Donnerstag, 31. Dezember 2009

Selbstmord nach Streit in der Kirche

In unserer Kirche ist über die letzten 300 Jahre viel passiert. Freude, Trauer, Besinnlichkeit. Feierliche Stunden, wie der Schwur auf die erste liberale Kantonsverfassung am 10. April 1831, die der Landbevölkerung wirtschaftliche Freiheiten gab und so den Aufschwung beflügelte. Aber auch regelrechte Tragödien.

Nachfolgend soll eine Episode ins Zentrum gestellt werden, die sich Anfang September 1734 in der Kirche zu Weyach zugetragen hat: ein tödlich endender, öffentlicher verbaler Schlagabtausch zwischen zwei Protagonisten: dem damaligen Pfarrer Hans Rudolf Wolf, dessen Grabplatte heute die Aussenmauer unserer Kirche ziert, sowie dem Weyacher Mathis Meyerhofer. Weitere Akteure sind: der Untervogt Bersinger, der Schulmeister sowie ein Hund.

Der Herr Pfarrer fühlt sich gestört

Über den Verlauf wissen wir dank alten Unterlagen im Staatsarchiv (StAZH A 17.5) recht gut Bescheid. An einem Sonntag im Jahr 1734 fühlte sich der Herr Pfarrer, der zugleich Dekan des Eglisauer Kapitels war, beim Katechisieren, d.h. dem Abfragen des Katechismus von den noch nicht Konfirmierten, gestört.

Er gab den Ermittlungsbehörden folgendes zu Protokoll: «Er Hr. Decan habe die Manier, dass er in den Kinderlehren bey dem Taufstein stehe zu actionieren, wie es dann auch dermahlen beschehen; da seye des Heinrich Willis Hund in dem Chor nebent ihme dem Pfarrer gelegen, er habe ihm lang zugesehen und nichts gesagt, entlich ohngefahr mitten in der Kinderlehr rufe er dem Schulmeister und sage er soll den Hund do hinweg thun, er lige so mähr draussen an der Sonnen, als darinnen am Schatten; der Schulmeister habe den Hund aufgewekt, und ihn wollen zur Kirchen hinausjagen, der sich aber widersezt zu seinem Meister geloffen und nicht hinauswollen; entlich sey der Schulmeister seiner Meister geworden, und habe ihn hinaus thun können, indem aber sey hinder ihme dem Pfarrer ein Gelächter entstanden, er habe sich umbgekehrt, die Leüthe beschelkt, und gefraget wer lache, under denen seye der ohnglükhafte Mathys Meyerhofer gewesen, der selber gesagt er lache, ander Leüth lachind auch.»

Eigentlich eine lustige Sache, welche die etwas langweilige Kinderlehre aufheiterte. Dem Pfarrer geriet das aber in den falschen Hals. Ihm war dieser Mathys Meyerhofer schon länger ein Dorn im Auge. Er galt ihm als «einfaltiger, ohnwüssender Mensch [...] in der Haushaltung habe er zu allen Zeiten so gelebet, dass er alles wollen verthun, und es deswegen mit seiner Frauen sel. und dem Sohn oft grosse Händel gesetzt; alles Zusprechen habe nichts an ihme verfangen, wann es fründtlich beschehen habe er nur darüber gelachet, wann man aber ernstlich mit ihm geredet habe er grad getrohet, er wolle sich selbst erhenken oder ersäufen», berichtete Pfarrer Wolf gemäss Protokoll.

Der Untervogt versucht den Konflikt zu entschärfen

Der Weiacher Untervogt Bersinger, den der Pfarrer im Verlaufe der Auseinandersetzung an diesem Sonntag öffentlich aufforderte, Meyerhofer bei der Obrigkeit anzuzeigen, sieht ihn in einem günstigeren Licht. Er habe «allezeit gern gewerchet, und die Werch auch wohl verstanden».

Bersinger über den weiteren Verlauf des Zwischenfalls in der Kirche: «Hr. Decan habe vermeindt der verohnglükte Meyerhofer lache auch, seye gar nach zu ihm zugestanden, und hab ihm gesagt du Pflegel, Lümmel, du kannst auch mit dem Hund hinaus gehen; Meyerhofer hab darüber gesagt, ich bin kein Hund, wann ich ein Hund bin, so will dann auch hinaus, habe auch noch lang im Stuhl brauen und brummet ... er Vogt habe ihm dem Meyerhofer auch zugeredt er solle schweigen, der aber nach immer zubrummen fortgefahren, entlich aufgestanden und zur Kirchen hinaus gegangen, da im Hinausgehen Hr. Decan zu ihm gesagt er solle nur gehen gehöre nicht hierin, soll auch nicht mehr hineinkommen, darauf Meyerhofer under der Kirchenthüren gesagt, er woll gehen dem Heeren Plaz machen.»

Diese öffentliche Blossstellung als Flegel und Lümmel, schliesslich gar die Gleichstellung mit einem Hund, war Mathis Meyerhofer zu viel. Er verliess die sonntägliche Gemeinschaft, lief zum Rhein hinunter, stürzte sich in die Fluten – und ertrank.

Der plötzliche Entschluss, den bisher nur angedrohten Selbstmord in die Tat umzusetzen, wurde direkt durch das verdammende Urteil des Pfarrherrn Wolf ausgelöst. So sahen das jedenfalls die Weyacherinnen und Weyacher. Sie waren empört und sollen gar geplant haben, den Pfarrer «umb sein Dienst, Ehr und gute Nammen zubringen» (wie sich Wolf beklagte). Ohne Erfolg: der damals 62-jährige Wolf blieb noch bis zu seinem Tode 1747 im Amt.

Den Zugang zu dieser Szene verdanke ich dem Thurgauer Historiker und Journalisten Markus Schär.

Quellen und Literatur

Mittwoch, 30. Dezember 2009

Galimberti sieht viel Potenzial in Weiach

Nachstehend bringt WeiachBlog eine persönliche Mitteilung von Emanuel Galimberti, wohnhaft an der Winkelstrasse 6. Er wurde von der Wahlbehörde offiziell als einziger Kandidat für das Amt des nächsten Gemeindepräsidenten aufgestellt.

Für alle, die nicht an der Wählerversammlung teilnehmen konnten und wissen möchten, wer dieser Galimberti ist, für was er (ein)steht und wo er Weiach in ein paar Jahren sieht, stellt er sich hier selber vor.

Wir kommen nur miteinander vorwärts!

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger von Weiach,
Sehr geehrte Stimmberechtigte,

Bereits in einem Monat, am 30./31. Januar 2010 ist es soweit. Die Gemeindewahlen stehen vor der Tür. Wir wählen für die nächste Vierjahresperiode neue Gemeinderäte und auch einen neuen Gemeindepräsidenten.

Ich möchte mich Ihnen kurz vorstellen, denn viele von Ihnen werden noch wenig von mir gesehen oder gehört haben. Mein Familienname Galimberti stammt aus Norditalien, genauer gesagt aus Cremona, der Stadt der Stradivari-Violinen. Ich bin Bürger von Stettfurt (TG) und wurde vor 37 Jahren in Le Locle (NE) geboren. Mit meiner Frau Manuela Galimberti-Vogel bin ich seit 2 Jahren verheiratet, wir haben noch keine Kinder. Beruflich bin ich am Flughafen Zürich als Schichtleiter in der Logistik bei Cargologic tätig.

Wir sind im Spätherbst 2007 von Raat hierher gezogen und die Gemeinde Weiach hat uns von Anfang an gefallen. Nach dem Neuzuzüger-Abend hat uns Ernst Eberle angefragt, ob ein Interesse besteht an einem Amt, z.B. als Gemeinderat! Die Entscheidung war nicht einfach, da ich bereits ein Präsidentenamt habe, ich leite den Unihockey-Verein Kloten-Bülach Jets, was bei 14 Mannschaften und 250 Mitgliedern nicht immer einfach ist, alles unter einen Hut zu bringen.

Wieso will ich Gemeindepräsident von Weiach werden? Ich möchte mich an meinem Wohnort engagieren, um etwas zur Entwicklung der Gemeinde Weiach beizutragen und bin mir sicher, dass wir von Ihrer Seite her die nötige Unterstützung dazu bekommen.

Ich sehe hier viel Potenzial bei den Weiachern und Weiacherinnen, die etwas Kulturelles auf die Beine stellen wollen, sodass unsere Gemeinde einen tollen Stellenwert bekommt gegen aussen.
Vor allem möchte ich ein grosses Dankeschön an die Erbauer des neuen Spielplatzes richten und U. Brandenberger für die fantastischen Geschichten von Weiach ein grosses Kompliment machen.

Mein grösstes Anliegen an die Bevölkerung ist: Schenken Sie den Gemeinderäten von Weiach Vertrauen und Anerkennung. Eine offene Kommunikation ist von meiner Seite her sehr wichtig, keine Schuldzuweisungen, denn so kommen wir nicht weiter, wenn wir nur die Schuldigen suchen. Wir kommen nur miteinander vorwärts!

Ich nenne hier bewusst noch keine konkreten Ziele, oder beschreibe wie die Gemeinde Weiach in Zukunft aussehen soll. Habe mir einiges aufgeschrieben, aber zuerst sollten wir die Wahlen abwarten.

Eines verspreche ich Ihnen aber schon jetzt: ich werde mich als Gemeindepräsident von Weiach mit voller Kraft für alle Einwohner der Gemeinde einsetzen.

Ich wünsche Ihnen allen einen guten Rutsch und beste Gesundheit für das Jahr 2010.

Emanuel Galimberti


Anmerkung WeiachBlog: Auf Wunsch von E. Galimberti wurde obenstehender Text vor der Publikation redigiert.

Tages-Anzeiger: Bis anhin politisch kaum aktiv

Auch der Tages-Anzeiger Unterland brachte gestern einen kurzen Beitrag über Galimberti. Er sei politisch noch ein unbeschriebenes Blatt, dafür aber als Präsident der Jets bekannt, deren erste Mannschaft in der Nationalliga B spiele. Zu seiner Motivation schreibt der Tagi:

«"Ich habe mich für die Erneuerungswahl zur Verfügung gestellt, weil ich Weiach – auch kulturell – weiterentwickeln will", sagt Galimberti. So möchte der 38-Jährige das Dorf attraktiv für Neuzuzüger gestalten.»

Da hätten wir ja schon einmal ein konkretes Ziel. Und beileibe kein einfaches. Interessant ist auch, dass wieder einmal das Amt die Person gesucht hat und nicht umgekehrt:

«Das Präsidium habe der Parteilose nicht direkt angestrebt. "Ich stelle mich als Präsident zur Wahl, weil sich sonst niemand für dieses Amt interessiert hat".»

Parteilos zu sein ist in Weiach immer etwas Gutes, denn bei uns werden die Leute nach Persönlichkeit gewählt, nicht nach Parteiprogrammen. Deshalb wundert es überhaupt nicht, gleich anschliessend zu lesen:

«Galimberti rechnet sich gute Wahlchancen aus: "Ich habe an der Gemeindeversammlung mit einigen gesprochen und habe das Gefühl, Weiach ist bereit für einen neuen Gemeindepräsidenten mit neuen Ansichten. Auch wenn er kein Einheimischer ist."»

Das ist tatsächlich nicht Bedingung. Im Gegenteil: seit 1982 ist es sogar Tradition, dass der Präsident von aussen kommt. Mauro Lenisa, Werner Ebnöther und Gregor Trachsel sind alle keine Ur-Weiacher.

Weiterführende Artikel
  • Liebrich, M.: Galimberti ist der neue Jets-Pilot. Eishockey - Die Kloten-Bülach Jets haben seit Montag wieder einen Präsidenten. In: Neues Bülacher Tagblatt, 27. November 2008.
  • Weiach wählt vier neue Räte. In: Tages-Anzeiger Unterland, 29. Dezember 2009 - S. 21.

Dienstag, 29. Dezember 2009

Von Gesamtausgaben und Chroniken

Überraschung in der Dezember-Ausgabe der Mitteilungen für die Gemeinde Weiach. Unter dem den Leserinnen und Lesern mittlerweile vertrauten Logo der Weiacher Geschichte(n) war zuunterst auf Seite 8 erstmals ein Beitrag zu lesen, dessen Redaktion nicht der übliche Verfasser besorgt hatte:

«An dieser Stelle standen seit 10 Jahren immer die Artikel von Ueli Brandenberger», schrieb Gemeindepräsident Gregor Trachsel. Und weiter:

«Er hat mit seinen Geschichten viel Licht in die Vergangenheit der Weiacher Gemeinde gebracht. Begeisterte durch die exakten Details, die manchmal sehr nahe bis zu unserer Gegenwart reichten und dadurch lebendig, nachvollziehbar den Bezug zum Heute herstellten. Ueli Brandenberger’s Geschichten bereichern, ergänzen und erweitern die Chronik von Walter Zollinger. Für eine „Gesamtausgabe“ wäre genügend Stoff vorhanden und vielleicht verbeisst sich einmal eine Weiacherin oder ein Weiacher in diese spannende Arbeit…» (MGW, 12/2009, S. 8)

Die Gesamtausgabe gibt es bereits

Damit spielt Trachsel auf eine zu erstellende Sammlung der bisher erschienenen Artikel an. Diese gibt es bereits! Allerdings bislang nur in elektronischer Form. Eine solche Gesamtausgabe kann also jederzeit produziert werden. Ausdrucken, binden, fertig.

Das einzige Hindernis dürfte darin bestehen, dass es nicht ganz so einfach ist, einen einzigen Band mit 533 Seiten (516 Seiten Artikel plus 17 Seiten Inhaltsverzeichnis), also mehr als 250 Blatt A4, binden zu lassen. Simple Klebebindung, wie sie mittlerweile in Copyshops weitherum angeboten wird, funktioniert da nicht mehr. Da muss schon richtige Buchbinderarbeit her. Alternativ dazu wäre eine Aufteilung auf mehrere Bände ins Auge zu fassen, wofür man dann allerdings das Inhaltsverzeichnis anpassen sollte (Teil 1, Teil 2, etc.).

Was mit «Chronik» gemeint ist

Eine zweite Bemerkung zum Begriff der «Chronik». Auf der Gemeindeverwaltung und im üblichen Sprachgebrauch der Weiacher versteht man darunter ein kleinformatiges blaues Büchlein: die auf dem Rücken mit diesem Begriff bezeichnete Monographie «Weiach 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach» von Walter Zollinger (1. Aufl. 1972; 2. Aufl. 1984).

Wer auf der Gemeinde die «Chronik» bestellt, dem wird (solange Vorrat) die zweite Auflage geliefert. Das musste jüngst auch Christa Surenmann, Inhaberin der Weiacher Caffé-Bar Chamäleon, feststellen. Es könne doch nicht sein, dass man da ein fast 40 Jahre altes Büchlein bekomme, meinte sie mir gegenüber an Heiligabend.

Erstaunt hat mich nur, dass die 2. Auflage überhaupt noch lieferbar ist. Nicht aber, dass die (vom Gemeindeschreiber als «provisorisch» bezeichnete) 2003 gedruckte, dritte Auflage von Ulrich Brandenberger eben nicht als «Chronik» bezeichnet wird. Die neuste Ausgabe (= 4. Auflage) ist nur online erhältlich (PDF, 5.65 MB).

Verbale Blumen

Trachsel weiter: «Vorerst danke ich Ueli Brandenberger für seine mit viel Geduld und Zeit sauber recherchierten Geschichten die immer pünktlich unsere Redaktion erreichten, herzlich für seine ehrenvolle Arbeiten. Herzlichst, Gregor Trachsel, Gemeindepräsident»

Danke für die vielen Blumen, Herr Präsident. Ich reiche sie gern weiter. Dass der Begriff «pünktlich» überhaupt verwendet werden kann, ist nämlich auch der Kulanz der MGW-Redaktion zu verdanken. Einige Artikel wurden sozusagen «per ultimo» eingereicht. Auch die Redaktorinnen brauchten also Geduld. Merci!

Montag, 28. Dezember 2009

«Zürcher Unterländer» schroff gegen Lehrer

Auch zum Thema Presse stellte der Kirchenrat des Kantons Zürich im Rahmen der Kirchenvisitationsberichterstattung zur Periode 1912-1923 eine Frage - wieder unter dem Titel «Das sittliche Leben der Gemeinde»:

«Ad 12. Die Lokalpresse sucht im Allgemeinen die Auswüchse des modernen Lebens zu geisseln, hingegen wirken Zeitungshandel zwischen "Wehntaler-" u. "Wochenzeitung" wohl nicht in volkserzieherischem Sinne. Und wenn auch der Redaktor der Wochenzeitung manchmal seine poetische u. relig. Töne ausschlagt, wirkt anderseits seine satyrische u. schroffe Art gegen Lehrer, Pfarrer u. Kirchenrat (vergl. seine Auslassungen über das Bettagsmandat 1923) nicht autoritätsstärkend.»

Was Pfarrer Kilchsperger mit dem Handel anspricht, sind die zwischen den Redaktionen von «Wehnthaler», «Bülach-Dielsdorfer Wochenzeitung» (später «Zürcher Unterländer») und «Bülach-Dielsdorfer Volksfreund» (später «Neues Bülacher Tagblatt») ausgetragenen Federkriege, die auch ab und zu in gegenseitigen Beschimpfungen ausarteten.

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Sonntag, 27. Dezember 2009

Weihnächtlicher Skript-Fehler

Eine Bescherung der digitalen Art gab es dieser Tage für den amtierenden Weiacher Pfarrer. Ab dem Weihnachtstag, 25. Dezember abends, waren die Inhalte der Website kirche-weiach.ch für ca. 24 Stunden nicht mehr abrufbar. Das Einzige, was man auf sämtlichen Seiten noch lesen konnte, war das hier:

This Account Has Been Suspended
Please contact the billing/support department as soon as possible. (Link)

Um Spekulationen den Riegel zu schieben: es handelt sich nicht um ein monetäres Problem. Sondern um eines der Server-Beanspruchung.

Der Support von NovaTrend Services GmbH, dem Winterthurer Unternehmen, das Tophost.ch betreibt, äusserte sich auf Anfrage wie folgt: «Die Seite wurde automatisch deaktiviert, da diese zuviel Resourcen benötigt. Ich wollte die Seite soeben reaktivieren und innert wenigen Sekunden war der Serverload wieder sehr hoch.»

Und auf die Anschlussfrage, ob die Kirchgemeinde Weiach einer DDOS-Attacke zum Opfer gefallen sei, meinte die NovaTrend, es handle sich wohl eher um einen Skript-Fehler. Der Webmaster, Pfarrer Christian Weber, arbeite bereits daran.

Offensichtlich mit Erfolg. Die Ortsgeschichtliche Dokumentation der Gemeinde Weiach samt Weiacher Geschichte(n) war bereits wieder abrufbar, die Inhalte der Kirchgemeinde kurze Zeit später.

Alternative Zugänge zum Artikel-Archiv

Sollte wieder einmal eine Störung auftreten, sei hier nochmals auf die alternativen Artikel-Archive bei eSnips.com bzw. Scribd.com verwiesen.

N.B.: Auf eSnips.com kann man nun wie bei Scribd.com alle Artikel im Format PDF herunterladen - und dies ohne Mitglied zu werden (wie bei Scribd für den Download erforderlich)!

Bitte beachten Sie, dass korrigierte Versionen dieser Artikel seit Dezember 2009 nur noch auf http://weiachergeschichten.kirche-weiach.ch hochgeladen werden.

Samstag, 26. Dezember 2009

Verbreitung unsittlicher Schriften

Für den Kirchenvisitationsbericht zur Periode 1912-1923 fragte der Kirchenrat des Kantons Zürich unter der Rubrik «sittliches Leben» die Kirchgemeinden explizit auch nach dem Grad der Verseuchung mit jugendgefährdenden Schriften:

«Ad 11. Eine besonders auffällige Verbreitung unsittl. Schriften u. Bilder ist hier nicht wahr zu nehmen, wer gute Bücher lesen will, kann solche gegen ein kleines Entgeld aus der Jugend- oder Gemeindebibliothek beziehen, oder unentgeldliche Bücher mehr relig[i]öser, christl. Inhalt aus einer privaten Ausleihbibliotek des Pfarrers. Auch zirkuliert in vielen Familien eine vom Pfarrer (verwaltete) besorgte Lesemappe mit guten Zeitschriften u. religiöser Lesestoff.»

Dabei dürfte es sich wohl auch um die bereits unter Punkt 3 (WeiachBlog, 27. November) erwähnten Periodika wie das «Appenzeller Sonntagsblatt» oder den «Feierabend» handeln.

Ob es Pfarrer Kilchsperger bezüglich des Zirkulierens von «Schundliteratur» ganz einfach nicht so genau wissen wollte, oder es sich tatsächlich so verhielt wie von ihm beschrieben, sei dahingestellt.

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Freitag, 25. Dezember 2009

Verhütungsmittel im Geheimen angewendet

Der vom Weiacher Pfarrer Kilchsperger verfasste Kirchenvisitationsbericht zur Periode 1912-1923 behandelt in einem ersten Kapitel (Punkte 1-8) das «religiöse Leben der Gemeinde».

Im zweiten Kapitel kommt das «sittliche Leben» zur Sprache, wobei unter Punkt 10 auch der Blick unter die uneheliche Bettdecke gewagt wird:

«Ad 10. Gewiss hat auch der Krieg u. seine auflösenden Tendenzen, wie auch die Tagespresse hiebei nachteilig eingewirkt. Doch könnten wir nicht von Zunahme jugendlicher Verbrechen, von Selbstmorden u. Ehescheidungen berichten. Auch die ausserehelichen Geburten haben sich nicht gesteigert, ohne das wir davon einen besonders günstigen Stand unserer Moral ableiten möchten, da im geheimen auch hier die Verhütungsmittel bekannt sind u. angewendet werden.»

Nicht erwähnt ist hier die starke Diskriminierung derjenigen Frauen, die es wagten, ein uneheliches Kind zur Welt zu bringen. Das nahm man ihnen besonders dann übel, wenn es sich um Weiacher Bürgerinnen handelte, die sich mit einem Fremden eingelassen hatten.

Denn auswärtige Väter versuchten mit tatkräftiger Beihilfe ihrer eigenen Bürgerorte, sich aus ihrer finanziellen Verantwortung zu stehlen. Der Unterhalt des unehelichen Kindes blieb dann in der Regel am Armengut des Bürgerorts der Mutter hängen, was die entsprechenden Steuern erhöhte (vgl. Brandenberger, U.: Heiraten verboten! Armenwesen und Finanzen vor 150 Jahren. Handout zum Vortrag anlässlich der GV 2005 der Anlegervereine Midas und Heureka. Zürich, 14. März 2005.)

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Sexuelle Moral nicht schlechter als anderswo

Der Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 von Pfarrer Kilchsperger behandelt in einem ersten Kapitel (Punkte 1-8) das «religiöse Leben der Gemeinde».

Ganz in der Tradition der noch nicht ganz verschwundenen allumfassenden Aufgabenportfolio des Stillstandes als vom Pfarrer geleitete, dörfliche Sittenkontrollbehörde will der Zürcher Kirchenrat Auskunft über «II. Das sittliche Leben der Gemeinde».

Unermüdlicher Fleiss und Heimatliebe

Dass in den Antworten des Weiacher Pfarrers, der ja auch der damals noch «Armenpflege» genannten Sozialhilfekommission vorstand, die eigenen Moralvorstellungen nicht ausgeblendet werden können versteht sich von selbst:

«Ad 9. Wesentliche Merkmale der Sittlichkeit unsere[r] Bevölkerung sind unermüdlicher Fleiss u. Liebe zur Heimat. Durch den Krieg wurden die Kräfte Aller aufs Äusserste angespannt u. selbst die von der Grenzbesetzung zurück kehrenden Väter u. Söhne fanden bald wieder die frühere Arbeitslust. Auch die Töchter, welche die hiesige Schuhfabrik oder die Spinnerei Letten-Glattfelden besuchen, betätigen sich nach Fabrikschluss noch im elterlichen Gewerbe. Bei Einzelnen, wenigen Jünglingen muss man ein müssiges Herumstehen u. die schlimmen Folgen davon beobachten.»

Hier haben wir die Bestätigung, dass (wie vermutet) etliche Weiacherinnen nicht nur in der Schuhfabrik Walder beim alten Bahnhof, sondern auch in der Spinnerei bei Rheinsfelden arbeiteten. Interessant auch die unterschwellig geäusserte Angst, der Militärdienst könnte die Arbeitslust beeinträchtigen. Kriegsrückkehrer können als Folge von posttraumatischen Belastungsstörungen durchaus arbeitsunfähig werden - was dann bei fehlender körperlicher Invalidität wie Faulheit aussieht.

Familienleben grundsätzlich in Ordnung

«Die eheliche Treue ist im allgemeinen gut, die sexuelle Moral nicht schlechter als anderwärts, das Familieleben ordentlich, da u. dort lässt es freilich zu wünschen übrig, u. dürfte die Kindererziehung eine sorgfälltigere sein. Wie anderwärts wird über das Schwinden der Ehrfurcht der Kinder vor den Eltern geklagt u. macht sich eine anmassende Selbstüberhebung u. ein zügelloser Geist unter der heranwachsenden Jugend bemerkbar. Z.T. liegt die Ursache bei den Eltern selbst, z.T. in den geistigen Strömungen der Gegenwart.»

Nichts Neues unter der Sonne. Pfarrer Kilchsperger ist nicht der Erste und nicht der Letzte, der sich über dieses in jeder Generation auftretenden Phänomen echauffiert (vgl. die Aussagen des langjährigen Lehrers Walter Zollinger im Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 44: «Di hütigi Jugend…!». Von der «Jugendordnung 1960» zur «Just Community»? - im Druck erschienen in den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Juli 2003).

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Katholische Nadelstiche gegen Reformierte

Der Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 von Pfarrer Kilchsperger äussert sich auch zum Umgang von Katholiken und Protestanten:

«Ad 8. Das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche ist hier ein durchaus tolerantes; die gemischte Bevölkerung in Kaiserstuhl u. Fisibach verträgt sich ganz gut miteinander.

Freilich ist auf höhern Befehl die Fahne der kath. Kirche bei protestantischen Beerdigungen verschwunden, aber die kath. Bevölkerung nimmt auch würdigen Anteil an protestantischen Begräbnissen, wie es umgekehrt auch der Fall ist.


Pflichtgemäss macht natürlich der kath. Pfarrer seine Schäflein im Falle von entstandenen Mischehen auf ihre hl. Pflichten aufmerksam; verbot auch kath. Kindern den Besuch einer evangel. Sonntagsschule in Kaiserstuhl oder eines neutralen Hoffnungsbundes in Weiach, aber sonst ist das Verhältnis ein schiedlich-friedliches.»

Hoffnungsbund nicht als neutral empfunden

Der «Hoffnungsbund» ist die Kinder- und Jugendorganisation des Blauen Kreuz, welches in der Schweiz 1877 in der Tradition der Abstinenzbewegungen von einem Waadtländer Pfarrer gegründet wurde und vor allem mit den evangelisch-reformierten Landeskirchen und protestantischen Freikirchen zusammenarbeitete. Kein Wunder befürchteten die katholischen Priester ein Abdriften «auf die falsche Seite».

Dass es abgesehen von diesen Sticheleien seitens der Mandatsträger (und vor allem deren Vorgesetzten im Bistum Basel) sonst keine grösseren, konfessionsbedingten Probleme der hier wohnenden Menschen untereinander gab, ist erfreulich.

Selbstverständlich ist das nicht. Immerhin lag Weiach ja über Jahrhunderte hinweg an der konfessionellen Front zwischen dem katholischen Fürstbischof von Konstanz und den reformierten Zürchern.

Man könnte es also als ein friedliches Nebeneinander der beiden Glaubensbekenntnisse bezeichnen. Von Ökumene im modernern Sinn dürfte aber wenig zu spüren gewesen sein.

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Dienstag, 22. Dezember 2009

Stadlerberg oder Haggenberg?

Am Samstag, 19. Dezember hat ein unbekannter Besucher des Wikipedia-Artikels über Weiach die Passage über den Flugzeugabsturz vom 14. November 1990 leicht abgeändert. Die Ortsbezeichnung «Haggenberg» änderte er auf «Stadlerberg» ab. Diese Änderung wurde nach anderthalb Tagen revertiert.

Aus der Ferne gesehen mag der Besucher, der mit einem Bluewin-Account unterwegs war, mit der Bezeichnung «Stadlerberg» durchaus recht haben. Auch die Eidgenössische Flugunfall-Untersuchungskommission verwendete in ihrem Schlussbericht konsequent den Namen «Stadlerberg». Und solange man nur eine 1:50'000er-Karte konsultiert ist das auch richtig, denn da findet man für den fraglichen Hügel auch nur den Namen «Stadlerberg». Und so heisst das Plateau auch auf der Stadler Seite, welche den grössten Teil des Bergs ausmacht.

Absturzort «Haggenberg»

Auf der Weiacher Seite aber, wo sich das Flugzeug in den Boden gebohrt hat, wird dieser Hügel eindeutig «Haggenberg» genannt, was klar wird, wenn man die 1:25'000er-Karte zur Hand nimmt. Deshalb ist im Wikipedia-Artikel Weiach auch vom Gebiet Surgen am Haggenberg die Rede.

Die für weniger Ortskundige verfassten Zeitungsartikel, der Untersuchungsbericht und deshalb natürlich auch der Wikipedia-Artikel über den Unglücksflug Alitalia AZ 404, wie der entsprechende Beitrag im ZRH-Wiki bezeichnen den Unfallort als «Stadlerberg», was eben nur bedingt richtig ist.

Analog dazu würde man eine Flugzeugkollision mit der Südwand des Matterhorns in der internationalen Presse auch als «Flugzeugabsturz am Matterhorn» bezeichnen, weil das der weltweit bekannte Name des Berges ist. In der lokalen Presse des südlich des Matterhorns gelegenen Breuil-Cervinia aber wäre wohl die Rede von einem «Flugzeugabsturz am Monte Cervino».

Weiterführende Artikel

Montag, 21. Dezember 2009

Prediger Hebeisen mischt das Dorf auf

Nach dem Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 des Weiacher Pfarrers Kilchsperger an den Zürcher Kirchenrat waren auf dem Gemeindegebiet auch andere Religionsgemeinschaften missionarisch tätig.

Nach Punkt 7 des Berichts taten sich im 1. Weltkrieg besonders evangelikale Freikirchen hervor, die der Pfingstbewegung zuzurechnen sind, wie die spätere Volksmission entschiedener Christen.

«Ad 7. Anfangs Febr. 1915 hielt ein gewisser Prediger Hebeisen Versammlung im "Sternen Weiach" ab, u. erregte durch seine flammenden Busspredigten u. sein schwärmerisches Wesen die Gemüter vieler Frauen. Anfänglich hielten sich Kirchenpflege u. Pfarrer beobachtend zurück, schliesslich sah sich letzterer genötigt, gegen das ungesunde u. aufreizende Treiben dieses Mannes in einer überaus zahlreich besuchten Versammlung Stellung zu nehmen, was bei vielen abklärend u. beruhigend wirkte. Immerhin fanden in einer Bauernstube noch lange Versammlungen Hebeisens statt [-] abwechselnd mit Prediger Ruff von der Pfingstgemeinschaft. Schliesslich erkannte Letzterer samt der Hausgemeinde das Unlautere des gefährlichen Hebeisen u. sagten sich von ihm los. Nun ist nur noch ein kleiner Kreis der Pfingstgemeinde vorhanden, der sich mehr in der Stille versammelt u. sich auch nicht mehr so einseitig ablehnend gegen die Landeskirche verhält.»

Sonst funktioniert die Zusammenarbeit

Damit war die Gefahr für die Landeskirche gebannt und die Kirche wieder im Dorf, denn abgesehen vom Prediger Hebeisen gab es sonst offenbar keine gravierenden Probleme, im Gegenteil:

«Etliche Töchter u. Frauen besuchen die Chrischona Versammlungen in Glattfelden, andere diejenige der Brüdergemeinschaft in Raat, sind aber daneben fleissige Besucherinnen der Landeskirche und fördern das relig. Leben wohl eher. Im Allgemeinen suchen wir eher ein freundschaftliches Verhältnis zu pflegen u. zusammen zu arbeiten. So haben wir bei unserer ersten Evangelisation Pfarrer der Landeskirche u. einen Prediger der Chrischona das Wort gegeben und diesen Winter soll jener Prediger, Hausvater Kägi in Beringen allein die Evangelisations-Ansprachen halten; - Von einer antikirchl. Propaganda anderer Gemeinschaften, oder der Freidenker merken wir wenig.»

Die erwähnte «Pilgermission St. Chrischona» sowie der «Evangelische Brüderverein», der sich heute «Gemeinde für Christus» nennt, sind bis zum heutigen Tag feste Bestandteile des religiösen Lebens in den Gemeinden Weiach, Glattfelden und Stadel. Auch die Standorte ihrer Versammlungslokale haben sich nicht verändert.

Hebeisen weiter aktiv

Wie man den Erinnerungen von Karl Friedrich Fix (1897-1969), des Gründers der «Volksmission entschiedener Christen», entnehmen kann, reiste dieser Prediger Hebeisen noch jahrelang in Süddeutschland und der Schweiz herum:

«Schon bald durfte durch Vermittlung meiner Verwandten in Süddeutschland die Verbindung zum Weckhof (bei Künzelsau), meiner späteren zweiten geistigen Heimat, hergestellt werden. Bruder Georg Breuninger (sen.) war seinerseits bereits Leiter der örtlichen Gemeinde. Dort lernte ich auch den lieben, alten Bruder Hebeisen kennen, der mich in seine Schweizer Arbeit einlud, und dann und wann durfte ich nun in der Schweiz dienen, wenn es auch schwer war, von der Gestapo jeweils eine Ausreiseerlaubnis zu erhalten. Unvergeßlich bleibt zuerst noch ein Besuch in Basel. Ich durfte dort im "Verein entschiedener Christen" Klingentalgraben 7, Versammlungen halten.» (Quelle: Begegnungskirche Berlin. Exaktes Zitat auch hier).

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Sonntag, 20. Dezember 2009

Tupac an der Bushaltestelle

Auf der orange gestrichenen Betonwand des neuen Buswarteunterstands (von einem Häuschen kann keine Rede mehr sein) hat sich der erste Jugendliche verewigt. Nein, kein simpler «Tag». Da hat jemand mit dickem schwarzem Stift

«R.I.P. 2PAC 1971-1996»

hingeschrieben. Eine Filzstift-Grabinschrift. 2PAC?

Gemeint ist «Tupac». Tupac Amaru Shakur, gemäss Wikipedia «(* 16. Juni 1971 in Brooklyn, New York City; † 13. September 1996 in Las Vegas, Nevada; eigentlicher Name Lesane Parish Crooks), auch bekannt unter seinem Künstlernamen 2Pac und Makaveli, war einer der erfolgreichsten US-amerikanischen Rap-Musiker.»

Für welche Lebenshaltung Rap steht, weiss man ja. Die Bezeichnung «Crooks» ist alles in allem eine gute Umschreibung für das Phänomen. Mit dieser präpotenten Schmiererei sind nun also die US-amerikanischen Gangsta-Rapper auch bei uns angekommen.

Schöne neue globalisierte Welt. Den Drogenhandel haben wir schon. Nur die Schiessereien fehlen noch. Weiach wird Agglo.

Samstag, 19. Dezember 2009

Jünglingsverein und Posaunenchor

Fragen der Freizeitgestaltung von Jugendlichen trieben auch schon unsere Vorfahren um. Nur die Formen der Betätigung waren andere, wie man dem Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 des Weiacher Pfarrers Kilchsperger entnehmen kann:

«Ad 6. Das Beispiel von Weiach ist wohl typisch für kleine Landgemeinden. Im Jahre 1914 (18. Jan) baten etliche Jünglinge den Ortspfarrer, er möchte einen Jünglingsverein u. wo möglich einen Posaunenchor gründen. Das erstere geschah, aber das letztere nicht wegen Schwierigkeiten in der Beschaffung von Instrumenten. Die anfängliche Begeisterung verschwand deshalb rasch, u. schon im Dez. 1915 musste die Auflösung des Vereins erfolgen wegen mangelhafter Beteiligung der wenigen Mitglieder. Unsere heranwachsende Jugend will frei sein nach der Konfirmation u. ungebunden leben, u. sich nicht unter die direkte Leitung des Pfarrers stellen. Auch Versuche mit Konfirmandenvereinigungen brachten Enttäuschungen.»

Der jugendliche Sturm und Drang ist - man sieht es - ein Dauerthema, gestern wie heute.

Einen der Hauptgründe für das Scheitern nennt Kilchsperger hier nicht explizit: den Ausbruch des 1. Weltkriegs Anfang August 1914. Diese Initial-Katastrophe des 20. Jahrhunderts liess 1915 auch die erste Dorfmusik (gegründet 1913 aus einem bereits 1903 entstandenen Posaunenchor) eingehen (vgl. Dorfmusik Weiach – vor 50 Jahren aus der Taufe gehoben, WeiachBlog, 20. Januar 2007).

Weitere Artikel zum Thema Visitationsbericht

vgl. die Übersichtsseite auf dem Portal der Weiacher Geschichte(n)

Freitag, 18. Dezember 2009

Als Seite-1-Girl im «Blick»

«In the future, everyone will be famous for 15 minutes», soll der Pop-Art-Künstler Andy Warhol 1968 prophezeit haben. Gemessen daran, was gewisse Reality-TV-Formate heute aus und mit dem «girl next door» machen, ist diese Zukunft heute Gegenwart.

Kaum zur Freude von traditionalistisch eingestellten Zeitgenossen, die darin - zu Recht oder Unrecht - eine weitere Manifestation von Sodom und Gomorrah sehen. Auch viele längst verstorbene Weiacher Pfarrer (wie Albert Kilchsperger; vgl. die Artikel über den Visitationsbericht) würden sich wohl im Grab umdrehen, wenn sie erführen, wie Boulevardzeitungen heutzutage mit ihren Schäfchen Quote und Umsatz zu bolzen versuchen.

Gelernte Landwirtin

So gerade gestern, am 17. Dezember, als der «Blick» einer Weiacherin namens Petra ihre Warhol'schen 15 Minuten Berühmtheit zukommen liess: In der Rubrik «Heute bin ich ein Star!» als Blickfang und Pinup-Girl für den voyeuristischen Leser.


Verlinkt ist die entsprechende Seite Petra (28) aus Weiach ZH mit einem Vorher-Foto und etlichen Bildern des Shootings mit halbnackten Tatsachen.

«Petra ist das heutige Seite-1-Girl. Die 28-Jährige steht auf Feuerstühle – und hat heute Geburtstag! Wir gratulieren», posaunt die Seite.

Unter dem Zeitstempel «Aktualisiert um 00:37 17.12.2009» auch ein «Steckbrief» abgedruckt. Und so sieht Berühmtheit im Telegramm-Stil aus:

«Petra (1,64m/56kg) ist gelernte Landwirtin, arbeitet aber als Pöstlerin. Die Singlefrau wohnt zurzeit mit ihrem Vater in einer Wohngemeinschaft. In ihrer Freizeit geht sie am liebsten mit Hund Rocky spazieren. Unser Star des Tages hat heute Geburtstag – wir gratulieren!

Mir gefallen... meine Haare. Sie sind gesund und ich erhalte viele Komplimente dafür.

Weniger schön... ist meine Haut. Sie wird vor allem im Winter viel zu weiss. Dennoch: ins Solarium würde ich nicht, das ist viel zu ungesund.

Bei einem Mann achte ich... auf seine Hände und einen knackigen Hintern.

Männer beneide ich um... sie sind so schön unkompliziert und sie sind immer schnell gut angezogen, dazu brauchts bloss eine Jeans und ein Shirt.

Mein Traum: Die Schweiz erkunden und zwar auf dem Motorrad und mit Rocky. Alle wollen ins Ausland, dabei ist es hier so schön!
».

Offenherzig an der Stallwand

Bei ihrer Herkunft hätte sich Petra durchaus auch für den Bauernkalender, das rustikale Pendant zum Pirelli-Kalender, bewerben können.

Und tatsächlich hat die junge Frau auch schon Vorstösse in die entsprechende Richtung gemacht, wie man dem Tages-Anzeiger Unterland am 29. Mai 2007 entnehmen konnte: «Eine Weiacherin will in den Bauernkalender!» wurde dort mit dem passenden Titel «Offenherzig an der Stallwand!» bekanntgeben. Für den gedruckten Bauernkalender reichte es nicht, jetzt aber für den Blick.

Immerhin sind auch auf der Kalenderwebsite noch ein paar Spuren zu finden: ein Pressebild sowie den erwähnten Artikel aus dem Tages-Anzeiger. Und der ist wenigstens etwas ausführlicher als der Blick-Auftritt.

Präsentation der Köder

Ihre Netze werfen die Boulevard-Macher gezielt in attraktiven Fischgründen aus: «Weiblich, zwischen 18 und 30 Jahren alt» müsse man sein. Den Auserwählten schenke man dann «ein professionelles Foto-Shooting»:

«Eine Hair- und Make-up-Artistin holt das Beste aus dir heraus, du trägst edle Wäsche und der erfahrene Profi-Fotograf Geri Born rückt dich ins beste Licht. Zusammen wird am Schluss ein sexy Bild ausgewählt, das auf der Titelseite des BLICKs gedruckt wird. Nach dem Fototermin erhälst du als Erinnerung die besten Fotos in einer Mappe plus eine CD mit allen Aufnahmen — und 200 Franken als Entschädigung für deinen Aufwand.»

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Für Spitex ist die Gemeinde zu klein

Dass es auf dem Land auch schon in früheren Zeiten nicht einfach war, Spitex-Leistungen anbieten zu können, wird im Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 von Pfarrer Kilchsperger ebenfalls angesprochen.

Immerhin hatte die Privatinitiative schon damals zur Bildung eines Krankenmobilien-Fonds geführt, wie der letzte Abschnitt zum Punkt 5 zeigt (vgl. erste zwei Abschnitte im Artikel vom 15. Dezember):

«Betreff Kranken-Fürsorge geschieht privatim Manches, die Kleinheit der Gemeinde verunmöglichte bis jetzt die Anstellung einer Krankenschwester. Dagegen werden Kranken-Mobilien gegen bescheidene Taxen ausgeliehen u. Neuanschaffungen von der Armenpflege bezahlt.

Pro Juventute u. pro Senectute wird jährlich eine Sammlung veranstaltet und konnten aus beiden Institutionen willkommene Gaben vermittelt werden, z.Z. 5 Unterstützungen für alte Leute.
»

Die Ausleihe von Krankenmobilien ist noch heute ein fester Bestandteil der Spitex, wie man dem Angebot der Spitex-Dienste Stadel-Bachs-Weiach entnehmen kann.

Frühere Artikel zum Thema Visitationsbericht

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Wo ist Malzendingen?

Diesen Ort gibt es nicht, um es gleich zu Beginn zu sagen. Und das, obwohl ich im April 2002 aus einem Brief des Weiachers Konrad Bersinger an das Kommando der Infanterie wie folgt zitiert habe:

«Wihlelm Dietsche, Kübler, seßhaft in Weiach, gebürtig in Malzendingen, Grossherzogthum Baden» hatte ihm seine Ehefrau ausgespannt und lebte seither mit ihr zusammen: «Laut der Klage welche bei dem Wohl. Löb. Bez. Gerichte Regensperg liegt, beweiße ich, daß seit in März 1854 dieße Beklagten mit einander ein Hauß weßen geführt.» (aus: Weiacher Geschichte(n) Nr. 29)

Wenn man nur sich selbst findet

Den Verdacht, dass da etwas nicht stimmen kann, schöpfte ich, als eine Google-Suche nach der im Titel gestellten Frage für «Malzendingen» genau einen einzigen Treffer ergab. Nämlich einen Verweis auf den eigenen, vorstehend gerade zitierten Artikel.

Via andere Suchverfahren getätigte Abklärungen, ob es im ehemaligen Grossherzogtum Baden eine Ortschaft dieses Namens gegeben hat, verliefen im Sande.

Hatte ich mich vor sieben Jahren verlesen? Beim Austausch von nur zwei Buchstaben ergibt sich immerhin der Name «Malterdingen», eine Gemeinde im Breisgau, nahe der französischen Grenze gelegen. Passen könnte das, zumal Malterdingen tatsächlich einmal zum Grossherzogtum Baden gehört hat.

Original überprüfen hilft

Nachdem ich nun aber anhand des Scans des Originalbriefs überprüft habe, ob Bersinger das tatsächlich so geschrieben hat oder ich mich verlesen habe, muss ich hier mitteilen, dass der Fehler allein bei mir liegt.


Die Ortschaft wurde von Bersinger als «Wolpen dingen» bezeichnet (zum Vergrössern Bild anklicken, vgl. zweites Wort in der siebten Textzeile).

Und wenn man etwas auf die Suche geht, dann ist das eine sehr seltene Alternativschreibweise zur Ortschaft Wolpadingen, die seit 1971 zur Gemeinde Dachsberg im Südschwarzwald gehört und in der Nähe der Klosterstadt St. Blasien liegt.

Korrektur auf «Wolpadingen»

Der Kübler Dietsche stammt ziemlich sicher aus diesem Dorf gar nicht so weit von Weiach entfernt. Malzendingen ist wohl Wolpadingen.

Was in den Weiacher Geschichte(n) Nr. 29: «Ales half dazu daß ich fremde Dienste nahm». Der lange Weg zum Totalverbot (Reislaufen – Teil 2). entsprechend korrigiert ist.

Keine Korrektur ist beim Artikel «Die Flucht in den Söldnerdienst» möglich, der in der Reihe «Geschichte und Geschichten aus dem Unterland» im Tages-Anzeiger Unterland vom 13. März 2009 erschienen ist. Dort steht nun bis in alle Ewigkeit ein fiktives Malzendingen drin. Peinlich.

Dienstag, 15. Dezember 2009

Kirchliche Liebestätigkeit gewachsen

Aus dem Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 des Weiacher Pfarrers Kilchsperger ist schon in drei früheren Artikeln von WeiachBlog zitiert worden. Hier nun was er zum Thema Kollekten und Spenden (früher als «Liebessteuern» bezeichnet) zu sagen hatte.

Lieber für auswärtige Bedürftige

«Ad 5. Die kirchl. Liebestätigkeit ist in den letzten Jahren entschieden gewachsen. Im allgemeinen wird für wohltätige Zwecke ausserhalb der Gemeinde lieber gegeben, als für solche innerhalb der Gemeinde.»

Interessant ist, dass Kollekten für Dritte ausserhalb der Gemeinde besser ankommen. Das hat wohl damit zu tun, dass die Bürger bereits mit den Armensteuern belastet wurden und wohl fanden, damit genug getan zu haben - und auch damit, dass man die Verfehlungen der eigenen Armengenössigen sehr wohl kannte, die von fremden aber eher ausblenden konnte.

Protestantische Mission findet Zuspruch

«Besonderer Liebe erfreut sich die Basler Mission, so dass neben der Fünferkollekte noch die Halbbatzenkollekte eingeführt werden konnte, wobei im ersten Anlauf sechzig Geber gewonnen wurden. Die Missions-Sonntagsgottesdienste, sowie die Jahresfeste des Missionsverbandes am Zürcher Rhein fördern den Missionssinn. Daneben wird auch des protst. kirchl. Hülfsvereins gedacht, u. ihm seit etlichen Jahren die Pfingststeuer zu gewiesen.»

Dass die anfangs des 19. Jahrhunderts gegründete Basler Mission grossen Zuspruch erhielt, verwundert angesichts ihrer Wurzeln in pietistischen Kreisen nicht wirklich. Protestantische Basisfrömmigkeit und damit verbundene Missionierung und Evangelisierung haben in Weiach durchaus Tradition, was sich auch an der Verbreitung von protestantischen Freikirchen ablesen lässt.

Frühere Artikel zum Thema Visitationsbericht

Sonntag, 13. Dezember 2009

Weyacher Veteran will St. Helena-Medaille

In den Jahren der von Napoleon Buonaparte diktierten Mediations-Akte (1803-1813) wurde auch der Stand Zürich gezwungen, Frankreich Truppen stellen. Es ist daher durchaus möglich, dass auch Weiacher den berühmten Russland-Feldzug mitmachen mussten. Von den etwa 10'000 Schweizern in der grande armée kehrten nur noch rund 700 zurück.
Ob Rudolf Baumgartner von Weyach einer dieser Überlebenden war, weiss man nicht. Aber er muss wohl irgendwann zwischen 1792 und 1815 in französischen Heeren Dienst geleistet haben.

Baumgartner bewarb sich nämlich 1855 um einen Anteil an den Napoleonischen Legaten, wie man einem Verzeichnis entnehmen kann, das heute im Staatsarchiv des Kantons Zürich zu finden ist. Er scheint jedoch leer ausgegangen zu sein.

Vom Grossvater gestiftet, vom Enkel dekretiert

Napoleon I., der im Jahre 1821 auf dem Atlantik-Eiland St. Helena starb, bestimmte nämlich testamentarisch die noch lebenden Angehörigen seiner Armeen zu Erben von immerhin 8 Millionen Franc, damals eine beträchtliche Summe.

Weil aber die Zahl der noch Lebenden immerhin bei 405'000 lag, konnte der Einzelne nicht grosse Reichtümer erwarten - nur eine Ehrengabe. Immerhin ein Orden.

Mit der 1857 durch den französischen Kaiser Napoleon III. gestifteten Sankt-Helena-Medaille wurden die noch lebenden Soldaten der Kriege unter Napoleon I. ausgezeichnet.

Die Medaille trägt die Inschrift: «Campagnes de 1792 à 1815. A ses compagnons de gloire sa dernière pensée. Ste. Hélène, 5 Mai 1821».

Quelle
  • StAZH Q I 137a: St. Helena-Medaille und Napoleonische Legate, 1855-1858)
Weiterführende Links

Samstag, 12. Dezember 2009

Gesamtsteuerfuss steigt um 2 Prozent

Schon vom letzten auf dieses Jahr erhöhte die Politische Gemeinde Weiach ihren Steuerfuss. Von 18 auf 21% (WeiachBlog berichtete am 9. Dezember 2008).

Dass es in diesem Stil weitergeht, konnte man dem Online-Auftritt des Tages-Anzeigers bereits am 23. November entnehmen: «50 Gemeinden senken die Steuern» war der Artikel von René Donzé überschrieben. Bei Senkungen auf solch breiter Front könne von Krise keine Rede sein, meinte der Journalist, um dann weiter unten anzumerken: «Steuererhöhungen planen zudem Gemeinden im Unterland von Oberweningen und Weiach über Regensberg, Rümlang, Regensdorf bis nach Kloten.»

In verdaubaren Schritten nach oben

Auf nächstes Jahr hin erhöht die politische Gemeinde ihren Steuerfuss also erneut. Eines der Traktanden der Gemeindeversammlung vom 10. Dezember war denn auch die «Genehmigung des Voranschlages für das Jahr 2010 und Festsetzung des Steueransatzes auf 24% (Vorjahr 21%)» (MGW, November 2009, S.3).

Heute Samstag titelt der Tages-Anzeiger Unterland auf Seite 25 simpel mit «Weiach erhöht die Steuern», was angesichts der letztjährigen Erhöhung und der bisher jahrelang rekordtiefen Gesamtsteuerbelastung tatsächlich News ist. Jedenfalls für all diejenigen, die einen Umzug in die Nordwestecke des Kantons vor allem oder gar ausschliesslich aus fiskalischen Gründen ins Auge gefasst hatten. Was der Tagi schreibt, tönt gar nicht so spektakulär:

«Weiach – 43 Stimmberechtigte (5,7 Prozent) genehmigten am Donnerstag eine Steuererhöhung der Politischen Gemeinde Weiach um 3 Punkte auf 24 Prozent. Der Gesamtsteuerfuss steigt neu auf 87 Prozent (Vorjahr: 85 Prozent), weil die Oberstufenschulgemeinde ihren um ein Prozent senkt. Die Versammlung gab grünes Licht für das Budget 2010, das mit einem Defizit von fast 400 000 Franken schliesst. Weiter hiessen die Weiacher auch den Kredit von 560 000 Franken für die Sanierung des Abwartshauses am Schulhaus gut. Das Budget der Schule schliesst mit einem Plus von rund 120 000 Franken bei einem Aufwand von 1,2 Millionen Franken. Die Ausgaben fallen um 73 000 Franken tiefer aus als im Vorjahr.»

Der Gesamtsteuerfuss steigt also gesamthaft nur um 2 Prozent, da die Oberstufenschule Stadel ihren Steuerfuss um 1% zurückschraubt.

Gemeindevermögen wird weiter geplündert

Darüber, was hinter der Steuererhöhung der politischen Gemeinde wirklich steckt, erfährt man allerdings in diesem Kurzbeitrag nur zwischen den Zeilen etwas.

Der entscheidende Punkt ist, dass das Budget 2010 trotz Steuererhöhung immer noch 400'000 Franken Defizit vorsieht. Man lebt also in Weiach ein weiteres Jahr von der Substanz. Eine Praxis, die auf diesem Blog schon vor Jahren kritisiert wurde (vgl. den WeiachBlog-Artikel vom 17. November 2006).

Was wäre die Unique Selling Proposition?

Offensichtlich fürchtet der Gemeinderat zu starke Steuererhöhungen nach wie vor wie der Teufel das Weihwasser - nicht unbedingt wegen der bereits hier Ansässigen. Die ziehen nicht so schnell weg, vor allem wenn sie bereits Wohneigentum erworben haben. Anders sieht es mit potentiellen Neuzuzügern aus.

Die Frage ist: wie hoch darf der Steuerfuss steigen, dass andere als Nachteil empfundene Faktoren (Abgelegenheit, Fluglärm, suboptimale Anbindung ans öV-Netz, etc.) in der Gesamtbetrachtung nicht zu stark ins Gewicht fallen. Oder anders gefragt: Was ist das Alleinstellungsmerkmal, das unseren Standort deutlich von anderen im Zürcher Unterland abhebt, wenn der tiefe Steuerfuss wegbröckelt?

Montag, 7. Dezember 2009

Weiacher Geschichte(n) auf neuer Homesite

[HINWEIS: Die Angaben in diesem Beitrag sind veraltet. Die Weiacher Geschichte(n) sind nicht mehr auf kirche-weiach.ch gehostet. Sämtliche unterlegten Links wurden daher auf die eigene Domain weiachergeschichten.ch angepasst.]

Wie Ende Juli bereits mitgeteilt, hat die Besitzerin unseres langjährigen Webhosters Geocities ihre Ankündigung wahrgemacht, den Dienst eingestellt und per 26. Oktober sämtliche Sites gelöscht. Mittlerweile sind sie nicht einmal mehr über Google zu finden.

Die Ersatz-Lösung mit einem Hosting der Artikel auf esnips.com bzw. Scribd.com befriedigt die Nutzer nicht. esnips.com ist wegen seiner Werbelastigkeit und vielen kapazitätsfressenden Multimedia-Anwendungen in der Kritik. Scribd.com hat in jüngerer Zeit die Bedingung eingeführt, dass Nicht-Mitglieder die Dateien nur anschauen, aber nicht downloaden können.

Heimspiel: Lokale Lösung gefunden

Der Weiacher Pfarrer Christian Weber hat den Weiacher Geschichte(n) und weiteren Materialien zur Ortsgeschichte der Gemeinde Weiach nun eine neue Heimat verschafft, die nicht nur werbefrei auftreten kann, sondern auch für die Downloads der PDF-Dateien keine Mitgliedschaft verlangt.

Der neue Webauftritt ist unter dem Domain-Namen der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach angesiedelt:

http://weiachergeschichten.kirche-weiach.ch/

Auf den sechs Reitern ist beinahe alles versammelt, was zuvor unter Geocities zu finden war:
  • die Einstiegseite (vgl. Link oben).
  • das Artikel-Archiv Weiacher Geschichte(n) samt downloadbarem Inhaltsverzeichnis zur Gesamtausgabe.
  • Unter Historia Wiachiana ist das Quellen- und Literaturverzeichnis zur Geschichte von Weiach zu finden. Weiter die Monografien zur Ortsgeschichte von Brandenberger (4. Auflage), sowie ein Link auf WeiachBlog. Weiter wird auf den Reiter Zollinger-Home verwiesen.
  • WeiachWeb listet Websites auf, die Bezug zu Weiach aufweisen, aber nicht vom Autor der Weiacher Geschichte(n) verantwortet werden. Diese Liste ist bei Bedarf noch ausbaubar, z.B. mit dieser Linkliste (WeiachBlog, 5. Mai 2008).
  • Auf Zollinger-Home sind die Zugänge zu den Zollinger'schen Ortsgeschichten (1. und 2. Auflage) zu finden.
  • Und natürlich darf auch die Broschüre zum grossen Jubiläum der Pfarrkirche Weiach nicht fehlen. Unter 300 Jahre Kirche ist die Online-Ausgabe, April 2007 von «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». Weiach, 1706 – 2006. abgelegt.

Herzlichen Dank an die Kirchgemeinde!

Montag, 30. November 2009

Kasualien als gute, fromme Sitte

In den WeiachBlog-Artikeln vom 26. und 27. November war bereits die Rede vom Visitationsbericht des Weiacher Pfarrers Kilchsperger an die vorgesetzte Behörde in Zürich.

Die vierte vom Kirchenrat zur Periode 1912 bis 1923 gestellte Frage betraf die sogenannten Kasualien, d.h. nach Bedarf angesetzte Amtshandlungen des Pfarrers. Gemeint sind besonders die kirchlichen Feiern zur Taufe, Konfirmation, Trauung (Hochzeit) und Beerdigung (Bestattung). Hier die Antworten aus Weiach:

Taufe als öffentliche Zeremonie

«Ad 4. Die Taufe wird hier nur in wenig Fällen unterlassen, u. gewöhnlich findet sie im Beisein der Gemeinde statt.»

Dass die Taufe einen Teil des normalen Sonntagsgottesdienstes darstellt ist in Weiach auch heute noch üblich. Dies im Gegensatz zu stark frequentierten Kasualien-Kirchen (wie z.B. Regensberg), für welche oft eine Trennung eingeführt worden ist, da sich kirchenungewohnte Tauf- und Hochzeitsgesellschaften häufig nicht an die ungeschriebenen Regeln halten (kein Schwatzen und Telefonieren bzw. exzessives Fotografieren im Gottesdienst).

Trinken aus gemeinsamem Kelch

«Die Abendmahlsfeiern werden gut besucht, auch von Seiten der Männer; nur einzelne Besucher der Festgottesdienste verlassen die Kirche vor dem Abendmahl, jedenfalls nicht aus Angst vor dem gemeinsamen Kelch, den wir nicht ohne dringende Notwendigkeit durch Einzelkelche ersetzen würden.»

Die damals gemeinsam genutzten Kelche aus Holz sind heute als Exponate im Weiacher Ortsmuseum zu finden.

Es ist halt Tradition...

«Krankenkommunion wurde schon begehrt u. gerne ausgeführt. Wohl werden Taufe und Abendmahl von Manchen nur als gute, fromme Sitte, gewohnheitsmässig mitgemacht, doch von der Mehrzahl wohl als sinnvolle Handlungen wert gehalten.»

Da besteht wohl kein Unterschied zur heutigen Zeit. Gläubig mögen die Leute ja durchaus sein - was sich aber nicht in fleissigem Kirchgang ausdrückt.

Mitbestimmung für Konfirmanden

«Die Konfirmation ist hier eine von der ganzen Gemeinde besuchte Feier, u. wird mit möglichst einfachen gehaltenem Versprechen gefeiert, wobei den Konfirmanden soweit Freiheit geboten wird, dass in einer der letzten Stunden des Unterrichts das Versprechen zur Prüfung vorgelegt wird, u. später jedes Einzelne befragt wird, ob es von sich aus dem Versprechen zustimme oder nicht.»

Heute eine Selbstverständlichkeit. Dass Kilchsperger dieses Verfahren ausdrücklich erwähnt lässt vermuten, dass es damals durchaus auch anders gehandhabt wurde.

Wenn der Priester die Ehe mitbestimmt

«Grundsätzliche Änderung wird von Seiten der Gemeinde nicht gewünscht.
Die kirchliche Trauung wird nur selten unterlassen, dagegen häufig Trauung am Samstag begehrt.
»

Früher wurde offensichtlich die Hochzeit eher am Sonntag gehalten. Hier zeichnet sich der Trend ab, diese Kasualie zu einem privaten Event zu machen, was heute die Regel ist.

«Mischehen kommen hie u. da vor, gewöhnlich aber behält die katholische Braut die Oberhand, u. wagt der protest. Bräutigam nicht zu protestieren. Allen kirchlich getrauten Ehepaaren wird eine Traubibel verabfolgt.»

Auch hier keine signifikante Änderung. Der religiöse Hoheitsanspruch auf die Kinder einer Mischehe wird von den katholischen Priestern auch heute noch erhoben - und durchgesetzt.

Letztes Geleit

«Die kirchlichen Bestattungen sind Regel - selbst die Angehörigen von Gemeinschaften begehren sie. Auch hier ist eine Ansprache des Pfarrers üblich, worin er die Personalien mit den Gedanken des Textes verbindet u. zu den vielen Anwesenden ein Wort christl. Glaubens u. Hoffens spricht.»

Mit den angesprochenen Gemeinschaften sind v.a. evangelikale Freikirchen wie die Pfingstgemeinden oder die Chrischona-Mission gemeint.

Bereits erschienene Artikel

Sonntag, 29. November 2009

Ländliche Angst vor Überfremdung

An diesem Abstimmungswochenende dominierten zwei emotionsgeladene eidgenössische Vorlagen das Feld: die Minarett-Verbotsinitiative und die Initiative für ein Kriegsmaterial-Exportverbot.

Dass die Minarett-Initiative in Weiach angenommen wurde, überrascht im Vergleich mit den Resultaten ähnlich gelagerter, migrationskritischer Vorlagen der letzten Jahrzehnte wenig. Die Wuchtigkeit des Ja-Anteils von 71.92% kam für mich allerdings schon etwas unerwartet. Sogar die Nachbargemeinden Bachs, Stadel und Glattfelden meldeten tiefere Werte.

Insgesamt haben die Weiacherinnen und Weiacher aber nicht viel anders reagiert als die Bewohner des evangelikalen Bible Belt im Zürcher Oberland oder im ländlichen Weinland - alles traditionell konservative Gebiete, die einer Masseneinwanderung (wie sie im letzten Jahrzehnt stattgefunden hat) überhaupt nichts abgewinnen können.

Den Ja-Stimmenden nun reflexartig Kleinkariertheit oder gar Islamophobie vorzuwerfen, wie dies verschiedene Kommentatoren (ohne Kenntnis der genauen Beweggründe) tun, greift viel zu kurz. Viele fassten ihr Votum an der Urne wohl vor allem als Zeichen auf. Als ein Zeichen des Widerstands gegen die militanten Formen des Islam und den Islamismus.

Kriegsmaterial-Exportverbot wäre Landesverrat

In die Kategorie Selbstbehauptung fällt auch das Verdikt des Stimmbürgers zur Initiative über ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten. Die Weiacher stimmten nicht anders als die Mehrheit der Stimmberechtigten des Kantons und lehnten ein Verbot wuchtig ab. Gerade einmal 18.4% waren dafür. Die übrigen sahen wohl nicht nur die Gefahr für die Arbeitsplätze. Sondern auch die Tatsache, dass die Schweiz im Falle einer kriegerischen Entwicklung in Europa nur mit einer eigenen Rüstungsindustrie eine Chance hat, sich das nötige Material zur Selbstverteidigung zu beschaffen.

Skepsis gegen Flugverkehr

Die Spezialfinanzierung für den Luftverkehr wurde in Weiach um ein Haar abgelehnt. Bei 51.2% Stimmbeteiligung legten 50.56% der Stimmenden ein Ja ein. Nur in den am Ostrand des Kantons gelegenen Gemeinden Schlatt und Sternenberg werden ähnliche Resultate verzeichnet.

Dieses knappe Votum in einer ansonsten schweizweit unbestrittenen Angelegenheit spiegelt das generelle Misstrauen gegen alles, was mit Flugverkehr zu tun hat. Zurückzuführen ist es auf die wiederholten schlechten Erfahrungen mit den Flughafenbehörden in Kloten und dem Zürcher Regierungsrat, welche den Weiachern wie selbstverständlich seit 33 Jahren Tag für Tag eine schwer erträgliche Intervallbelärmung zumuten. Seit 1976 benutzen jedes Jahr Zehntausende von Flugzeugen die über Weiach hinwegführende Anflugschneise 14.

Samstag, 28. November 2009

Kirche Weiach auf Flickr

Seit heute gibt es auch auf Flickr einen Tag «Weiach». Ein Benutzer, der sich «Swissrunner» nennt und wohl tatsächlich Laufsport als Hobby betreibt, hat ihn eingerichtet und auch gleich ein Bild hochgeladen:

Die evangelisch-reformierte Kirche Weiach vor stahlblauem Himmel - aufgenommen an einem sonnigen Herbstnachmittag (wenn man der Kirchenuhr glaubt um 13:50 Uhr - also ein paar Minuten früher)

Neben dem Laufsport gehört offenbar auch das Fotografieren von Kirchen zu den Leidenschaften von Swissrunner. Und lustigerweise hat er unter den bisher 15 Fotos von christlichen Gotteshäusern ausgerechnet die Kirche aufs Netz gestellt, welche derjenigen von Weiach innen wie aussen am ähnlichsten sieht: die Kirche Affoltern.

Sie ist die alte Pfarrkirche der ehemaligen Gemeinde Affoltern bei Zürich, die bis 1934 zum Bezirk Dielsdorf gehörte und im Zuge der 2. Stadterweiterung in die Stadt Zürich eingemeindet wurde.

Weiterführende Literatur zum Vergleich der beiden Kirchen
  • Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006.

Freitag, 27. November 2009

Bibeln wie Hochzeitskleider gebraucht

Der vom Weiacher Pfarrer Albert Kilchsperger (1883-1947) verfasste Visitationsbericht über die Jahre 1912 bis 1923 enthält manch kulturhistorisch interessante Anmerkung (vgl. Einführung im WeiachBlog-Artikel von gestern).

Was man bezüglich Quellenkritik dabei immer im Auge haben muss, ist der Blickwinkel des Verfassers. Hier scheint die besondere Stellung des Pfarrers in der kleinen Landgemeinde durch. Zwar hat er einiges an Befugnissen und Aufgaben verloren, trotzdem wird er als Mitglied der Armenpflege vom Kirchenrat immer noch mit Aufgaben betraut, wie sie seit Jahrhunderten üblich waren.

Die Zeitungen sind schuld

Zum Buch der Bücher stellte der Kirchenrat auch eine Frage (leider liegt uns diese nicht vor), hier die Antwort Kilchspergers:

«Ad 3. Die Bibel wird im Allgemeinen in Ehren gehalten, aber vielfach nur wie ein Hochzeitskleid das man nur selten braucht. Wohl wird jährlich in jede Familie ein Bibellesekalender gebracht, aber es ist Grund zu der unerfreulichen Annahme vorhanden, dass er nur Wenigen Anleitung zu regelmassigem Bibellesen gibt. Die Lektüre der vielen Zeitungen hat auch hier die Bibellektüre stark verdrängt.

Erbauungsbücher, alte Gebetbücher in grossem Druck werden in etlichen Häusern von alten u. kranken Leuten gelesen, u. nicht ungern dem Pfarrer vorgewiesen, wohl als Beweis noch vorhandener Frömmigkeit.

Von den religiösen Blättern sind am meisten verbreitet: Das Appenzeller Sonntagsblatt, der Feierabend u. der Kirchenbote. Ein kirchliches Gemeindeblatt für Weiach-Kaiserstuhl wird nicht herausgegeben.

Eigentliche Hausandachten werden wohl selten gehalten, dafür werden von den Frauen in manchen Familien die täglichen Betrachtungen der christl. Abreisskalender gelesen u. hie u. da ein besonders "träfes Zeddeli" dem Manne vorgelesen.
»

Woraus man unschwer ersehen kann: die religiöse Alltagsversorgung wurde von den Männern an ihre Frauen delegiert. Auch und gerade wenn es dabei ums Lesen ging. Was (ihr) wichtig war, das las sie ihm ja dann vor. Er konnte sich dafür den handfesten, weltlichen Dingen widmen - und die Berichte über Vieh- und Getreidemärkte gründlich studieren.

Quelle

  • Kirchenpflegeprotokoll Weiach, 1924 - S. 405-406.

Donnerstag, 26. November 2009

«Auflösung der Autorität» wegen 1. Weltkrieg

Ganz so akribisch und gnadenlos in die Intimsphäre vordringend wie der französische Bischof Jacques Fournier, der spätere Papst Benedikt XII., dies im Jahre 1325 im Pyrenäen-Bergdorf Montaillou durchgezogen hat, ging es in Weiach glücklicherweise nicht zu und her.

Trotzdem erlaubt auch ein von den Zürcher Kirchenoberen bestellter Visitationsbericht Einblicke in Alltag und Mentalität einer Dorfgemeinschaft - wenn auch nicht derart radikale wie der Ketzerprozess von Montaillou (von dem Akten mit 578 protokollierten Vernehmungen und 160 Zeugenaussagen überliefert sind).

Im Protokoll der evangelisch-reformierten Kirchenpflege Weiach ist der Kirchenvisitationsbericht 1912-1923 unter dem Titel «Sitzung den 28. Januar 1924» zu finden: Sozusagen ein von ihrem Pfarrer gemaltes religiöses Sittenbild der Gemeinde.

Sich der Kürze befleissen

WeiachBlog macht den Volltext in Etappen zugänglich. Leider liegt die ursprüngliche Liste der Fragen des Zürcher Kirchenrats dem Visitationsbericht nicht bei.

«Der Kirchenvisitation-Bericht 1912 bis und mit 1923 verfasst von Herrn Pfarrer Kilchsperger wurde vorgelesen wie folgt:

Die umfangreiche Anweisung des h. Kirchenrates gab uns willkommenen Anlass wieder einmal uns in zwei Extrasitzungen über das religiös-sittliche Leben unserer Gemeinde Rechenschaft zu geben. Wir sind uns freilich der Schwierigkeit der Aufgabe wohl bewusst, da wir mit unseren Menschenaugen nicht das verborgene Seelenleben u. die tieferen sittlichen Regungen der Gemeindegenossen betrachten können, sondern nur die Früchte des verborgen waltenden Geistes schauen können. Manche Früchte am Baum unserer Bauerngemeinde erweckten unsere Freude, manche aber zeigten uns die deutlichen Spuren der Stürme, die auch über unser Volk hingegangen waren u. da u. dort verheerend gewirkt hatten. So mussten auch wir uns fragen, was können wir, Kirchenpflege u. Pfarrer zur Förderung des religiös-sittlichen Lebens der Gemeinde tun?

Nach der Anweisung der Behörde soll sich der Schreiber des Berichtes der Kürze befleissen u. damit auch der tit. Bezirkskirchenpflege u. dem Kirchenrat die Aufgabe erleichtern.

I. Das religiöse Leben der Gemeinde.

Ad 1. Im Allgemeinen ist wohl während der Kriegszeit eine Klärung der relig. Lage eingetreten, auf der einen Seite bestimmtere Ablehnung der Religion u. der Kirche, auf der andern Seite bewusste Hinneigung u. mehr Verlangen nach Halt u. Ankergrund für die bangende, zagende Seele im wogenden Meer der stürmischen Gegenwart. Dabei wollen wir nicht allzuviel Gewicht auf den anfänglich starken Besuch der Gottesdienste u. der Bibelstunden im ersten Kriegsjahr legen, war dies doch eine rasch vorübergehende Welle. Wertvoller war in Bezug auf Weckung religiösen Lebens eine Evangelisationswoche im Nov. 1921, wo sich ein Verlangen nach Gottes Wort in gewissen Kreisen, vor Allem auch bei Männern zeigte, welche sonst die Kirche selten betreten. Eine Frucht dieser Evangelisation, war dann auch die Wiederaufnahme der Bibelstunden welche in den vergangenen 2 Wintern ordentlich besucht wurden, zwar ausschliesslich von aufmerksamen Zuhörerinnen, während die Männer sich nicht in die Schulbänke hineinwagten. Dennoch erhoffen wir da u. dort bleibende Früchte für das persönliche u. Familienleben u. haben deshalb auch für den kommenden Winter 1923 eine Evangelisation beschlossen. Es ist auch nötig, denn der Weltkriege hat auch bei uns eine Auflösung der Autorität der Eltern u. der Religion zur Folge gehabt, besonders bei der jungen Generation, die eigene Wege gewöhnlich nicht mit Gottes Wege geht.
»

Das erinnert doch sehr an die fast identischen Klagen über männlichen Absentismus aus dem Jahr 1959 (vgl. den Artikel Gott: Nur in dringenden Fällen in WeiachBlog, 22. November 2009). Da das Bedürfnis nach Spiritualität aber augenscheinlich nicht nur ein weibliches ist (wie die Evangelisationswoche zeigte), hätte man sich selber an der Nase nehmen und die Ursache in mangelhafter Zielgruppenorientierung suchen müssen.

Quelle

  • Kirchenpflegeprotokoll Weiach, 1924 - S. 404ff

Mittwoch, 25. November 2009

Verwandtenunterstützungspflicht keine Selbstverständlichkeit

In den Jahren der Hochkonjunktur war die Verwandtenunterstützungspflicht kein Thema. Jetzt wird sie wieder ausgegraben, weil die Gemeinden zunehmend knapp bei Kasse sind.

Worum geht es? Nach Schweizer Recht (ZGB 328 und 329) hat eine Person, die für ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst aufkommen kann, einen gesetzlichen Anspruch auf Unterstützung durch ihre direkten Verwandten. Diese haben sich gegenseitig unter die Arme zu greifen, sobald sie ohne diese Massnahme in Not geraten würden. Diese Bestimmungen im Schweizerischen Zivilgesetzbuch werden zuweilen als alter Zopf bezeichnet und die Forderung nach Abschaffung erhoben.

Keine Unterstützungspflicht in Weyach

Alter Zopf? Zumindest was die Gemeinde Weiach anbelangt, scheint es früher nicht selbstverständlich gewesen zu sein, bei der Armenunterstützung auf die nächsten Verwandten zurückzugreifen. Im Gegenteil.

Dies kann man dem ältesten erhalten gebliebenen Stillstandsaktenbuch der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach entnehmen. Die Kirchenpflege (damals Stillstand genannt) hatte bis zur Revision des Gemeindegesetzes in den 1920er-Jahren die Aufsicht über das Armenwesen.

Umfrage für neues Armengesetz

1834 plante die Regierung des Kantons Zürich die Armengesetzgebung zu überarbeiten und machte daher eine Umfrage. Sie schickte im Januar 1834 eine handschriftlich verfasste Liste von «Fragen an die ehr. Kirchenstillstände, behufs Abfassung eines Gesetzesvorschlags über das Armenwesen», welche als Beilage im Original erhalten geblieben ist. Die Stillstände sollten bis Ende Februar Antwort geben.

Eine der Fragen lautete: «5. Wie wurde es mit der Verpflichtung der Verwandten zur Unterstützung Armer, bisher in der Gemeinde gehalten?».

Was taten die Weyacher? «23. Febr. 1834 versammelte sich der E. Stillst. um zu berathen, wie die in Beylage enthaltenen Fragen des Raths des Innern zu beantworten seyen: man beschlosz dieselben auf folgende Weise zu beantwortnen:»

«ad frag 5. Die Verwandten wurden noch nie zur Unterstützung Armer verpflichtet.»

Interessant. Aus welchen Gründen dies in unserem Dorf so gehandhabt wurde, wird leider nicht erläutert. Ob es die Hiesigen auch so sahen wie heute der Beobachter?

Zitat: «Gegen eine freiwillige Unterstützung unter Familienmitgliedern ist sicher nichts einzuwenden. Problematisch wird es aber dort, wo sie erzwungen wird. Besonders dann, wenn die Pflichtigen selbst nicht sehr begütert sind und Konflikte das Familiensystem ohnehin belasten.»

Weiterführende Infos
  • Verwandtenunterstützungspflicht. Gesetzliche Grundlagen und Anwendungspraxis nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Beobachter-Merkblatt, Oktober 2008.

Dienstag, 24. November 2009

Die Weiacher Post und ihre Stempel

Auf der Website des Schweizerischen Vereins der Poststempelsammler (SVPS - ASCEP) findet man u.a. eine 187 Seiten starke, von Karl Gebert in Ebnat-Kappel geführte «Poststellenchronik Schweiz 1849-2009».

Aufgeführt sind «sämtliche Ortsnamen der Schweiz, von denen je ein Aufgabestempel für die Briefpost existierte». Die in tabellarischer Form geführte Chronik wurde zum Anlass des 150-Jahr-Jubiläums der Eidgenössischen Post im Jahre 1999 erstellt und seither immer wieder aufdatiert. Verwendet wurde zur Klassierung der Text der Poststempel und nicht die «Schreibweise in den Ortsverzeichnissen, die sehr oft mit den Stempeln nicht übereinstimmte».

Rechnungspflicht entschied über die Art des Stempels

Aus der Einleitung kann man viele interessante Details entnehmen, so z.B. dass bis 1925 die Regelung galt, «dass nichtrechnungspflichtige Ablagen nur einen Stabstempel (Balkenstempel) erhielten. Wurde die Ablage rechnungspflichtig, bekam sie erstmals einen runden Datumstempel. Der Stabstempel blieb weiterhin bei der Ablage und wurde als Formularstempel, aushilfsweise oder gefälligkeitshalber auch als Entwertungsstempel benützt».

Nichtrechnungspflichtige Postablagen besassen lediglich einen Stabstempel mit dem Namen der Ablage. Rechnungspflichtige Postablagen, Postbureaux oder Postämter verfügten dagegen über runde Datumstempel, vorerst ohne Stundenangabe, später auch mit.

Weiter erläutert Gebert in der Einleitung zur Liste: «Aufhebung = Poststelle aufgehoben (Datum = 1. Tag der Aufhebung; die Schalter waren letztmals am vorhergehenden Tag offen)».

Neue Eckdaten 1871, 1904 und 2009

Für die Postgeschichte von Weiach muss man sich neu auch diese drei Jahrzahlen merken.

Mit der Schreibweise «Weyach» wurde 1842 eine Nrp. Ablage eröffnet. Diese nichtrechnungspflichtige Ablage verfügte über einen Stabstempel, wie er z.B. 1864 verwendet wurde (vgl. WeiachBlog vom 13. August 2008).

Seit 1849 gehörte die Ablage Weyach zur «Kreispostdirektion Zürich VIII». Ab dem 1. Januar 1868 hatte die Poststelle Weyach den Status einer rechnungspflichtigen Ablage. Gemäss Gebert wurde aber erst am 1. Juli 1871 ein Rundstempel ohne Stundenangabe mit der Bezeichnung «Weyach» eingeführt. Der Stempel trug noch die Kantonsbezeichnung in Klammern.

Aus Spargründen erst nach Jahren korrekte Stempel eingeführt

Dass die Weiacher Postablage am 1. Juli 1890 zum Postbureau befördert wurde, schlug sich in den Stempeln nicht nieder. Wohl aber die Entscheidung zur Neuschreibung des Namens. Gemäss der Poststellenchronik des SVPS wurde am 1. November 1904 erstmals ein Rundstempel mit der Bezeichnung «Weiach» verwendet.

Reichlich spät, hatte man doch offiziell schon Jahre früher entschieden, dass «Weyach» nicht mehr die amtliche Schreibweise des Gemeindenamens sei. Spätestens das «Gesetz betreffend die Eintheilung des Kantons in Bezirke, Wahlkreise und politische Gemeinden vom 14. April 1872» führt nämlich im Wahlkreis Stadel (3 Kantonsratssitze) klar und deutlich die Schreibweise «Weiach» (vgl. Weiacher Geschchichte(n) Nr. 2).

Aufhebung und die Stempelfolgen

Auch der Tod unserer Poststelle ist von Gebert registriert worden. Die Aufhebung erfolgte am 8.3.2009, d.h. unsere Post war am alten Standort letztmals offen am Samstag, 7. März 2009. Seither erfolgt die Postzustellung von Stadel bei Niederglatt aus.

Seit dem Montag, 9.3.2009, ist die Post in Weiach nur noch mit einer «Ag», einer Agentur vertreten, einem Auftritt den Gebert so charakterisiert: «Ag: Ymago = Agenturen in Läden, ohne eigenen, runden Datumstempel».

Wobei das irgendwie nicht stimmen kann. Ich habe nämlich kürzlich bei ebendieser VOLG-Post eine Einzahlung gemacht. Und einen Rundstempel auf den Einzahlungsschein gedrückt bekommen, der klar und deutlich «Weiach» aufführt.

Weiterführende Links

Montag, 23. November 2009

Weiacher Kies AG verliert eigene Website

Manchmal hat es auch seine Nachteile, von einem lokalen Kleinkonzern aufgekauft zu werden. Nämlich dann, wenn dieser sein Produktportfolio auf einem einheitlichen Webauftritt vermarkten will.

Unter den (bezüglich der Lage des Hauptsitzes) weit von Weiach entfernten Grosskonzernen Franz Haniel GmbH und Lafarge SA wurde der Weiacher Kies AG der eigene Webauftritt belassen. Man dachte wohl zu Recht, dass deren Produkte sonst in den grossen Konzernangeboten untergehen und von den Kunden nicht mehr gefunden würden.

Nicht so bei den Eberhard Unternehmungen. Sie sehen die Weiacher Kies AG als Komplettierung ihres Porfolios. Entsprechend linkt die URL http://www.weiacherkies.ch/ seit neustem nur noch auf http://www.eberhard.ch/?dir=weiacher und von da wird der Besucher auf http://www.eberhard.ch/content.php?pnav_id=4&snav_id=1&nav_id=73 umgeleitet.

Dass dieser Website-Redirect auch seinen Niederschlag in der Führungspraxis hat zeigt sich am Organigramm. Das Aufbaudiagramm «Juristische Einheiten» führt die «Weiacher Kies AG» auf. Rein formal bleibt sie bestehen. Alles andere würde auch ziemlich wundern.

Wie man dem Organigramm, gültig ab 1.7.2009, entnehmen kann (Abschnitt «Organisatorische Einheiten»), wird sie in der internen Hierarchie jedoch nur noch als «Werk Weiach» des Bereichs Baustoffe geführt.

Sonntag, 22. November 2009

Gott: Nur in dringenden Fällen

Heutzutage wird ja oft beklagt, dass es mit dem Glauben nicht allzu weit her sei, dass viele lediglich «Papier-Christen» seien und in der Regel Gott einen guten Mann sein liessen.

Das ist allerdings nicht wirklich etwas Neues, wie man den Titeln einer Veranstaltungsreihe entnehmen kann, die vor genau 50 Jahren in Weiach organisiert wurde:

«22. Nov.: Männerabend im "Bahnhof" mit Vortrag von Pfr. Gutknecht, Zurzach über "Gott - nur in dringenden Fällen".
Anschliessend an diesen Männerabend fanden dann in der Kirche Evangelisationsvorträge statt, nämlich:
23. Nov.: "Die Zeichen der Zeit" (Pfr. Meng, Glattfelden)
24. Nov.: "Was kann ich tun, um ewiges Leben zu haben?" (Pfr. Tanner, Buchberg/SH)
25. Nov.: "Bist Du bereit, wenn Jesus kommt?" (Pfr. Brassel, Eglisau)
26. Nov.: "Was ist Glaube?" (Pfr. Hoch, Rafz)
27. Nov.: "Was will Gott von uns?" (Pfr. Walder, Wil/ZH)
»

Ob Männerabend und Evangelisationsvorträge gut besucht wurden? Davon erwähnt der Chronist Walter Zollinger leider kein Wort.

Mehr aus dieser Zeit
  • Weiacher Geschichte(n) Nr. 113: Skepsis gegenüber Südländern und der Motorisierung. Weiach vor 50 Jahren – Notizen aus der Jahreschronik 1959. – Nr. 113 (eSnips)Nr. 113 (Scribd)

Samstag, 21. November 2009

Vier von fünf Gemeinderäten haben genug

Die auf separatem, in violett gehaltenem A4-Blatt in die Briefkästen verteilte Mitteilung schlug Ende Oktober wie eine Bombe ein.

Mit Datum vom 29. Oktober 2009 teilte die Wahlvorsteherschaft für die Gemeindewahlen 2010 (d.h. der Gemeinderat) mit, dass von den 27 Mitgliedern der fünf Gemeindebehörden (Gemeinderat, Primarschulpflege, Evang. ref. Kirchenpflege, Rechnungsprüfungskommission und Wahlbüro) nicht weniger als 12 genug haben.

Gemeinderat: 5-4; Kirchenpflege: 5-3; Primarschulpflege: 5-2

Der Gemeinderat Weiach tritt auf Ende der laufenden Amtsperiode fast geschlossen zurück. Einzig Ernst Eberle stellt sich einer Wiederwahl. Die anderen vier Gemeinderäte, Präsident Gregor Trachsel, Max Griesser, Boris Macullo und Paul Willi wollen nicht mehr antreten.

Beim Präsidium steht also ein Stabwechsel bevor, eine Zäsur, die hier (zum Glück) nicht so häufig vorkommt. In den letzten 25 Jahren zählt man gerade einmal drei Präsidenten, Mauro Lenisa, Werner Ebnöther und Gregor Trachsel. Im Schnitt stellte isch also jeder zwei Amtsperioden zur Verfügung.

Nur wenig besser sieht es bei der Evangelisch-reformierten Kirchenpflege aus. Dort treten drei von fünf Mitgliedern zurück. Nur Hans-Ulrich Amacker und Heidi Schenkel haben eine Wiederwahl ins Auge gefasst. Die Präsidentin, Karin Klose, sowie Monika Baltisser und Silvia Rusterholz treten zurück.

Auch die Primarschulpflege verliert ihren Präsidenten. Rainer Hüssy will nun definitiv nicht mehr und auch Thomas Steinmann hat genug. Immerhin drei von fünf, nämlich Maya Bütler, Marianne Kunz und Ronald Meier bleiben.

Wenige Rücktritte bei RPK und Wahlbüro

Mehr Konstanz ist bei der Rechnungsprüfungskommission zu erwarten. Ausser Manuela Kläui treten sämtliche Mitglieder zur Wiederwahl an: Präsident Bruno Baumgartner, Daniel Elsener, Brigitte Griesser und Elsbeth Ziörjen.

Prozentual am wenigsten Rücktritte hat das Wahlbüro zu verzeichnen: Volker Klose und Paul Odermatt verzichten auf die erneute Kandidatur. Felix Junker, Evelyn Schär, Daniela Schnelli, Andreas Willi und Elsbeth Ziörjen sind für eine Wiederwahl bereit.

Wählerversammlung am kommenden Montag

Am 23. November gilt es um 20 Uhr zum ersten Mal ernst. Dann findet die Wählerversammlung im Gemeindesaal Weiach statt. Wird man genügend valable Kandidaten finden? Wahlvorschläge sollten gemäss dem Flugblatt der Wahlvorsteherschaft vom 29. Oktober «mit den vorgeschlagenen Kandidaten vorgängig abgesprochen» sein. Und: die Kandidaten sollen an der Versammlung teilnehmen um «sich persönlich vorzustellen».

Anscheinend ist es nicht einfach, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden. Anders ist ein auf gelbes A5-Papier gedruckten «Erinnerung» mit Datum 19. November kaum zu deuten, wo es heisst:

«Es sind verschiedene frei werdende Behördenämter zur Zeit noch vakant». Sprich: keine Kandidierenden dafür in Sicht. Und weiter: «Der Gemeinderat als Wahlvorsteherschaft lädt alle stimmberechtigten Einwohner und Einwohnerinnen der Gemeinde für die Vorbereitung der Wahlen ein, zur öffentlichen parteineutralen Wahlversammlung am nächsten Montag, 23. November 2009, 20.00 Uhr im Gemeindesaal.»

Das Adjektiv «parteineutral» ist eine Neuerung zum Flugblatt von Ende Oktober. Dort war von Parteien keine Rede. Aber offenbar muss man das besonders erwähnen. Interessantes Detail am Rande: wo es sonst üblich ist die Frauen vor den Männern zu nennen steht auf diesem offiziellen Schreiben der Gemeinde Weiach wie selbstverständlich: «Einwohner und Einwohnerinnen».

Also: am Montagabend auf zur Wählerversammlung. Denn: «An der Wählerversammlung werden Wahlvorschläge aus der Bevölkerung entgegengenommen»!

Freitag, 20. November 2009

Burgus auf verlorenem Posten

Ein burgus war in spätrömischer Zeit ein Wachtturm, der an einer Verteidigungslinie stand. Das waren bereits ziemlich stark befestigte Stützpunkte – solid aus Steinen errichtet. Und die Ähnlichkeit des Namens zu späteren mittelalterlichen Burgen ist durchaus nicht zufällig. 

Zwei dieser burgi gab es auch auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Weiach, einen im Hard, einen in Leeberen. Beide standen auf der Kante des Plateaus am südlichen Rheinufer und waren Teil des im 4. Jahrhundert angelegten Donau-Iller-Rhein-Limes

Diese Türme, von denen heute nur noch Fundamentreste übrig sind, wurden nach Meinung der massgebenden Historiker um 370 im Rahmen eines grossangelegten Befestigungsprogramms von Kaiser Valentinian I. errichtet. Im Jahre 374 organisierte dieser Kaiser noch einen Feldzug gegen die Alamannen, starb aber bereits 375 im heutigen Ungarn. 

Einer seiner Nachfolger, Kaiser Valens, hatte noch weniger Kriegsglück. [Korrekturhinweis: Valens war der Bruder Valentinians und zur gleichen Zeit Kaiser wie dieser. Valens war zuständig für den Ostteil des Reiches – Nachtrag vom 28.5.2021]. Die Schlacht von Adrianopel im Jahre 378 n. Chr markierte einen Wendepunkt der Militärgeschichte - und kann als Anfang vom endgültigen Ende des Imperium Romanum in seiner alten Grösse gesehen werden. 

Das gotische Reiterheer unter Fritigern besiegte die römische Infanterie, tötete deren Oberbefehlshaber und 40'000 Fusssoldaten. Nach Ammianus Marcellinus wurden die Römer durch die Wucht des berittenen Angriffs so zusammengepfercht, dass sie kaum noch ein Schwert ziehen oder eine Hand rühren konnten. Auch Kaiser Valens kam ums Leben. Die totale Niederlage. 

Nach der Schlacht bei Adrianopel beherrschten Reitertruppen für die nächsten tausend Jahre die Kampfplätze und verdrängten die Infanterieheere, die seit den Zeiten der Sumerer das Bild des Krieges beherrscht hatten. 

Das römische Reich war an allen Ecken und Enden unter Druck und musste im Jahre 400 die Grenztruppen vom Rhein abziehen. Von da an war der Weg über den Rhein nach Süden für die Alamannen frei. Die verbliebene galloromanische Bevölkerung schützte sich in befestigten Kastellen (wie Tasgetium bei Stein am Rhein) vor den Übergriffen.

So kam es, dass die Wachttürme auf unserem Gebiet wohl nur wenige Jahre tatsächlich ihrem ursprünglichen Zweck dienten. Danach verfielen sie langsam und wurden als Steinlieferant für andere Bauten benutzt. 

Weiterführende Lektüre

Dienstag, 17. November 2009

Wir Schweizer im heutigen Weltgeschehen

Unter diesem Titel fand im Januar vor 50 Jahren in Stadel bei Niederglatt ein Vortragsreihe der Volkshochschule Stadel mit hochkarätigen Referenten statt.

Ein Blick auf das Kursprogramm :

«Dienstag, 13. Jan. 59.
Herr Nationalrat Dr. W. Bringolf, Stadtpräsident, Schaffhausen: "Die Schweiz und die politische Auseinandersetzung zwischen Ost und West."

Dienstag, 20. Jan. 59.
Herr Oberstdivisionär E. Uhlmann, Kdt. der 6. Division, Neuhausen: "Unsere Landesverteidigung im Atomzeitalter."

Dienstag, 27. Jan. 59.
Herr Dr. Adolf Guggenbühl, Redaktor des Schweizer Spiegels, Zürich: "Wie können wir im Zeichen des europäischen Zusammenschlusses unsere bodenständige schweizerische Eigenart bewahren?"

Dienstag, 3. Feb. 59.
Herr Dr. Urs Schwarz, Redaktor an der Neuen Zürcher Zeitung, Präsident des Internationalen Presseinstitutes, Zürich: "Die Schweiz und die internationalen Organisationen. Unsere nationale Aufgabe."

Dienstag, 17. Feb. 59.
Herr Dr. W. Sommerauer, dipl. ing. agr., Neuhausen: "Ein Schweizer Experte erzählt über seine Erlebnisse in Afghanistan im Dienste einer nationalen Hilfsorganisation." (mit Lichtbildern)

Zeit und Ort:
Die Vorträge finden im Naturkundezimmer des Zentralschulhauses Stadel statt und beginnen jeweils pünktlich um 20.15 Uhr.

Kursgeld:
Kurskarte für alle 5 Abende: Fr. 7.-
Karten für Einzelvorträge: Fr. 2.-
Wir ersuchen Sie, die Karten vor Kursbeginn zu beziehen, um ein unnötiges Gedränge und langes Warte am ersten Kursabend zu vermeiden.

Zubringerdienst:
Autokurs ab Neerach (Wildenmann) Abfahrt 19.50 Uhr, Fahrpreis -.60 (retour)
Autokurs ab Weiach (Schulhaus) Abfahrt 19.50 Uhr, Fahrpreis 1.- (retour)

Anmeldungen:
Anmeldungen werden nur mit gleichzeitiger Einzahlung des Kursgeldes entgegengenommen. Das Kursgeld kann der Anmeldung beigelegt oder per Post an die Volkshochschule Stadel einbezahlt werden. Anmeldungen und Kursgeld nehmen die Sekundarschüler entgegen, welche Ihnen auch die Kurskarten wieder bringen werden. Anmeldungen per Post sind zu adressieren an die Volkshochschule Stadel.

Stadel, im Dezember 1958
Für den Ortsausschuss: sig. H. Wachter
»

Afghanistan und die Frage nach der eigenen Identität in einem neuen Europa. Zeitlose Themen, wie es scheint.

Zu den Personen: Oberstdivisionär Ernst Uhlmann war von 1957- 1961 Kommandant der Zürcher Division (Felddivision 6). Spannend ist vor allem die Verpflichtung von Walther Bringolf als Referenten des ersten Vortrags: denn Bringolf war ein Linker. Und Sozialdemokratie war eine Partei, die man im bäuerlich geprägten, konservativen Unterland mit ziemlicher Skepsis betrachtete.

Montag, 16. November 2009

Medialer Angriff nach 3 Jahren gescheitert?

Dagmar Appelt, damals Chefredaktorin des Neuen Bülacher Tagblatts (NBT), griff im Sommer 2006 zum verbalen Zweihänder. Die Tamedia AG sei ein «Medien-Schlachtschiff, das — koste es, was es wolle — noch so gerne in die Gewässer des Zürcher Unterlandes vordringen möchte» (vgl. Weiach-Blog vom 6. August 2006: Unterländer Bastion gegen das Tagi-Schlachtschiff).

Anlass für ihre markigen Worte war eine Medienmitteilung, in welcher den beiden Unterländer Lokalblättern Konkurrenz angesagt wurde: «Ab dem 4. Quartal 2006 verlegt der Tages-Anzeiger zusätzlich zum linken Zürichseeufer am rechten Zürichseeufer, in der Stadt Zürich, im Zürcher Oberland und im Zürcher Unterland Regionalausgaben», hiess es da. Total sollten für die vier zusätzlichen Ausgaben 65 neue Stellen entstehen, drei Viertel davon bei den neuen Redaktionen.

Vom ausgewachsenen Regionalbund...

Konkret sah das für den Leser so aus, dass die in die Briefkästen verteilten Tagi-Exemplare je nach Region einen zusätzlichen Bund erhielten. Bei uns war das derjenige der Redaktion Zürcher Unterland.

Die Drohung des damals noch finanzstarken Konzerns an der Zürcher Werdstrasse liess die früheren Konkurrenten NBT und Zürcher Unterländer (ZU) sämtliche historischen Differenzen vergessen und schweisste sie zu einer neuen Allianz namens Zürcher Landzeitung zusammen. Auf dem Papier blieben beide selbstständig, die Redaktion des NBT ist aber heute genauso für den ZU tätig wie umgekehrt.

Erstaunlich rasch gelang es den Neuen (die den früheren Platzhirschen auch Personal abgeworben hatten), das Lokalnachrichten-Segment mit eigenen Stories zu besetzen. Nicht immer zur Freude der Lokalpolitik. Der Tages-Anzeiger wurde von den Weiacher Gemeindevätern in der Tendenz stets als Eindringling empfunden - und auch so behandelt.

...zurück zu ein paar dürren Blättern

Heute sieht es nun so aus, dass die grosse Finanzkrise den Tages-Anzeiger Unterland schwer getroffen hat. Bei dessen Redaktion wurde schon vor einigen Monaten massiv der Rotstift angesetzt, es kam zu etlichen Entlassungen.

Und ab dem 29. September wurde dann auch ein neues Konzept umgesetzt, das den Regionalbünden den Garaus machte. In der Medienmitteilung war nun kleinlaut die Rede von «regionalen Wechselseiten in den vier Splittgebieten». Aus die Maus für die grossflächige Terrainbesetzung.

Auf den wenigen verbliebenen Regional-Seiten kann man natürlich nicht mehr annähernd so breit berichten wie zuvor - und auch die kleinere Personaldecke und das geschrumpfte Budget erlauben weniger Recherche-Aufwand.

So scheint es nun nach nur drei Jahren Tages-Anzeiger Unterland, dass die Allianz Zürcher Landzeitung unverhofft mit einer wesentlich besseren Abdeckung des Regionalnachrichten-Segments dasteht als der Tages-Anzeiger.