Mittwoch, 31. Mai 2023

Die Legende vom Ende des Schulstandorts Weiach

Letzte Woche hat Frank Lehmann, Kampagnenführer der Zukunft 8187-Befürworter, wieder einmal die Legende vom Ende unseres Schulstandorts zum Besten gegeben:

«Ich muss schon nochmals erwähnen das wir ohne zusätzlichen Schüler 2013 die Schule hätte schliessen müssen» (Facebook-Gruppe Du bisch vo Weiach, wenn..., 27. Mai 2023, 12:08)

Diese Erzählung gehört seit spätestens 2015 sozusagen zum festen Bestand des «gesicherten Wissens» bei all denjenigen, die Weiach als zentralen Schulstandort sehen und dieser Idee in Beton, Holz und Glas materielle Gestalt verleihen wollen.

So wie sie erzählt wird, stimmt sie aber nicht. Wie bei jeder Legende gibt es einen faktenbasierten Kern. Aber darum herum viel Hinzugedichtetes.

Fakt 1: Kleine Schulen müssen nicht schliessen

Wenn man sich die Daten der kantonalen Bildungsstatistik ansieht, dann zeigt sich deutlich: Ein kleiner Schülerbestand heisst noch lange nicht, dass der Standort gefährdet ist. 

Neben ein paar Zwergschulgemeinden im Weinland (bspw. Truttikon mit 26 Primarschülern) weist auch der Bezirk Dielsdorf zwei Gemeinden mit kleinen Primarschulen auf: Bachs (59) und Regensberg (61 Schüler). Das sind die jüngsten verfügbaren Zahlen (Schuljahr 2021/22). Und auch bei diesen beiden Gemeinden wird der Betrieb seitens der Bildungsdirektion weiterhin zugelassen.

Der Grund: Es wäre ein zu massiver Eingriff in die Gemeindeautonomie, eine Schulgemeinde zur Auflösung ihres Standortes zu zwingen.

Warum kommt es dann zu dieser Legende, ohne die Schüler aus dem Aargau hätte Weiach seine Schule schliessen müssen? Wie diese Angsterzählung zustande gekommen sein dürfte, zeigt die Entwicklung der Schülerzahlen für Weiach.

Fakt 2: Sinkende Zahlen ja, aber Trendumkehr schon 2012/13

Die dunkelblauen Balken basieren auf den Zahlen aus der Bildungsstatistik, die hellblauen auf dem Gemeindeporträt des Statistischen Amts des Kantons.

Wenn man nun die Zahlen ab 2011/12 ausblendet (z.B. mit der Hand abdeckt), dann wird schnell klar, wie es damals zu einer Torschlusspanik gekommen ist. Linear weitergeschrieben wäre die Primarschule Weiach nach dem Schuljahr 2014/15 ausgestorben.

Dieses schlagende Argument, sowie die kolportierte (aber nicht durch reale Kompetenzen des Kantons unterfütterte) Geschichte, die Schule werde durch den Kanton geschlossen, haben dann die Verhandlungen mit Kaiserstuhl und Fisibach angestossen.

Fakt 3: Verzögerte Grossüberbauungen wurden erst ab 2015 realisiert

Bekanntlich haben sich die Quartierpläne See/Winkel, Bedmen und Büel während Jahren verzögert. Einer der Gründe: Immissionsgrenzwerte (Zürcher Fluglärm-Index ZFI). Noch im Jahre 2007 war man der Meinung, die Oskar Meier AG aus Bülach werde das, was heute als fleischfarbene Überbauung Rheinblick am Dammweg zwischen Hauptstrasse und Bahnlinie steht, innert zweier Jahre bauen. Wie man auf der Gebäudealter-Karte von maps.zh.ch sehen kann, hat es dann fünfmal so lang gedauert.

Hätte die Bautätigkeit in Neu-Weiach früher eingesetzt, dann wäre auch die Trendwende bei den aus der Gemeinde stammenden Schülern früher eingetreten. Der Schulstandort Weiach wäre also früher aus der «Gefahrenzone» herausgewachsen. Dann wäre es wohl auch nie zu dieser «Aussterbepanik» gekommen.

Der Befürchtung, dass die Schule aussterbe, hätte man damals mit Gelassenheit begegnen können. Es war ja klar, dass mit den Grossüberbauungen vom Bedmen bis zum Alten Bahnhof auf über 10 Hektaren die Schülerzahlen wieder ansteigen werden. Ganz ohne Zuzug aus dem Aargau.

Fakt 4: Aargauer Kinder wirken als Überkompensation. Schülerzahlen explodieren

Weil aber die Verhandlungen mit den Aargauern auf fruchtbaren Boden gefallen waren, wollte die Schulpflege trotz deutlich erkennbarer Trendwende nicht mehr davon abrücken. Den Effekt sieht man in der Schülerstatistik am Sprung auf das Schuljahr 2016/17.

Grösser kann in diesem Fall tatsächlich besser sein, weil sich die Zahlen glätten. Dieser Umstand lässt sich statistisch beweisen. Die Volatilität bei den Schülerzahlen ist wesentlich kleiner, je grösser eine Schulgemeinde ist. Bei einer Kleinschule wie in Truttikon fällt hingegen eine zu- oder wegziehende Familie mit vielen Kindern massiv ins Gewicht.

Letztlich war der eigentliche Beweggrund für den Vertrag mit den Aargauern also ein ökonomischer. Man hat die Vorteile grösserer Schülerzahlen nutzen wollen. Die Angst einflössende Erzählung vom Ende der Weiacher Schule haben die Verantwortlichen als eine Art weisser Lüge gern genutzt, um 2015 den Entscheid für die Hinzunahme der Aargauer Schüler durch die Gemeindeversammlung zu bringen. 

Die mit Fakten widerlegbare Legende vom aussterbenden Schulstandort - ob ihre Verbreitung behördlicherseits aktiv gefördert oder bloss nicht richtiggestellt wurde, soll hier nicht erörtert werden - steht am Anfang einer zunehmenden Entfremdung der beiden Gruppierungen, die sich heute als Befürworter und Gegner des Projekts Zukunft 8187 gegenüberstehen.

[Veröffentlicht am 1. Juni 2023 um 00:55 MESZ]

Dienstag, 30. Mai 2023

Schulfinanzierung. Eine halbbatzige Angelegenheit

Da die Gemeinde Weiach aktuell vor der Frage steht, ob sie einen zweistelligen Millionenbetrag für ein Grossprojekt mit Schulräumen namens «Zukunft 8187» auszugeben gewillt ist, wollen wir eine Rückschau auf einen anderen gewichtigen Ausgabenposten werfen: die Betriebskosten.

Zur Zeit der Helvetik, konkret 1799/1800, als die neue Zentralgewalt des Direktoriums in der Person von Minister Stapfer eine grosse Schul-Umfrage durchführen liess, war das in Weyach sozusagen eine halbbatzige Angelegenheit. 

Nur eine kleine Münze pro Woche

Die Antwort auf die Frage IV.14 «Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?» lautete nämlich: «Jst eins eingeführt von jeden Kind wochentlich im Winter 1/2 Bazen.»

Halbbatzen (5 Rappen-Stück) von 1799. Quelle: schweizer-geld.ch

Laut dem Schweizerdeutschen Wörterbuch, dem Idiotikon, steht der Begriff «halbbatzig»(Id. IV, 1974) für zweierlei:

«1. einen Halbbatzen (2 Kreuzer, 5 Rappen) kostend

2. nicht viel wert, gering, wenig taugend, von Sachen und Personen (phys. und mor.)»

Ob letzteres auch damals zutraf, dem gehen wir in der Folge nach.

Je mehr Schüler, desto grösser die Einnahmen

Die Helvetische Republik übernahm den Batzen, den es bereits seit Jahrhunderten gegeben hatte, in ihre Einheitswährung «als 1/10 des Frankens, geprägt nach dem bernischen Münzfuss». Batzen, Halbbatzen und Rappenstücke waren als Billon ausgeführt. Damit ist eine Legierung gemeint, «die weniger als 50% Silber bzw. mehr als 50% Kupfer oder andere Legierungsbestandteile (z.B. Zink oder Zinn) enthält. Diese Legierung wurde ausschliesslich für kleinere Münznominale verwendet.» (Artikel Billon und Batzen im Historischen Lexikon der Schweiz). Wertvollere Münzen waren in Silber oder Gold geprägt (sog. Bimetallismus).

10 Franken von 1800, umgerechnet nach dem Historischen Lohnindex von Swistoval entsprechen 1169 Franken im Jahre 2009. Bei 73 Schülern, die 1799 laut den Antworten auf die Schul-Umfrage (II.6) von Martini (11. November) bis zum 1. April täglich 6 Stunden (II.9) die Winterschule besuchten, waren das 3 Franken 65 Rappen pro Woche. Hochgerechnet auf die 142 Tage, die die Winterschule dauerte (also rund 20 Wochen) sind das 73 Franken für das Winterhalbjahr. Das Schulgeld belief sich umgerechnet in heutige Werte somit auf höchstens 8500 Franken. Was mit diesem Geld bezahlt wurde, ist nicht klar. 

Eine Zulage zur Lehrerbesoldung?

Nötig wäre es gewesen. Denn laut Punkt IV.16 «Einkommen des Schullehrers» der Umfrage belief sich dieses auf gerade einmal 14 Gulden 8 Schilling aus staatlichen Töpfen, entsprechend rund 2500 Franken. Dazu kam als Naturalleistung «ein Fuder Holz».

Schon damals war es so, dass die Gemeinde über 80 % des Lehrerlohns zu tragen hatte. Aus dem staatlichen Almosenamt in Zürich (gab es nach dem Ende des alten Staates 1798 offenbar noch) kamen lediglich 3 Gulden. Der Rest ging auf Kosten des Weyacher Armenguts.

Ist die Annahme berechtigt, dass diese Besoldung eher eine Art Grundlohn war und der Schullehrer den Hauptteil aus den «halbbatzigen» Schulgeldern ziehen musste? Lehrer als Akkordarbeiter nach Stück bezahlt? Affaire à suivre.

Quellen und Literatur

  • Schmidt, H.R. / Messerli, A. / Osterwalder, F. / Tröhler, D. (Hgg.), Die Stapfer-Enquête. Edition der helvetischen Schulumfrage von 1799, Bern 2015, Nr. 629: Weiach.
  • Brandenberger, U.: Martini: Schulbeginn und Zinszahlungstermin. WeiachBlog Nr. 1609 v. 11. November 2020.

[Veröffentlicht am 31. Mai 2023 um 21:26 MESZ]

Montag, 29. Mai 2023

Auf der Suche nach dem Geburtshaus des Auswanderers

Wie gestern berichtet, hat David Randall Wilson, der laut familysearch.org in 9. Generation von einem Weiacher Auswanderer abstammt, am 1. Mai 2023 die alte Heimat seines Vorfahren besucht (vgl. WeiachBlog Nr. 1928).

Bereits vor 25 Jahren fand zum zweiten Mal ein grosses Baumgartner-Treffen in Weiach statt. Wilson hat damals davon gehört. Eine solche Reise konnte er sich aber nicht leisten. Denn damals hatte er mit seiner Frau Linette bereits drei Kinder und der Uni-Abschluss lag noch nicht lange zurück. Eltern um die 30 haben mehr als genug zu tun und das Geld braucht man für Wichtigeres. 

Der Besuch bei den eigenen Wurzeln, die bei der HLT-Kirche (Mormonen) auch aus theologischen Motiven wichtig sind, musste auf die Zeit verschoben werden, da die mittlerweile fünf Kinder des Paares flügge geworden sind. Also jetzt. Es war wohl ein spezielles Gefühl, zu wissen, dass der eigene Vorfahr exakt das Gebäude, das unser Ortsmuseum beherbergt, noch mit eigenen Augen gesehen hat, wenn auch nur einen Teil davon (den 1646 erstellten). Was die Frage aufwirft: In welchem Haus ist mein Vorfahr geboren? Gibt es das noch?

Von der oben erwähnten International Baumgardner Reunion des Jahres 1998 ist eine bebilderte Seite auf der universitären Website des Organisators Marion F. Baumgardner (1926-2020) überliefert, auf der es heisst:

«Hosted by Marion and Maralee Baumgardner, this tour retraced some of the route Heinrich Baumgardner and family followed as they began their journey to the New World. It went as far as the ancestral home town of Weiach, Switzerland, and visited the house where Heinrich was born in 1695.» (Nur noch auf archive.org verfügbar)

Nun ist allerdings in Weiach nur noch sehr wenig originale Bausubstanz aus dem 17. Jahrhundert vorhanden, bei der dieses Alter mit wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen ist.

Gab es das Geburtshaus damals überhaupt noch? 

Welches Gebäude vor 25 Jahren als Geburtshaus angesehen wurde, das weiss leider auch der auf einem der Fotos auf dieser Webseite (baum4) links neben Marion abgebildete Willi Baumgartner-Thut nicht mehr. Aber es steht zu vermuten, dass Co-Organisatorin Ruth Baumgartner-Jucker (genannt «Tante Ruth», vgl. WeiachBlog Nr. 140) ihr eigenes Wohnhaus zwischen Kirchenbezirk und Schulareal (ehemals Wohnhaus der sog. unteren Amtsrichters, heute unter dem Namen «Baumgartner-Jucker-Haus» im Gemeindeeigentum stehend) als solches betrachtet haben könnte.

Dieses Gebäude weist laut Altersangabe in den Lagerbüchern der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich allerdings das technische Gebäudealter 1820 auf (vgl. WeiachBlog Nr. 623 sowie StAZH RR I 575.1). Da m.W. bislang weder ein bauhistorisches Gutachten noch eine dendrochronologische Analyse vorliegt, könnten durchaus ältere Elemente von einem Vorgängerbau an gleicher Stelle vorhanden sein. Bei Holzteilen wäre jedoch zu überprüfen, ob sie seit der Zeitperiode ihrer Entnahme aus dem Wald in situ verblieben sind, es sich somit nicht um Bauteilrecycling handelt (wie mutmasslich beim Schwellenbalken von 1515 in der Pfarrscheune, vgl. WeiachBlog Nr. 1591).

Nur wenige oberirdische bauliche Strukturen aus der Zeit des Ancien Régime erhalten

Es ist daher derzeit völlig unbekannt, wo sich 1695 der Wohnort von Heinrichs Eltern befunden hat. Und wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht zufälligerweise im Mietverhältnis in einem der wenigen aus dieser Zeit bis heute erhalten gebliebenen Gebäude gewohnt haben, dann dürfte im besten Fall noch ein Fundament bzw. ein Keller davon übriggeblieben sein.

Aus der Zeit vor dem 18. Jahrhundert sind (neben dem Pfarrhaus) nämlich nur noch drei Bauernhäuser erhalten:

1. Die auf 1628 datierte Liegenschaft Oberdorfstrasse 27/29 (neben dem Haus Nr. 25 mit der von Fauquex bemalten Fassade) könnte das gesuchte Gebäude sein. Es war bis 1704 in den Händen eines den Untervogt stellenden Zweigs der Bersinger. Falls Heinrichs Ehefrau, die den Familiennamen Bersinger trug, zu diesem Zweig gehörte, dann erscheint eine solche Zuordnung zumindest nicht unmöglich, wenn man annimmt, dass sie mit ihrem Mann im elterlichen Haus wohnen durfte.


Oberdorfstrasse 25/27/29; Nr. 25 mit durch Eugen Fauquex bemalter Fassade, Nr. 27/29 von 1628, Kellergeschoss von Nr. 29 aus dem 13. Jahrhundert, Deckenbalken dendrochronologisch datiert. (Foto: Randy Wilson)

2. Für das oben erwähnte Lieberthaus (Ortsmuseum; südlicher Teil errichtet aus Bäumen, die in den Wintern 1644/45 bzw. 1645/46 geschlagen wurden, vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 63, Ausgabe 2019) liegen Eigentümerangaben zum 17. und 18. Jahrhundert bislang nicht vor.

3. Bliebe noch das Haus Chälenstrasse 21a, das nach dem grossen Dorfbrand von 1658 errichtet wurde. Dessen Eigentümer und deren verwandtschaftliche Beziehungen bis zu diesem Jahr zurückzuverfolgen, ist aber bislang noch nicht gelungen.

Auszuführende Arbeiten

In allen drei Fällen ist eine kombinierte Auswertung von Gerichtsprotokollen sowie den sogenannten ökonomischen Tabellen vorzunehmen:

  • Ab Mai 1645 erhaltene Protokolle des Dorfgerichts Weiach im fürstbischöflich-konstanzischen Obervogteiamt Röteln  (StAZH B VII 42), subsidiär auch die Protokolle der Kanzlei Neuamt (ab 1635; StAZH B XI 26)
  • Tabellen von 1774 (StAZH B IX 5 und subsidiär die landwirtschaftliche Beschreibung in StAZH B IX 47 a) und 1791 (StAZH B IX 4).
Diese Unterlagen könnten im Zusammenspiel mit genealogischen Daten aus den Kirchenbüchern (StAZH E III  136) sachdienliche Angaben liefern.

[30.5.2023 09:53 MESZ: Richtigstellung Name von Randy selber und der Glaubensgemeinschaft, der er angehört.]

Sonntag, 28. Mai 2023

Neunte Generation. Ein Kurzbesuch in der Heimat des Vorfahren

Im Mai 1743 hat Heinrich Baumgartner (48) mit seiner Frau Margretha (49) und zwei Teenagern (Barbara, 19 und Cleophea, 16) den grossen Sprung gewagt und seine Heimat Weyach für immer hinter sich gelassen (Faust 1920; Mitteilung von Pfr. Wolf, 14. April 1744; vgl. die Anmerkung unten). 

Allen jahrelangen Versuchen der Zürcher Obrigkeiten ihm dies auszureden zum Trotz, ist er zusammen mit seiner vier Jahre älteren Schwester sowie einer verwitweten Weiacherin und deren Sohn in die Neue Welt ausgewandert. Nach Amerika!

Und ja, es war ein Wagnis, aber darben und sterben konnte man damals auch in Weiach, denn wirtschaftlich war im Staate Zürich kaum ein Fortkommen, ausser für Stadtbürger. 

Einfach wurde es für Heinrich nicht. An den Strapazen der wochenlangen Überfahrt per Schiff ist ihm seine Frau gestorben. Ohne eine tüchtige Partnerin kann man die Arbeit auf einem zu gründenden Landwirtschaftsbetrieb aber kaum bewältigen. So blieb Heinrich nichts anderes übrig, als sich Mitte August 1744 in seiner neuen Heimat, der damals noch britischen Kolonie Pennsylvanien, mit der fast 30 Jahre jüngeren Maria Balzer zusammenzutun.

Zahlreiche Nachkommen

Zumindest was die Vitalität der Nachkommenschaft anbelangt, war diese Verbindung eine äusserst fruchtbare. Jedenfalls dürfte Mary mehr oder weniger dauerschwanger gewesen sein. In den folgenden 18 Ehejahren bis zu ihrem vorzeitigen Tod im Jahre 1762 (mit lediglich 38 Jahren) hat sie mindestens neun Kinder zur Welt gebracht, von denen nicht weniger als acht (!) das Erwachsenenalter erreichten. Angesichts der damals (auch in der alten Heimat Zürich) sehr hohen Kindersterblichkeit und der Risiken, denen gebärende Frauen ausgesetzt waren, ist das ziemlich bemerkenswert. Nur schon ein zu grosser Fötus, der nicht durch den Geburtskanal passt, war für Mutter und Kind meist das Todesurteil. 

Aber bei Heinrich und Mary scheint anatomisch, erbbiologisch und auch beim Aufwachsen der Kinder fast alles relativ problemlos gelaufen zu sein. So kam es, dass dieser Heinrich heute als einer der wichtigeren Stammväter des Geschlechts der Baumgardner (auch Bombgardner geschrieben) in den Vereinigten Staaten von Amerika gilt.

«We loved every minute of it!»

Am Anfang stand eine Anfrage zum obgenannten Vorfahr und allfälligen, noch in Weiach lebenden Nachfahren. Eingereicht wurde sie über das Kontaktformular des Weiacher Gemeindepräsidenten. Aus Gründen des Datenschutzes können da weder die Gemeinde selber noch das Zivilstandsamt in Bülach weiterhelfen. Stefan Arnold reichte die Frage daher an den Wiachiana-Verlag weiter. 

In den letzten Apriltagen ergab sich dann dank des Engagements der Ortsmuseumskommission eine Zeitreise der besonderen Art:

Am 1. Mai 2023 hat Randy Wilson aus Riverton im Bundesstaat Utah, ein Nachkomme Henry Baumgardners in 9. Generation, in Begleitung seiner Ehefrau Linette dem Herkunftsort seines Schweizer Ahnen einen kurzen Besuch abgestattet.

V.l.n.r.: Randy Wilson, Linette Wilson, Willi Baumgartner-Thut, Karin Volkart, Anita Meierhofer-Müller und Bruno Koller

Empfangen wurden sie von drei Mitgliedern der Ortsmuseumskommission, Bruno Koller, Anita Meierhofer und Karin Volkart. Mit von der Partie: Willi Baumgartner-Thut, der um viele Ecken herum mit Randy verwandt sein dürfte. Wie genau, muss noch geklärt werden. Wilson sitzt dafür sozusagen an der Quelle, der 56-jährige IT-Spezialist arbeitet nämlich für den Genealogie-Datendienst familysearch.org, ein Projekt der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (grösste Glaubensgemeinschaft der christlichen Konfessionsgruppe der Mormonen).

Mit einer Privat-Führung durch das nach der wohl letzten Werkschau des 2022 verstorbenen Hans Rutschmann-Griesser noch nicht wieder eingemottete Weiacher Ortsmuseum am Müliweg, sowie einem Rundgang durch den historischen Ortskern gelang es den vier engagierten Weychern, den Gästen aus Übersee trotz des wenig erbaulichen, da verregneten Wetters viel Freude zu bereiten.

Haste Töne? Dieses Harmonium hat sie noch

Umgekehrt ist dies aber auch gelungen. Denn Linette schaffte es, der im Dachgeschoss des Ortsmuseums platzierten pump organ (d.h. ein Harmonium) Töne zu entlocken, die man so nicht erwartet hätte. Ein per Handy aufgenommenes Video beweist: Das Instrument funktioniert noch. All der Stillstandsjahre zum Trotz. Man muss nur die (richtigen) Register ziehen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Randy und Linette haben überdies viele Fotos geschossen, die dank ihrer hohen Auflösung (ZIP-Datei, 122 Elemente,  904 MB!) und guter Ausleuchtung einen wertvollen Beitrag zur Dokumentation der Sammlung des Ortsmuseums geben.

[Nachtrag vom 9. Juni 2023: Auf der Beschreibung des Harmonium links neben dem Notenhalter steht: «Modell Schmidmann, Basel. Instrument von Sr. Marie Liebert, Diakonissin in Riehen. 1966 dem Ortsmuseum geschenkt.» Es handelt sich um die Firma E. C. Schmidtmann & Co.]

Das Ortsmuseum vor 300 Jahren und heute

Den älteren, auf das Jahr 1646 zurückgehenden Teil des Lieberthauses, das heute unser Ortsmuseum beherbergt, den hat Henry Baumgardner als Amerikaner erster Generation noch mit eigenen Augen gesehen. Nicht aber den heutigen Baubestand der benachbarten Mühle im Oberdorf, denn die ist 1748 abgebrannt und musste komplett neu gebaut werden (vgl. das Deckentäferstück im Ortsmuseum, datiert auf 1752).

Zur Frage, ob man Heinrichs Geburtshaus besichtigen kann, gibt der Artikel von morgen Pfingstmontag Auskunft.

Anmerkung

Über den Verbleib der beiden Teenager ist bislang nichts bekannt. Sind sie ebenfalls bei der Überfahrt gestorben? Die Datenbank familysearch.org (Stand 27. Mai 2023) ordnet Barbara und Cleophea (als Cleopha) mit denselben Geburtsjahren einem anderen, älteren Ehepaar Baumgartner-Bersinger zu (Hans Heinrich Baumgartner, 1683–1750 und Maria Bersinger 1686–1734). Aufgrund des laut den Mandaten des Zürcher Rates geltenden Auswanderungsverbots für ledige junge Frauen, sowie der Vorschrift, dass man nur auswandern durfte, wenn keine allenfalls noch zu unterstützende Angehörige am Leben waren (Hans Heinrich starb erst 1750) ist eher von einer Abstammung vom 1695 geborenen Heinrich auszugehen, wozu auch dessen mutmassliches Heiratsjahr 1722 passt. Es sei denn, Pfarrer Wolf hätte am 14. April 1744 tatsächlich schriftlich bestätigt, dass im Vorjahr zwei junge Frauen illegal ausgewandert sind, was man ihm obrigkeitlicherseits gewiss angekreidet hätte, denn dann hätte er seine Aufsichtspflicht verletzt. Die entsprechenden Kirchenbücher sind zur Klärung dieser Frage genau unter die Lupe zu nehmen.

Quellen und Literatur

  • Faust, Albert B.: Lists of Swiss Emigrants in the Eighteenth Century to the American Colonies. Volume I, Zurich, 1734-1744.  National Genealogical Society, Washington D.C. 1920 - S. 94-95 [Datei auf archive.org] [No. 89 List of Persons, who from 1734-1744 foolishly left the parish Wyach to go to other strange Countries; laut Faust auf den 14. April 1744 datierte Liste des Weiacher Pfarrers Wolf.]
  • Heinrich Henry Baumgardner, 30 June 1695–1763. Datensatz LZMC-QYZ auf ancestors.familysearch.org 
  • Anfragen David Randall Wilson an Stefan Arnold, Gemeindepräsident Weiach, vom 31. März und 24. April 2023 mit Beilagen (Stammbaum).
  • Fotos 1. Mai 2023 von David Randall Wilson und Linette B. Wilson, Riverton, Utah, USA.
[30.5.2023 09:45 MESZ: Richtigstellung Name von Randy selber und der Glaubensgemeinschaft, die familysearch.org betreibt.]

Samstag, 27. Mai 2023

Die erratische Informationspolitik der Baukommission «Zukunft8187»

Haben Sie schon von Schrödingers Katze gehört, die gleichzeitig sowohl lebendig als auch tot ist? Oder von einer Frau, die ein bisschen schwanger ist? Nun, die Baukommission «Zukunft 8187» bringt ein ähnliches Kunststück zustande. Sie ist sozusagen selektiv schwanger mit ihrem Projekt.

Sie äussert sich nicht, sie äussert sich (vielleicht eben doch)

Nachdem sich Gemeinderat und Baukommission anfangs dieser Woche in selbstgewähltes Schweigen gehüllt haben, mit der Begründung, sie dürften sich aus rechtlichen Gründen nicht mehr zur Abstimmungsvorlage äussern (s. Kasten Wichtige Mitteilung unten), so ist die Situation jetzt, am Ende derselben Woche, um es mit Erwin Schrödinger quantenmechanisch zu beschreiben, in einem überlagerten Zustand. Heisst: Die Kommission darf sich sowohl äussern als auch nicht. Ersteres aber nur per e-mail.

So sieht die Startseite von zukunft8187.ch nämlich aktuell aus:


Neu ist ein Einschub zwischen Haupttext und P.S.:

«Haben Sie trotzdem noch Fragen zum Projekt? Zögern Sie nicht, stellen Sie Ihre Fragen an die Baukommission ‹ info@zukunft8187.ch ›
Wir werden versuchen, im Rahmen der rechtlichen Vorgaben Ihre Fragen umgehend zu beantworten.»

Es stellen sich Fragen. Fragen zu rechtlichen Fragen.

Erneut wird hier die seit Jahren sattsam bekannte Politik der Dunkelkammer zelebriert. Erneut wird der Geheimniskrämerei Tür und Tor geöffnet. 

Was ist bei dieser Informationspolitik jetzt genau der Unterschied zwischen der Zeit vor der Veröffentlichung des Beleuchtenden Berichts und der Zeit danach?

Wie kommt es, dass eine solche Informationstätigkeit hinter den Kulissen rechtlich überhaupt als zulässig beurteilt wird?

Kann die jetzt doch nicht mehr mit klösterlichem Schweigegelübde geschlagene Baukommission bitte einmal erläutern, welche Fragen noch im Rahmen der rechtlichen Vorgaben sind und weshalb? Beziehungsweise, welche Art von Fragen sie aus welchen Gründen nicht mehr beantworten darf (und nicht nur nicht beantworten will)?

Freitag, 26. Mai 2023

Gemeindefinanzen kaputtschlagen? IG will nachhaltiger investieren

Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) spricht in ihrem mit 5 zu 0 Stimmen beschlossenen Abschied zur Abstimmungsvorlage «Zukunft 8187» von Überschuldung (also einer Verschuldung, aus der man kaum oder gar nicht mehr herauskommen kann, vgl. WeiachBlog Nr. 1925).

Ein Flugblatt, das in etwa zum Zeitpunkt des Versands der Abstimmungsunterlagen (samt Beleuchtendem Bericht) in den Weiacher Briefkästen gelandet ist, stösst ins selbe Horn.

Einer der vier Alarmrufe lautet, das sog. Infrastrukturprojekt «Treibt die Gemeinde in die Total-Verschuldung!», was man als volkstümliche Übersetzung von Überschuldung verstehen muss.

Wie man auf dem Flugblatt sieht, nimmt die bisher völlig unbekannte «Interessengemeinschaft für eine nachhaltige Gemeinde Weiach» neben dem Thema Ver-/Überschuldung auch weitere Bedenken der RPK auf:

«Sämtliche Baukosten übernimmt die Gemeinde Weiach. Keine Beteiligung von Fisibach und Kaiserstuhl!»

«Kieserträge gehen ab 2027 zu Ende. Der Steuerfuss wird massiv steigen!»

«Schulanlage ist finanzverträglich ausbaubar!»

Und das Bild vom zerschlagenen Sparsäuli wird flankiert mit den Parolen «Ein klares NEIN! zum überrissenen Infrastrukturprojekt!» sowie «NEIN DANKE für das Bauprojekt «Zukunft8187»».

Klare Kante also. Die Initianten der neuen IG wollen sich in Anbetracht der Anfeindungen, die sie im Rahmen der Informationsveranstaltungen der letzten Jahre erlebt hätten, nicht mit Namen exponieren. Und der hier Schreibende kann das angesichts der heftigen Reaktionen, die sich in den letzten Tagen in seine Richtung entladen haben (Gruss an Frank Lehmann et al.), nur allzu gut verstehen.

Die befürwortende Seite kann (und muss) sich also selber einen Reim darauf machen, wer diese Initianten sind. The usual suspects eben. Solche, die nicht so internetaffin sind, wie sie selber (daher keine Website). Solche, die keine Challenges organisieren (vgl. WeiachBlog Nr. 1917). Aber gestandene Persönlichkeiten, die noch rechnen können und ihre Sicht auf die realen Verhältnisse nicht durch die rosarot getönten Brillen des Gemeinderates und der Baukommission verfälschen lassen.

Donnerstag, 25. Mai 2023

Überschuldung! RPK Weiach einstimmig gegen «Zukunft 8187»

Mit der offiziellen Veröffentlichung des Beleuchtenden Berichts auf zukunft8187.ch in der Nacht auf Montag, 25. Mai, ist nun für alle einsehbar geworden, was die Spatzen schon seit längerem von den Dächern pfeifen: Die Rechnungsprüfungskommission Weiach stellt sich einstimmig gegen die beiden Abstimmungsvorlagen vom 18. Juni!

Eine RPK prüft nicht nur die Jahresrechnungen, sondern auch finanzrelevante Vorlagen für Gemeindeversammlungen und Urnenabstimmungen. Die fünfköpfige Kommission unter Leitung von Peter Lamprecht begutachtete das Projekt «Zukunft 8187» damals noch zusammen mit ihrem Mitglied Jürg Koller. Jürg ist am 18. Mai plötzlich und unerwartet verstorben (vgl. Amtliche Publikation der Gemeinde vom 22. Mai).

Der Auftrag des Rechnungsprüfers, richtig verstanden

Eine RPK soll so etwas wie ein Spürhund sein, der treu und unbestechlich zu seinem Herrn, dem Souverän steht. Wenn eine RPK ihren Job richtig macht, dann lässt sie sich vom Gemeinderat kein X für ein U vormachen, sondern prüft so unvoreingenommen wie nur möglich, was die Vorlagen für die Gemeinde mit sich bringen, insbesondere, ob mit den Steuergeldern haushälterisch umgegangen wurde. Oder eben künftig wird, wenn es sich um einen Kreditantrag handelt.

Bei einem der wichtigsten Vorhaben der Gemeinde Weiach im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat die RPK jetzt sehr dezidiert eine grell leuchtende Warnlampe angeschaltet. Sie formuliert ihre Vorbehalte zwar zurückhaltend. Aber der Inhalt hat die Wirkung einer Sprengladung.

Hauptantrag: Überschuldung, unrichtige Zahlen bei Folgekosten, etc.

Natürlich können sich die Stimmberechtigten immer noch entscheiden, diese Warnung in den Wind zu schiessen und den Antrag des Gemeinderates und der Baukommission trotzdem anzunehmen. Bei einem zustimmenden Entscheid hätte es wenig bis gar keinen Diskussionsbedarf gegeben. Aber bei gleich 2 deutlichen NEIN?

Beim Hauptantrag werden nicht weniger als sieben (!) Mängel aufgeführt. Die in Klammern gesetzten Buchstaben bezeichnen die einzelnen Alinea. Im Original stehen dort simple Beistriche. Die Kennzeichnung soll der Referenzierung in künftigen Artikeln auf WeiachBlog dienen.

Nachstehend der volle Wortlaut (gemäss den Teildokumenten RPK auf zukunft8187.ch):

Hauptantrag (Abstimmungsvorlage 1)

Kreditantrag von CHF 28,3 Mio. (inkl. MwSt) für das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt "Zukunft8187"

Beschlussfassung über das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187»

Die Rechnungsprüfungskommission hat den beleuchtenden Bericht und die Vorlage eingehend geprüft. Sie fasst einstimmig folgenden Beschluss:

[1.] Die Rechnungsprüfungskommission anerkennt den Bedarf nach einer Modernisierung der Gemeindeinfrastruktur und zusätzlichem Schulraum. 

[2.] Die Rechnungsprüfungskommission prüft gem. Art. 59 Ziff. 2 Gemeindegesetz das Projekt auf finanzielle Angemessenheit. 

[3.] Die Rechnungsprüfungskommission erachtet das Projekt für die Gemeinde als langfristig nicht tragbar und empfiehlt der Bevölkerung[,] die Abstimmungsvorlage 1 «Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt» vom 18. Juni 2023 abzulehnen. 

Der Beschluss wird wie folgt begründet:

[A] Die Umsetzung dieses Projekts führt zu einer massiven, langfristigen Überschuldung der Gemeinde.

[B] Die Fremdverschuldung sollte pro Einwohner nicht mehr als 3'000 Franken betragen. Mit Annahme des vorliegenden Projekts wird eine Pro-Kopfverschuldung von über 9'000 Franken erwartet. Im Bericht vom 24. Oktober 2022 empfiehlt die Swissplan (Strategische Finanzplanungen für Gemeinden) eine Reduzierung und Optimierung des Projekts.

[C] Die ausgewiesenen, langfristigen Fremdkapitalkosten sind in der aktuellen Zinssituation als zu niedrig ausgewiesen und können zu einer zusätzlichen Steuerprozenterhöhung führen.

[D] Die ausgewiesenen Zinsfolgekosten von jährlich 160'000 Franken sind in der Übersicht der Gesamtfolgekosten in den ersten Jahren nicht korrekt ausgewiesen (Bsp. 16 Mio. Franken Fremdkapital zu 2 Prozent im ersten Jahr ergeben 320'000 Franken). Das führt in den ersten Jahren nach einer Inbetriebnahme zu deutlich höheren Folgekosten als ausgewiesen.

[E] Im Projektkredit sind keine Reserven enthalten.

[F] Die Folgekosten für die Sanierung des «alten Schulhauses» sind im Kredit von 28.3 Mio. Franken nicht enthalten.

[G] Die Annahme, dass die Abbauerträge über die nächsten 13 Jahre aus dem Kiesabbau stabil bleiben, kann nicht nachvollzogen werden.

Zusatzantrag: Unnötige Zusatzbelastung mit fraglicher Ertragslage

Auch der Zusatzantrag kam bei den Rechnungsprüfern nicht besser weg. Und auch hier empfehlen sie einstimmig ein NEIN:

Zusatzantrag (Abstimmungsvorlage 2)

Falls der Hauptantrag angenommen wird, zusätzlicher Kreditantrag von CHF 3,2 Mio. (inkl. MwSt) für den Bau einer Tiefgarage (inkl. Sanierung Sportanlage)

Beschlussfassung für den Bau einer Tiefgarage (inkl. Sanierung Sportanlage)

Die Rechnungsprüfungskommission hat den beleuchtenden Bericht und die Vorlage eingehend geprüft. Sie fasst einstimmig folgenden Beschluss:

Die Rechnungsprüfungskommission erachtet das Projekt für die Gemeinde als langfristig nicht tragbar und empfiehlt der Bevölkerung die Abstimmungsvorlage 2 «Zusatz-Kreditantrag für den Bau einer Tiefgarage (inkl. Sanierung Sportanlage)» vom 18. Juni 2023 abzulehnen.

Der Beschluss wird wie folgt begründet:

[ZA]  Die Kosten von 3.2 Mio. Franken sind für die Gemeinde langfristig nicht tragbar und stellen eine unnötige Kostenbelastung dar.

[ZA]  Die Annahme, dass betriebliche und personelle Folgekosten mit potenziellen Erträgen der Tiefgarage gedeckt werden sollen, kann nicht nachvollzogen werden. Es wurden keine Folgekosten in Schweizer Franken genannt.

[ZC]  Im Projektkredit sind keine Reserven enthalten.

Eintretenswahrscheinlichkeit 100 Prozent

Am gravierendsten ist wohl der Befund, es trete durch das Bauvorhaben eine «massive, langfristige Überschuldung» ein. Es besteht nicht etwa nur das Risiko. Nein, die Eintretenswahrscheinlichkeit für dieses Szenario ist 1. Also 100 %!

Und da steht nicht etwa VERschuldung. Sondern ÜBERschuldung. Aus ersterer könnte man sich noch herausarbeiten. Bei letzterer wird das schon sehr schwierig bis nahezu unmöglich.

Denn: «Überschuldung liegt vor, wenn weder vorhandenes Vermögen noch erwartete Einnahmen eines Schuldners dessen bestehende Verbindlichkeiten abdecken». Bei einem Unternehmen in dieser Lage kann ohne Betreibung sogleich der Konkurs eröffnet werden (Art. 192 SchKG). Was das für eine Gemeinde bedeutet, soll in den nächsten Tagen erläutert werden.

Mittwoch, 24. Mai 2023

Gegendarstellung des Frank Lehmann

 











































































































(Die Redaktion WeiachBlog bedauert ausserordentlich, Ihnen lediglich diese Gegendarstellung des genialen Weiacher Werbers Frank Lehmann zur Verfügung stellen zu können. Bis zum Redaktionsschluss - in Anerkennung der heftigen Gemütsaufwallung des Duellanten noch eine Stunde hinausgeschoben - ist leider kein detaillierteres Kompendium zu den behaupteten Verfehlungen des Ulrich Brandenberger eingereicht worden.)

[Veröffentlicht am 25. Mai 2023 um 01:01 MESZ]

Dienstag, 23. Mai 2023

Was sollen Stimmberechtigte als Entscheidungsgrundlage nutzen?

Innert weniger Tage ist die gemeinderätliche Empfehlung von «Nutzen Sie diese Gelegenheit als Basis für Ihren Entscheid an der Urnenabstimmung» auf dem nachstehenden Flyer an die Zielgruppe der Seniorinnen und Senioren...

... umgeschwenkt auf den dürren Hinweis «Auf unserer Homepage finden Sie nur noch den «Beleuchtenden Bericht», der für Ihre Entscheidungsfindung massgebend ist» (vgl. Screenshot Website vom 22. Mai 2023):

Seit dem 22. Mai kurz nach Mitternacht findet man auf der Einstiegsseite der Website zukunft8187.ch nur noch eine «Wichtige Mitteilung». Kernbotschaft derselben:

«Inzwischen liegt der «Beleuchtende Bericht» zum Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187» vor. Die Gemeinde und die Baukommission dürfen sich aus rechtlichen Gründen nicht mehr zur Abstimmungsvorlage äussern.»

Dann folgt der oben zitierte Satz, man solle nur den Beleuchtenden Bericht für die Entscheidungsfindung nutzen. Also sozusagen alles aus dem Gedächtnis löschen, was in den letzten Monaten kommuniziert worden ist? Schwierig bis unmöglich für diejenigen, die das Projekt eng verfolgt haben.

Verfahrene Situation führt dazu, dass das Verfahren alles diktiert

Aber so sind offenbar die Regeln. Der Gemeinderat darf als offizielles Dokument ausschliesslich das Material veröffentlichen, was er der Rechnungsprüfungskommission (RPK) vor Monaten (faktisch offenbar schon Anfang Jahr!) vorgelegt hat und auf dessen Basis diese ihren Entscheid getroffen hat. Und kein Iota mehr. Einzig die beiden Entscheide der RPK sind nun integraler Bestandteil des Beleuchtenden Berichts geworden. 

Das ist der Grund für ein (ohne diese Zusatzinformation) reichlich kryptisch wirkendes Postskriptum:

«PS: Im «Beleuchtenden Bericht» ist der Entscheid bezüglich «Altem Schulhaus» noch offen. Zwischenzeitlich ist jedoch geklärt, dass das «Alte Schulhaus» schützenswert ist und deshalb auch weiterhin bestehen bleibt.»

Ob dieses wie ein Schildbürgerstreich wirkenden Hinweises müsste sich sonst männiglich fragen, warum um alles in der Welt keine konsolidierte Version erstellt wurde. Es ist das Verfahren, das hier das Szepter führt. Nicht das Bemühen um Aktualität und Leserfreundlichkeit.

Alles ausgeblendet aus Angst vor Verfahrensfehlern

Mit diesem Schritt wird leider gerade denjenigen Stimmberechtigten, die sich erst jetzt mit dem Projekt befassen wollen (oder können), nur noch eine sehr dünne Informationsbasis zur Verfügung gestellt. Ihr Zugang zu umfassenden Informationen wird stark erschwert. Ein Transparenz-Debakel ohnegleichen. Und ein trauriger Tiefpunkt für die Informationsfreiheit.

Der neue Webauftritt ist Teil einer Absicherungsstrategie, der auch die eigentlich geplante letzte Infoveranstaltung vom 1. Juni 2023 (weniger als drei Wochen vor dem Abstimmungstermin) zum Opfer gefallen ist.

Bereits fünf Tage vor diesem radikalen Schritt, sämtliche bisher verfügbaren Informationen zugunsten des Beleuchtenden Berichts auszublenden (und sie den Stimmberechtigten damit quasi vorzuenthalten) hat der Gemeindeschreiber auf Anfrage von WeiachBlog mitgeteilt, der Anlass müsse «deshalb abgesagt werden, weil nach dem Versand des beleuchtenden Berichts sich der Gemeinderat nicht mehr zur Abstimmungsvorlage äussern darf». Dies sei «bei der Terminplanung nicht berücksichtigt» worden. (e-mail Diethelm vom 17. Mai 2023)


Montag, 22. Mai 2023

Endphase im Abstimmungskampf um die Zukunft eingeläutet

Die Dritte Schlacht um die Balance der Gemeinde Weiach tritt in die Entscheidungsphase (vgl. zur Zweiten: WeiachBlog Nr. 1622). Am 18. Juni geht es um Alles oder Nichts. Um die Frage, ob Weiach noch eine Zukunft hat, oder eben keine mehr.

Für die eine Seite ist die Zukunft verbaut, wenn Weiach keine neue Infrastruktur baut und nicht alles auf die Karte Bildung setzt, für die andere Seite verbaut ebendiese Bauerei jegliche nachhaltige Zukunft, weil zu viele Mittel verpulvert werden, die dann für andere wichtige Vorhaben fehlen.

Die Angelegenheit artet zu einer Art Glaubenskrieg aus, der bis aufs Messer geführt wird, wie die in zunehmend gereiztem Ton und unüblich ruppigem Umgang über die Bühne gehenden Informationsveranstaltungen der letzten Monate gezeigt haben.

Teppich aus Werbeargumenten gelegt

Die Strategie der Projektturbos war ähnlich wie bei Balance: Man kooptiere Exponenten möglichst vieler Gruppierungen aus der Gemeinde, verspreche ihnen Vorteile, die dann unter entsprechenden Kostenfolgen ins Projekt eingebaut werden und baue so eine eingeschworene Kerntruppe auf, die sich nicht auseinanderdividieren lässt, komme was da wolle. 

Diese aus Steuermitteln finanzierte Phalanx hat innert anderthalb Jahren mittels ihrer Website und Informationsoffensiven in Form von formellen und informellen Meetings mit der Bevölkerung einen dichtgewebten Teppich aus Werbeargumenten gelegt, der alles zudeckt, was in irgendeiner Form gegen ihr Vorhaben sprechen könnte. Sie hat es auch verstanden, kritische Nachfragen seitens der Regionalpresse gar nicht erst aufkommen zu lassen. Gezielt wurde überdies durch höchste Stellen das Gemeindehaus als einzige Stelle bezeichnet, wo einem die Wahrheit erzählt werde. Alles, was jetzt noch von der Gegenseite kommen könne, das seien Fake-News, Lügen und Verschwörungserzählungen. 

Staffelwechsel bei Befürwortern: Behörde taucht ab, NGO übernimmt

Mit dem heutigen Tag hat die Seite der Befürworter des 31.5-Millionen-Gigaprojekts Zukunft 8187 das vollzogen, was man militärisch als Staffelwechsel der Frontverbände bezeichnet:

Die Baukommission und der Gemeinderat nehmen sich vollständig aus dem Kampf heraus. Offiziell begründen die Behörden den Rückzug auf zukunft8187.ch damit, sie dürften sich «aus rechtlichen Gründen nicht mehr zur Abstimmungsvorlage äussern».

Fast zeitgleich schaltet Eusi-Schuel.ch unter der Führung von Frank Lehmann ihre Kampagne scharf und übernimmt den Frontkampf. 

Ein schlauer Schachzug

Diese Behörden können sich damit jeglicher Diskussion um Sachfragen elegant entziehen, sie können jegliche Auskünfte verweigern, mit dem Argument, sie würden sich ja sonst angreifbar machen. Was gleichzeitig durch diese Personengruppe im Hintergrund im Privaten orchestriert wird, ist - nun ja - halt eben privat. 

Ob es die Finanzierung quer durch die Ränge der Befürworter auch ist, wird eine genau zu prüfende Frage sein müssen. Formal sind die beiden Organisationen unabhängig und finanziell gebe es keine Unterstützung seitens der Behörden - so eusi-schuel.ch. 

Faktisch gehören jedoch beide zum selben Kampfverband. Die Regierungstruppen werden zurückgenommen, die Privatarmee rückt in ihre Stellungen vor.

RPK als neue Speerspitze der Gegner. Erste Flugblätter der Gegenseite

Auch bei den Gegnern des Megaprojekts gibt es zwei Kampfelemente, die allerdings keinen Staffelwechsel vornehmen, sondern eine gewisse Kooperation aufrechterhalten.

Zum einen die bisher schon im Kampf gegen Balance und für die Kündigungsinitiative aktive Gruppierung von Privatleuten, aus deren Kreis auch die Aufsichtsbeschwerde an den Bezirksrat stammt. 

Und neuerdings auch eine Behörde: die aus öffentlichen Mitteln finanzierte Rechnungsprüfungskommission Weiach. Sie hat sich einstimmig gegen das Projekt Zukunft 8187 ausgesprochen, wie WeiachBlog von ihrem Präsidenten erfahren hat und wie man jetzt auch im Beleuchtenden Bericht nachlesen kann.

Diese beiden personell im Vergleich zu den Befürwortern nicht gerade üppig dotierten Verbände stehen vor der Herausforderung, den Werbeargumenten-Teppich mit unwiderlegbaren Sachargumenten zu entzaubern. Sie müssen Ihr 2x Nein nun so weit mit unwiderlegbarer Substanz unterfüttern, dass jedem selbstständig denkenden Stimmberechtigten die offensichtlichen Ungereimtheiten ins Auge springen. Womit sie dann, Schiedsrichtern gleich und in Kenntnis aller Umstände, in dieser Schicksalsfrage eine wirklich umfassende, wohlerwogene Entscheidung treffen können.

Sonntag, 21. Mai 2023

Die Baukommission «Zukunft 8187» droht(e) dem Souverän

Von Louis XIV., dem französischen Sonnenkönig von 1642 bis 1715, kennt man das Bonmot, Er allein sei die Staatsmacht (L'état, c'est moi). Wenn es um Staatsausgaben ging, ob territoriale Expansionsvorhaben oder gigantische Bauprojekte wie Schloss Versailles, dann hat dieser Herr beim Griff in die Kasse seiner Untertanen nicht lange gefackelt. Mitsprache des Volkes? Wo denken Sie hin? Ein paar auserlesene Adelige konsultieren, vielleicht nicht mal das. So geht Absolutismus.

Nach diversen Staatsbankrotten und Hungersnöten hatten die Franzosen 1789 genug und haben das Heft selber in die Hand genommen. Auch in Helvetien darf das Volk seit 1848 hochoffiziell als Souverän gelten. Nicht mehr eine Oligarchie (wie die Gnädigen Herren zu Zürich) oder gar ein Monarch (wie Louis XVI.). Das Volk hat also das letzte Wort. Für Gewählte ist das natürlich mühsam, wenn ihnen in Sachfragen die Gefolgschaft verweigert wird. Aber so sind nun einmal die Regeln.

Politik mit der Brechstange

Da erstaunt es dann doch in höchstem Masse, auf der Website zukunft8187.ch auf einer der FAQ-Seiten (frequently asked questions) unter dem Titel Konsequenz bei einer Ablehnung Sätze wie die nachstehend im Original zitierten zu Gesicht zu bekommen: 

«Sollte das vorliegende Gemeindeinfrastrukturprojekt abgelehnt werden, ist die Gemeinde gezwungen, den notwendigen Schulraum aus den gebundenen Mitteln ohne weitere Abstimmung zu erstellen. Das bedeutet, dass die Bevölkerung nach einem «Nein» zur Aufwertung unseres Dorfes keine Mitsprache mehr hat. Dann wird der neue Schulraum irgendwo auf dem Gelände erstellt. Die in diesem Fall dringend notwendigen Sanierungen an den alten Bauwerken müssen folglich zurückgestellt werden.» (O-Ton FAQ  Sektion «Abstimmung»)

Ein anderer Abschnitt, die FAQ Sektion «Finanzierung Projekt» belehrt im letzten Abschnitt: 

«[...] und selbst bei einem Nein zum Gemeindeinfrastruktur-Projekt müssten Eigenmittel von mindestens CHF 12 Mio. als gebundene Ausgaben für den zusätzlich benötigten Schulraum investiert werden. Die notwendigen Sanierungen müssten in diesem Fall zurückgestellt werden und wieder mittels Abstimmung und sicherlich einer Aufnahme von Fremdkapital erneut projektiert werden.»

Interessanterweise entsprechen die genannten 12 Millionen in etwa den liquiden Vermögenspositionen der Gemeinde. Das ist also offenbar in etwa der Betrag, der rein für die Schulräume in Anschlag gebracht wird. Ob er seitens der Baukommission richtig angesetzt oder alarmistisch überhöht ist, soll hier nicht weiter erörtert werden.

Und bist Du nicht willig, so mach' Ich es halt?

Suggeriert wird also, der Gemeinderat könne nach zwei Ablehnungen (Balance und Zukunft 8187) in eigener Kompetenz über ein Bauprojekt von rund 12 Millionen Investitionsvolumen «als gebundene Ausgabe» und «aus den gebundenen Mitteln ohne weitere Abstimmung» beschliessen.

Dem Stimmberechtigten wird subtil eingeredet, die Behörden würden dann halt in Eigenregie irgendetwas irgendwo zu irgendwelchen Kosten auf's Schulgelände bauen. An solche notrechtsartigen Aktionen sind wir ja mittlerweile nach über drei Jahren Massnahmenstaat (Corona und CS-Debakel lassen grüssen) zur Genüge gewöhnt. Es wundert uns also nicht, wenn das jetzt auch auf die Gemeindeebene abfärbt. 

Lieber zu allem Ja und Amen sagen, denn dann wissen wir, was wir bekommen? Eine ganz spezielle Art und Weise qua indirekter Erpressung seinen Willen durchzusetzen. 

Man reibt sich die Augen, ob solch schwarzer Pädagogik. Und fragt sich: Versucht da der Schwanz allen Ernstes, mit dem Hund zu wedeln? Darf die Exekutive das tatsächlich?

Ohne jegliche Vorlage an einer Urnenabstimmung?  

Schauen wir in der erst wenige Monate alten Verfassung, d.h. der Gemeindeordnung, nach. Art. 9 GO Weiach 2022 (Obligatorische Urnenabstimmung) lautet: 

«Der Urnenabstimmung sind zu unterbreiten: [...] 2. die Bewilligung von neuen einmaligen Ausgaben von mehr als Fr. 1'000’000 für einen bestimmten Zweck und von neuen wiederkehrenden Ausgaben von mehr als Fr. 100'000 für einen bestimmten Zweck, [...]»

Selbst bei Beträgen unter 1 Million muss die Zuständigkeit der Stimmberechtigten geprüft werden, wie Art. 16 GO Weiach 2022 nahelegt (dort sind die Finanzbefugnisse der Gemeindeversammlung geregelt):

«Die Gemeindeversammlung ist zuständig für: [...] 4. die Bewilligung von neuen einmaligen Ausgaben bis Fr. 1'000’000 für einen bestimmten Zweck und von neuen jährlich wiederkehrenden Ausgaben bis Fr. 100’000 für einen bestimmten Zweck, soweit nicht der Gemeinderat zuständig ist, [...]»

Ein Vorgehen wie das angedrohte scheint also ein klarer Verstoss gegen die Gemeindeordnung zu sein!

Von gebundenen Ausgaben und ihrem Gegenteil

Worauf also stützt sich der Gemeinderat mit seinem Hinweis an die Adresse des Souveräns?  Auf Art. 26 Abs. 2 GO 2022? Dieser Artikel umschreibt die Finanzbefugnisse des Gemeinderates und hält fest:

«Dem Gemeinderat stehen im Weiteren folgende Befugnisse zu, die in einem Behördenerlass massvoll und stufengerecht übertragen werden können: [...] 2. die Bewilligung gebundener Ausgaben,  [...]»

Und wieder sind wieder bei diesen ominösen «gebundenen Ausgaben». Was ist das überhaupt? Da hilft ein Blick ins kantonale Gemeindegesetz, § 103 und 104:

[§ 103 Absatz 1] «Ausgaben gelten als gebunden, wenn die Gemeinde durch einen Rechtssatz, durch einen Entscheid eines Gerichts oder einer Aufsichtsbehörde oder durch einen früheren Beschluss der zuständigen Organe oder Behörden zu ihrer Vornahme verpflichtet ist und ihr sachlich, zeitlich und örtlich kein erheblicher Entscheidungsspielraum bleibt.» 

[§ 103 Absatz 2] «Im Übrigen gelten die Ausgaben als neu. 

[§ 104 Absatz 1] «Neue Ausgaben setzen einen Verpflichtungskredit und einen Budgetkredit voraus.»

[§ 104 Absatz 2] «Die Gemeindeordnung regelt, ob und in welchem Umfang dem Gemeindevorstand, der Schulpflege und einer eigenständigen Kommission die Befugnis eingeräumt wird, im laufenden Rechnungsjahr neue Ausgaben zu bewilligen, ohne dass ein Budgetkredit vorliegt. Die Gemeindeordnung legt einen jährlichen Gesamtbetrag für neue einmalige und wiederkehrende Ausgaben fest.»

Womit wir dann wieder bei der Gemeindeordnung wären. 

Seitens der Behörden wird also insinuiert, sie hätten die Verpflichtung, ausreichenden Schulraum sicherzustellen, wodurch sie berechtigt und verpflichtet seien, in eigener Kompetenz bauliche Massnahmen in zweistelliger Millionenhöhe vorzunehmen. Reicht dazu eine Gemeindeversammlung der nun nicht mehr existierenden Primarschulgemeinde, wie die vor zwei Jahren im Ebianum?

Und noch wichtiger: Gibt es in dieser Angelegenheit sachlich, zeitlich und örtlich tatsächlich keinen erheblichen Entscheidungsspielraum? 

Weder Alternativen noch die Möglichkeit der Ablehnung

Die Antwort auf diese Frage ist von entscheidender Bedeutung, wie auch ein Blick ins Handbuch Finanzhaushalt, Kapitel 5 (Kreditrecht) zeigt. Da heisst es unter dem Titel 3 Ausgabenkompetenzen zum Thema Gebundene Ausgaben:

«Die Ausgabenkompetenzen gelten nur für neue Ausgaben. Die Bewilligung von gebundenen Ausgaben fällt in die Kompetenz des Gemeindevorstands, der Schulpflege oder in die einer eigenständigen Kommission bzw. in untergeordnetem Umfang in die von unterstellten Kommissionen oder Verwaltungsangestellten. Die Kompetenz des Gemeindevorstands wird damit begründet, dass es sinnlos ist, der Legislative einen Antrag vorzulegen, zu dem es weder Alternativen noch die Möglichkeit der Ablehnung gibt.»

Man muss also lediglich das Vorliegen einer Alternativlosigkeit behaupten? Ob das reicht? Ein Urteil des Verwaltungsgerichts in einem Fall aus nächster Nachbarschaft (Asylunterkunft-Projekt der Gemeinde Glattfelden) lässt vermuten, dass es beim Thema «Gebundene Ausgabe» einige juristische Fallstricke gibt, die einem Vorhaben durch monate- bis jahrelange Blockierung im Weg stehen können.

Auffällige Löschaktion

Die in diesem Artikel aufgerollte Story basiert auf einem der Mängel, die in der Aufsichtsbeschwerde gegen «Zukunft 8187» aufgelistet sind.

Und falls Sie oben auf einen der beiden ersten Links geklickt und eine der von mir zitierten Textpassagen nicht gefunden haben: Ja, die ist weg. 

Zwischen dem 23. April und dem 6. Mai ist der Passus am Schluss der Sektion «Abstimmung» der FAQ-Seite von der Webseite zukunft8187.ch getilgt worden. Dies ergibt ein Vergleich der bislang in sechs Versionen von der Wayback-Machine bei archive.org gespeicherten FAQ-Seite:

Dritter Save (23. April Lokalzeit archive.org) vs. Vierter Save (6. Mai 2023 Lokalzeit archive.org)

Dass ausgerechnet der durch den Beschwerdeführer beanstandete Passus von der Website verschwindet (und dann auch noch in diesem Zeitraum), ist doch eine sehr auffällige Zufälligkeit. 

Man muss daher annehmen, dass die Baukommission spätestens am 6. Mai über den Text der Aufsichtsbeschwerde verfügt hat (obwohl Aussagen aus dem Führungsteam der Kommission das Gegenteil zu vermitteln versuchen). 

Weniger wohlgesonnene Beobachter könnten diese Löschaktion als Schuldeingeständnis werten. Oder als Versuch der Vertuschung absolutistischer Anwandlungen.

Samstag, 20. Mai 2023

Alles ÖKO, oder was? Vorsicht, Greenwashing

«Es ist auch für die stark gewachsene Gemeinde, nach langer Zurückhaltung bei Investitionen, an der Zeit einen ökologischen Fussabdruck zu leisten und für Vereine und Einwohner im Gleichgewicht eine neue Infrastruktur zu bieten.» (MGW, März 2023, S. 8)

Leistet das Projekt Zukunft 8187 dies tatsächlich? Oder wird einfach kräftig grüngewaschen, weil's halt so gut tönt?

Dazu das Orakel der Moderne, ChatGPT: «Die Formulierung "einen ökologischen Fußabdruck zu leisten" ist nicht falsch, aber sie kann missverständlich sein. Ein Fußabdruck wird normalerweise als etwas Negatives betrachtet, das minimiert oder reduziert werden sollte. Wenn jemand also sagt, dass er "einen ökologischen Fußabdruck leistet", kann dies implizieren, dass er etwas Schlechtes oder Schädliches für die Umwelt tut.»

Muss die sprachlich verunglückte Formulierung aus der Feder der Baukommission als sehr rudimentäres Verständnis für das Konzept «ökologischer Fussabdruck» gedeutet werden? Wenn schon, dann hätte von einer «Ökologisierung des ökologischen Fussabdrucks» die Rede sein müssen. Konkreter: der Reduzierung oder Verkleinerung des ökologischen Fussabdrucks. Ziel: Nicht mehr auf so grossem bzw. zu grossem Fuss zu leben. 

Neubau = Ökologischer?

Legen wir diese semantischen Korrekturen beiseite, dann wird die Sache aber auch nicht klarer. Denn ganz so einfach ist die immer wieder neu herausposaunte Position, man müsse nur neu bauen und schwups ist der Fussabdruck ökologischer, nicht zu beweisen. Da muss man schon genau hinschauen. Denn in der Regel ist es genau umgekehrt: der ökologische Fussabdruck wird durch das neue Bauwerk grösser.

Wurde für dieses Bauprojekt Zukunft 8187 eine Umweltverträglichkeitsstudie punkto Ressourcenverbrauch erstellt? Eine, die unabhängig und basierend auf anerkannten Standards den Nachweis erbringt, dass das zur Abstimmung geschickte Bauprojekt tatsächlich eine deutlich bessere Umweltleistung erbringt als eine Alternative, nämlich die Sanierung und massvolle Erweiterung/Ergänzung der propagandistisch gezielt heruntergeschriebenen bestehenden Infrastruktur (insbesondere Mehrzweckhalle und Altes Schulhaus)? Und zwar über den gesamten Lebenszyklus und alle abgedeckten Funktionen gesehen?

Ein riesiger Rucksack an grauer Energie

Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was dieses Bauvorhaben konkret bedeutet. Auf einer Länge von rund 100 Metern wird der Boden tiefgreifend umgegraben, auf mehr als der Hälfte der Strecke müssen überdies bestehende Betonfundamente restlos abgegraben werden. Diese Arbeiten und Entsorgungsaktivitäten, vor allem aber die Erstellung der Fundamente und die Bereitstellung aller nötigen Baumaterialien für das neue Prestigeobjekt von der Stadlerstrasse bis zur Herzogengasse verschlingt enorme Mengen an Rohstoffen und Energieträgern. 

Der Rucksack an grauer Energie, der nur schon in der Bereitstellung der Grundstoffe und der Produktion von Beton, Stahl und Glas steckt, hat gewaltige Dimensionen. 

Sanieren ist besser als abreissen

Aus diesem Grund sind Sanierungen in vielen – wenn nicht in allen – Fällen deutlich ökologischer als Neubauten. Wenn es also nicht nur um Lippenbekenntnisse, sondern tatsächlich um den Schutz der natürlichen Umwelt gehen soll, dann belege man das ordentlich.

Beim Gesundheitsschutz gilt das übrigens genauso. In der FAQ-Sektion ‹Bestehende Bauten› wird u.a. die Frage gestellt: «Welche Nachteile und voraussichtlichen Folgen hat eine Sanierung der bestehenden Infrastruktur?» Vorteile sieht man natürlich nicht, das würde ja das Narrativ beschädigen. 

Dann wird noch mit einem besonderen Thema Angst verbreitet: «Bei einer Sanierung der bestehenden Infrastruktur sind unabsehbare Folgekosten nicht auszuschliessen. Aufgrund der Erstellungszeit der bestehenden Bauten ist das Vorkommen von Asbest sehr wahrscheinlich.»

Nun, sollte dem wirklich so sein, dann muss aber auch beim Abbruch der Kubatur im Rahmen des Neubaus sichergestellt sein, dass allfällige Asbestfasern nicht freigesetzt werden. Der Abbruch wird in diesem Punkt daher genauso teuer wie eine Sanierung. Oder hat es dann bei einem Ja am 18. Juni auf wundersame Weise plötzlich überhaupt kein Asbest mehr im Mehrzweckgebäude?

Holz aus Schweizer Wald

Und wie sieht's bei der zu verbauenden Holzkubatur aus? Wo immer das möglich sei, wolle man Schweizer Holz verwenden, liess die Baukommission verlauten. Plant der Generalunternehmer nun entsprechend so, dass Einheimisches überhaupt eine Chance hat? Oder nimmt man lieber etwas Billigeres aus dem Ausland?

Je nach vorgesehener Struktur (insbesondere Leimbinder) gibt es nämlich die dafür nötigen Holzsortimente nicht aus heimischen Wäldern, sondern nur als Importware. 

Das dann verbaute Holz wächst weder im Gemeindewald, noch wird es vor Ort zugeschnitten, auch die Sägespäne werden nicht für die kommunale Fernheizung verwendet. 

Und selbst wenn man auf FSC und andere Labels setzt: Ist sichergestellt, dass kein Holz aus den Urwäldern der ukrainischen Karpaten über kriegsbedingt dunkle Kanäle in die zuliefernden Sägewerke gelangt und am Schluss bei uns landet? 

Waren die Bauten der letzten Zeit etwa nicht ökologisch?

Abschliessend muss auch noch darauf hingewiesen werden, dass in den letzten Jahren – gerade auf dem Schulareal – keineswegs zurückhaltend investiert worden ist.

Was ist denn mit der energetischen Sanierung des Schulhauses von 1976? Versteckt sich hinter der weinroten Metallfassade etwa keine Umweltschutz-Investition? -- Was ist mit dem erst vor wenigen Jahren eröffneten Kindergarten Farbtupf? Will man den nun zur Fehl-Investition herunterdefinieren, obwohl er finanztechnisch noch nicht einmal abgeschrieben ist? -- Oder der Umbau der früheren Abwartswohnung und der ehemaligen Militärküche im Mehrzweckgebäude? Alles ebenfalls für die Füchse? Alles neu renoviert und trotzdem marode?

[Veröffentlicht am 22. Mai 2023 um 01:01 MESZ]

Freitag, 19. Mai 2023

Gemeindeangestellte mit eingeschränkter freier Meinungsäusserung

Wie schon in den Abstimmungskämpfen um Balance 2020 und die Kündigungsinitiative 2021: Gemeindeangestellte, die teilweise nicht einmal in Weiach wohnen, mischen sich ein. Natürlich auf der «richtigen» Seite. Derjenigen, die ihr Arbeitgeber (d.h. die Schulpflege und der Gemeinderat) favorisiert.


Virtue signalling für den eigenen Vorteil

Neue Klassenzimmer. Das wäre 1x Ja. Warum reicht das nicht? Sind 28.3 Millionen nicht schon mehr als genug? Haben sich die 24 Unterzeichneten überlegt, wie ökologisch DAS wird, wenn man auch noch eine Tiefgarage baut? Wie erklären diese Heldinnen (inkl. Quotenmann) den Ihnen anvertrauten Kindern eigentlich, wie das mit dem überall propagierten Klimaschutz zusammenpasst? Sind das lauter E-Auto-Parkplätze?

Ob es dann bei CHF 31'500'000 bleibt, oder letztlich halt 34, 37, usw. Millionen kosten wird, scheint kein Thema zu sein. Ausgeblendet wird, dass andere für die Attraktivität und Funktionsfähigkeit der Gemeinde mindestens so entscheidende Bereiche (Sozial- und Alterswohnungen, Asylunterkünfte?) nach diesen für die Schule zu tätigenden Ausgaben dann zurückstecken müssen oder ganz leer ausgehen werden, weil das kleine Weiach schon ein solches Megaprojekt nicht schultern kann, ohne sich in die Schuldenfalle zu begeben. Geschweige denn die rund 30 Millionen Finanzierungsbedarf, die in den Jahren danach auch noch anstehen.

Könnten Sie sich ein Nein leisten?

Wäre ein Flyer mit der gegenteiligen Parole 2x Nein und den Namen anderer Gemeindeangestellter denkbar? Theoretisch ja, es herrscht doch offiziell Meinungsfreiheit, oder etwa nicht? 

Die eigene Meinung muss man sich aber leisten können – besonders bei diesem Thema. WeiachBlog weiss aus verschiedenen Gesprächen: Schon bei Balance hat der Gemeinderat gegenüber Angestellten unmissverständlich den Tarif durchgegeben. Und der Druck im Kessel hat garantiert nicht abgenommen. Denn beim zweiten Anlauf Mitte Juni sind die Behörden sozusagen alternativlos zum Erfolg verdammt. 

Und das bedeutet: Wer den Job nicht verlieren und/oder schlechte Qualifikationen riskieren will, der/die muss sich eine gegen die Machthaber gerichtete Meinungsäusserung verkneifen.

[Veröffentlicht am 21. Mai 2023 um 23:56 MESZ]

Donnerstag, 18. Mai 2023

Bezirksrat schreitet nicht gegen «Zukunft 8187» ein

Am 25. April hat WeiachBlog darüber berichtet. Es sei eine Aufsichtsbeschwerde gegen die Informationspolitik der Gemeinde in Sachen Zukunft 8187 eingereicht worden (vgl. WeiachBlog Nr. 1910). Im Artikel wird angekündigt, «die erhobenen Vorwürfe» würden «in den nächsten Tagen» beleuchtet, wobei die Beteiligten zu Wort kommen sollten.

Ein schwieriges Unterfangen. Denn beim Bezirksrat hüllte man sich punkto Vorgehen in dieser Sache in Schweigen. Und seitens der Weiacher Behörden (Gemeinderat und Baukommission) sah man sich auf Anfrage von WeiachBlog auch letzten Samstag noch zu einer Stellungnahme ausserstande.

Offiziell wusste die Gemeinde nichts von der Beschwerde

Kein Wunder, man muss ja erfahren können, was einem konkret und im Detail vorgeworfen wird. Und laut Gemeindeschreiber Diethelm hat die Gemeinde offiziell «erst seit Montag, 15. Mai 2023 Kenntnis von der Aufsichtsbeschwerde mit den dazugehörigen Beilagen».

Am 16. Mai fragte Diethelm beim Verfasser des WeiachBlog nach, ob der Beitrag vom 25. April «noch berichtigt» werde. Denn: «Gemäss Schreiben vom Bezirksrat Dielsdorf vom 11. Mai 2023 wurde die Aufsichtsbeschwerde nicht behandelt, weil gemäss Bezirksrat keine Mängel ersichtlich sind.»

Nicht behandelt? Keine Mängel? Nun, was steht in der Antwort des Bezirksrats wirklich drin? 

Bei Juristendeutsch kommt's auf jedes Wort an

Da es sich um ein von studierten Juristen verfasstes Dokument handelt (unterzeichnet durch lic. iur. Daniel Widmer, Präsident Bezirksrat Dielsdorf, sowie Ratschreiber lic. iur. Gerhard Rimann), ist der exakte Wortlaut entscheidend. 

Ich habe deshalb bei den beiden Kontrahenten (Beschwerdeführer und Gemeinderat) angefragt, ob sie a) gegen die Veröffentlichung des Schreibens etwas einzuwenden hätten und b) einen Kommentar zum Entscheid abgeben wollen. 

Auf einen Kommentar haben alle Beteiligten explizit oder implizit (Bezirksrat) verzichtet. Der Bezirksrat hat entgegen der Ankündigung keinen Kontakt zu WeiachBlog aufgenommen und war gestern bereits am frühen Nachmittag nicht mehr erreichbar - da war man schon in der grossen Urlaubsbrücke über das verlängerte Auffahrtswochenende.

Aufsichtsbeschwerde ist wie eine Anzeige

Im Sinne der Transparenz ist es sehr zu begrüssen, dass nachstehend mit dem Einverständnis sowohl des Beschwerdeführers wie des Gemeindeschreibers der volle Wortlaut wiedergegeben werden kann:

«Sehr geehrter Herr [Name des Beschwerdeführers ist WeiachBlog bekannt]

Mit Schreiben vom 23. April 2023 haben Sie eine Aufsichtsbeschwerde betreffend das Infrastrukturprojekt gegen den Gemeinderat Weiach erhoben, da sinngemäss seitens des Gemeinderates Weiach nicht objektiv, sachlich und transparent informiert worden sei (act. 1 [d.h. Beilage 1]).

Eine Aufsichtsbeschwerde kann sich grundsätzlich gegen eine Gemeinde als öffentlich-rechtliche Körperschaft, gegen eine Gemeindebehörde oder einen Gemeindebeamten richten. Im Gegensatz zum Rekurs stellt sie kein förmliches administratives Rechtsmittel dar. Die Beschwerde ist deshalb an keine besonderen persönlichen Eigenschaften des Beschwerdeführers bzw. der Beschwerdeführerin (Partei- und Prozessfähigkeit) gebunden. Sie muss auch nicht in einer bestimmten Frist erhoben werden. Als blosser Anzeigeerstatter bzw. Anzeigeerstatterin besitzt der/die Beschwerdeführer/in keine Parteistellung in einem Verfahren.»

Einschreiten nur bei offensichtlichen Verstössen erlaubt

Damit ist auch verbunden, dass der Bezirksrat keineswegs verpflichtet gewesen wäre, dem Beschwerdeführer eine Antwort zukommen zu lassen. Das gilt besonders, wenn man berücksichtigt, was an Erwägungen folgt. Zuerst geht es um die Frage, wann eine Aufsichtsbehörde überhaupt einschreiten darf:

«Mit der Aufsichtsbeschwerde wird die Aufsichtsbehörde ersucht, sie möge Kraft ihres Aufsichtsrechtes von Amtes wegen gegen ein Handeln oder Unterlassen einschreiten. Die Voraussetzungen zum Einschreiten von Amtes wegen sind gemäss ständiger Praxis des Bundesgerichtes und des Verwaltungsgerichtes namentlich dann gegeben, wenn klares materielles Recht oder öffentliche Interessen offensichtlich missachtet worden sind (Martin Bertschi, in: Kommentar VRG, 3. Auflage 2014, Vorbemerkungen zu §§ 19-28a, N 81). Unter der Verletzung klaren Rechts ist auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften zu verstehen.»

Mit anderen Worten: die Latte liegt a priori ziemlich hoch. Es muss schon eine im Gesetz klipp und klar formulierte Vorschrift eklatant und offensichtlich missachtet worden sein.  

Gemeindeautonomie ist zu achten

Diese Einschränkung der Macht der Aufsichtsinstanz ist auch völlig richtig, denn sonst wäre eine Behörde faktisch an der kurzen Leine ihres Aufsichtsgremiums. Der Gemeinderat hat aber einen erheblichen Ermessensspielraum, den man ihm nicht einfach so entziehen darf:

«Bei aufsichtsrechtlichem Einschreiten hat die Aufsichtsbehörde insbesondere die Gemeindeautonomie und das Ermessen der betroffenen Behörde zu beachten. Nur bei Verletzung klaren materiellen Rechts, bei Missachtung wesentlicher Verfahrensgrundsätze oder bei Gefährdung öffentlicher Interessen ist ein Einschreiten zulässig. Für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten genügt es nicht, dass die Aufsichtsbehörde gegenüber einer mit guten Gründen vertretbaren Rechtsauffassung und Regelung der Gemeindeorgane einer anderen Auslegung des Gesetzes den Vorzug geben würde oder vom Tatbestandsermessen einen abweichenden Gebrauch machen möchte. Mit anderen Worten darf die Aufsichtsbehörde nicht ihr Ermessen an die Stelle desjenigen der Gemeindebehörde setzen. Schliesslich ist es nicht Aufgabe einer administrativen Aufsichtsbehörde, über politische oder ideologische Standpunkte zu befinden.»

Letztlich heisst das auch, dass der Bezirksrat eben kein Gericht ist, das ein Gesetz auslegen und eine vertiefte materielle Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen kann.

«Nicht klar ersichtlich»

An den oben aufgeführten Erwägungen muss sich der nachfolgende Entscheid orientieren. Der Bescheid an den Beschwerdeführer lautet wie folgt:

«Mit der Aufsichtsbeschwerde sollen demnach Mängel gerügt werden, welche die Aufsichtsbehörde zu einem Handeln bewegen sollen. Mängel im Sinne der vorstehenden Ausführungen sind aus Ihrer Aufsichtsbeschwerde jedoch nicht klar ersichtlich. Zumal die Vorbereitungshandlungen zur Urnenabstimmung betreffend die Infrastrukturpolitik durch den Gemeinderat Weiach nach aussen hin und somit deren Ausführungen gegenüber den Stimmberechtigten (beleuchtender Bericht) erst noch erfolgen werden. Gegen den beleuchtenden Bericht des Gemeinderates ist mit dem Stimmrechtsrekurs ein ordentliches Rechtsmittel gegeben. Somit steht dem Anzeigerstatter [sic!] - zumindest zu einem späteren Zeitpunkt in derselben Angelegenheit - ein ordentliches Rechtsmittel offen, weshalb der Aufsichtsbeschwerde subsidiärer Charakter zukommt. Aufgrund der obgenannten Ausführungen ist der vorliegenden Aufsichtsbeschwerde somit keine Folge zu leisten.»

Mängel seien nicht klar ersichtlich, sagt der Bezirksrat. Sie könnten also durchaus ersichtlich werden, würde man sich vertieft mit den Unterlagen befassen.

Der Beleuchtende Bericht ist Dreh- und Angelpunkt

Weshalb der Bezirksrat auf eine Vertiefung verzichtet hat, darüber kann mangels Stellungnahme nur spekuliert werden. Nimmt man den Wortlaut zum Massstab, dann erklärt sich der Verzicht aber durchaus schlüssig. 

Denn die Beschwerde ist halt schon sehr kurzfristig vor der heissen Phase der eigentlichen Entscheidfindung (d.h. der Urnenabstimmung) erfolgt. Für eine Mediation oder etwas Ähnliches ist es da längst zu spät, zumal wenn man die verhärteten Positionen der beiden Seiten in Rechnung nimmt. Da hätte man schon vor Jahren intervenieren müssen.

Wichtig ist hier aber vor allem eines: Der Bezirksrat weist darauf hin, dass das eigentliche, entscheidende, rechtlich verbindliche Schriftstück, nämlich der Beleuchtende Bericht, noch nicht öffentlich sei. Diese Unterlage wurde bislang nur der Rechnungsprüfungskommission zugänglich gemacht, damit sie basierend darauf ihre Stellungnahme abgeben kann. Zusammen mit diesem RPK-Bescheid muss der Bericht dann unverändert (wie bei der RPK eingereicht) den Stimmberechtigten vorgelegt werden. 

Informationsveranstaltungen sind rechtlich gesehen mehr oder weniger unverbindliche Werbeanlässe. Auf die dort getätigten Aussagen kann ein Gremium wie der Gemeinderat letztlich nicht festgenagelt werden. Unschärfen werden da eher toleriert und haben vor allem politische Folgen. 

Anders sieht das beim Beleuchtenden Bericht aus. Gegenüber einer Rechnungsprüfungskommission nicht die volle Wahrheit offenzulegen, kann durchaus gravierende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Prozessökonomisches Vorgehen

Indirekt gibt der Bezirksrat dem Beschwerdeführer dann noch den Tipp, den materiellen Gehalt seiner Eingabe im Rahmen eines Stimmrechtsrekurses erneut vorzubringen. 

Damit verhält sich der Bezirksrat prozessökonomisch und im Sinne einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung. 

Die Überlegung dahinter ist ganz einfach: Sollte die Vorlage am 18. Juni an der Urne abgelehnt werden, dann ist ein Rekurs schnell erledigt, zumal er für die Beschwerdeführer dann ja gegenstandslos geworden ist. Und sollte das Projekt angenommen werden, dann ist immer noch Zeit genug, die Beschwerde materiell vertieft zu behandeln, zumal davon ausgegangen werden kann, dass (wie im Fall Ebianum, vgl. WeiachBlog Nr. 1633) ein Rechtsmittel eingelegt, die Beschwerde also von der unterliegenden Partei jeweils an die nächsthöhere Instanz weitergezogen wird.

Auf den eigentlichen Inhalt der Aufsichtsbeschwerde wird in den nächsten WeiachBlog-Artikeln eingegangen.

Mittwoch, 17. Mai 2023

Internet-Challenge. Neue Kampagnenform bei «Zukunft 8187»

Von den Gegnern des sogenannten Gemeindeinfrastrukturprojekts hört und sieht man in der Öffentlichkeit (noch) nicht viel. Zu verzeichnen waren wortreiche hitzige Scharmützel mit Befürwortern an den diversen Informationsveranstaltungen (was auch der Zürcher Unterländer konstatiert hat) sowie eine Aufsichtsbeschwerde, die gegen Ende April beim Bezirksrat eingereicht worden ist (vgl. WeiachBlog Nr. 1910).

Um so aktiver zeigt sich die Seite der Befürworter. Da gibt es auf der Projektwebsite Testimonials (vgl. WeiachBlog Nr. 1913), bei denen offensichtlich ist, dass sie von der Baukommission angeregt wurden. Aber auch formal behördenunabhängige Aktivitäten.

Bereits beim Abstimmungskampf um die Kündigungsinitiative im Nachgang zum Projekt «Balance» konnten in Weiach vor zwei Jahren Aktionsformen mit Elementen des Campaigning festgestellt werden, die bislang nur in der Kantons- oder Bundespolitik üblich waren. Neu war insbesondere die breitflächige Bannerwerbung, verbunden mit der konsequenten Nutzung von Internetplattformen zur Kommunikation, wie die Kampagne der IG Eusi Schuel (vgl. WeiachBlog Nr. 1630). Jetzt gibt es wieder etwas Neues zu entdecken.

Kurzfilm-Memes gemeindepolitisch aktiviert

Die IG Eusi Schuel und ihre seit Monaten angekündigte neue Kampagne lassen einstweilen noch auf sich warten. Dafür ist nun eine Internet-Challenge lanciert worden. Initiatorin derselben: die Aktivistin Renate Weingart, Kandidatin für die Schulpflege bei den letzten Gemeindewahlen.

Eine solche Challenge steht laut Wikipedia für die «Herausforderung, per Video eine gestellte Aufgabe umzusetzen». Diese Videos werden dann via Social-Media-Kanäle geteilt, wobei je nach Zielgruppe und Altersklasse ein anderes Netzwerk präferiert wird. Bei Jugendlichen wäre dies eher Tiktok, im Fall von Weiach ist dies Facebook, u.a. weil es dort eine seit Jahren etablierte, aktuell 430 Mitglieder starke Special-Interest-Gruppe namens «Du bisch vo Weiach, wenn...» gibt. Der international wohl bekannteste war wohl der Icebucket Challenge, der zwar auf phänomenale Weise viral ging, aber wegen Exzessen und Unfällen auch heftige Kritik erntete.

Dynamischer Eindruck. Mobilisiert wird mit körperlicher Aktivität

Jetzt also auch in Weiach. «Wer kennts und nimmt gegen mich die Herausforderung an? Challenge?, schreibt Weingart am 10. Mai 2023 um 21:29 über ihren Kurzfilm, in dem sie auf dem Roten Platz mit Basketball zugange ist.


Der Weiacher Challenge à la Weingart funktioniert also mit vollem Körpereinsatz. Und ist gepaart mit der mündlichen Botschaft «Hallo zäme, ich bi vo de IG Eusi Schuel -- und mir stöi ii für ne neui Infrastruktur. Für d's Infrastrukturprojekt, wo am 18. Juni zur Abstimmig chunnt. -- Zwöi mau ja! Beschte Dank!».

Am 13. Mai 2023 um 14:13 doppelt Weingart unter dem Titel «Machen wir uns fit für die Abstimmung..» mit einem Trimm-Dich-Video nach und platziert mündlich den Aufruf «Machemer üs fit für d'Abstimmig - am 18. Juni drüezwänzg - Zwöi mau Ja!». Dabei zeigt sie auf den durch Eusi Schuel lancierten Sticker auf ihrem Shirt:

Mit Unihockey-Schlägern bewaffnete Lehrkräfte

Eine Challenge wird erst so richtig zu einer Challenge, wenn sie auch von anderen aufgegriffen wird, also zumindest minimal viral geht. Der Zeitpunkt dafür ist von Eva Wiesendanger-Buschor (ehemaliges Mitglied der Schulpflege Weiach) am 15. Mai 2023 um 17:03 gesetzt worden. 

Und zwar mit der Überschrift «Challenge wurde angenommen» und Wiesendangers mündlicher Botschaft «Mir usem Lehrer-Team Weyach wünsched eus 2x Ja fürs neue Schuelhuus», gefolgt von simultanen Torschüssen der in der Turnhalle versammelten Gruppe auf zwei Unihockey-Tore sowie dem Schlachtruf «Zweimal Jaaaa!».

Die [bei stummgeschaltetem Video] eingeblendete automatische Übersetzung ins Hochdeutsche «Miris und Layer Team Leo wünschen euch zweimal die Woche neue Schuld» ist natürlich grotesk verunglückt, wirkt aber angesichts der aus den geforderten 2x Ja resultierenden künftigen im kantonsweiten Vergleich auf Rekordniveau explodierenden Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinde unfreiwillig enthüllerisch.

Donnerstag, 11. Mai 2023

Aktuelle Schulraumsituation. Ursache für Lehrkräfteabwanderung?

Die Baukommission für das Gemeindeinfrastrukturprojekt Zukunft 8187 und der Gemeinderat Weiach werden nicht müde, die aus ihrer Sicht mangelhafte Qualität der Schulräume als einzige Ursache für die hohe Fluktuation bei den Lehrkräften zu benennen.

Wenn man nur besseren Schulraum hätte, so die Geschichte, die den Stimmberechtigten verkauft werden soll, dann, ja dann werde sich auch das Problem mit den Lehrkräften wie von Zauberhand und von ganz allein lösen. Alles sei dann paletti und die Weiacher Dienstjahre an der Ausbildungsfront würden sich wieder in vielen Jahren und gar Jahrzehnten bemessen, wie zu Zeiten von Walter Zollinger und Luise Vollenweider (vgl. WeiachBlog Nr. 370).

Die alleinige Ursache gibt es nicht

Einige werden dieser These ihr Vertrauen schenken und am 18. Juni ein oder zwei Ja in die Urne legen. Es lohnt sich aber durchaus, hier genauere Ursachenforschung zu betreiben und zumindest einmal zu wagen, an der Oberfläche zu kratzen.

Wer nämlich schon etwas Lebens- und Berufserfahrung vorweisen kann, der weiss, dass in den wenigsten Fällen die eine und einzige Ursache für eine bestimmte Situation festgenagelt werden kann. Meist ist es ein ganzes Bündel teils voneinander abhängiger Einflüsse, die dann den Ausschlag dafür geben, dass eine Lehrkraft ausfällt, sei es, weil sie die Kündigung einreicht oder weil sie krankgeschrieben wird (Schwangerschaftsurlaub einmal ausgenommen, das ist ja auch keine Krankheit).

Es spielt dabei nicht wirklich eine Rolle, ob im Rahmen des Trennungsprozesses erhobene Antworten die Ursache auf die Schulräume festnageln. Denn diese Art der Benennung ist, wie jede Weiacher Lehrkraft weiss, die sozial maximal erwünschte. Schulleitung und Schulpflege hören das gern. Weil es ihre Argumentation festigt.

Werden die wahren Gründe ausgeblendet?

Neben den guten Gründen gibt es aber immer auch die wahren Gründe. Das zeigt sich an Schulen, deren Schulraumsituation objektiv besser ist, wo die Abgänge aber trotzdem zahlenmässig gravierend sind und es teils derart heftig knallt, dass der Funkenschlag sich selbst in der Regionalpresse bemerkbar macht, wie im Furttal beim Fall Dänikon-Hüttikon (vgl. Zürcher Unterländer, 5. April 2023).

Was also könnten die wahren Gründe sein? Mangelnde Führungsqualitäten auf allen Stufen sind ein Kandidat dafür. Das fängt bei der Bildungsdirektion an und führt über die Schulpflege und die Schulleitung bis zu den einzelnen Lehrkräften. Gerade bei ihnen ist Führen durch Vorbild die alles entscheidende Komponente. Denn Kinder tun, was ihnen vorgelebt wird, nicht, was man ihnen sagt.

Ist der Lehrkräfteabgang also primär zwischenmenschlichen Problemen geschuldet? Unfähigen Schulleitungen? Erratisch agierenden Schulpflege-Mitgliedern? Blauäugigen Gemeinderäten? Oder gar unrealistischen Lehrplänen und weltfremden woken Konzepten (Inklusion und dergleichen)? Dieser Frage müsste genauso auf den Grund gegangen werden wie der Infrastrukturfrage.

Wer den Lehrberuf ergreift, der muss damit rechnen, dass er mit suboptimalen Verhältnissen aller Art wird umgehen muss. Wer das beim Eintritt in die Pädagogik-Ausbildung nicht auf der Rechnung hatte, ist naiv. Etwa so naiv wie ein Berufssoldat, der sich wundert, dass es an der Front schlammige Schützengräben gibt und man auf der Fahrt mit dem Radschützenpanzer Staub frisst. Von anderen Risiken ganz zu schweigen. Es ist also primär eine Frage der Moral, der Haltung und des unbedingten Durchhaltewillens. Dafür muss aber geeignete Unterstützung durch die Vorgesetzten aller Stufen vorhanden sein. 

Mangelhafte Generalstabsplanung

Wenn es nun so sein sollte, dass Infrastrukturmängel durch diese Vorgesetzten nur vorgeschoben werden, um Führungsfehler zu vertuschen, was macht das dann mit der Motivation der Frontkämpfer? In diesem Fall: die Lehrkräfte, die vor die Klasse stehen müssen. 

Es wirkt in höchstem Masse demoralisierend, wenn die vorgesetzten Stellen (Schulpflege und Schulleitung) daherkommen, Führungsprobleme ignorieren, dafür aber in einem fort über ungenügende Verhältnisse im Infrastrukturbereich jammern. 

Verschlimmert wird der Effekt dadurch, dass die Rennleitung ihre bereits seit 2015 zunehmend ungenügenden Steuerungsmöglichkeiten 2021 mit der Ebianum-Abstimmung bereitwillig noch zusätzlich zementiert hat. Seither bestimmen die Bauvorhaben in Fisibach und Kaiserstuhl die Schulraumplanung massgeblich mit und die Weiacher haben dazu null und nichts zu sagen.

Schlimmer noch: die Mitglieder dieser Rennleitung haben nun über Jahre hinweg (reale Risiken kühn ausblendend) eine mit denselben Ansätzen wie beim Vorgängerprojekt Balance vorgetragene erneute Offensive geplant, die bei einem neuerlichen Scheitern (und selbst im Falle einer massiven Verzögerung nach einem Pyrrhussieg) in ein Debakel mündet. Weil man die Moral der Lehrkräfte an diese Hoffnung geknüpft hat und die nicht ewig hält.

Denjenigen Lehrkräften, die trotzdem seit Jahren der Schule Weiach die Treue halten, denen müsste man einen Orden verleihen. Das sind die wahren Helden in dieser unsäglichen Auseinandersetzung, in der sich ein paar wenige Alphatiere und ihre Mitläufer ein Denkmal setzen wollen.

Fazit

Man kann jetzt das Experiment wagen, 30 Millionen und mehr aufwerfen und sich selber sowie künftigen Steuerzahlern den Preis dafür aufbürden. In der Hoffnung, dann werde alles besser. Die Fluktuationsprobleme bei den Lehrkräften hängen dennoch nicht nur davon ab, ob man ab 2026/27 über neuen Schulraum verfügt. Darüber, ob es den geben wird, redet nämlich auch die geopolitische Entwicklung und damit die Versorgungslage (Baumaterialien, Finanzmittel, etc.) ein gewichtiges Wörtchen mit.

Mittwoch, 10. Mai 2023

Die Schulsparkasse Weiach auf dem Radar des Regierungsrates

«Nach meiner Ansicht sind die Schulsparkassen eines der besten Präservativmittel gegen Sorglosigkeit und Verschwendungssucht und bei der Erziehung liegt die Hauptsache in den Präservativmitteln. Gewöhne man das Kind schon an Sparsamkeit und es wird dieselbe auch später üben, so selbstverständlich, dass es vielleicht selbst kaum daran denkt. Ein Kind das spart, gewöhnt sich an Ordnung und Vorsorge, es beginnt den Werth des Geldes zu schätzen. Wer in der Jugend mit solcher Mühe und solchem Eifer dem Bazen, dem Rappen nachging, meint Ihr, dass der später so leicht zum Verschwender werde?» (Piaget, Lehrer in Les Bayards, Kanton Neuenburg, zit. n. Guillaume 1882, S. 20)

Nicht alle Lehrkräfte haben das im ausgehenden 19. Jahrhundert so gesehen. Louis Guillaume, Direktor einer Strafanstalt (!), aus dessen Referat vom 5. Oktober 1881 vor der Schweizerischen statistischen Gesellschaft das obige Zitat stammt, war sich bewusst, dass die Idee einer Schulsparkasse «namentlich in der Lehrerwelt eine ausdrückliche Opposition gefunden» hatte:

«So finden wir Gegner der Schulsparkassen, welche als Anhänger einer gewissen volkswirtschaftlichen Schule, Ersparnisse überhaupt dem allgemeinen Wohle schädlich erklären; andere — es sind die Sozialisten der äussersten Linken — wollen nicht, dass der Arbeiter spare, da hiedurch nur die Zahl der Kapitalisten, der «Mastburger» vermehrt würde. Eine dritte Klasse von Gegnern endlich meint: «So sollte denn schon das sorgenlose Glück des Kindes durch die Gedanken an Sparen und Vorsorge getrübt werden? Fürchtet Ihr nicht, den Keim der Selbstsucht und des Geizes in das junge Herz zu pflanzen? Gebet Acht, dass nicht ein zu früh geweckter Sparsinn dem Kinde, dem unschuldigen, Anstoss wird, mit seiner Hand nach fremdem Gute zu greifen!»» (Guillaume 1882, S. 1-2)

Guillaume selber hat insbesondere letzteres Argument zwar mit Statistik gekontert: «Unter den Gefangenen unserer Strafanstalten findet man nur 5 % ehemaliger Einleger in die Sparkasse. (Vide Zeitschrift für Schweiz. Statistik 1875, pag. 48.)» (Guillaume 1882, S. 24 Fussnote)

Dennoch: Während die Schulsparkassenbewegung vor allem in Frankreich und Belgien einen gewaltigen Aufschwung erlebt hatte und von dort v.a. in den Kanton Neuenburg ausgestrahlt hatte, waren Schulsparkassen im Kanton Zürich deshalb noch ziemlich selten anzutreffen. So gab es nach Guillaumes Liste im Kanton Zürich 1881 nur gerade vier solche Schulsparkassen, die älteste, 1852 gegründete, in Hombrechtikon.

Transmissionsriemen Gemeinnützige Gesellschaft

Eines der kleinen Wunder unserer Region ist die Bezirks-Sparkasse Dielsdorf, gegründet 1837 auf Initiative der Gemeinnützigen Gesellschaft des Bezirks. Das Wunder besteht darin, dass es sie angesichts all der Finanzsystem-Stürme und daraus entstandenen Gesetzesänderungen, die seither übers Land gezogen sind, überhaupt noch gibt. 

In den rund dreissig Jahren nach Guillaumes Vortrag muss sich allerdings einiges verändert haben in den Köpfen der Zürcher, auch in der Lehrerschaft, die im System der Schulsparkassen sozusagen als Kassenwarte und Finanzerzieher der ihnen anvertrauten Schulkinder auftreten musste (wie das ablief, darüber findet sich in Guillaumes kleiner Schrift eine anschauliche Schilderung, s. Quellen unten).

Auch in der Bankenwelt hatte sich einiges getan. Schauen wir auf die Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg, dann finden wir im Protokoll des Kantonsrats die «Motion Meyer-Rusca und Konsorten über die staatliche Beaufsichtigung der Geldinstitute». Darin wird das Problem dieser Zeit wie folgt geschildert:

«Der Zusammenbruch so vieler kleiner und mittlerer Bankinstitute, der sich in den letzten drei Jahren vollzogen hat, einerseits, und die allgemeine Krisis der Kleinbanken anderseits, hat auch die intakt dastehenden durch Erschütterung ihres Kredites nachteilig beeinflußt. Einige haben bereits Anschluß an Großbanken gesucht und gefunden. Können wir nun ruhig zusehen, wie die Kleinbanken, die eine wirtschaftlich schätzenswerte Aufgabe erfüllen, nach und nach verschwinden?» (Quelle: StAZH MM 24.49 KRP 1913/072/0450 vom 13.10.1913)

Kommt uns doch heute irgendwie auch bekannt vor, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie beispielsweise die Regionalbanken in den USA (wieder einmal) in grössten Schwierigkeiten stecken.

Die Motionäre um Meyer-Rusca wollten auch darauf hinweisen, dass sich das Vermögen nicht nur in Bankinstituten befinden, sondern sozusagen auch unter den Kopfkissen der einfachen Leute, was keine schlechte Sache sei, wenn es um die Stabilität des Gesamtsystems gehe. Mit dem kürzlich vom Rat verabschiedeten kantonalen Sparkassengesetz sei es nicht getan.

Einnehmereien in jeder Schule des Bezirks

Die obgenannte Bezirks-Sparkasse, die heute neben dem Hauptsitz Dielsdorf über vier Filialen verfügt (Buchs, Niederglatt, Niederweningen, Rümlang), hatte damals ein weitgefächertes Netz an sogenannten Einnehmereien, was noch eine Stufe unter einer Agentur liegt. Eigentlich nicht viel mehr als eine Kasse und ein Kassenbuch, mit einer dafür verantwortlichen Person. Von dort aus ging das Kapital dann an die eigentliche Sparkasse mit Sitz in Dielsdorf.

Zwecks «Anregung des Sparsinns bei den Schülern und Schülerinnen» (Schulsparkasse Oerlikon, vgl. StAZH Z 2.1335) hat man solche Institute an Schulen gegründet bzw. Einnehmereien bestehender Sparkassen bei den Primarschulen installiert.

Die für die Bezirks-Sparkasse Verantwortlichen haben offensichtlich etwas von Kundenbindung im Kindesalter verstanden. So existierten 1915 in folgenden 16 Schulen im Bezirk Dielsdorf sogenannte Schulsparkassen, die allesamt Einnehmereien der Bezirkssparkasse waren: 

Affoltern b. Zch. (Gebiet 1934 in die Stadt Zürich eingemeindet), Bachs, Dällikon, Neerach, Niederglatt, Niederhasli, Oberglatt, Oberweningen, Regensberg, Regensdorf, Rümlang, Schöfflisdorf, Ober-Steinmaur, Nieder-Steinmaur, Sünikon und Weiach.

Flächendeckend war die Institution aber keineswegs. In der Gemeinde Stadel gab es offenbar keine Schulsparkassen (oder keine mehr). Dasselbe Bild in zehn weiteren der damals 25 Gemeinden des Bezirks.

Neues Gesetz, neuer Regelungsbedarf

Woher wir das wissen? Aus einem Regierungsratsbeschluss. Der wurde aufgrund des oben schon erwähnten kantonalen Sparkassengesetzes nötig. 

Nach einer Vorlage des Regierungsrates aus dem Jahre 1907 und intensiver Arbeit des Kantonsrates im Jahre 1913 (Plenarsitzungen vom 27. Mai, 7./8. Juli und 25. August dieses Jahres) wurde das «Gesetz betreffend die staatliche Beaufsichtigung der Sparkassen» in der Volksabstimmung vom 14. Dezember 1913 mit 46'018 annehmenden zu 24'339 die Vorlage verwerfenden Stimmen vom Souverän genehmigt. Auch in Weiach, das (bei 84.85 % Stimmbeteiligung!) sich zu 60% zustimmend äusserte. 

Und so musste der Regierungsrat abklären lassen, welche Schulsparkassen es gibt und wie es um ihre Rechtsform bestellt ist. In seinem Beschluss vom 15. Juli 1915 (StAZH MM 3.29 RRB 1915/1563) findet man das Ergebnis dieser Fleissarbeit der Verwaltung.

52 von den 71 Schulsparkassen «qualifizieren sich als bloße Einnehmereien der Kantonalbank und anderer konzessionierter Sparkassen», heisst es da. Bei denen bestand kein gesonderter Handlungsbedarf. Selbstständige Schulsparkassen hingegen (wie die von Oerlikon oder die von Seebach) mussten sich jetzt im Handelsregister anmelden, für ordentliche Hinterlegung ihrer Aktiva sorgen und einen verantwortlichen Schlüssler benennen.

Quellen

  • Guillaume, L.: Die Schulsparkassen in der Schweiz. Bern 1882 [Übersetzung; Separatdruck aus der Zeitschrift für schweizerische Statistik]. URL: e-Helvetica nbdig-47182