Donnerstag, 29. Juni 2023

Aus Kita Zwärgehüsli wird zeitgeistige KiTa MultiKulti GmbH

Die Kinderkrippe Zwärgehüsli am Bachweg 2 im ehemaligen letzten Postlokal (bevor diese 2009 in den VOLG gezügelt ist) hat einen neuen Namen. Und einen neuen Eigentümer. Das geht aus dem staatlichen Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) hervor: 

«Mutation Kinderkrippe/Kita Zwärgehüsli GmbH, Weiach, neu KiTa MultiKulti GmbH»

Mit Statutenänderung vom 9. Juni 2023, so kann man da lesen (Tagesregister-Nr. 24614 vom 15.06.2023), hat die am 7. November 2016 von Lotti Beerli aus Kaiserstuhl gegründete GmbH ihren Zweck angepasst. Ziel ist immer noch der Betrieb einer Kita (aber längst nicht nur der). 

Weitgefasste Zweckbestimmung. Vorher wie nachher.

Bisher: «Die Gesellschaft bezweckt eine familienergänzende, pädagogische Tagesbetreuung von Kindern». Das konnte also weit mehr als nur eine Kindertagesstätte umfassen. Diese Möglichkeiten behält man sich offen. Nur anders formuliert.

Neu: «Die Gesellschaft bezweckt den privaten Betrieb von Kinderkrippen, Kinderhorten, Kindergarten und Tagesschulen. Der Betrieb der Gesellschaft ist gewinnorientiert: Die Gesellschaft schüttet Gewinne an die Gesellschafter aus; werden Gewinne erwirtschaftet, so dienen diese in erster Linie zur Stärkung der Gesellschaft und werden reinvestiert.»

Der neue Eigentümer, Murat Kentus, ist bisher eher als Unternehmer im Smartphone-Business aufgetreten. Jetzt steigt er mit der neu firmierten KiTa MultiKulti GmbH auch in den Kindertagesstätten-Markt ein. Geführt wird die Kita neu von Meliha Kentus, die auch ein FaBe Kinder Praktikum mit Aussicht auf Lehrstelle 2024 anbietet.

Kita oder Hort? Ein paar Definitionen

Kita / Kindertagesstätte / Kinderkrippe = professionelle Organisation mit vielen Auflagen, Kinder werden ab dem Alter von 3 Monaten bis zum Kindergarteneintritt betreut. In der Regel ganztags zwischen 7 und 19 Uhr. Wird deshalb v.a. in Österreich auch Ganztagskindergarten genannt. Eine Übersicht über die bei uns geltenden Vorschriften gibt die Webseite der Fachstelle Aufsicht Kitas/Tagesfamilien des Sozialdienstes Bezirk Dielsdorf (SDBD), einem Gemeindezweckverband, dem auch Weiach angehört. [Vorstehender Satz eingefügt am 14.7.2023]

Spielgruppe = Kinderbetreuung durch Personen ohne anerkannte Ausbildung, maximal 2.5 Stunden pro Tag. Meistens 2 bis 3x pro Woche. Zielgruppe hier: Kinder von 3 bis 5 Jahren. Beispiel in Weiach: die Spielgruppe Bambi im Spycher des Baumgartner-Jucker-Hauses.

Der Kindergarten ist eine Art Vorschulstufe für die Altersgruppe im 5. und 6. Lebensjahr: «Der Kindergarten bildet die erste Stufe der Volksschule. Er dauert zwei Jahre und ist obligatorisch. Alle Kinder, die am 31. Juli vier Jahre alt sind, werden ab Schuljahresbeginn (Mitte August) schulpflichtig.» (vgl. Unsere Schule Weiach. Schuljahr 2023/24, S. 7) Er wird durch die Schule Weiach geführt und zwar an vier Standorten: Farbtupf, Hofwies sowie in Fisibach Chilewis 1 und Chilewis 2.

Hort = Ausserschulische Betreuung für (i.d.R.) schulpflichtige Kinder (Ergänzung zu Kindergarten/Schule, Mittagstisch/ Hausaufgaben-Hilfe). Für Weiach ist die Zielgruppe also die Altersgruppe von 5 bis 13 (1. bis 6. Klasse) am Standort Pfarrhaus. Geöffnet von Montag bis Freitag jeweils von 07.00 Uhr bis 18.30 Uhr. Der Mittagstisch im Gemeindesaal wird von 12.00 bis 13.15 angeboten (vgl. Unsere Schule Weiach. Schuljahr 2023/24, S. 20). Wird manchmal auch als Schulhort bezeichnet (im Gegensatz zum Kinderhort = Kita).

Alle drei Formen, plus Kindergärten, gibt es auch in Weiach. Kita und Spielgruppe entspringen privater Initiative. Der Hort und die Kindergärten sind ein staatliches Angebot der Primarschule Weiach.

Eine Sonderform ist das Kinderheim = Pflege von elternlosen Kindern oder Kindern, welche nicht von den Eltern betreut werden können/sollen. Die Form ist die des Internats, meist in Wohngruppenform (Betreuerpräsenz: 24 h / 7 Tage), oft mit angeschlossener Schule. Die Zielgruppe kann vom Kleinkind bis zum Jugendlichen reichen. Ein Beispiel im Zürcher Unterland ist die Stiftung Schloss Regensberg im ehemaligen Landvogteischloss auf dem Buck.

Kommentar WeiachBlog

Nachdem die von der Schulgemeinde gegründete und nun von der Politischen Gemeinde beerdigte staatliche Kita faktisch vom Markt weg ist, könnte das durchaus interessant werden. In welcher Hinsicht auch immer. Denn wie man der Zweckbestimmung ansieht, ist es nicht ausgeschlossen, bisher staatliche Hortstrukturen oder Kindergärten zu übernehmen. Oder neue als Gegenmodell aufzubauen.

Der Bedarf auf Elternseite ist da. Aber der Bewilligungs- und Vorschriftendschungel ist für einen Kita-Betreiber - neben der Balance zwischen Zahlungsfähigkeit der Kunden vs. Kostenstrukturen für den Betrieb - eine nicht zu unterschätzende Hürde.

Websites, Quellen und Literatur

Mittwoch, 28. Juni 2023

Ein halbes Jahrhundert Steuerrechnung aus dem Rechenzentrum

Für uns Heutige ist die Nachricht, Steuerbescheide kämen nun aus dem Rechenzentrum, bar jeden Neuigkeitswertes. Etwa so wie der kalte Kaffeesatz von vorgestern.

Vor einem halben Jahrhundert aber waren Begriffe wie «Rechenzentrum» oder gar «Programmpakete» für den durchschnittlichen Leser fast so exotisch wie Berichte über eine Mondlandung. Das waren Nachrichten über Vorgänge aus einer anderen Dimension. Und Hand auf's Herz: Wer von uns versteht wirklich, wie sein Computer im Detail funktioniert? Ein Artikel über den Zauber und die Magie der Effizienzsteigerung:

«Erstmals übergaben elf Zürcher Gemeinden die Ausrechnung und das Ausdrucken ihrer Steuerzettel und Steuerregister einem Rechenzentrum. Kurzfristig und termingerecht erstellte Hauenstein Data-Service, Bachenbülach, die versandbereiten Steuerzettel für über 8000 Steuerzahler von Bachenbülach, Freienstein-Teufen, Hochfelden, Höri, Neftenbach, Niederglatt, Nürensdorf[,] Rafz, Seuzach, Weiach und Wil. Damit konnten die ohnedies überlasteten Gemeindeverwaltungen auf rationelle und wirtschaftliche Art eine Aufgabe bewältigen, die sonst ausserordentlich zeit- und personalintensiv ist.

Mit weiteren, im Rechenzentrum zur Verfügung stehenden Programmpaketen werden für die erwähnten und weitere Gemeinden auch folgende Arbeitsgebiete über das Rechenzentrum bewältigt: Einwegstimmausweise mit Stimmregister, Abrechnungen von Gebäudeversicherung, Liegenschaftensteuern, Kehrrichtabfuhr, Wasser- und Kanalzins, Nutzholzt [sic!], Adressierungen und Statistiken für Schul- und Kirchbehärden [sic!], allgemeine Verwaltung usw. Will beispielsweise eine Schulplege [sic!] feststellen, wie gross ein bestimmter Jahrgang von Kindern ist, um die Planung von Kindergärten und Schulhäusern in die richtigen Bahnen zu leiten, gibt das Rechenzentrum in kürzester Zeit Auskunft. Dem Rechenzentrum sind auch Gemeinden angeschlossen, die selber einen Kleincomputer benützen, für grössere Massenarbeiten aber nicht genügend freie Kapazität haben.»

Hans Meier, alt Gemeindeschreiber und zu dieser Zeit im Gemeindehaus nicht nur im Amt, sondern auch wohnhaft, erinnert sich jedenfalls noch gut an diese Zeit. Auch die Daten zum Nutzholz-Verkauf hätten sie an die Firma Hauenstein geschickt, die daraus dann die Rechnungen erstellt habe, erläutert er dieser Tage auf telefonische Anfrage von WeiachBlog.

Die vom Tat-Redaktor explizit erwähnte Anwendung der Schulraumplanung hingegen, die mussten die Weiacher für ihre Schulanlage Hofwies noch selber aus den Registern ziehen. Und von Hand rechnen. Denn zu diesem Zeitpunkt waren die Planungsarbeiten schon weit fortgeschritten und das Projekt war bereit für die Gemeindeversammlung.

Tatsächlich einmal Vorreiter

Wir wissen zwar nicht, ob die Redaktion der Migros-Zeitung «Die Tat» der Einfachheit halber einem Bachenbülacher IT-Unternehmen geglaubt hat. Oder ob sie die beschriebene Premiere tatsächlich per Recherche verifiziert hat. 

Bemerkenswert wäre es jedenfalls. Denn dann ist Weiach in diesem Punkt tatsächlich einmal Vorreiter gewesen. Und nicht, wie sonst üblicher, eine der letzten Gemeinden, die schliesslich auch noch umsetzen, was alle anderen schon länger machen.

Quellen

  • Steuern aus dem Computer. Vereinfachung der Verwaltungsarbeiten in elf Zürcher Gemeinden. In: Die Tat, 28. Juni 1973, S. 4.
  • Telefongespräch mit Hans Meier-Forster, alt Gemeindeschreiber, im Amt 1961-1996, vom 24. Juni 2023.

Montag, 26. Juni 2023

Welchen Datierungsstil verwendete man 1596 in Weiach?

Bekanntlich hat ja Papst Gregor XIII. im Jahre 1582 mit einer eigentlich simplen Kalenderanpassung zusätzlich zur Spaltung zwischen Reformierten und Katholiken auch noch ein wahres Kalenderschisma verursacht (vgl. ausführlich dazu Weiacher Geschichte(n) Nr. 105). 

Für Weiach und Kaiserstuhl bedeutete dies bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, dass man mit zwei Datierungssystemen leben musste. Wer sich heute mit Dokumenten aus dieser Zeit im ausgehenden 16. und zum gesamten 17. Jahrhundert befasst, kommt nicht um die Frage herum: Welchen Kalender hat die schreibende Person verwendet? Denn die Doppeldatierung greg./jul. (oder umgekehrt) auf einem Dokument war damals keineswegs Standard.

Stilus novus vs. Stilus vetus

War es wie bei den Katholiken der Gregorianische Kalender, dann nennt man die Datierung «stilus novus» (St. n.). Und war es der herkömmliche Julianische Kalender, an dem die Reformierten festhielten, dann ist es der «stilus vetus» (St. v.), der althergebrachte Stil.

Weiach war reformiert. Also nur alter Stil? Im Pfarrhaus sicher, ja. Wenn ein Erlass aus der Neuamtskanzlei in der Stadt Zürich kam, dann auch. Aber so einfach ist es eben nicht. Dafür sorgte die Teilung der Herrschaftsrechte in Hochgericht (bei einem reformierten Landesherrn) und Niedergericht (bei katholischen Landesfürsten, bzw. ihren Lehensnehmern). 

Die erste juristische Instanz, die für Weiach zuständig war, unser Dorfgericht, wurde von einem Kaiserstuhler geleitet und der Gerichtsschreiber war ein Angestellter des Fürstbischofs von Konstanz. Und diese Kanzlei auf dem Schloss Rötteln am nördlichen Brückenkopf bei Kaiserstuhl datierte ihre Akten, Urkunden, etc. selbstverständlich primär im neuen Stil.

Das Staatsarchiv sieht einen Fehler

Die Gemeindeordnung von 1596, der ältesten, die für Weiach überliefert ist (vgl. WeiachBlog Nr. 884 v. 19. Juli 2010) wird datiert «uff sontag, den vierzechenden tag wintermonats» (Transkription nach Weibel 1996).

An diesem Tag seien die Bestimmungen der neuen Dorfordnung «einer gantzen gmeind Wyach jnn der kilchen daselbs von einem articel zum anndern offentlich vorgeläßen, unnd von jnen gmeinlich mitt danck zů gefallen uf- unnd angenommen worden [..]».

Das Staatsarchiv des Kantons Zürich (StAZH) sieht da nun aber einen Fehler bzw. eine Fallmasche, vgl. den Katalogeintrag zu StAZH A 97.7, Nr. 11:

«Entstehungszeitraum, Anm.: Uff sontag den vierzechenden tag wintermonats im jar ... fünfzechenhundert nüntzig unnd sechse (Der 14. November 1596 fiel allerdings auf einen Donnerstag und nicht auf einen Sonntag.)»

Donnerstag oder Sonntag? Auch noch ein Wochentag-Schisma?

Haben sich die Verfasser der Offnung geirrt? Oder doch das StAZH?

Um das zu klären, müssen wir zuerst die Frage beantworten: Hat man bei der Kalenderumstellung tatsächlich auch die Wochentage verschoben? 

Eine solche Verschiebung hätte dann dazu geführt, dass der Sonntag bei Katholiken und Protestanten für die Dauer des Kalenderschismas nicht mehr auf den gleichen Tag gefallen wäre. Das war aber glücklicherweise nicht der Fall. Sonntag war bei beiden Konfessionen nach wie vor am selben Tag, was dadurch zustande gekommen ist, dass gemäss den Weisungen des Papstes auf den Donnerstag, 4. Oktober 1582 (letzter Tag der Verwendung des alten Stils in römisch-katholischen Gegenden) der Freitag, 15. Oktober 1582 (erster Tag nach neuem Stil) folgte.

Laut http://www.ewigerkalender.de/ bzw. https://www.timeanddate.com (vom Korrektur-PlugIn LanguageTool verwendet), die beide den gregorianischen Kalender abbilden (den sog. Stilus novus), ist der 14. November 1596 tatsächlich ein Donnerstag, wie vom StAZH angemerkt. Nach altem Kalender (Stilus vetus) war das aber der 4. November.

Geht man nun von diesem Donnerstag, 14. November, diejenigen zehn Tage vorwärts, die mit der gregorianischen Kalenderreform ausgelassen wurden, dann landet man in der Tat bei einem Sonntag. Nach gregorianischer Zählung: dem 24. November. Dieser Tag aber ist nach julianischer Zählweise natürlich der 14. November. Der Irrtum liegt also bei den Bearbeitern des StAZH-Onlinekatalogs. 

[Nachtrag vom 28. Juni 2023: Gemäss e-mail von Christian Sieber, Abteilungsleiter Nacherschliessung und Digitalisierung NED, ist der Fehler in der Archivdatenbank korrigiert. Über das Internet ist die korrigierte Version ab Mitte Juli abrufbar.]

Der Entstehungszusammenhang deutet auch in Richtung alter Stil

Dass die Datierung der ersten Weiacher Gemeindeordnung auf Sonntag, 14. November 1596 erfolgte, ist von der Zählweise her völlig korrekt, wenn man davon ausgeht, dass im Stilus vetus datiert wurde.

Und das muss man bei diesem Dokument StAZH A 97.7, Nr. 11 nur schon aufgrund seines Entstehungszusammenhangs, wie er im Rechtsquellenband Neuamt von Thomas Weibel aufgezeigt wird. Denn just diesen alten Stil hatten die Zürcher ja auch nach dem 4. Oktober 1582 beibehalten, weil sie sich vom Papst eben nichts vorschreiben lassen wollten. 

Zusammen mit einer im Dokument offenbar nicht vorhandenen Doppeldatierung ist diese julianische Datierung wiederum ein weiterer Hinweis darauf, dass diese Offnung einseitig von der hohen Zürcher Obrigkeit aufgesetzt und erlassen worden ist. Ohne Zutun der beiden anderen Gerichtsherren, die damals die niedere Gerichtsbarkeit je hälftig innehatten.

Wollte man das Erlassdatum nach heute gültigem Kalender angeben, dann müsste es das Datum 24. November tragen. 

Test unserer These: Datierungen in den Dorfgerichts-Protokollen prüfen

Das bedeutet nun, wie eingangs erläutert, keineswegs, dass in Weiach 1596 nicht auch anders (d.h. gregorianisch) datiert wurde. 

Wenn im Gasthof zum Sternen mitten im Dorf (und somit eindeutig auf Zürcher Staatsgebiet) das Dorfgericht tagte, dann war der Vorsitzende ein Kaiserstuhler (also ein Katholik), der sein Amt im Auftrag des fürstbischöflich-konstanzischen Obervogts ausübte (ebenfalls ein Katholik). 

Was dazu führt, dass man hier bei fehlender Doppeldatierung zwischen 1582 und 1700 eher von einer gregorianischen Zählung ausgehen muss. Ob dies allerdings auch durchgehend so durchgezogen wurde, das muss erst noch anhand der Gerichtsprotokolle geprüft werden.

Sonntag, 25. Juni 2023

Vom Umgang mit klaren Aufträgen. Ein Kommentar.

Seit letzten Mittwoch kann männiglich das Protokoll der Gemeindeversammlung vom 13. Juni 2023 auf der Website der Gemeinde einsehen. Traktandum war die Rechnungsabnahme. 

Laut Website der Gemeinde und Protokoll waren 33 Stimmberechtigte anwesend. Das entspricht, gemessen an der Gesamtzahl von 1248 (laut Protokoll des Wahlbüros für die Abstimmungsvorlagen des 18. Juni) immerhin 2.64 % Stimmbeteiligung. Verglichen mit den über 50 % Beteiligung an der Urnenabstimmung vom darauffolgenden Sonntag ist das zwar fast nichts. Aber trotzdem rechtsgültig, denn es braucht kein Quorum, also keine Mindestbeteiligung.

RPK fordert Benennung von Sparanstrengungen für 2024

Wie man in WeiachBlog Nr. 1938 lesen konnte, hatte die RPK gewisse Bemerkungen zur Jahresrechnung 2022, die auch im Protokoll der Versammlung fast im Wortlaut festgehalten sind:

«Die RPK hält den Gemeinderat dazu an, in der kommenden Jahresrechnung Auskünfte über umgesetzte Sparbemühungen zu veröffentlichen und weitere Bemühungen für das kommende Jahr im Budget 2024 zu benennen.»

Ohne Erläuterung unverständlich? Oder nicht umsetzbar?

«Finanzvorstand Stefan Arnold erläutert die Jahresrechnung 2022 anhand einer Bildschirmpräsentation. Anschliessend gibt er das Wort der RPK. Es ist kein RPK-Mitglied anwesend. Zum Defizit des Festes «750 Jahre Weiach» hält der Finanzvorstand fest, dass die definitive Abrechnung erst Anfangs Juli 2023 erfolgt. Es sind noch Geldeingänge im Rechnungsjahr 2023 eingegangen.

Im Weiteren hätte der Finanzvorstand gerne von der RPK erfahren, was für Sparbemühungen genau gemeint sind und in welchen Bereichen. Sparen ist sicherlich auch ein Thema im Gemeinderat, trotzdem möchte der Finanzvorstand festhalten, dass es seitens RPK einen klaren Auftrag an den Gemeinderat benötigt um Sparbemühungen umzusetzen oder zu benennen.

Auch Nina Sigrist [Kommunikationsverantwortliche Baukommission Zukunft 8187] hätte gerne von der RPK erfahren, wie sie sich die Sparbemühungen konkret vorstellen. Finanzvorstand Stefan Arnold erwähnt nochmals, dass dies der Gemeinderat [sic!] auch sehr interessiert.»

Zumindest für mich als nicht ganz Leseungewohntem (und langjährigem Befehlsempfänger in Militär und Verwaltung) ist der Auftrag der RPK klar. Für den Gemeinderat nicht?

Ich paraphrasiere: Die RPK will nur wissen, ob und wenn ja in welchen Bereichen 2023 Sparanstrengungen unternommen worden sind. Und sie will zusätzliche Sparvorhaben für 2024 im Budget sehen.

Wollen Finanzvorstand Arnold und Baukommissionsmitglied Sigrist keine Sparmöglichkeiten erkennen? Will Arnold gar filibustern und Sand ins Getriebe werfen? Etwa um zu zeigen, wer der Chef ist und was die Exekutive von solchen Vorgaben hält? 

«Klarer Auftrag» vs. Primat der Politik

Denn, wohlverstanden: Was hätte der Gemeinderat dazu gesagt, wäre die RPK gleich von Anfang weg mit derart konkreten Sparvorgaben gekommen, wie sie der Finanzvorstand nun explizit verlangt? Hätte er nicht laut «Kompetenzüberschreitung!» gerufen? Und das übrigens völlig zu Recht. Denn es gilt das Primat der Politik. RPK ist nicht Politik. Die ist Politikbeaufsichtigung. Sparmöglichkeiten zu erkennen und in eigener Kompetenz umzusetzen, das ist der Gestaltungsspielraum der Politik. Da soll und darf die RPK nicht hineinreden.

Der Herr Gemeindepräsident möge das tun, was das Jobprofil als Finanzvorstand von ihm verlangt. An Bord der MS Weiach gehen. Mit dem Lotsen Swissplan arbeiten. Klippen und Untiefen gibt es auf dem neuen Sparkurs nämlich mehr als genug.

Und auch die Baukommission sollte die Hände nicht in den Schoss legen, sondern sich im Sinne einer speditiven Umsetzung der zwingend notwendigen Bauvorhaben diese Gedanken bereits jetzt machen. Denn je nach Mehrheitsverhältnissen, die bei der Abstimmung zum Projekt Zukunft 8187 herauskommen – und damit dem Befindlichkeitsbild des Souveräns, der danach für die Kosten geradezustehen hat – müssen kleinere oder eben fundamentalere Einsparungen vorgenommen werden.

Samstag, 17. Juni 2023

Wann versiegt der Geldsegen der Weiacher Kies AG?

Der Beleuchtende Bericht zum Projekt Zukunft 8187 wird zusehends zum Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Befürwortern (weshalb das so kommt, steht in WeiachBlog Nr. 1935).

Zu den zentralen Streitfragen im Abstimmungskampf gehören die um das sogenannte «Kiesgeld». Vor allem die, wieviel davon überhaupt noch zu erwarten ist. Und in welchem Jahr es versiegen wird.

  • Glaubt man dem Gemeindepräsidenten und dem Beleuchtenden Bericht an die Stimmberechtigten, dann fliessen die Erträge aus Gemeindeland im Kiesabbaugebiet wie gehabt. Jahr für Jahr auf gleicher Höhe wie 2023. Bis ins Jahr 2036. Von irgendwelchen natürlichen Begrenzungen ist nicht die Rede. Das wären dann 24 oder 26 Millionen, je nachdem, ob man bis ins Jahr 2035 oder 2036 rechnet.
  • Nimmt man die Zahlen der Weiacher Kies AG (Beilage in der Vernehmlassungsantwort des Gemeinderats zur Stimmrechtsbeschwerde), die mit Datum 2. Juni 2023 an den Bezirksrat gingen, dann sind es etwas mehr als 14 Millionen an gesicherten Zahlungen.
  • Nimmt man schliesslich die Daten zum Massstab, die in der Aufsichts- bzw. der Stimmrechtsbeschwerde an den Bezirksrat (vgl. WeiachBlog Nr. 1918 für erstere) genannt werden, dann sieht das nochmals anders aus. Dann erodieren diese Finanzströme in den kommenden 4 Jahren massiv und versiegen schliesslich ganz. Ab 2036 ist definitiv Ende Gelände. Und Ende des Geldes. Der Beschwerdeführer kommt in seiner Berechnung per Ende 2030 auf knapp unter 9 Millionen Franken. Nimmt man an, dass die Wiederauffüllung noch bis 2036 den Betrag des Jahres 2030 ergibt, dann landet man bei 10.8 Millionen.

Gewaltige Differenzen also. Je nach Totalbetrag ergibt das einen Mittelwert von 2 Millionen, 1 Million oder nur 830'000 Franken pro Jahr. Und wenn man noch weiss, dass 1 Steuerfussprozent nach den besten Rechnungen 40'000 Franken entspricht, dann kann leicht ausgerechnet werden, was diese Unterschiede für den Steuerfuss bedeuten.

Die entscheidende Frage für die Stimmberechtigten ist: Wer erzählt hier die Wahrheit? Beziehungsweise: Gibt es Anhaltspunkte, die zeigen, wem man Glauben schenken darf? Gehen wir auf Spurensuche.

Das aktuelle Abbaugebiet der Weiacher Kies AG in Hardrütenen, nördlich des Ofenhofs.
Luftbild der LIDAR-Befliegung vom 27. Februar 2022 (Quelle: GIS Kt ZH)

Kantonales Grundwasserschutzareal Hardwald

Wie man dem obigen Bild entnehmen kann, wird das Gebiet Rodig nicht angetastet. Auch der Hardwald nicht, obwohl darunter ebenfalls Kies in grossen Mengen liegt. Das alles wäre Land im Eigentum der Gemeinde Weiach.

Wie aus regierungsrätlichen Antworten auf Anfragen im Kantonsrat (vgl. KR-Nr. 21/2023) und auch einem persönlichen Gespräch mit dem AWEL-Mitarbeiter Dominik Oetiker zweifelsfrei hervorgeht, ist es jedoch angesichts der übergeordneten strategischen Interessen des Kantons Zürich höchst unwahrscheinlich bis unmöglich, dass dort je ein Abbau erfolgen kann. 

Der Kantonale Richtplan (vgl. nachstehendes Bild) zeigt, dass nördlich der Bahnlinie zwei Wasserfassungen und südlich davon eine Grundwasseranreicherung geplant sind. Von einem Pumpwerk (hier auf der Grenze zwischen Glattfelden und Weiach dargestellt) soll dereinst (wenn der Kanton vielleicht schon 2 Millionen und mehr Einwohner haben wird) Trinkwasser in Richtung Regensdorf geleitet werden. Denn das Furttal bezieht heute Zürichseewasser, was künftig möglicherweise einmal anderweitig genutzt werden muss.

Kantonaler Richtplan mit der bestehenden Inertstoffdeponie auf dem Werksareal der Weiacher Kies AG (pastellbraune Signatur)

Wie das Entschädigungssystem funktioniert

Eigentlich ist es ganz einfach, was den Löwenanteil der Einnahmen betrifft. 

1. Es gibt aktuell drei Entschädigungsarten, die alle ans Grundeigentum geknüpft sind:
a) Kiesabbauentschädigung, b) Wiederauffüllungsentschädigung und c) Inertstoffdeponieauffüllentschädigung (seit Bestehen der Deponie in der Nordgrube zwischen Hardwald, Rheinbord, Naturschutzgebiet und den Werksgebäuden).

2. Diese Zahlungen beruhen auf Verträgen zwischen der Weiacher Kies AG und dem Landeigentümer, in diesem Fall der Politischen Gemeinde Weiach (seit 2022 inkl. dem Landbesitz der Primarschulgemeinde). Die festgelegten Entschädigungen bemessen sich nach Franken pro Kubikmeter. So wird das seit Jahrzehnten gehandhabt (vgl. zu den ersten Gehversuchen: Weiacher Geschichte(n) Nr. 95). Ob es um die Entnahme von Kies, die Wiederauffüllung auf der abgebauten Fläche oder um eine Einlagerung in die Inertstoffdeponie nördlich der Bahnlinie geht, es gilt immer das Gleiche: ein Fixpreis pro Kubik bzw. in im Fall der Deponie pro Tonne. Aber eben je nach Marktlage variable Abbau- bzw. Einlagerungskubaturen, was sich dann in den jährlich schwankenden Zahlen in der Gemeinderechnung niederschlägt.

3. Es handelt es sich um einfach abschätzbare Volumina. Das sind keine erneuerbaren Ressourcen. Die Abbautiefe ist durch den Kanton mittels sog. Koten festgelegt worden (in der Südgrube Ost beim Ofenhof rund 33 Meter unter das gewachsene Terrain). Die Fläche findet sich im Grundbucheintrag (bzw. auf dem GIS des Kantons). Daraus ergibt sich eine Kubikmeterzahl. Von dieser muss noch die Mächtigkeit des Oberbodens abgezogen werden, der während des Kiesabbaus und bis zur Rekultivierung der wiederaufgefüllten Fläche in unmittelbarer Nähe zwischengelagert wird.

Wo hat die Gemeinde Kiesland?

Nach dem vom Kanton herausgegebenen Gesamtkonzept Windlacherfeld / Weiach von 2014 ist noch die auf dem untenstehenden Satellitenbild gelb gestrichelt umrandete Fläche zum bewilligten Abbaugebiet hinzugekommen. Stand Winter 2012/13 sah das auf dem Satellitenbild so aus (vgl. S. 38):

Diskutiert wird ein Abbau über die Gemeindegrenze hinweg, auf Zweidler Boden:


Die östlichste Parzelle in diesem Perimeter, die noch im Eigentum der Gemeinde Weiach steht, ist die Nr. 1345, begrenzt durch den Strich rechts (d.h. östlich) der Flurbezeichnung Hardrütenen:

Digitales Höhenmodell der LIDAR-Befliegung März/April 2014 (Quelle: GIS Kt ZH)

Digitales Höhenmodell Bund 2017 (Quelle: GIS Kt ZH)

Beim Vergleich der oben gezeigten LIDAR-Modelle mit dem eingangs gezeigten Bild vom Februar 2022 sieht man, wie schnell der Abbau vor sich geht. Dadurch kommt zwar mehr Geld aus den Abbauentschädigungen in die Gemeindekasse. Aber das Ende des Gemeindelandes ist dann natürlich auch schneller erreicht. 

Fährt man die aktuelle Abbaugeschwindigkeit weiter (davon geht der Gemeinderat aufgrund der Angaben der Weiacher Kies für die Planung aus), dann kommt für 2028 die letzte Abbauentschädigung. Danach sind nur noch Wiederauffüllungsentschädigungen fällig. Die belaufen sich aber auf lediglich etwa einen Drittel der Abbauentschädigung.

Wer sagt was? Die Dokumente unter der Lupe 

a) Gemeinderat im Beleuchtenden Bericht

Zuerst zum Beleuchtenden Bericht, der den Stimmberechtigten als alleinige Entscheidungsgrundlage dienen soll (laut Website zukunft8187.ch). Da schreibt der Gemeinderat:

«Die Firma Swissplan hat die Gemeindefinanzen inklusive dem Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187» mit Planungshorizont 2032 berechnet. Es zeigt sich, dass bei stabilen Kies-Abbauerträgen (gesichert bis 2035) auf dem Niveau Budget 2023 die geplante Steuerfusserhöhung von 6 Prozent ausreicht.» (Beleuchtender Bericht, S. 23)

Es handelt sich also um eine Modellrechnung. Unter der Annahme stabiler Erträge (und noch etlicher weiterer Annahmen, z.B. dem Zinssatz für das aufzunehmende Fremdkapital, etc.) bleibe es bei der Steuerfusserhöhung. Was hier mit keiner Silbe erwähnt wird, sind die Risiken.

Für Stimmberechtigte, die diese Überlegungen nachvollziehen wollen, ist das Problem, dass die Berechnungsgrundlagen nicht offengelegt werden. Der Gemeinderat lässt ihm nur die Option «Trust us, we're the government!». Wenn ein Stimmberechtigter einen Blick ins Budget 2023 wagt, dann stösst er dort auf den Betrag von 2 Millionen Franken. Und kommt so nach Strübis Rächnigsbüechli auf die eingangs erwähnte Summe von 24 Millionen bis 2035. Nun, dann ist ja alles paletti. Da kann man das Bauprojekt doch locker finanzieren, oder?

In eine ähnliche Richtung zielt die folgende Passage im Beleuchtenden Bericht, eine Seite weiter:

«Auf der Basis der durchschnittlichen Kies- und Inertstoff-Erträge der vergangenen Jahre sind die betreffenden Steuereinnahmen für weitere 13 Jahre als gesichert zu betrachten. Ausserdem ist bei einem definitiven Entscheid für den Standort des geologischen Tiefenlagers mit grösseren Abgeltungen für die betroffenen Gemeinden (unter anderem auch Weiach) zu rechnen.» (Beleuchtender Bericht, S. 24)

Auch hier ist wieder von den 13 Jahren die Rede, in denen die Einnahmen gesichert seien. Basiert wird allerdings auf «vergangenen Jahren». Und den Stimmberechtigten wird erneut suggeriert, dass alles so weitergehe wie bisher, mithin eine Art Wohlstandsillusion erzeugt.

Am Rande noch die Frage: Steuereinnahmen? Besteuert eine Gemeinde sich selber? Was meint der Gemeinderat hier? Die Steuern, welche von der Weiacher Kies AG bezahlt werden? Wenn es tatsächlich Steuern sind, dann würde der Ertrag je nach Geschäftserfolg des Steuerpflichtigen schwanken und wäre zwar kalkulierbar, aber eher spekulativ, zumal auf solche Zeiträume.

Zur Frage der Tiefenlager-Entschädigung sei hier nur angemerkt, dass ein Entscheid des Bundes frühestens 2031 zu erwarten ist. Erneut die Suggestion, es würden dereinst grosse Summen fliessen. Hier steht zwar nicht explizit, dass «Millionen, Abermillionen, ja Hunderte von Millionen» zu erwarten seien, man werde «gar keine Gemeindesteuern mehr bezahlen» müssen. Aber genau solche Traumvorstellungen werden, so berichten mir Gewährsleuten in Stadel und Weiach, nicht nur an Stammtischen, sondern gar von Gemeindefunktionären in exakt dieser Form herumgeboten. 

b) Rechnungsprüfungskommission

Im selben Beleuchtenden Bericht lässt die RPK verlauten:

«Die Annahme, dass die Abbauerträge über die nächsten 13 Jahre aus dem Kiesabbau stabil bleiben, kann nicht nachvollzogen werden.» (Beleuchtender Bericht, S. 26)

Indirekt sagt sie damit, es sei zu befürchten, dass die Erträge abnehmen werden. Und wenn man die Abbaugebiete samt dem Abbaufortschritt auf den Karten ansieht, dann muss man der Kommission beipflichten. Da die Aussage des Gemeinderats auf S. 24 keine Angabe darüber enthält, auf welchen Jahren sie basiert, ist ein Nachrechnen schwierig bis unmöglich. Auch hier wieder «Trust us, we're the government!».

Die Einrede des Gemeinderates, die RPK hätte ja Fragen stellen können und aus den Antworten hätten sie dann alles nachvollziehen können, ist aus Sicht der Stimmberechtigten, die ausschliesslich auf der Basis des Berichts entscheiden sollen, natürlich ebenso wertlos. Ein Beleuchtender Bericht muss aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Zu Interpretationsübungen sollten Stimmberechtigte nicht gezwungen sein.

c) Beschwerdeführer 

In seiner Stimmrechtsbeschwerde vom 24. Mai 2023 bezweifelt der Rekurrent die prognostizierten Kiesgeld-Einnahmen:

«Die Behörde rechnet im Budget 2023 mit Kieserträgen von ca. 2 Millionen pro Jahr. Die Aussage, dass diese Beträge für die nächsten 13 Jahre (bis 2036) gesichert sind, entspricht nicht den Tatsachen (Siehe «E-Mail der Weiacher Kies AG» und «Kiesabbau Weiach» in Beilagen 8 und 9).»

Die untenstehende Tabelle zeigt die Abschätzung, die der Beschwerdeführer aufgrund von Angaben der Weiacher Kies AG angestellt hat, um herauszufinden, wie sich die tatsächlichen Einnahmen über die nächsten Jahre gestalten dürften. 

Beilage 9 (Auszug) zur Stimmrechtsbeschwerde

Entscheidend ist letztlich die Endsumme. Nach dieser Tabelle ist es so, dass insgesamt nicht viel mehr als 9 Millionen Franken zu erwarten sind, wenn man den Zeitraum bis 2030 betrachtet. Wenn der Abbau bzw. die Wiederauffüllung erfolgt, dann fliesst das Geld. Offen ist, wieviel davon in welchem Jahr in der Gemeindekasse ankommt (und was diese Summe dann noch an Kaufkraft haben wird). 

Der Beschwerdeführer führt dazu weiter aus: 

«Von den 2 Millionen aus dem jährlichen Kiesertrag werden gemäss Budget 2023 CHF 1'150'000 direkt für laufende Ausgaben benötigt (entspricht über 28 Steuer-%), nur CHF 850'000 können gespart werden. 

Die Kieserträge gehen jedoch in Kürze radikal zurück. Schon 2027 wird die Auffüllung der Inertstoffdeponie (CHF 550'000 im Jahr 2023) sowie der Kiesabbau auf gemeindeeigenem Land fertig sein. Somit würden der Gemeinde ab 2027 über 30 Steuer-% fehlen (gemäss Budget 2023 beträgt in Weiach 1 Steuerprozent CHF 40'667). [...]  

Grundsätzlich bedeutet dies, dass ab 2027 kein Geld mehr aus den Kieserträgen für die Finanzierung des Infrastrukturprojektes übrig bleibt. Ab ca. 2036 ist dann auch die Wiederauffüllung beendet, ab dann fehlen der Gemeinde jährlich 2 Millionen Franken (auf der Basis des Budget 2023)!»

Übrigbleiben werden lediglich die Dividenden auf den Aktien der Weiacher Kies AG, welche die Politische Gemeinde hält (5 % des Aktienkapitals), sowie die auf die Gemeinde als Sitz der Aktiengesellschaft zurechenbaren Einkünfte. Je nach Höhe des Weiacher Steuersatzes für Unternehmen und der Konzernstrategie der Eberhard-Gruppe fallen diese dann allerdings vermehrt in anderen Jurisdiktionen an und nicht mehr in Weiach. 

d) Gemeinderat in der Vernehmlassung zur Stimmrechtsbeschwerde

In der Vernehmlassung vom 2. Juni 2023 beantwortet der Gemeinderat die Vorwürfe des Beschwerdeführers wie folgt:

«Gemeindepräsident und Finanzvorstand Stefan Arnold pflegt einen regelmässigen Kontakt mit den Verantwortlichen der Weiacher Kies AG. So wird seitens der Weiacher Kies AG jährlich eine Prognose für Kiesabbau sowie Inertstoffauffüllung erstellt, welche für die Budgetierung und die Finanzplanung der Gemeinde Weiach von zentraler Bedeutung ist. Die aktuelle Prognose von Ende 2022 für das Jahr 2023 und ff. weist eine Entschädigung von 14.6 Mio. Franken aus (siehe Beilage - diese darf jedoch nur geschwärzt weitergegeben werden, das die m3-Preise vertraulich zu behandeln sind).

Die Berechnung der prognostizierten Kieserträge in der Rekurseingabe ist falsch. Zudem ist die Aussage falsch, dass ab dem Jahr 2027 keine Kieserträge mehr folgen. Entscheidend ist nicht die Dauer der Kieserträge, sondern vielmehr die Entschädigungshöhe, welche je nach Bautätigkeit kurz oder langfristig zur Auszahlung gelangen.»

Kommentar WeiachBlog

Eigene Berechnungen zum Kiesvolumen (dessen Abbau pro Kubikmeter die grösste Entschädigung in die Gemeindekasse spült) auf der aktuell noch vorhandenen Fläche auf der Parzelle 1345 ergeben rund 1.52 Millionen Kubikmeter Wandkies (von WeiachBlog im Abschnitt Wie das Entschädigungssystem funktioniert präsentiertes Berechnungsmodell). 

Die Weiacher Kies AG selber beziffert die Reserve unter Gemeindeland in ihren Mitteilungen an den Beschwerdeführer auf 1.6 Millionen Kubikmeter, was ziemlich gut mit meinem Resultat übereinstimmt. Schon diese Information aber steht einem normalen Stimmberechtigten nicht zur Verfügung.

Die Antwort des Gemeinderates an den Bezirkrat vom 2. Juni können Stimmberechtigte erst recht nicht in ihre Überlegungen einbeziehen.

Der Gemeinderat stellt dem Bezirksrat zwar u.a. den Antrag, die Stimmrechtsbeschwerde sei abzuweisen, denn der vorliegende Beleuchtende Bericht «entspricht den gesetzlichen Vorgaben, ist verständlich und genügend umfassend verfasst, enthält keine Falschaussagen und ist nicht irreführend.»

Wenn man nun die Aussagen des Gemeinderates im Beleuchtenden Bericht selber (unter a) oben) mit denen in der Vernehmlassung (unter d) oben) vergleicht, dann fragt sich allerdings schon, ob erstere nicht den Tatbestand der Irreführung erfüllen. Zumal der Gemeinderat ja auch die in der Vernehmlassung gemachte Aussage hätte in den Beleuchtenden Bericht verpacken können.

Dass dies versäumt wurde, hat in der Debatte um die finanzielle Tragbarkeit reale Auswirkungen, wie man sich anhand von Aussagen von Frank Lehmann auf der Facebook-Gruppe Du bisch vo Weiach, wenn... selber überzeugen kann: da werden im Dorf Zahlen herumgeboten (20 Millionen), die näher an der Aussage liegen, die man sich aus den Ausführungen im Beleuchtenden Bericht in Verbindung mit dem Budget 2023 zusammenreimen kann (ab 24 Mio.; sofern man genug Zeit aufzuwenden in der Lage ist), als das, was derselbe Gemeinderat gegenüber dem Bezirksrat zum Besten gibt.

24-26 Millionen stehen also 14.6 Millionen gegenüber! Eine Differenz von sage und schreibe 10 Millionen Franken und mehr ist kein Pappenstiel. Wenn diese 14.6 Millionen die Wahrheit sind, warum zum Kuckuck hat Gemeindepräsident Arnold dann nicht dafür gesorgt, dass diese maximal noch zu erwartende Entschädigungssumme im Beleuchtenden Bericht explizit erwähnt wird? Die Berechnung muss bereits 2022 vorgelegen haben, da sie fürs Budget 2023 relevant war. Warum lässt der Gemeindepräsident statt dessen den Souverän im Dunkeln herumtappen?

Keine Irreführung? Wäre der Verfasser dieses Beitrags in der Angelegenheit «Zukunft 8187» stimmberechtigt, wäre sein Entscheid jedenfalls klar: «When in doubt, play safe, vote NO!»

Donnerstag, 15. Juni 2023

Zukunft 8187: Wo sind die Millionen aus dem Aargau?

In der Informationsveranstaltung zum Projekt «Zukunft 8187» vom März 2023 wurde zwecks subtiler Einspurung der Stimmberechtigten auf eine Zustimmung hin eine Darstellung mit anderen Schulhaus-Projekten aus der Umgebung gezeigt. Titel «Wir sind nicht alleine...».

Diese Erzählung wurde von Vereinspräsidenten aufgegriffen, die ihre Mitglieder dazu aufriefen, sich anzusehen, was in dieser Hinsicht in der Nachbarschaft laufe.

Nun, das wollen wir jetzt einmal machen. Eins der entscheidenden Elemente bei der Finanzierung sowohl der Bauten wie ihres Betriebs ist die Frage, wie man das Drittel Schüleranteil aus dem Aargau nachhaltig sichert, für das man ja mitbaut.

Das ist deshalb wichtig, weil die Bauentwicklung in Weiach zwar noch gewisses Potenzial hat (z.B. im Raum Büel), aber der grosse Schub bereits vorbei ist. In Kaiserstuhl und Fisibach steht dieser jedoch (nach meinen Informationen) erst bevor, was den Anteil an Aargauer Kindern noch erhöhen dürfte. Alles unter der Annahme, dass die Wirtschaftsentwicklung nicht massiv einbricht und Familien zur Abwanderung gezwungen sind.

RSA-Kostendeckungsgrad nur 85 %

Wie man bereits im Abstimmungskampf um die sogenannte Kündigungsinitiative (2021 an der Abstimmung im Ebianum dank Grossaufmarsch der Befürworter gebodigt) gesehen hat, beträgt der Kostendeckungsgrad des gewählten Entschädigungsmodells nicht 100 %, sondern nur 85 % (vgl. WeiachBlog Nr. 1631). So ist das in den Regularien der interkantonalen Vereinbarung über Regionale Schulabkommen (RSA) geregelt. Dahinter kann durchaus die Überlegung stehen, dass ja die einzelnen Schüler, die man aus dem Nachbarkanton übernimmt, auch bei der Auffüllung von Klassen helfen können.

Das RSA-Modell basiert aber eben auf einzelnen Schülern, nicht auf der dauerhaften Übernahme des gesamten Primarschulsystems von ganzen Gemeinwesen (der per Ende 2021 aufgelösten Gemeinde Kaiserstuhl und der noch bestehenden Gemeinde Fisibach). Zweistellige Prozentanteile an Schülern aus einem Nachbarkanton sind schweizweit einzigartig (sollte es noch einen weiteren Fall geben, dann bitte ich um Belege!). 

Wenn daher der damalige Initiant der Kündigungsinitiative nach wie vor darauf hinweist, dass die Aargauer rund 300'000 Franken pro Jahr mehr kosten, als für diese Schüler überwiesen wird, dann muss dieser Vorwurf – unwiderlegbar mit Zahlen unterlegt – entkräftet werden. Schulpflege und Gemeinderat können sich nicht einfach darauf zurückziehen, man müsse das eben anders rechnen. Denn ein solcher Betrag entspricht immerhin mindestens 8 Steuerfussprozenten, die von den Weiachern und über den Ressourcenausgleich auch von anderen Einwohnern des Kantons Zürich bezahlt werden müssen.

Die Weiacher haben 2015 – meines Erachtens – ganz einfach schlecht verhandelt. Sie hätten einen Zusatzausgleich für die fehlenden 15 Prozent der Gesamtkosten verlangen müssen. Entsprechend hätte mindestens dieser Zuschlag auf den RSA-Grundbetrag als Verhandlungsbasis gelten müssen. Das wäre für Fisibach und Kaiserstuhl nicht unzumutbar gewesen.

Hohe Ausstiegshürde eingebaut? Rafz hat sie, Weiach nicht.

Ennet dem Rhein, im Rafzerfeld, ist letztes Jahr von den Gemeinden Wasterkingen, Hüntwangen und Wil ZH eine wegweisende Vorlage angenommen worden: der «Anschlussvertrag [...] betreffend Zusammenarbeit der Gemeinde Rafz und der Schulgemeinde Unteres Rafzerfeld (SUR) im Bereich der Sekundarstufe». [Dieser wurde offenbar nötig, weil man sich mit der Gemeinde Eglisau nicht einigen konnte, die dann in der Folge ein Bauprojekt für sich alleine aufgelegt hat.]

Der für unsere Frage interessante Teil findet sich in den Ziffern 11 und 12, die nachstehend im vollen Wortlaut eingerückt sind:

11. Investitionen

1) Die Anschlussgemeinde beteiligt sich am anstehenden Ausbau der Schulräumlichkeiten in Rafz mit einem Betrag von CHF 7'200’000.

2) Ansonsten werden Investitionen in Gebäude und Anlagen von der Sitzgemeinde finanziert.

3) Die Anschlussgemeinde beteiligt sich am jährlichen Aufwand für Abschreibungen und Kapitalverzinsung gemäss Ziff. 8 Abs. 2. Bei der Berechnung dieser Abschreibungen und Kapitalverzinsungen wird der einmalige Investitionsbeitrag der Anschlussgemeinde gemäss Abs. 1 berücksichtigt.

12. Vertragsdauer und -auflösung

1) Dieser Anschlussvertrag wird für unbestimmte Zeit abgeschlossen.

2) Eine einseitige Kündigung dieses Vertrags ist unter Einhaltung einer zweijährigen Kündigungsfrist auf das Ende des Schuljahres möglich, erstmals per 31. Juli 2057 auf den 31. Juli 2059.

3) Wird der Vertrag vorzeitig, vor Ablauf der Vertragsdauer von der Anschlussgemeinde gekündigt, löst dies die Bezahlung der Restsumme der Kosten für Betrieb und Unterhalt gemäss Ziff. 8 und 9 aus.

4) Kündigt die Sitzgemeinde vor Ablauf der Vertragsdauer, hat sie der Anschlussgemeinde die Restbuchwerte der geleisteten Investitionsbeiträge zurückzuerstatten.

5) Bei Auflösung oder Hinfälligkeit des Vertrages verbleiben alle Sach- und Vermögenswerte bei der Sitzgemeinde.

Das heisst: die Anschlussgemeinde SUR (also die Hüntwanger, Wasterkingener und Wilemer) müssen sich gut überlegen, ob sie wirklich vor dem 1. August 2059 (d.h. vor 33 Jahren Laufzeit) aus dem Vertrag aussteigen wollen. Denn wenn sie dies tun, dann sind die Investitionen in Millionenhöhe weg und werden von den Rafzern einkassiert. Und nicht nur das: auch die Restsumme für Betrieb und Unterhalt wird sofort fällig! 

Und jetzt stelle man sich die Gemeinderäte vor, die ihrem Souverän so etwas verkaufen wollen. Der Leidensdruck müsste immens, dass sie damit durchkommen. In 25 Jahren vielleicht nicht mehr, aber vorher?

Warum haben die Fisibacher, Kaiserstuhler und Weiacher eigentlich keine Rechtssicherheit?

Wo, so fragt man sich angesichts dieser Vertragsbestimmungen, sind analoge Klauseln zwischen Fisibach, Kaiserstuhl und Weiach, die so etwas regeln?

Damit würde nämlich nicht nur für Weiach, sondern auch für die Kaiserstuhler und Fisibacher Rechtssicherheit geschaffen. So wie es jetzt ist, ist die Hürde lächerlich klein.

Sollte der Kanton Aargau oder die Gemeinde Zurzach zum Schluss kommen, es sei zur Rettung der Bezirksschule opportun, die Kaiserstuhler Schüler integral zum Besuch der Schule in Bad Zurzach umzuleiten, dann hätte die Oberstufe Stadel ein kleineres, die Gemeinde Weiach hingegen ein gröberes Problem: Wegfallende Beiträge der Aargauer Kinder. Und das mit einer Kündigungsfrist von gerade einmal 3 Jahren. Ohne Konventionalstrafe, wie sie im Rafzerfelder Vertrag faktisch eingebaut ist. 

Was glauben Sie denn, wie schwierig ein solcher Schritt für Zurzach oder Fisibach wäre, wenn sie sich wegen so einer Entscheidung Millionen ans Bein streichen müssten?

Weiach braucht vier Aargauer Millionen

In unserem Fall kann man ganz grob eine Rechnung über den Schulraum und die Mitbenutzung der Turnhalle samt den gemeinsamen Technikinfrastrukturen aufstellen und kommt auf rund 12 Millionen Schulanteil. Wenn die Aargauer Kinder rund ein Drittel der gesamten Schülerzahl ausmachen, dann müssten aus dem Aargau eigentlich auch 4 Millionen an die Baukosten überwiesen werden. Das wäre jedenfalls einmal eine Grössenordnung.

Von diesen Millionen ist jedoch weit und breit nichts zu sehen. Warum hat die Weiacher Politik die Zeit seit spätestens Frühjahr 2021 nicht genutzt, um in diesem Punkt mit Vollgas nachzuverhandeln? Mit Ziel eines Vertragsabschlusses vor der Auflösung der Gemeinde Kaiserstuhl? 

Die Gegner der Abstimmungsvorlage Zukunft 8187 fordern daher, dies endlich nachzuholen. Und um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, erachten sie 2x Nein am 18. Juni als geeignetes Mittel. Nur so könne der nötige Druck auf die politisch Verantwortlichen aufgebaut werden.

Für die Rafzer nachweislich ein gutes Geschäft

Noch haben die Stimmberechtigten der Gemeinde Rafz dem Anschlussvertrag nicht zugestimmt (die Abstimmung ist im Herbst 2023). Wenn man die Informationsbroschüre auf der kommunalen Projektwebsite konsultiert, dann dürfte es nicht schwerfallen, die drei anderen Rafzerfelder Gemeinden mit offenen Armen aufzunehmen. Kommt damit doch auch eine Art Heiratsgewinn von fast 2 Millionen ins Haus:

«Die Mehrkosten bei einem Zusammenschluss belaufen sich auf rund 5,3 Mio. Franken (Differenz zwischen 6,3 und 11,6 Mio. Franken). Mit dem Beitrag an die Gesamtschulinfrastruktur Rafz der SUR (gem. genehmigtem Anschlussvertrag) von 7,2 Mio. Franken resultieren für Rafz unter dem Strich jedoch Minderinvestitionen von rund 1,9 Mio. Franken.» (Informationsbroschüre Mai 2023, S. 9)

«Der bereits genehmigte Anschlussvertrag mit der Schule Unteres Rafzerfeld sieht vor, dass sich die SUR ebenfalls an den Vollkosten der Schulanlagen in Rafz, gemessen am Verhältnis der Anzahl Schülerinnen und Schüler, beteiligt. Sollten die Kosten höher ausfallen als berechnet, beteiligt sich die SUR also auch an diesen Kosten. Fallen die Kosten tiefer aus, profitiert die SUR im Umkehrschluss auch von den tieferen Vollkosten.» (Informationsbroschüre Mai 2023, S. 11)

Das tönt doch ganz vernünftig, oder? Warum geht das nicht auch über die Kantonsgrenze hinweg? Das ist doch nur eine Frage der Vertragsgestaltung. Und wie wir vom Bezirksrat gelernt haben: Der Gemeinderat hat einen grossen Gestaltungsspielraum. Er möge ihn jetzt endlich nutzen. Oder nachweisen, weshalb der WeiachBlog-Autor falsch liegt.

Fazit: Doch etwas alleine?

Weiach scheint doch etwas alleine zu sein. Es soll gebaut werden. Wie anderswo. Aber so wie die Weiacher Obrigkeit (samt ihren Befürworter-Jubelchören) sich das finanziell vorstellt, funktioniert es bei mindestens einem anderen Bauträger im Unterland nicht einmal in Ansätzen.

[Veröffentlicht am 16. Juni 2023 um 02:01 MESZ]

Montag, 12. Juni 2023

Ungereimtheiten rund um die Jahresrechnung 2022

Vor einigen Tagen wurde die Rolle der Rechnungsprüfungskommission als Wach- und Spürhund im Auftrag des Souveräns erläutert (vgl. WeiachBlog Nr. 1925). Wenn dieser Hund Laut gibt, dann sollte man als Stimmberechtigte/r hellhörig werden und nachschauen, was es gibt. Bei unseren besten Freunden und Abkömmlingen der Wölfe machen wir das ja auch so, oder?

Es liegt in der Natur der Sache, dass die kontrollierte Instanz alles andere als erfreut sein kann, sich vielleicht gar über den «kläffenden Köter» beschwert, ihn nicht in den eigenen Unterlagen herumschnüffeln lassen will, etc. 

Nur eben: es handelt sich um öffentliche Angelegenheiten. Und nicht um die Privatsphäre eines Gemeindefunktionärs. Es soll ja gerade überprüft werden, ob im Gemeindehaus finanzielle Leichen im Keller liegen (oder man die Einlagerung von solchen gar plant). Also hat, wer vor dem Volk nichts zu verbergen hat, auch nichts zu befürchten.

Nachdem schon der Finanzplan 2022-2026 zu einigem Stirnrunzeln Anlass gegeben hat und sich die RPK, wenn auch zurückhaltend formuliert, so doch klar und deutlich gegen das grosse Infrastrukturprojekt «Zukunft 8187» auf dem Schulareal ausgesprochen hat (vgl. WeiachBlog Nr. 1925), ist das Ergebnis des nächsten Prüfvorgangs von einigem Interesse. 

Gut versteckte Jahresrechnung? Jetzt nicht mehr!

Morgen Abend um 19:30 ist bekanntlich Rechnungsgemeinde. Noch vor einigen Tagen war es nicht gerade einfach, auf der Website der Gemeinde Weiach die Unterlagen zur Gemeindeversammlung vom 13. Juni 2023 zu finden. Jetzt findet man alle Unterlagen direkt über die Startseite unter «Veranstaltungen», samt Beleuchtendem Bericht (eine Art Kurzfassung).

Jetzt vorbildlich gelöst, war wenige Tage zuvor der Upload Politische Gemeinde Weiach, Jahresrechnung 2022 (mittlerweile gelöscht) nur zu finden, wenn man die Logik hinter der Informationsstruktur der Website begriffen hat.

Diese Rechnung und die Umstände ihrer Abnahme wollen wir jetzt einmal etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Wieso dauert es so lange, bis die RPK die Rechnung erhält?

Die auf Seite 3 der Jahresrechnung 2022 aufgeführten Tagesdaten sind schon einmal ziemlich interessant. Da heisst es:

17.03.2023  Ablieferung an Gemeindevorstand
20.03.2023  Abnahmebeschluss Gemeindevorstand 
14.04.2023  Ablieferung an Rechnungsprüfungskommission 
04.05.2023  Abnahmebeschluss Rechnungsprüfungskommission

Was fällt einem dabei auf? Erstens einmal das blinde Vertrauen des Gemeinderates in seinen Rechnungsführer im Gemeindehaus. Haben die Gemeinderäte tatsächlich alle innerhalb von nur drei Tagen (noch dazu übers Wochenende!) die ganze Rechnung en détail überprüft? Oder nicken sie die Jahresrechnung ganz einfach brav ab?

Dann hat es sage und schreibe 24 (!) Tage gedauert, bis diese - wohlverstanden abgesegnete - Rechnung der RPK übergeben werden konnte. Was zum Kuckuck dauert da so lange? Wieso ist die Rechnung nicht bereits am 21. März den Rechnungsprüfern vorgelegt worden?

Bericht des Gemeindevorstands

«Zum positiven Ergebnis beigetragen haben höhere Steuererträge bei den Grundstückgewinnsteuern von rund CHF 0.81 Mio. Ebenfalls positiv ist der Ressourcenausgleich für die Politische Gemeinde mit CHF 1.34 Mio. Die Kiesentschädigungen der Weiacher Kies AG ist mit CHF 1 Mio. rund CHF 0.36 Mio. unter dem Budget 2022 ausgefallen. Hingegen resultiert bei der Entschädigung für die Inertstof-fen [sic!] ein Mehrertrag von rund CHF 0.11 Mio. gegenüber dem Budget 2022. Trotz des positiven Gesamtergebnisses enthält die Jahresrechnung 2022 auch Mehrbelastungen des Finanzhaushalts. Zu erwähnen sind hier Mehrkosten in der Verwaltung für temporärer Arbeitskräfte [sic!] sowie externe Berater und Dienstleister.» (Jahresrechnung 2022, S. 5)

In die Hintergründe der im Vergleich mit anderen Gemeinden exzessiv hohen Verwaltungskosten und die Frage, ob sie lediglich der Personalfluktuation geschuldet sind (vgl. den Finanzplan, den die Firma Swissplan erstellt hat) könnte auch einmal mit der ganz grossen Taschenlampe hineingeleuchtet werden. Dann kann der Souverän nämlich zu gegebener Zeit durchgreifen, wenn die Ursache in seinen Kompetenzbereich fällt.

Antrag der Rechnungsprüfungskommission

Und was meint unser Wachhund zur Rechnung? Er kläfft, wie man auf Seite 7 unter der Ziffer 2 sehen kann. Nicht überall, aber der fünfte Kläff ist doch deutlich vernehmbar:

«[1.] Die Rechnungsprüfungskommission stellt fest, dass die Jahresrechnung der Politischen Gemeinde Weiach finanzrechtlich zulässig und rechnerisch richtig ist. 

[2.] Die finanzpolitische Prüfung der Jahresrechnung gibt zu keinen Bemerkungen Anlass. 

[3.] Das positive Resultat ist hauptsächlich auf Erträge aus Grundstückgewinnsteuern zurückzuführen [d.h. einmalige Effekte, die in späteren Jahren nicht greifen könnten] 

[4.] Es ist bedauerlich, dass das Fest "750 Jahre Weiach" ein Defizit von über CHF 92'000 produziert hat. [Warum die RPK den Zeigefinger beim Dorffest-Defizit hebt, wird verständlich, wenn man weiss, dass die Garantieversprechen der Gemeinde für frühere Dorffeste damit um fast das Zehnfache übertroffen werden]

[5.] Die Rechnungsprüfungskommission hält den Gemeinderat dazu an, in der kommenden Jahresrechnung Auskünfte über umgesetzte Sparbemühungen zu veröffentliochen [sic!] und weitere Bemühungen für das kommende Jahr im Budget 2024 zu benennen.»

Rechenschaft über Sparbemühungen gefordert - Gemeinderat sauer?

Dieser letzte Absatz birgt einigen Sprengstoff. Ist man bei der RPK der Ansicht, die Finanzmittel der Gemeinde würden von den Gemeindeoberen mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen? Es wäre möglich, wenn man sich einige der Eskapaden und Sonderausgaben der letzten Jahre vor Augen führt. Da wäre dann das Dorffestdefizit noch längst nicht das grösste Problem.

Brisant wird die Angelegenheit, angesichts der Aussage des RPK-Präsidenten, die Gemeindeverwaltung habe versucht, ebendiesen Absatz aus dem Abschied hinauszukippen. Als der Aktuar der RPK zwecks Unterschrift unter den RPK-Abschied im Gemeindehaus war, sei der fragliche Absatz 5 nämlich erst einmal aus dem Protokoll verschwunden gewesen.

Gegendarstellung der Gemeinde zum vorstehenden Absatz

Gemeindeschreiber Diethelm äussert sich heute, 12. Juni, auf Anfrage von WeiachBlog wie folgt zu dieser Angelegenheit:

«Gemäss Protokoll der RPK wurde der Abschied durch die Verwaltung für die RPK vorbereitet. In einer ersten Version wurde nur die Beschlussfassung abgedruckt, denn was beschlossen wird, wird auch im Abschied gezeigt. Die RPK wünschte anschliessend, dass auch die Diskussionspunkte abgedruckt werden. Der Gemeindeschreiber hat deshalb den Aktuar der RPK darauf hingewiesen, dass Beschlusspunkte publiziert werden und nicht Diskussionspunkte. Nach Rücksprache mit dem RPK-Präsidenten wurde seitens der RPK darauf bestanden, alles im Abschied aufzunehmen, was die Verwaltung anschliessend auch gemacht hat. Wenn nun geschrieben wird, die Verwaltung habe versucht was zu streichen oder hinauszukippen, dann muss ich dies entschieden zurückweisen.

Der Gemeinderat hat das Protokoll der RPK zum Abschied der Jahresrechnung 2022 an der Sitzung vom 9. Mai 2023 zur Kenntnis genommen (ohne Äusserungen). Dass der Gemeinderat sauer sei, stimmt somit schlichtweg nicht! Der Gemeindeschreiber hat lediglich den RPK Präsidenten darauf hingewiesen, dass wenn die RPK Sparbemühungen vom Gemeinderat wünscht, diese schriftlich als Auftrag angezeigt werden müssen. Bisher hat die RPK lediglich das Defizit vom Dorffest bemängelt. Die Schlussabrechnung dafür erfolgt im 2023.»

Ablehnung durch die Gemeindeversammlung? Nicht vorgesehen.

Wie man auf Seite 8 der Jahresrechnung 2022 feststellen darf, verfügen Gemeindepräsident und Gemeindeschreiber über hellseherische Fähigkeiten. Haben sie doch bereits spätestens am 12. Mai gewusst, was die Gemeindeversammlung am 18. Juni beschliessen wird. 

Man könnte das durchaus als Bevormundung des Souveräns bezeichnen, wenn sich ein von den Stimmberechtigten gewählter Amtsträger und sein Adlat die Décharge per Unterschrift gleich schon im Voraus selber erteilen und per Publikation in die Welt hinausposaunen.

Ja, das ist eine polemische Spitze. Und es mag üblich sein, die Angelegenheit mit der Unterschrift aus Effizienzgründen so zu handhaben, wie Arnold und Diethelm das gemacht haben. Da die RPK die Annahme der Rechnung empfohlen hat, ist eine Ablehnung auch nicht wahrscheinlich. 

Aber eben nicht unmöglich. Denn Gemeindeversammlungen, in denen es um Jahresrechnung und Budget geht, sind ja in aller Regel sehr schwach besucht. Um das erwartete Resultat in sein Gegenteil zu verkehren, reicht somit ein im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stimmberechtigten kleiner Aufmarsch von wild Entschlossenen, die dann im (für sie) richtigen Moment die Hand heben. Dass eine solche Taktik aufgehen kann, haben Weiacher Vereine in der Vergangenheit schon bewiesen.

Sonntag, 11. Juni 2023

«Wir wissen was wir bekommen»? Die Katze im Sack zum Fixpreis

In der Präsentation zum Informations-Anlass vom 27. Oktober 2022 liess die Baukommission auf Seite 3 durchblicken, dass die Zukunft in 8187 kein lockerer Spaziergang werde (vgl. nachstehende Abbildung). Beide möglichen Wege seien steinige. Egal, ob man in mehreren Etappen und schrittweise vorgehe, oder den (von ihr favorisierten) ganz grossen Wurf wage.

Beim steinigen Attribut handelt es sich um einen leider allzu seltenen Fall von ungeschminkter propagandaneutraler Darstellung in der Kommunikation zu diesem Projekt. 

Denn schon bei der Beschreibung von Vor- und Nachteilen wird der geneigte Zuhörer ohne Umschweife dahingehend belehrt, dass die eine Variante selbstverständlich nur Vor- und die andere ebenso ausschliesslich Nachteile habe.

«Steiniger Weg 1» sei eine «Einmalige Grossinvestition» mit zwei Gewissheiten: «Wir wissen was es kostet» und «Wir wissen was wir bekommen». Als «Gegenleistung» erhalte man «Moderne & intakte Infrastruktur». Das sei eine «Investition in eigene Sachanlagen». Nachteile? Nix da!

Und «Steiniger Weg 2»? Die Alternative (jede Alternative) sei «Pflästerli-Politik». Also zum Abwinken und der totale Ablöscher, denn das sei «Finanz-politisch unberechenbar». Es erzeuge «Laufend hohe Kosten für Renovationen in bestehende, marode Infrastruktur». Und so kommt dabei heraus: «Keine nachhaltige Investition in Sachanlagen». Vorteile? Die hätte es nur für die Stimmberechtigten. Für die Baukommission nicht (s. unten).

Fazit: Ein absichtsvoll geschnürtes Bündel von Propagandakeulen, mit dessen Hilfe die Baukommission in den sogenannten Informationsveranstaltungen die Stimmberechtigten auf ihre Linie einzuschwören versucht hat.

Das Stimmvolk als unberechenbare Grösse?

Wie die Propaganda mit emotionalisierender Sprache schamlos manipulierend ihre Wirkung zu erzielen versucht, zeigt sich hier geradezu exemplarisch: Die Behauptung, die bestehende Infrastruktur sei «marode» ist weitgehend faktenwidrig und überdies eine Beleidigung an die Adresse von so ziemlich allen Schulpflegemitgliedern der letzten fünf Jahrzehnte. Denen wird nämlich unterstellt, die Gebäude schlecht unterhalten zu haben, indem sie in eine Art Investitionsdefizit geführt worden seien. 

Im Umkehrschluss wird impliziert, neue Gebäude seien frei von Mängeln und Nachbesserungsinvestitionen. Wie war denn das mit dem Kindergarten Farbtupf, wo man kurz nach dessen Fertigstellung bereits zusätzlich investieren musste, weil die Wartungsfreundlichkeit nicht gegeben, ja gar die Sicherheit gefährdet war?

Es stellt sich auch die Frage, wieso die Baukommission das Einzelsprungverfahren als «finanz-politisch unberechenbar» dargestellt haben will. Weil dabei die Stimmberechtigten bei jedem Schritt die Möglichkeit haben einzuschreiten? Weil sie den Gemeinderat zurückpfeifen könnten? Einen der vorgesehenen Schritte ablehnen könnten?

Dagegen ist natürlich eine «einmalige Grossinvestition» auch eine einmalige Gelegenheit für den Gemeinderat, um mit seinem Projekt durchmarschieren zu können. Einmal ein Ja und die Baukommission kann nicht mehr gestoppt werden.

Unverbindliche Bauempfehlung

Dass diese Absicht dahinter steckt, zeigt sich dann im Beleuchtenden Bericht auf Seite 7, wo explizit festgehalten wird, was wir - in anderen Worten verpackt - auch in WeiachBlog Nr. 1921 schon gesehen haben:

«Das Mitspracherecht im Rahmen der Bewilligung eines Ausgabenbeschlusses durch die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht, dass diese auch einen Anspruch auf Mitwirkung an der inhaltlichen Ausgestaltung des dem Ausgabenbeschluss zugrunde liegenden Projekts hätten (vgl. BGE 125 I 87 E. 4c/bb).»

Was wollen die Gemeindebehörden uns damit sagen? Dass die gezeigten schönen Bilder, Raumprogramme und Eigenschaften neuer Infrastrukturbauten nur ein unverbindliches Muster sind? Dass die Mitwirkungsmöglichkeit im Rahmen der Baukommission sozusagen eine obrigkeitlicherseits huldvoll gewährte Wohltat war? Als Zückerchen, eingesetzt zur Beschwichtigung, nachdem einige bockige Untertanen es gewagt haben, dem ersten Versuch mit dem Namen «Balance» an der Urne eine Abfuhr zu erteilen?

Ja und Amen. Und man bekommt die Katze im Sack geliefert

Dass es sehr wahrscheinlich in genau diese Richtung gehen dürfte, zeigt sich an der Argumentation, mit der sich der Gemeinderat in seiner Eingabe an den Bezirksrat gegen die Vorwürfe in der Stimmrechtsbeschwerde zur Wehr setzt: 

«Ziel ist es die Kosten einzuhalten. Sollten Mehrkosten entstehen, müssten diese, wenn immer möglich, an anderen Stellen wieder eingespart werden.» (Antwort A.a.; S.2)

Wie war das jetzt mit «Wir wissen was wir bekommen»? Die Wahrheit ist: Wir wissen nicht, was wir bekommen. Nur so ungefähr. Die Kosten werden fixiert. Also muss man am Umfang Abstriche machen. Denn die Zeit drängt, das wird ja bei jeder Gelegenheit betont. Und jeder Projektleiter, der die Grundausbildung überstanden hat, kann einem sagen, wie das zum Fixpreis herauskommen wird.

Aber den Stimmberechtigten wurde noch vor kurzem ein ums andere Mal suggeriert, der Baukommission sei es auf magische Art und Weise gelungen, das Dreieck des Projektmanagements ausser Kraft setzen und alles gleichzeitig maximieren zu können.

Fazit: Bei einem Ja zum Projekt wird der Stimmberechtigte nicht wirklich wissen, was er bekommt. Nur den Preis, den er dafür bezahlt. Und den Liefertermin. An welchen Stellen Abstriche bei Qualität und Leistungsumfang gemacht werden, das wissen dann nur Gott und die Baukommission. Und das Bundesgericht (siehe oben) gibt seinen Segen dazu.

Samstag, 10. Juni 2023

Alea iacta est! Abstimmung, aber das Resultat bleibt geheim.

Es sei «noch nicht einmal klar, ob die Abstimmung überhaupt stattfinden kann», schreibt der Zürcher Unterländer am 5. Juni (vgl. WeiachBlog Nr. 1935 vom letzten Donnerstag). Spätestens seit dem 7. Juni ist dem Gemeinderat und der Gemeindeverwaltung nun klar, dass sie stattfindet. Aber eben mit speziellen Rahmenbedingungen. 

Da der Gemeinderat im Vorfeld dieser Abstimmung punkto Kommunikation mit dem Souverän sozusagen die Zugbrücke hochgezogen hat und sich offiziell sogar über deren blosse Durchführung ausschweigt, erfahren die Stimmberechtigten es jetzt halt auf WeiachBlog.

Würfel gefallen und doch noch nicht gefallen

«Alea iacta est!» Mit diesem Ausspruch soll Gaius Julius Cäsar am 10. Januar des Jahres 49 v. Chr. den Rubicon überschritten haben. Der Rubicon war damals die Grenze zwischen der römischen Provinz Gallia cisalpina und dem eigentlichen italischen Kernland. Wer den Rubikon mit einer Armee unter Waffen überschreitet, der stellt offen die Machtfrage. Mit allen Konsequenzen.

Gemeinhin wird dieses lateinische geflügelte Wort mit «Die Würfel sind gefallen!» übersetzt, anknüpfend an den Umstand, dass soeben die nicht rückgängig zu machende Entscheidung getroffen wurde, den Rubikon zu queren. Wörtlich übersetzt bedeutet er aber «Der Würfel ist geworfen worden». Und um diesen Aspekt ging es den damaligen Römern auch: Der Konflikt war ja zu diesem Rubikon-Zeitpunkt noch nicht entschieden. 

Genausowenig, wie das Ergebnis beim Würfeln sofort bekannt ist. Zwischen dem Zeitpunkt, wo der Würfel in die Luft geworfen wird und dem, wo er in Endlage stillsteht und die gewürfelte Zahl ablesbar ist, vergeht zwar nur ein kurzer Augenblick. Die Zeitdifferenz und der damit verbundene Spannungsbogen sind aber für jeden Zuschauer erkennbar.

Nimmt man die Szene als Film auf und drückt dann beim Abspielen auf die Stopptaste, dann wird eine bestimmte Aufnahme als Standbild herausgepflückt. Zum Beispiel eine, auf der der Würfel sozusagen in der Luft hängen bleibt.

Ein solches Standbild über den Weiacher Urnengang vom 18. Juni, ca. um die Mittagszeit herum, wird nun - qua bezirksrätlicher Weisung - für Wochen eingefroren werden. Und in dieser doch recht langen Zeit wissen nur eine Handvoll Leute, wie das Resultat in der Frage «Zukunft 8187, quo vadis?» aussieht.

Das Machtwort des Bezirksrates

Die Stopptaste hat in unserem Fall der Bezirksratspräsident Widmer gedrückt. Er hat zusammen mit dem Ratsschreiber entschieden und teilte seinen Entscheid dem Beschwerdeführer und dem Gemeinderat Weiach mittels Präsidialverfügung vom 6. Juni 2023 mit:

«Der Präsident verfügt:

I. Vom Eingang der Vernehmlassung vom 2. Juni 2023 [durch den Gemeinderat] wird Vormerk genommen.

II. Die Vernehmlassung geht samt Beilagen an den Rekurrenten zur Einreichung einer Replik (dreifach) bis 10. Juli 2023. Bei Säumnis/Verzicht auf eine Stellungnahme wird der Bezirksrat Dielsdorf vorbehältlich anderer Anordnungen zur Beurteilung des Falles übergehen.

III. Das Wahlbüro der politischen Gemeinde Weiach wird angewiesen, die Urnenabstimmung vom 18. Juni 2023 über den Kredit von Fr. 28.3 Mio. Franken [sic!] für das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187» und den Zusatzkredit von 3.2 Mio. Franken für den Bau einer Tiefgarage durchzuführen und in der Folge die Stimmen auszuzählen. Das Abstimmungsresultat wird einstweilen nur dem Bezirksrat Dielsdorf mitgeteilt und nicht publiziert. Die Stimmzettel und das unterschriebene Abstimmungsprotokoll sind ordnungsgemäss zu versiegeln.»

Und wie jeder richtige Krimi hat natürlich auch dieser ein Aktenzeichen, nämlich «GE.2023.75/2.02.04».

Was will der Bezirksrat damit erreichen?

Beim Bezirksrat war bis zum Redaktionsschluss keine Auskunft zu bekommen, was Sinn und Zweck der Disposition III seiner Verfügung ist. Dafür bei der Abteilung Gemeinderecht des Kantons. Die ist zwar nicht das Aufsichtsorgan über die Bezirksräte, das wären offenbar die Gerichte, aber MLaw Laura Hübscher, Juristische Sekretärin mbA, konnte WeiachBlog trotzdem einen Hinweis geben.

Der Grund für die Siegelung und das Verbot, das Resultat bekannt zu geben ist möglicherweise der: sollte der Bezirksrat zum Schluss kommen, dass die Abstimmung wiederholt werden muss, dann darf nicht der Fall eintreten, dass die Stimmberechtigten bereits wissen, wie es herausgekommen ist. Denn das Wissen um dieses Resultat könnte eine spätere Wiederholung der Abstimmung beeinflussen. Zum Beispiel dadurch, dass die Stimmberechtigten der «Siegerseite» dann (im Vergleich zum 18. Juni) unterproportional an der Wiederholung teilnehmen. So könnte das Resultat der Wiederholungsabstimmung auf die andere Seite kippen und in der Folge die nun Unterlegenen deswegen Klage einreichen, usw., ad infinitum.

Donnerstag, 8. Juni 2023

Stimmrechtsbeschwerde: Irreführung durch Beleuchtenden Bericht!

Der «Zürcher Unterländer» berichtet sozusagen aus der Vogelperspektive über die innerweiacherische Auseinandersetzung Nummer 1 der Gegenwart. Er titelte am Montag, 5. Juni 2023 (S. 4) mit «Das 30-Millionen-Projekt spaltet Weiach.» 

Der Lead-Text zu diesem Artikel von Astrit Abazi ist ebenso knackig: «Die RPK hat empfohlen, ein teures Bauprojekt an der Urne abzulehnen. Allerdings ist noch nicht einmal klar, ob die Abstimmung überhaupt stattfinden kann.»

Besonders dieser letzte Satz dürfte einige Weycher aus der sonst recht angenehmen vorsommerlichen Idylle aufgeschreckt haben. Und der Cliffhanger ist natürlich gewollt. Sie sollen den Artikel hinter der Bezahlschranke lesen wollen und die Zeitung abonnieren.

Gemeinderat im Belagerungszustand

Abazi löst das Rätsel erst am Schluss seines Beitrags auf. Mit dem Titel «Stimmrechtsbeschwerde eingereicht». Damit war spätestens seit Samstag um 05:30 Uhr (als die Online-Version des Artikels erschienen ist) klar: die Kontrahenten bewegen sich weiter in Richtung Eskalation:

«Im Weiteren ist diese Woche noch eine Stimmrechtsbeschwerde beim Bezirksrat gegen die Urnenabstimmung vom 18. Juni eingereicht worden. «Deshalb will man sich nicht zu einem laufenden Verfahren äussern», sagt Gemeindeschreiber Thomas Diethelm auf Anfrage.»

Anders als bei der «Ebianum-Gemeindeversammlung» im Frühjahr 2021, wo es um die Frage ging, ob die Schulanschlussverträge mit Kaiserstuhl und Fisibach gekündigt werden sollen (das hatte eine Einzelinitiative verlangt), wurde diesmal innert der Frist von 5 Tagen nach Veröffentlichung des Beleuchtenden Berichts (online auf der Website zukunft8187.ch sowie als gedruckte Version durch Versand an alle Stimmberechtigten) Beschwerde geführt. Und zwar von derselben Seite, die bereits die Aufsichtsbeschwerde eingereicht hatte (vgl. WeiachBlog Nr. 1918). 

Der Bezirksrat hat daraufhin mit Präsidialverfügung vom 26. Mai 2023 den Gemeinderat zur detaillierten Stellungnahme aufgefordert und ihm dafür ebenfalls eine Frist von lediglich 5 Tagen gesetzt. Nach dem verlängerten Pfingstwochenende hatten daher Gemeinderat und Verwaltung eine ziemlich anstrengende Woche. Auf diese Woche bezieht sich Abazi. Eingereicht wurde die auf den 24. Mai datierte Beschwerde aber natürlich bereits in der Vorwoche vor Pfingsten.

Forderung: Verschiebt die Abstimmung und korrigiert die Unterlagen!

Die Beschwerde stellt den Antrag, die Abstimmung sei «zu verschieben mit dem Auftrag an den Gemeinderat, den Beleuchtenden Bericht [...] zu korrigieren, oder das ganze Projekt zur Überarbeitung zurückzuziehen.»

Was kritisiert der Beschwerdeführer? Inhaltlich über weite Strecken die gleichen Punkte wie mit der Aufsichtsbeschwerde. Er moniert insbesondere, dass die Finanzierungsrisiken in dieser Abstimmungsunterlage nicht in genügend klaren Worten beschrieben sind. Oder anders formuliert: durch den Gemeinderat zu schönfärberisch oder gar falsch (!) dargestellt würden. 

Besonders explosiv: der Vorwurf einer Falschaussage zu den Entschädigungszahlungen aus dem Kiesabbau auf Gemeindeland. Es stimme schlicht nicht, heisst es in der Stimmrechtsbeschwerde, dass diese Entschädigungen auf den für 2023 budgetierten Zahlen noch bis 2035 gesichert seien, wie im Beleuchtenden Bericht unter Verweis auf Berechnungen der Firma Swissplan behauptet wird. 

Nach Aussage des Beschwerdeführers, der auf Angaben der Weiacher Kies AG verweist, sei damit bereits Jahre vorher Schluss, jedenfalls bei den gegenwärtigen Entnahmeraten. Das gilt übrigens auch dann, wenn noch der Kiesabbau im Hasli hinzukommt. 

Indirekte Irreführung der Stimmberechtigten

Brisant ist das deshalb, weil in diesem vom Beschwerdeführer mit Zahlen belegten Fall die rund 2 Millionen Franken pro Jahr, die der Gemeinderat den Stimmberechtigten als gesichert hinstellt, auf weniger als die Hälfte zusammenschrumpfen. Mit anderen Worten: Über diese Jahre (bis 2035) gerechnet wird ein zweistelliger Millionenbetrag nicht in der Gemeindekasse ankommen, dessen Eintreffen dem Stimmberechtigten aber im Bericht suggeriert wird.

Wenn man dann noch weiss, dass für 100'000 Franken rund 2.5 Steuerprozent nötig sind, dann kann man sich leicht ausrechnen, was eine an Entschädigungen ausfallende Million ausmacht, die Jahr für Jahr durch Steuergelder ausgeglichen werden muss: 25 Steuerprozente, womit Weiach in der Liga von Bachs und Eglisau ankommen würde. 

Selbst wenn man (wie es der Gemeinderat tut) annimmt, dass die Hälfte letztlich (d.h. zwei Jahre später) durch den sogenannten Ressourcenausgleich gedeckt wird (eine Art Sozialhilfe des Kantons an bedürftige Gemeinden, die er vorher besser wirtschaftenden Gemeinwesen, wie z.B. Neerach, abgenommen hat), dann sind das immer noch mindestens 12 ½ Steuerprozente. 

Fazit: Um diese mindestens 12 bis 13 (und mehr) Prozent wird der Weiacher Steuerfuss in weniger als fünf Jahren so oder so hochgehen müssen. Ganz unabhängig vom Abstimmungsprojekt. Und zwar zusätzlich zu den im Beleuchtenden Bericht verkauften 6 Steuerprozenten. Auf die ist der Scheinwerfer gerichtet. Die im Finanzplan 2022-2026 bei genauer Analyse ins Auge stechenden Gefahren für die finanzielle Handlungsfreiheit der Gemeinde werden im Bericht zum Bauprojekt «Zukunft 8187» hingegen schlicht unterschlagen.

Fliegen mit falsch anzeigendem Höhenmessgerät?

Exakt dieser Beleuchtende Bericht soll nun aber - so sagen es Baukommission und Gemeinderat selber - für die Stimmberechtigten die einzige Enscheidungsgrundlage darstellen (die bisherigen Informationen hat die Baukommission auf ihrer Website zwar noch drauf, aber gut versteckt). Wer ihn durchliest, muss also wahrheitsgemäss über die Risiken (Chancen+Gefahren) aufgeklärt werden. 

Das heisst: nicht nur über Chancen (Neue tolle Gemeindeinfrastruktur!), sondern auch über Gefahren (Was kann schiefgehen? Welche Finanzherausforderungen stehen in Zukunft noch an? Wie steht es mit den Kiesentschädigungen wirklich? Wie hoch wird der Steuerfuss schlussendlich steigen, wenn das Kies ausgebeutet ist? usw.). Es geht schliesslich um einen Richtungsentscheid mit Auswirkungen auf Jahrzehnte hinaus. Die 30 Millionen, die nach einer Annahme der Vorlage vom Gemeinderat sozusagen nach Gutdünken verbaut werden können, sind auch kein Pappenstiel. Vor allem fehlen sie aber danach für anderes.

Die Stimmberechtigten müssen also erkennen können, ob der Gemeinderat eher optimistisch gerechnet hat, oder eben nicht. Und sie müssen das ohne weiteres tun können. Das sind schliesslich in der überwiegenden Mehrzahl weder Bauexperten noch Fachleute für Gemeindefinanzen. Entsprechend muss diese Unterlage auch so verfasst sein, dass ein mit durchschnittlicher Bildung und Lebenserfahrung ausgestatteter Stimmbürger daraus auch ableiten kann, was die Folgen dieses Entscheids sein könnten und ob er in Kenntnis dieser Folgen dazu Ja oder Nein sagen will, ganz nach dem Motto in der Präsentation der Informationsveranstaltung von Oktober 2022, wo mit Bezug auf die Bauplanung von «steinigen Wegen» die Rede war.

Weiss der Stimmberechtigte nach der Lektüre wirklich, wie viel (bzw. wie wenig!) Luft nach unten seine Gemeinde in finanzieller Hinsicht noch haben wird, wenn er zu den Vorlagen des Pakets «Zukunft 8187» Ja und Amen sagt?

Was sagen Aufsichtsbehörden und Gerichte dazu?

Im «Leitfaden Beleuchtender Bericht» der Direktion der Justiz und des Inneren des Kantons Zürich vom Oktober 2022 sind die Kriterien beschrieben, wie ein solcher Bericht aussehen muss. Ein Auszug (Kapitel B.2.1, S. 3):

«Der Beleuchtende Bericht soll den Stimmberechtigten ein umfassendes Bild über die Thematik verschaffen. Dazu sind die wesentlichen Vor- und Nachteile der Vorlage aufzuzeigen.

Gemäss Bundesgericht ist die Behörde zwar nicht zur Neutralität verpflichtet – und darf eine Abstimmungsempfehlung abgeben –, wohl aber zur Sachlichkeit. Sie verletzt ihre Pflicht zu objektiver Information, wenn sie über den Zweck und die Tragweite der Vorlage falsch orientiert (z.B. einseitige, tendenziöse Informationen). Dem Erfordernis der Objektivität genügen Abstimmungserläuterungen, wenn die Aussagen wohlabgewogen sind, beachtliche Gründe dafürsprechen und den Stimmberechtigten eine Beurteilung ermöglichen oder wenn sie trotz einer gewissen Überspitzung nicht unwahr oder unsachlich, sondern lediglich ungenau oder unvollständig sind. Die Behörde muss sich nicht mit jeder Einzelheit einer Vorlage befassen und nicht alle denkbaren Einwendungen, die gegen eine Vorlage erhoben werden könnten, erwähnen. Im Sinne einer gewissen Vollständigkeit verbietet das Gebot der Sachlichkeit indessen, in den Abstimmungserläuterungen für den Entscheid der Stimmberechtigten wichtige Elemente zu unterdrücken, für die Meinungsbildung bedeutende Ge-gebenheiten zu verschweigen oder Argumente von gegnerischen Referendums- oder Initiativkomitees falsch wiederzugeben. [Fussnote verweist auf: BGer 1C_641/2013 vom 24. März 2014, E. 4.2.]

Kurz zusammengefasst, müssen die Gebote der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit eingehalten werden. Und es gilt im Allgemeinen zu beachten, dass der Beleuchtende Bericht weder ein Marketinginstrument ist, noch der behördlichen Öffentlichkeitsarbeit dient.»

Die Frage, ob der Beleuchtende Bericht zum Projekt «Zukunft 8187» diese Anforderungen erfüllt, wird nun wohl unausweichlich für Monate oder gar Jahre zum Juristenfutter. Die Konsequenz daraus: Bis eine Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, d.h. keine der beiden Streitparteien mehr ein Rechtsmittel ergreift oder ergreifen kann, wird auf dem Weiacher Schulareal nicht gebaut.

Sonntag, 4. Juni 2023

Ein Parkplatz am Arbeitsplatz für 25 Franken pro Monat?

Insgesamt 53 Parkplätze soll das als Zusatzantrag zur Abstimmung stehende Parkhaus unter der Spielwiese zwischen dem heutigen Mehrzweckgebäude und der Liegenschaft Stadlerstrasse 6 (ehem. Sennerei und spätere Spenglerei Wolf) umfassen (Beleuchtender Bericht, S. 30).

Finanzierungskosten: Realistischer Zinssatz? Hmmm...

Der Gemeinderat schreibt dazu: «Die Finanzierung soll vollständig mit Fremdkapital erfolgen. Die Zinsfolgekosten bei einer Finanzierung mit 3.2 Mio. Franken Fremdkapital betragen bei einem angenommenen Zinssatz von 2 Prozent für den mittleren Kapitalbedarf 32'000 Franken jährlich» (Beleuchtender Bericht, S. 32). 

Soweit so klar. Ob der angenommene Zinssatz sich am Markt realisieren lässt, darf bezweifelt werden. Man sieht ja jetzt schon, wie der Referenzzinssatz für Mietobjekte in die Höhe schnellt. Und dass die Zentralbanken ihr Quantitative Easing wieder im alten Stil aufnehmen werden, wie in den Jahren ab 2008, das ist doch eher unwahrscheinlich.

Wischen reicht? Eine Augenwischerei?

Vollends abenteuerlich wird die Geschichte bei den Betriebskosten:

«Das «Kreisschreiben der Direktion der Justiz und des Innern über den Gemeindehaushalt» (§ 37, Stand 1. Oktober 2013) gibt als Richtwert für betriebliche Folgekosten einen Aufwand von 2 Prozent der Bruttoanlagekosten an. Da der Bau jedoch nicht beheizt wird und lediglich gewischt werden muss, kann mit reduzierten betrieblichen und personellen Folgekosten von 0.5 Prozent gerechnet werden. Das heisst, es ist mit 16'000 Franken pro Jahr zu rechnen» (Beleuchtender Bericht, S. 32).

Der Richtwert wird also, das Kreisschreiben in den Wind schlagend, einfach mal so auf einen Viertel reduziert? Was ist, wenn dann doch beheizt werden muss, z.B. um Feuchtigkeitsschäden zu vermeiden? Was, wenn sich der Unterhaltsaufwand nicht mit Wischen allein erledigen lässt? Etwas gar optimistisch, diese Rechnung. 

Anwendung des Verursacherprinzips? Fehlanzeige?

«Betriebliche und personelle Folgekosten sollen mit den Erträgen der Tiefgarage gedeckt werden. Ein entsprechendes Konzept «Parkplatzregime» besteht» (Beleuchtender Bericht, S. 33).

Nur die Betriebskosten? Ernsthaft, jetzt? Wir befinden uns mitten im Dorfzentrum, haben regelmässigen öV-Anschluss direkt vor der Haustüre und trotzdem wird die exzessive Nutzung von privaten Fahrzeugen durch Gemeindeangestellte massiv subventioniert? Wohlverstanden aus Steuermitteln einer Gemeinde, die behauptet, mit ebendiesem Infrastrukturprojekt eine verbesserte Umweltbilanz hinbekommen zu wollen? Einer Gemeinde, deren Exekutive nun alles mit Photovoltaik vollpflastern lassen will, nachdem bisher in der Bewilligungspraxis gemauert wurde, was das Zeug hielt?

Was müsste ein Parkplatz wirklich kosten?

Ein Parkplatz soll also nur 25 Franken pro Monat einbringen müssen, um diesen bewusst kleingerechneten Aufwand von 16'000 Franken pro Jahr hereinzuholen?

Nur so zum Vergleich: Laut dem sich aktuell aus der Gemeinde verabschiedenden ehemaligen Gemeinderatskandidaten Michael Frauchiger kostet ein Tiefgaragenplatz in Neu-Weiach in einer der Crowdhouse-Immobilien immerhin CHF 130 pro Monat (Auskunft Twitter-DM Frauchiger 8.2.2023). So viel müssten es also mindestens sein.

Nehmen wir den Richtwert aus dem oben zitierten Kreisschreiben und die vom Gemeinderat angegebenen Kapitalfolgekosten, dann sollten 96'000 Franken pro Jahr hereinkommen (vorausgesetzt, die Wette mit den 2 % Zinskosten geht auf, siehe oben).

Nach Strübis Rächnigsbüechli (vgl. WeiachBlog Nr. 1850) müsste ein Tiefgaragenplatz eigentlich minimal 150 Franken kosten, um verursachergerecht abgerechnet zu werden. Also das Sechsfache dessen, wovon der Gemeinderat ausgeht!

Unzumutbar bei diesen Lehrerlöhnen?

Die Frage ist jetzt: Wird die Gemeinde wenigstens diese 150 Franken pro Monat von Lehrkräften und anderen Gemeindeangestellten einfordern? Oder aus Gründen der Arbeitsplatzattraktivität darauf verzichten und nur einen wesentlich kleineren Obolus verlangen - eventuell gar überhaupt nichts?

Allein schon die in diesen Zeilen hier durchexerzierte Milchbüchlein-Rechnung lässt einen ernsthaft am Finanzverstand des Weiacher Gemeindevorstandes zweifeln. Fazit: Wer derart nonchalant mit Steuermitteln herumfuhrwerkt, hat sich an der Urne kein Ja verdient! Weg damit!

Samstag, 3. Juni 2023

Vor einem halben Jahrhundert begann das Weiacher Buszeitalter

«Am 3. Juni 1973 [...] wurde die auf den 1. Dezember 1969 eingeführte neue Kursstrecke Bülach–Hochfelden–Neerach–Stadel, die 1970 nach Windlach verlängert worden war, nun bis zur Station Weiach-Kaiserstuhl weitergeführt.»   (Brandenberger, U.: Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes, 6. Aufl. – S. 73).

So beschreibt es das Neue Bülacher Tagblatt (s. Quellen und Literatur ganz unten). Der Ausbau der heute als fast alleinige Anbindung der Gemeinde ans öV-Netz fungierenden Busverbindung bis an den Weiacher Bahnhof war keineswegs selbstverständlich. Wie es dennoch dazu gekommen ist, beschreibt die Ankündigung des Fahrplanwechsels in der Zeitung «Die Tat» (1935 von Migros-Gründer Duttweiler iniitiert; 1978 eingestellt) vom 31. Mai 1973:

PTT-Linien 691 d und 697

«Mit dem neuen SBB-Fahrplan treten am 3. Juni auch einige namhafte Verbesserungen im Busnetz der PTT und VBZ in Kraft. Die Zunahme des Personenverkehrs von und nach dem Zürcher Unterland hat die Gemeinden schon vor Jahren veranlasst, die Planung des öffentlichen Buslinien-Netzes an die Hand zu nehmen. Die Verkehrsvereinigung Zürcher Unterland erstellte aufgrund von Gutachten, die ihrerseits auf Umfragen und Erhebungen basieren, eine Dringlichkeitsordnung für den Ausbau und die Neuschaffung zusätzlicher Buslinien. Diese Bestrebungen führten nun zu den folgenden erfreulichen Verbesserungen im Busnetz, die alle vom kommenden Sonntag, den 3. Juni, an in Kraft treten: 

  • Verlängerung der PTT-Linie 691 d (Bülach—Hochfelden—Neerach—Stadel—Windlach bis zur SBB-Station Weiach-Kaiserstuhl). 
  • Verlängerung der Buslinie Bülach—Höri über Niederglatt—Niederhasli nach Dielsdorf (neue PTT-Linie 691 e). 
  • Verlängerung der Buslinie Niederglatt—Neerach—Windlach bis zur SBB-Station Weiach-Kaiserstuhl (bisher konzessionierte Buslinie, neu PTT-Linie 697 mit Anschluss in Niederglatt an die neue Postautolinie Bülach—Dielsdorf). 
  • Neue Buslinie Dielsdorf—Regensdorf (Nr. 56 der Verkehrsbetriebe Zürich). 
  • Dielsdorf—Regensberg : Die bisherige PTT-Linie wird Teil der neuen VBZ-Verbindung Nr. 56 (Dielsdorf—Regensdorf). [Also: Regensdorf—Regensberg]

Diese Fahrplan-Verbesserungen werden noch ergänzt durch eine weitere positive Neuerung: VBZ und PTT haben gemeinsam ein kombiniertes Monatsabonnement geschaffen, das sowohl auf einer der Postautostrecken bis Dielsdorf als auch auf dem angrenzenden Furttal-Netz der VBZ gültig ist. Einzelheiten sind den nächstens erscheinenden neuen Fahrplänen zu entnehmen. Die besonderen Regionalfahrpläne der PTT, in welchen auch die neuen Verbindungen der VBZ enthalten sind, können bei den Poststellen an den Postautobuslinien sowie bei den Wagenführern kostenlos bezogen werden. Die Fahrpläne geben auch Aufschluss über weitere Fahrplan-Verbesserungen auf den bestehenden Linien im Postautonetz des Zürcher Unterlandes. [...]»

So gross dieser Schritt für Weiach auch gewesen ist, der Kommentar in derselben Nummer der «Tat» befindet, es sei für den öV im Unterland noch lange nicht genug getan damit. Der Text zeigt, dass die Frage, ob man zuerst das Angebot erhöhen muss und damit die gewünschte Nachfrage erzeugt, oder es umgekehrt zu sein hat, schon damals eine heftige diskutierte war:

Besser, aber nicht befriedigend 

( -f . ) Da also haben die PTT nun gemeldet, dass das Unterländer Busnetz erweitert worden sei! Ein Busnetz, mit dem bisher eigentlich bis auf wenige Ausnahmen weder die PTT selber noch die Verkehrsvereinigung Zürcher Unterland, noch der Benutzer richtig glücklich gewesen sind. Kann man es in Zukunft sein? Sicher ist, dass bei der neuen Fahrplangestaltung vor allem und ganz bewusst auf die Mittelschule Zürcher Unterland in Bülach Rücksicht genommen wurde. Ans allen Teilen des Unterlandes, von Weiach ebenso wie von Dielsdorf und Niederglatt, können jetzt die Schüler die öffentlichen Buslinien benutzen. Und dort, wo der erste Bus nicht auf den Schulanfang ankommt (morgens sieben Uhr), wird ein Schülerkurs geführt. Und selbst die Klotemer Schüler — das betrifft vor allem die «Lehramts-Kandidaten»  — haben gute Verbindung in den Bezirkshauptort, obwohl ihr Bus immer noch «Sammelbus» quer durchs Land ist. Denn eines gibt es auch im neuen Fahrplan nicht: den Schnellbus Bülach—Kloten—Bülach. Eine einzige Linie wird direkt geführt, und zwar schon morgens um 6.18 Uhr ab Bülach — und das auch nur, weil hier der Personenverkehr aus Richtung Schaffhausen nach Kloten übernommen wird. Aber damit ist es bereits fertig. Es gibt keinen analogen Abendkurs! Und solange die Unterländer offenbar immer noch ihr Auto — vielleicht auch ihr Moped oder das Velo — bevorzugen, wird es keine direkte Verbindung zum Flughafen geben. Ebenso wenig wie man bei den Abendkursen auf Bülacher Veranstaltungen Rücksicht nehmen konnte. Noch immer sind, so wurde uns von der PTT gesagt, die Unterländer Busbetriebe defizitär. Noch immer, trotz wesentlich dichterem Fahrplan, wird die Möglichkeit, das öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, zu wenig benützt. Und das Defizit, so die PTT, würde noch grösser, baute man am Abend die Buslinien so aus, dass man die Besucher der Veranstaltungen in Bülach sowohl hin als auch zurücktransportieren könnte. Schon jetzt seien bei den wenigen Spätlinien nach 22 Uhr die Mitfahrer zu zählen.

Und da ist man zum Schluss wieder bei der Frage, die man sich immer stellt: Wird die Fahrplangestaltung erst dann befriedigend, wenn der Unterländer beweist, dass er bereit ist, seine Autos zuhause zu lassen? Wie allerdings soll er es beweisen, wenn er keine Alternativlösung hat? Den Embrachern scheint die Beweisführung irgendwie gelungen zu sein: Von Teufen bis Seebach kann man nach dem neuen Fahrplan schnell und zu vernünftigen Zeiten gelangen. Das gleiche gilt für die Dielsdorfer, die sicher noch so gern nach Regensdorf nicht nur zum Arbeiten, sondern im neuen Einkaufszentrum zum «Shopping» fahren werden. Alles in allem kann man ganz sicher sagen: Den Mittelschülern, den Bewohnern von Furt- und Embrachertal wird ganz sicher ein weitaus besserer Busdienst angeboten als bisher. Das Zürcher Unterland um Bülach herum leidet nach wie vor darunter, dass es sowohl dem Buslinien-Netz wie auch den SBB angeschlossen ist. Und hier wird es wohl erst dann ganz wesentlich besser, wenn ... siehe oben, der Autofahrer sein Auto zuhause lässt und am Bus Schlange steht.»

Quellen und Literatur

  • Bemerkenswerte Verbesserungen der Buslinien ins Unterland. Am 3. Juni ändern die Fahrpläne der SBB , PTT und VBZ. In: Die Tat, 31. Mai 1973 – S. 4. Mit Kommentar auf derselben Seite.
  • 50 Jahre Postauto-Betrieb Bülach–Kloten und Bülach–Höri. In: Neues Bülacher Tagblatt, 4. Oktober 2000.