonntag, 29. April 2012

Bei Besetzung Wirtshaus eingeäschert

Kaiserstuhl wurde nicht nur 1712 im Zweiten Villmergerkrieg von Zürcher Truppen besetzt (vgl. dazu den Beitrag von gestern). Auch im Ersten Villmergerkrieg 1655/56 mussten die Kaiserstuhler eine Besetzung durch die Zürcher erdulden.

In diesem Schlagabtausch zwischen Reformierten und Katholiken ging es allerdings nicht so glimpflich aus für die Kaiserstuhler. Wie man dem Artikel «Kaiserstuhl» in Meyers Konversations-Lexikon von 1888 (Bd. 9, S. 370) entnehmen kann, wurde «Kaiserstuhl zu Beginn des ersten Villmergerkrieges (1655) von den Zürchern erobert, wobei verschiedene Gewalttaten vorkamen».

Das Wirtshaus muss daran glauben

Eine dieser Gewalttaten war die Brandstiftung an einem Wirtshaus vor den Toren der Stadt. Der Weiacher Pfarrer Hans Rudolf Erny schrieb im ältesten erhalten gebliebenen Weiacher «Kirchturmdokument» von 1659: «Als die Eivangirlischen ort wider die babisten loss gezogen», sei «ein schön wirtz huss vor Keiserstuhl gestanden, ist im sälbigen innemen verbrännt worden.»

Im Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 70 wird angenommen, bei diesem Wirtshaus habe es sich um den heutigen Gasthof «Zum Weissen Kreuz» zwischen Bahnlinie und Hauptstrasse gehandelt.

Auch das Schultheissenhaus wird ein Raub der Flammen

Dass neben dem von Pfr. Erny erwähnten Wirtshaus auch noch weitere Gebäude den Flammen zum Opfer fielen, kann man einem Artikel von 1917 über das Haus zur Linde (zwischen Stadtmauer und Bahnlinie gelegen) entnehmen. Autor Alexander von Senger schreibt da:

«Auf den Ruinen der Burgbauten [vor den Stadttoren] wurde 1533 vom Stadtschultheißen Ergli [gemeint: Erzli] ein Haus auf der Stelle des heutigen Hauses Linde erbaut. Das Haus wurde 1655 von einer Zürcher Kompanie zu Anfang des ersten Vilmerger Krieges eingeäschert.

Von 1763-1767 wurde aus den Ruinen des alten Schultheißenhauses das hier beschriebene
[und heute noch stehende] Haus Linde erbaut. Die Baukosten betrugen 90,000 alte Gulden [Fn-1].

Der Bauherr war der gestrenge Herr Mauricius Buoll, Statthalter von Kaiserstuhl. Das Haus wurde genau an der Stelle des alten Schultheißenhauses, zwischen der Ringmauer und der uralten Linde (1888 gefällt) aufgebaut.
»

Bemerkenswert ist, dass es mehr als ein Jahrhundert dauerte, bis auf dem von den Zürchern 1655 verheerten Platz unmittelbar beim grossen Turm wieder gebaut wurde.

Mord an einer Linde

Die oben erwähnte Fussnote 1 erläutert das Schicksal dieses Baumes. Seine Existenz wurde ebenfalls durch ein Feuer frühzeitig beendet: «Die alte Linde befand sich südlich vom Hause, nördlich vom Pfarrgarten (früher Konventgarten). Die Linde und der Pfarrgarten befanden sich innerhalb des heute zum Hause gehörenden Gartens. In den 80er Jahren ließ der Pfarrer von Schuljungen unter der Linde ein Feuer machen, angeblich weil sie seinen Garten verschattete. Der Baum verdorrte und mußte umgehauen werden, er war fast 4 m im Durchmesser gewesen und bis zur Verbrennung noch völlig gesund.»

Quellen
  • Turmdokument von 1659 verfasst von Pfr. Hs. Rudolf Erny, zitiert nach: Brandenberger U.: Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Dritte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach». Weiach, 2003 – S. 31. (vgl. die Zitate in Weiacher Geschichte(n) Nr. 70 – Gesamtausgabe, S. 226, sowie Weiacher Geschichte(n) Nr. 56 – Gesamtausgabe, S. 152).
  • von Senger, Alexander: Haus Linde - ein aargauischer Herrensitz aus dem 18. Jahrhundert. In: Das Werk. Schweizerische Zeitschrift für Baukunst, Gewerbe, Malerei und Plastik, Band 4, Heft 12 Dezbr. 1917, S. 194-195.
  • Brandenberger, U.: 750 Jahre Nachbarschaft. Aus der gemeinsamen Geschichte von Kaiserstuhl und Weiach, 1255-2005. Weiacher Geschichte(n) Nr. 70 - S. 226

Samstag, 28. April 2012

Kaiserstuhl von den Zürchern besetzt!

Heute vor 300 Jahren waren Weiach und seine Umgebung Schauplatz einer der ersten militärischen Aktionen des Toggenburgerkrieges (nach der Entscheidungsschlacht auch Zweiter Villmergerkrieg genannt), der vom 12. April bis 11. August 1712 dauerte. Rund zwei Wochen nach der Kriegserklärung von Bern und Zürich an die Innerschweizer Kantone Luzern, Zug, Uri, Schwyz und Unterwalden trafen die Kriegsparteien im Norden der damaligen Grafschaft Baden bereits mit militärischen Mitteln aufeinander.

Schnelle Besetzung der Grenzstadt Kaiserstuhl

Darüber, was sich am 28. April 1712 vor den Toren des Städtchens Kaiserstuhl abspielte, berichtet Godefroy de Charrière in seinem 58-seitigen Werk «L'armée zuricoise dans la guerre du Toggenbourg: appendice à "La campagne de 1712"» aus dem Jahre 1868:

«Vers la même époque les cantons catholiques subirent un autre échec. Le commandant Hirzel, commandant du corps concentré autour de Regensberg, se porta, le 28 avril, sur Weyach, d'où il fit sommer la ville de Kaiserstuhl, défendue par le capitaine Imfeld d'Unterwalden. Ce dernier chercha à gagner du temps en négociant. Mais on fit avancer le matériel de siège et commencer les préparatifs du bombardement. Kaiserstuhl se rendit alors et fut occupée par une garnison placée sous les ordres du major Meier de Knonau. Le même jour, Zurzach qui était commandée par le capitaine Fr.-Louis de Reding-Biberegg, se rendit sans résistance et le lendemain, 29 avril, Klingnau ouvrit de même ses portes et reçut une garnison commandée par un officier bernois». (de Charrière, S. 22)

Der Kommandant der Zürcher Truppen im Bereich des heutigen Zürcher Unterlandes forderte also den Unterwaldner Hauptmann Imfeld auf, die Stadt Kaiserstuhl zu übergeben. Dieser versuchte mit Verhandlungen auf Zeit zu spielen. Als die Zürcher aber das Belagerungsmaterial in Stellung brachten und mit den Vorbereitungen zum Bombardement begannen ergab sich Kaiserstuhl und wurde durch eine Zürcher Garnison unter dem Kommando eines Major Meyer von Knonau besetzt. Ähnliches spielte sich wohl auch in Zurzach und Klingnau ab. Damit hatte die reformierte Koalition den Norden der Grafschaft unter Kontrolle.

Der Fürstbischof wollte Kaiserstuhl aus dem Krieg heraushalten

Nun war Kaiserstuhl allerdings von seiner rechtlichen Zugehörigkeit her mit der Niedergerichtsbarkeit auch eine Besitzung des Fürstbischofs von Konstanz, der über diesen Handstreich gar nicht erfreut war. Dies erläutert Otto Mittler 1943 in seiner Schrift Geschichte der Stadt Klingnau 1239-1939 (Argovia Bd. 55):

«Wegen eines Streites zwischen dem Abt von St. Gallen und seinen durch Zürich und Bern unterstützten Untertanen im Toggenburg prallten die konfessionellen Gegensätze 1712 im zweiten Villmergerkrieg neuerdings zusammen. Es war der letzte und zugleich blutigste der schweizerischen Religionskämpfe. Bern und Zürich drängten mit überlegener Macht und Strategie die viel schwächern Kräfte der katholischen Orte bald in eine hoffnungslose Lage.

Wohl suchten diese durch Besetzung der Grafschaft Baden die Verbindung der beiden reformierten Stände zu durchschneiden. Die Mannschaften von Würenlingen, Tegerfelden und Endingen wurden aufgeboten, in aller Eile bei Stilli an der Aare gegen die Berner Schanzen aufzuwerfen. Der Bischof von Konstanz versicherte am 16. April den Zürchern, er habe seinen Untertanen auf Schweizerboden Befehl gegeben, bei einem allfälligen Kriege stille zu sitzen, d.h. neutral zu sein. Er gab der Erwartung Ausdruck, daß auch im Kriegsfall die Angehörigen des Konstanzer Domstifts unangefochten blieben. Die Ereignisse schritten aber sehr rasch über diese Vorbehalte hinweg.
» [Fn-18]

(Fn-18: «1695 war wegen der Bildung einer kleinen katholischen Gruppe in der reformierten, zur Landvogtei Sargans gehörenden Gemeinde Wartau ein Konflikt ausgebrochen. Damals berieten die Kriegsräte der V innern Orte über einen Offensivplan gegen Zürich und Bern sowie über die Besetzung der Grafschaft Baden, wobei nach Kaiserstuhl 200 Mann aus der Grafschaft unter einem Unterwaldner Hauptmann gelegt werden sollten, während Klingnau durch 200 Bürger und Zuzüger von Leuggern und Zurzach zu verteidigen war. E.A. VI. 2b, 560.»)

Ob die Innerschweizer Garnison im April 1712 aus 200 Mann bestand, ist mir nicht bekannt. Immerhin war aber getreu den Beschlüssen von 1695 ein Unterwaldner Kommandant der Garnison.

Reformierte befürchten habsburgische Intervention

«Zürich und Bern war an einer raschen Vereinigung ihrer Truppen wegen der militärischen Operationen gegen den Abt von St. Gallen viel gelegen. Die zürcherischen Hauptleute in Weiach und Niederweningen berichteten, daß von deutscher Seite die Absicht bestünde, die bischöflichen Grenzorte, vorab Kaiserstuhl und Meersburg sowie andere Gebiete, zu besetzen. Sie ihrerseits erklärten, man sollte unverzüglich eigene Truppen nach Kaiserstuhl und Klingnau, ebenso ins Dorf und Kloster Wettingen legen.»

Diese Gerüchte hatten ihre Ursache in den diplomatischen Aktivitäten des Fürstabts von St. Gallen, der schon 1702 ein Schirmbündnis mit Kaiser Leopold I. von Habsburg abgeschlossen und von diesem 1706 sogar die Investitur als Reichsfürst empfangen hatte (vgl. vierten Absatz zur Vorgeschichte im Wikipedia-Artikel). Deshalb befürchtete man eine Intervention aus dem deutschen Gebiet. Diese Befürchtungen erklären auch, weshalb der Fürstbischof von Konstanz bereits wenige Stunden nach der Kriegserklärung mitteilte, er habe seine Untertanen in der Grafschaft Baden zur Neutralität verpflichtet. Trotzdem holten die Reformierten zum Präventivschlag aus:

«Am 23. April überschritt Oberst Hackbrett mit 2000 Bernern die Aare bei Stilli und vereinigte sich mit den Zürchern bei Niederweningen und Regensberg. Drei Tage später wurde Kaiserstuhl durch die Zürcher, am 28. April Klingnau durch die Berner unter Oberstlieutenant Samuel Tscharner besetzt. Der förmlichen Übergabe der Stadt durch den Rat folgte einige Tage später die Huldigung der Bürgerschaft.» [Fn-19]

(Fn-19:  «Über die Vorgänge unterrichtet besonders einläßlich der mehrere tausend Stücke umfassende Aktenbestand des Zürcher Staatsarchivs A 236, der in 24 voluminösen Mappen das gefamte, den Toggenburger Krieg betreffende Material chronologisch enthält.[...]»).

Interessanterweise sind sich Mittler (26. April) und de Charrière (28. April) bezüglich des genauen Zeitpunktes der Besetzung von Kaiserstuhl nicht einig. Mittler erwähnt auch nichts von Zurzach.

Besetzung mit Samthandschuhen

Die Besetzung verlief in jeder Hinsicht glimpflich. Die Okkupationsbehörden hatten wohl damals schon den festen Willen, die Grafschaft Baden nach Abschluß des Krieges, dessen Ausgang für sie keinem Zweifel unterlag, ganz an sich zu ziehen. Deshalb wäre es sinnlos gewesen, das Einvernehmen mit der Bevölkerung der besetzten Ortschaften durch rigorose Strenge zu trüben. Die Klagschriften des Bischofs gegen die Okkupation wissen darum wenig oder nichts von Gewalttaten in Klingnau und Kaiserstuhl anzuführen. Die Verzeichnisse von Kontributionen und Proviantlieferungen gehen nicht über das hinaus, was die Stadt im ersten Villmerger Krieg hatte leisten müssen. Die Berner Mannschaften scheinen die Verpflegung selbst besorgt oder dann bezahlt zu haben. So gestattete der Kommandant Tscharner am 10. Mai dem Seckelmeister Hans Georg Schliniger, den Truppen Speise und Trank zu verabfolgen, da die Wirtshäuser der Stadt dem Bedarf doch nicht zu genügen vermöchten.»

Ähnlich wie in Klingnau dürfte es auch in Kaiserstuhl gewesen sein, eine Annahme, die aber anhand der Quellen noch überprüft werden müsste.

Worum ging es in diesem Krieg überhaupt?

Die Historische Gesellschaft des Kantons Aargau organisiert am Samstag, 2. Juni 2012, 9.00 bis 18.00 Uhr eine Tagung zum Thema Der Zweite Villmergerkrieg im Aargau: Schauplätze und Hintergründe und schreibt dazu:

«2012 jähren sich die kriegerischen Ereignisse vom Sommer 1712. Deren Beurteilung ist bis heute kontrovers. War es in erster Linie eine konfessionelle Auseinandersetzung in der Tradition von Kappel, war es der alte Konflikt zwischen Städten und Länderorten oder nicht vielmehr ein Kampf um die Vormacht in der Eidgenossenschaft, der in den Gemeinen Herrschaften – im allen gehörenden «Niemandsland» – ausgetragen wurde? Sicher ist, dass es eine der blutigsten Auseinandersetzungen war, die in der heutigen Schweiz stattgefunden hat. Wir möchten deshalb unter kundiger Leitung einige der aargauischen Schauplätze dieser Auseinandersetzung aufsuchen und uns neben militärhistorischen Aspekten insbesondere der Frage nach den Auswirkungen des Zweiten Villmergerkriegs auf die Grafschaft Baden und die Freien Ämter und deren Bevölkerung widmen.»

Quellen

Freitag, 27. April 2012

Ein Werbevideo für die Gemeinde Weiach

Die Gemeinde Weiach will bekanntlich neue Einwohner anlocken. In den Quartierplangebieten ist Platz für viele Neubauwohnungen und die Schülerzahlen von Kindergarten und Primarschule lassen eine Blutauffrischung angeraten sein.

Fünfminütiger Bilderbogen

Anlocken. Wie geht das? Durch Werbung oder genauer: Standortmarketing. Indem man Weiachs Alleinstellungsmerkmale gegenüber anderen Gemeinden hervorhebt. Und nicht nur auf den immer wieder zitierten tiefen Steuerfuss verweist. Familien wollen mehr als das. Auch auf diese Zielgruppe ist das auf der Plattform http://www.gate24.ch/ im März 2012 veröffentlichte Video (von Google am 30. März erfasst) gerichtet:



Der rund fünfminütige Film zeigt einen farbenfrohen Bilderbogen an aktuellen Filmaufnahmen, die Weiach im besten Lichte zeigen sollen. Begrüsst wird der Zuschauer vom amtierenden Gemeindepräsidenten persönlich (er spricht Dialekt), dann folgt ein Videorundgang, aus dem Off begleitet von einem Profi-Sprecher (hochdeutsch).

Was die Sprecher sagen: der Kommentar zum Bild

Nachfolgend der volle Wortlaut mit Anfangszeiten in eckigen Klammern:

[00:14] «Herzlich willkomme i de Gmeind Weyach. Weyach isch mit tusig Iiwohner e typischi Landgmeind und liit im schöne Züri-Underland.

Speziell angaschiere mer eus im Berich Jugend, Familie, Alter und Schport für en lebändige und aktive Zämähalt, so dass sich alli Bewohner bi eus dörfed wohlfühle.

Begleited Sie eus doch jetzt uf dem Rundgang und lönd Sie sich vo de Schönheite vo eusem Dorf beiidrucke.
»

[00:53] «Weiach im Zürcher Unterland ist die nördlichste Gemeinde des Bezirkes Dielsdorf. Die Gemeinde Weiach zählt knapp 1'000 Einwohner. Der ländliche Charakter mit viel natürlichem Erholungsraum zeichnet die Gemeinde aus.»

[01:14] «Weiach verfügt über einen eigenen Kindergarten und eine eigene Primarschule. Die Oberstufenschule wird in der Nachbargemeinde Stadel zusammen mit den Gemeinden Bachs, Neerach und Stadel geführt.»

[01:31] «Mit dem Auto ist der Flughafen Kloten in 20, die Zürcher City in 30 Minuten erreichbar. Ausserdem ist Weiach durch die Busverbindung nach Bülach mit SBB-Anschlüssen in Richtung Zürich, Winterthur und Schaffhausen mit öffentlichem verkehr zweckmässig erschlossen.»

[02:02] «Der VOLG-Dorfladen bietet ein umfangreiches Sortiment an Frischprodukten und Waren für den täglichen Bedarf. Zahlreiche kleine und mittlere Gewerbebetriebe in verschiedensten Branchen decken einen grossen Teil der nachgefragten Dienstleistungen ab und sind im Gewerbeverein organisiert.»

[02:27] «Seit 1962 wird in Weiach Kies abgebaut. Dieser wichtige Industriebetrieb trägt heute massgeblich zur stabilen Finanzlage und dem attraktiven Steuerfuss der Gemeinde bei.»

[02:39] «Erstmals wurde Weiach 1271 urkundlich erwähnt. Das Gemeindehaus und das benachbarte Baumgartner-Jucker-Haus - zwei Riegelhäuser an der Stadlerstrasse - gehören zu den markanten öffentlichen Gebäuden im Dorfkern. Zwischen den Gebäuden liegt der 2008 in freiwilliger Arbeit durch Private erstellte Spielplatz.»

[03:08] «Die 1706 erbaute Kirche - das Wahrzeichen des Dorfes - bildet zusammen mit den umliegenden Gebäuden eine harmonische Baugruppe im Zentrum des Dorfes. Die Friedhoferweiterung bildet einen neuzeitlichen Kontrast zur denkmalgeschützten Baugruppe.»

[03:21] «Als Folge des Kiesabbaus sind ökologisch wertvolle Flächen entstanden. Ein Trockenwiesenstandort mit nationaler Bedeutung, wo an sonnig-heissen Sommertagen Temperaturen vergleichbar mit Arizona gemessen werden, das heisst weit über 40 Grad Celsius. Oder die ökologische Ausgleichsfläche für den Flughafenausbau. Dazu kommen noch zahlreiche kommunale Schutzprojekte und Schmetterlingförderungsprojekte.»

[04:11] «Weiach konnte sich seinen überwiegend ländlichen Charakter als Bauerndorf bis heute weitgehend bewahren. Pferdehaltung, Milchwirtschaft und Rebbau bereichern das ländliche Dorfbild.»

[04:26] «Der Rhein, der entlang der nördlichen Gemeindegrenze vorbeiströmt, markiert die Landesgrenze zu Deutschland, aber auch den tiefsten Punkt im Kanton Zürich - mit 332 Metern über Meer.»

[04:39] «Der "Leuechopf", ein Felsvorsprung über dem Dorf, bietet eine prächtige Fernsicht den Rhein abwärts und in den naheliegenden Südschwarzwald. Der Ort wird mit seinen heute noch erkennbaren Wallanlagen als frühere Fluchtburg gedeutet, in deren Schutz sich die Bevölkerung bei kriegerischen Angriffen zurückzog.»

Guter Ansatz, aber schlechter Abschluss

Leider bricht der Kommentar des Sprechers hier ab. Natürlich sollen vor allem die schönen Bilder wirken. Das tun sie auch. Trotzdem vergibt der Video eine Chance, zum Schluss einen Appell an den Zuschauer zu richten: Weiach einen Besuch abzustatten und sich zu überlegen, ob man dorthin ziehen will.

Es wäre auch gut, wenn man eine Adresse einblenden würde, wo man weitergehende Informationen erhält. Überhaupt: Informationen. Ein Impressum fehlt völlig. Wer den Video finanziert hat kann man sich noch zusammenreimen. Aber schon die Fragen, wann und von wem das Werk produziert wurde und wer der Sprecher aus dem Off ist, bleiben unbeantwortet.

Immerhin: Die Gemeinde hat sich endlich zusammengerauft etwas für ihr Image zu tun. Und klar gemacht, dass der (noch) relativ tiefe Steuerfuss nicht der einzige Pluspunkt ist.

[Veröffentlicht am 28. April 2012]

Donnerstag, 26. April 2012

Ordnungshüter gesucht

Über die neue kommunale Polizeiverordnung hat WeiachBlog bereits letztes Jahr ausführlich berichtet, vergleiche die Artikel Entwurf der neuen Weiacher Polizeiverordnung online (4. Mai 2011, Nr. 1003), Wildpinkeln und Spucken verboten – auch im Wald! (5. Mai 2011, Nr. 1004), Von der «guten policey» zur kommunalen Polizeiverordnung (6. Mai 2011, Nr. 1005), sowie Paintball auf öffentlichem Grund verboten (7. Mai 2011, Nr. 1006).

Mittlerweile ist die Verordnung von der Gemeindeversammlung abgesegnet worden. Zur Durchsetzung all dieser neuen Vorschriften sucht sich der Gemeinderat nun Unterstützung in Form eines kommunalen «Ordnungshüters» - das Wort «Polizist» wollte man offenbar nicht in den Mund nehmen.

In den Mitteilungen ausgeschrieben

In den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Augabe April 2012, war jedenfalls die folgende Stellenausschreibung abgedruckt:
«Per 01. Juni 2012 oder nach Vereinbarung wird einen Ordnungshüter / eine Ordnungshüterin gesucht, welche/r die Bestimmungen der neuen Polizeiverordnung sowie dem dazugehörenden Ordnungsbussenkatalog umsetzt und gegen Aussen vertritt. Bei Ordnungsverstössen sind Sie die Ansprechperson und klären die Situation vor Ort.

Ihr Profil:
- einwandfreier Leumund
- Durchsetzungsvermögen
- gesunder Menschenverstand
- gute Deutschkenntnisse
- wohnhaft in Weiach und in der Gemeinde verankert (von Vorteil, allerdings nicht zwingend)

Ihre Tätigkeit:
- Sie sind erste Ansprechperson bei Ordnungsverstössen.
- Sie rapportieren die Verstösse und haben die Kompetenz, gemeinderechtliche Ordnungsbussen auszusprechen.
- Sie arbeiten eng mit der Behörde zusammen.

Ihre Entschädigung:
- jährliche Warteentschädigung von CHF 300.00.
- jährliche Pauschalentschädigung von CHF 100.00 für die Erreichbarkeit /
Telefonentschädigung.
- Aufwandentschädigung gemäss Stundenrapport zum Gemeindestundenansatz (CHF 28.55).
» (MGW April 2012, S. 6)

Abgesehen von der grammatikalischen Unzulänglichkeit gleich im ersten Satz wirft auch das Anforderungsprofil Fragen auf: Bezieht sich die Klammerbemerkung «von Vorteil, allerdings nicht zwingend» nur auf die Verankerung in der Gemeinde oder auch auf den Wohnort selber?

Der Gemeinderat hat wohl geahnt, dass es nicht so einfach sein würde, jemanden mit dieser Ausprägung zu finden. Bislang hat sich anscheinend noch niemand gemeldet, wie man einem Artikel im «Zürcher Unterländer» (Wie ein Dorf seinen Ordnungshüter sucht) entnehmen kann:
«Und das nicht etwa, weil in Weiach niemand über gesunden Menschenverstand verfügte.». Je kleiner das Dorf, desto eher wird die Nähe zum Nachbarn und die vom Gemeinderat explizit geforderte Verankerung zum potentiellen Problem.

Nach Gesetzesbuchstabe oder lieber zwei Augen zudrücken?

Heikel ist der Job auf jeden Fall. Dass es der Gemeindepolizist nicht einfach hat, konnte man vor drei Wochen einer Story des Boulevardblattes BLICK entnehmen: «Zu fleissig! Polizist gefeuert» war da zu lesen. Der Gemeindepolizist von Oberdorf (Kanton Baselland) wurde vom Gemeinderat «per sofort freigestellt», weil «diverse Beschwerden bei der Gemeinde eingegangen» seien. Der Gekündigte wehrte sich, er «habe doch nur pflicht­bewusst seinen Job gemacht». Der Gemeindepräsident warf ihm in der «Basler Zeitung» Übereifer vor: «Wenn man mit Funkgerät und Klappmeter den Dienst antritt, ist das unverhältnismässig.»

Aufschlussreich sind auch die Kommentare auf BLICK online: «Die haben im Stellenbeschrieb wohl vergessen zu erwähnen dass man nicht alle im Dorf büssen darf, schreibt ein Leser aus Würenlos. Und einer aus Oberuzwil, doppelt nach. Das sei das Grundproblem jedes Gemeindepolizisten: «Wenn man einmal den falschen büsst, dann ist Feuer im Dach.». Leser aus Oberdorf selber sahen das anders: Ihr Polizist sei zu Recht entlassen worden. Er sei regelrecht auf die Jagd nach Verkehrs- und anderen Sündern gegangen und habe sich mit Pfefferspray, Schlagstock und Handschellen am Gürtel lächerlich gemacht.

Problem ist nicht neu

Dass es in früheren Jahrzehnten ebenfalls äusserst schwierig war, jemanden als Ordnungshüter zu gewinnen, kann man im Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 110 nachlesen. Damals gab es noch eine Polizeistunde, der Nachachtung verschafft werden musste. Man kann sich vorstellen, was sich die Kontrolleure (die auch Anzeigen mit Bussenfolgen machen mussten) von Überhöcklern so alles anhören durften. Die Kontrollbeamten wechselten denn auch alle paar Monate, derart unbeliebt war dieses Amt.
Entscheidend ist und bleibt das Auftreten des Ordnungshüters. Da muss der Gemeinderat schon mithelfen und klar sagen wie er es haben will. Tenu, Ausrüstung und die gewünschte Art und Weise der Durchsetzung der kommunalen Polizeiverordnung und anderer Rechtsvorschriften müssen zusammen mit dem Stelleninhaber genau abgesprochen werden.

Ob man einen Wildpinkler, der im Wald seine Notdurft hinter einem Baum verrichtet wirklich büsst, das ist - obwohl in Art. 31 Polizeiverordnung ausdrücklich verboten - vor allem eine Ermessensfrage.

Quellen
[Veröffentlicht am 27. April 2012]

Mittwoch, 25. April 2012

Milchgenossenschaft Weiach: Ausflug zum 50sten

Mit ihrer Ende 1883 gegründeten Käsereigenossenschaft hatten die Weiacher nicht gerade viel Glück (für die Details vgl. Weiacher Geschichten Nr. 46 und 47). Im Juni 1910 beschloss die Generalversammlung ihre auch «Sennereigenossenschaft» genannte Vereinigung aufzulösen und sie aus dem Handelsregister streichen zu lassen.

Der Milchverband Winterthur nahm den Weiacher Bauern glücklicherweise bereits 1911 ihre Milch ab. Kurze Zeit später, 1912, wurde dann die Milchgenossenschaft Weiach aus der Taufe gehoben. Ihr war ein wesentlich längeres Leben beschieden, wie man der Jahreschronik von Walter Zollinger entnehmen kann:

«Die Milchgenossenschaft Weiach konnte 1962 ihr 50jähriges Bestehen feiern. Sie tat dies, indem sie allen Mitgliedern und Konsumenten eine Carfahrt bot. Diese führte uns am 25. April zur Verbandsmolkerei Zürich, zur Milchregulierstelle und zur Weichkäserei Uster. Im "Stadthof" Uster wurde ein splendides Mittagessen serviert und in der "Chässtube" Winterthur später ein Gratiszabig. - Am 17. Nov. sodann fand die Jubiläumsversammlung im "Sternen" statt, allwo noch ein Nachtessen offeriert und in verschiedenen Ansprachen des besonderen Ereignisses gedacht wurde.»

Ihr 100-Jahr-Jubiläum erlebte die Genossenschaft nicht mehr. Jedenfalls nicht unter dem ursprünglichen Namen. Die starke Abnahme der Anzahl milchproduzierender Betriebe bewog die verbliebenen Genossenschafter Ende November 2009 zu einer Änderung des Zwecks und der Annahme des neuen Namen «Bauerngenossenschaft Weiach».

Quellen[Veröffentlicht am 27. April 2012]

Dienstag, 24. April 2012

Aprilwetter 1962: fast zur Hälfte sonnig

April ist der Monat der meteorologischen Wechselbäder: einmal warm, dann wieder kalt. Sonne, Regen und gar Schnee. Da liegt alles drin. Vor 50 Jahren erlebte Weiach einen solch typischen April, wenn man den Aufzeichnungen Walter Zollingers in seiner Jahreschronik 1962 folgt:

«April: Im grossen-ganzen nicht übel! Ich verzeichnete neben 11 ganzen Sonnentagen und 4 sonnigen Nachmittagen nur zwei vollständig regnerische; daneben allerdings sehr oft Tage mit Hochnebel und zehn mit "durchzogenem", wechselnden Wetter und auch fast täglichem Wind. Regennächte gab's 4, Schneefall einmal, leichter Reif einmal.

Höchsttemperaturen: morgens 16°, mittags 24°, abends 18°,
Tiefsttemperaturen: morgens 0°, mittags +5°, abends +2°.

Unterm 24.4. heisst's in meinem Tagebuch: "Die Kirschbäume blühen, ebenso unsere Birnspaliere".
»

Bluescht an den Spalieren ist natürlich toll. Aber erst einmal muss diese Blüte noch bis Mitte Mai einige kalte Nächte überleben.

Quelle
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1962 - S. 7. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1962].

Montag, 23. April 2012

Publikationen finden - ganz ohne Google

Bibliothekskataloge sind heute vielfach digitalisiert und über das Internet abrufbar. Dazu muss man aber wissen, wie man einen solchen Katalog aufruft, denn über Standard-Suchmaschinen wie Google, Bing und Konsorten findet man selten etwas.

Suchmaschinen sehen längst nicht alles

Der Grund: Kataloge werden in Datenbanken abgefüllt. Und auf die kann man nur mit einer Eingabemaske zugreifen. Wenn man das tut, generiert die Datenbank sogenannt dynamischen Content. Suchmaschinen-Spider sind in vielen Fällen nicht in der Lage, solche Inhalte abzurufen. Entweder weil sie nicht fähig sind Abfragemasken effizient genug mit Schlagwörtern, Autorennamen o.ä. zu beschicken. Oder weil Versuche dazu seitens des Katalogbetreibers mittels einer «robots exclusion» von vornherein unterbunden werden. Man nennt diese zwar vorhandenen, für Google & Co. aber unsichtbaren Teile des Internets auch das «Deep Web».

Sucht man also nach einem Werk, das nur in Bibliotheken verfügbar ist, die von Google Books noch nicht erfasst wurden, dann fängt man am besten mit einer spezialisierten Meta-Suchmaschine wie dem Schweizer Virtuellen Katalog http://www.chvk.ch/ an. Kataloge auswählen - Suchbegriffe eingeben - Suchen lassen. So einfach geht das. Die etwas jüngere Version ist Swissbib http://www.swissbib.ch/, wo man noch weniger falsch machen kann: es gibt nur ein Feld, in welches man etwas eintippen kann. Und schon sucht die Metamaschine auf allen angeschlossenen Bibliothekskatalogen.

Broschüre zur Einweihung der Schulanlage Hofwies in Bibliothek verfügbar

Wenn man sich auf ganz bestimmte Begriffe spezialisiert - wie dieser Blog seit Jahr und Tag auf den Begriff «Weiach», dann fallen einem natürlich Einträge auf, die bei früheren Suchdurchgängen noch nicht vorhanden waren.

So ging es mir vor einigen Tagen mit einer kleinen Broschüre, die - wie in Weiach weithin üblich - als Gelegenheitsliteratur herausgegeben wurde. Da von den Adressaten dieser Schrift männiglich den Kontext ihrer Entstehung kannte und weil überdies angenommen wurde, es interessiere sich über den kleinen Kreis der Gemeinde hinaus sowieso niemand dafür, so wurde (und wird) in unserem Dorf meist auf Informationen wie Verlag, Erscheinungsjahr oder Erscheinungsort verzichtet, manchmal sind nicht einmal Herausgeber oder Autor genannt.

Dass dies auch bei der von mir kürzlich im Katalog der IDS Zürich gefundenen Gelegenheitsschrift «Einweihung der neuen Schulanlage Hofwies Weiach» der Fall war, zeigt sich am Eintrag, den die Forschungsbibliothek Pestalozzianum, welche zur Pädagogischen Hochschule Zürich gehört, dazu erstellt hat (vgl. IDS Uni Zürich 001992824):

«Titel Einweihung der neuen Schulanlage Hofwies Weiach : Freitag / Samstag / Sonntag, 3./4./5. September 1976 / [Primarschulpflege und Gemeinderat Weiach]
Impressum [Weiach] : [s.n.], [1976]
Umfang 1 Heft : Ill.
Bibliothek PH Zürich_Forschungsbibl. Sign.: IHBF H 1209
»

Die eckigen Klammern sind nach den einschlägigen ISO-Standards ein Hinweis darauf, dass die gemachten Angaben nicht einem Impressum entnommen, sondern aus einer Analyse des Inhalts abgeleitet wurden - für den Verfasser-/Herausgebervermerk z.B. die Angaben unter dem Grusswort, Vorwort, etc.

Übrigens: diese Publikation ist auch bei Google Books erfasst - nur steht da rein gar nichts darüber, bei welcher Bibliothek sie verfügbar wäre.

Sonntag, 22. April 2012

Volksinitiativen im Multipack

In den Leserbriefspalten ist Hanspeter Bühler, wohnhaft in der alten Mühle im Oberdorf zu Weiach, beileibe kein Unbekannter. Zwischen 2006 und 2010 hat WeiachBlog mehrmals berichtet.

Bühler ist vielseitig interessiert: von Israel und Gaza (Nr. 247), über DJ Bobo (Nr. 299), Gutmenschen (Nr. 490), das Swissairurteil (Nr. 492), Werbung in eigener Sache (Nr. 605), die Geldgier Roger Federers (Nr. 608), EU-Schweinetröge (Nr. 621) und eine Radrennfahrerin (Nr. 634) bis zum Ausmisten von Augiasställen (Nr. 851). Die kleine Übersicht zeigt: seine Themen gehen querbeet.

Gleich drei Initiativen aufs Mal

Es überrascht daher nicht, dass Bühler auch basisdemokratisch aktiv ist. Und wie. Als Mitglied eines Initiativkomittees hat er letztes Jahr auf einen Schlag gleich drei eidgenössische Volksinitiativen lanciert. Themen sind die Armee, die Nationalbank und die Pensionskassen.

Wie es Vorschrift ist, wurden die Initiativtexte von der Bundeskanzlei am 4. Januar 2011 vorgeprüft und im Wortlaut im Bundesblatt vom 18. Januar 2011 veröffentlicht. Samt Namen und Adressen der mit Mehrheitsentscheid zum Rückzug der Initiative Berechtigten.

Seither gilt: Sammelfrist bis 18. Juli 2012. Die Initianten haben also anderthalb Jahre Zeit die nötigen je 100'000 Unterschriften zusammenzubringen (vgl. Art. 139 Abs. 1 BV: «100 000 Stimmberechtigte können innert 18 Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung ihrer Initiative eine Teilrevision der Bundesverfassung verlangen.»).

Mitentscheiden im Sinne der PK-Versicherten

Die erste Eidgenössische Volksinitiative «Unsere Pensionskassen nicht missbrauchen!» will, dass die Pensionskassen zu aktiven Aktionären im Sinne ihrer Versicherten werden. Sie sollen nicht einfach alles abnicken, was Konzernchefs den Generalversammlungen auftischen.
Deshalb soll es einen neue Buchstaben Abs. 2 Bst. f zum Art. 113 über die Berufliche Vorsorge geben:

«Art. 113 Abs. 2 Bst. f (neu)
2 Er [gemeint: Der Bund] beachtet dabei folgende Grundsätze:
f. Einrichtungen der obligatorischen Vorsorge üben ihre Aktionärsrechte, namentlich ihre Mitspracherechte an Generalversammlungen, im Sinne ihrer Versicherten aus; im Vorfeld von Generalversammlungen können sie den Willen ihrer Versicherten durch repräsentative Befragungen ermitteln.»

Weiterführende Informationen der Initianten unter: http://www.unserepensionskassen.ch/

Keine Libyen-Abenteuer mehr

Die zweite Eidgenössische Volksinitiative «Unsere Armee benötigt eine klare Kompetenzregelung für den Einsatz im Ernstfall!» verlangt die Ergänzung des Armee-Artikels der Bundesverfassung durch einen vierten Absatz. So soll auf Verfassungsstufe das im Militärgesetz und weiteren armeerelevanten Erlassen nach Meinung der Initianten ungenügend geregelte Primat der Politik mit konkreten Vorgaben verankert werden:

«Art. 58 Abs. 4 (neu)

Der Bundesrat beschliesst über Einsätze der Armee im Ernstfall, die im Inland oder im Ausland mit scharfer Munition durchgeführt werden sollen. An der Beschlussfassung müssen alle Mitglieder des Bundesrates teilnehmen. Der Beschluss kommt zustande, wenn fünf Mitglieder für den Einsatz stimmen. Die Beschlussfassung ist geheim und wird protokolliert.
»

Hier stand offenbar vor allem die Situation vor Augen, die entstand, als im Zuge der Geiselaffäre zwischen dem Ghaddafi-Clan und der Schweiz die Vorsteherin des EDA mit der Armee einen Zugriff in Libyen plante, von dem der Bundespräsident keine Kenntnis hatte.

Weiterführende Informationen der Initianten unter: http://www.unserearmee.ch/

Nationalbank an die Leine

Die dritte Eidgenössische Volksinitiative «Unsere Nationalbank gehört uns allen!» will den bestehenden Art. 99 BV über die Geld- und Währungspolitik von 4 auf 12 Absätze ausbauen und damit Alleingänge der Nationalbank unterbinden (vgl. den vollständigen Text).

Die Initianten sind der Meinung, das Nationalbank-Direktorium verschleudere mit der unlimitierten Stützung von Wechselkurszielen hunderte von Milliarden Schweizer Franken, stürze die Schweiz damit in unermessliche Schulden und gefährde uns alle damit existentiell, denn ein solches Vorgehen könne eigentlich nur im Konkurs der Nationalbank, ihrer Gläubiger und letztlich in einer Hyperinflation münden - dasselbe Szenario wie es dem Euro-Raum oder den USA droht, deren Notenbanken ebenso unlimitiert Geld aus dem Nichts erschaffen.

Weiterführende Informationen der Initianten unter: http://www.unserenationalbank.ch/

Quellen

Samstag, 21. April 2012

Export Taye verquantet Autos und Möbel

Grossunternehmen wie die Weiacher Kies AG (vgl. die Artikelserie der letzten drei Wochen) entstehen in einer kleinen Gemeinde nur alle paar Jahrzehnte - wenn überhaupt. Kleine Firmen werden aber doch recht häufig aus der Taufe gehoben. Alle paar Monate eine.

Den jüngsten Eintrag des Handelsregisteramtes des Kantons Zürich im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) generierte ein Gewerbe, das schon fast als Klassiker für Schweizer mit Migrationshintergrund gelten darf: Export von Autos.

Auf der Website moneyhouse.ch findet man den Eintrag:

«SHAB: 068 / 2012 vom 05.04.2012
Export Taye, in Weiach, CH-020.1.063.331-9, Kaiserstuhlerstrasse 47, 8187 Weiach, Einzelunternehmen (Neueintragung).
Zweck: Export von Waren aller Art, insbesondere Autos, Autoteile und Möbel.
Eingetragene Personen: Taye Majed, von Rüti ZH, Weiach, Inhaber, mit Einzelunterschrift.
Eintrag ins Handelsregister: 02.04.2012
Rechtssitz der Firma: Weiach (ZH)
»

Die Adresse Kaiserstuhlerstrasse 47 ist der Standort der früheren Bahnhofgarage Weibel. Seither sind wechselnde Unternehmen mit Automobil-Bezug dort einquartiert. Einmal war es ein Konstrukteur von Expeditions-und Offroad-Fahrzeugen. Heute ist es gemäss Telefonbucheintrag die «Sport Garage BG, Gashi».

Freitag, 20. April 2012

Schlussplädoyer des Regierungsrates überzeugte nicht

Im Artikel vom 31. März wurde rekapituliert, warum es 1961 um die in Gründung befindliche Weiacher Kies AG zu einer heftigen politischen Auseinandersetzung kam.

Die Artikel ab dem 1. April zeichnen den zweiten Teil der Kantonsratsdebatte zu einer möglichen «Beteiligung des Kantons Zürich an einer Aktiengesellschaft zur Ausbeutung von Kies in Weiach» nach.

Holderbank wollte keine Kantonsbeteiligung

Nach mehr als zwei Dutzend Voten erhielt Regierungsrat Meierhans am 16. Oktober 1961 noch einmal Gelegenheit, den versammelten Kantonsräten den Standpunkt der Regierung darzulegen. Seine Replik ging auch auf die von Kommissionspräsident Frei gemachten Vorwürfe (WeiachBlog von gestern, 18. April) und Fragen von weiteren Votanten ein (so z.B. die von Dr. M. Kuhn, ob schon Lieferverträge abgeschlossen worden seien):

«Regierungsrat Dr. P. Meierhans stellt fest, der Regierungsrat habe sich vorerst um die Ausbeutung des Weiacher Kieses bemüht. Als er sah, dass dies unmöglich sei, versuchte er, sich mit der Haniel AG zu verbinden. Der Holderbank AG wurde für ihr Werk in Hüntwangen der gleiche Vertrag wie der Haniel angeboten, was jedoch von dieser abgelehnt wurde. Die zwei Millionen Franken Einsparungen sind keine blosse Behauptung, sondern durch Unterlagen der Haniel AG belegt. Aus Konkurrenzgründen können aber diese Unterlagen nicht veröffentlicht werden. Dem Kanton geht es nicht um den Gewinn, sondern darum, Einblick in das Kiesgeschäft zu erhalten. Die Haniel AG hat nur dann Anspruch auf Lieferungen, wenn sie zu marktkonformen Bedingungen liefert. Um diese marktkonformen Preise festzustellen, wurde die Submission für die linksufrige Höhenstrasse eröffnet. Die kurze Frist drängte sich auf, um das Bauvorhaben innert der notwendigen Zeit ausführen zu können. Nur durch eine Beteiligung des Kantons an der Haniel AG kann verhindert werden, dass sich die beiden Hauptbeteiligten [Haniel und Holderbank] auf Kosten des Kantons einigen. Persönliche Interessen haben mit dieser Beteiligung nichts zu tun. Regierungsrat Dr. P. Meierhans wird nie in diesem Verwaltungsrat Einsitz nehmen. Bis heute wurde kein Vertrag mit Haniel über die Lieferung von Koffermaterial abgeschlossen.»

Wie beschleunigt man ohne kritisiert zu werden?

Der Kommissionspräsident konnte es sich nicht verkneifen, nachzutreten und erlaubte sich das letzte Wort:

«H. Frei - Zürich erklärt, es sei unkorrekt, dass erst am 9. Oktober 1961 die Submission ausgeschrieben wurde, nachdem die Notwendigkeit der Lieferungen dem Regierungsrat schon seit einem halben Jahr bekannt war.»

Wenn man sich die Sachzwänge vor Augen führt (Parlament gegen Staatskieswerke und gleichzeitig absehbar grosser Bedarf für den Nationalstrassenbau), dann kann man schon fragen, weshalb die Ausschreibung erst am Tag der ersten Debatte erfolgte.

Unter Einrechnung des Kopfschüttelns, das dem Regierungsrat wohl von Seiten des Kommissionspräsidenten gegolten hätte, wäre man bei der Verwaltung zweigleisig gefahren (Laufender Antrag ans Parlament und parallel dazu das Submissionsverfahren auf 10 Jahre), wird das gewählte Vorgehen aber zumindest verständlicher.

Fast zwei Drittel sind dagegen

Damit war das Geschäft endlich reif für die Abstimmung.

«Der Kantonsrat beschliesst mit 87 gegen 47 Stimmen:

I. Der Kredit von Fr. 1 000 000.- für die Beteiligung des Kantons Zürich an einer Aktiengesellschaft zur Ausbeutung von Kies in Weiach wird abgelehnt.

II. Mitteilung an den Regierungsrat.
»

Und so kommt es, dass die Weiacher Kies AG bis heute nur zwei Aktionäre hat. Die Gemeinde Weiach und den jeweiligen Anlagenbetreiber.

Quelle
  • Kantonsratsprotokoll 1961, S. 1806. Signatur: StAZH III AAg 1 37 LS
Jubiläum 50 Jahre Weiacher Kies AG