Mittwoch, 4. September 2024

Kampf der Wohnungsnot vor 100 Jahren

«Wo-wo-Wonige?!?!» – Mit diesem Kampfruf haben sich bereits vor Jahrzehnten (in den 1980ern) etliche Gruppierungen Gehör zu verschaffen versucht. Mittels Demonstrationen auf der Strasse, mit Zeitungsartikeln und über Vorstösse in Parlamenten. 

Das Thema ist zwar primär immer noch ein städtisches. Aufgrund der Überschwemmung der Schweiz mit Zehntausenden Neuankömmlingen jedes Jahr (unter welchem Titel auch immer sie hereinfluten) wird es aber auch auf dem Land zusehends zu einem. In Gebieten, die man einst als Bauerndörfer bezeichnen konnte, heute aber zu primär vorstädtischen Siedlungszonen mutiert sind. 

Beileibe kein neues Problem

Am heutigen Datum vor 100 Jahren setzte die Staatskanzlei des Kantons Zürich jedenfalls das Stichwort «Wohnungsnot» über eines der Regierungsratsgeschäfte des Tages: 

«Mit Beschluß vom 24. März 1924 hat der Kantonsrat dem Regierungsrat einen Kredit von Fr. 500,000 erteilt für die Gewährung kantonaler Subventionen von 5% der Bausumme an Wohnungsbauten mit Zwei-, Drei- und Vier-Zimmerwohnungen und Wohnungen für kinderreiche Familien. Von seiten des Bundes konnte ein gleich hoher Kredit erhältlich gemacht werden, sodaß nun insgesamt Fr. 1,000,000 zur Verfügung stehen und Subventionen von zusammen 10% ausgerichtet werden können.»

Mitte Mai 1924 stellte der Regierungsrat dann die Grundsätze für die Subventionierung von Wohnbauten im Sinne dieses Beschlusses auf. Die Baudirektion nahm danach «gestützt auf eine Rundfrage über die in den einzelnen Gemeinden herrschenden Wohnverhältnisse» eine Kreditzuteilung auf vorläufiger Basis vor. Der Löwenanteil ging natürlich an städtische Gemeinden. Aber auch kleine Gemeinden liess man nicht leer ausgehen. Für sie stand allerdings nur noch «eine Reserve von ungefähr 10% zur Verfügung», also rund 100'000 Franken.

4600 Franken für zwei Weiacher Bauherren

«Im Laufe der Monate Juli und August sind bei der Baudirektion bereits von einer Anzahl
Gemeinden Bauprojekte eingereicht worden, die von den Gemeindebehörden
vorschriftsgemäß begutachtet sind.» Diese Vorprüfung dürfte auf Basis der oben erwähnten regierungsrätlichen Grundsätze erfolgt sein. 

Am 4. September 1924 lag der Regierung dann eine ganze Reihe baureifer Projekte vor, die diesen Vorschriften laut Bericht der Baudirektion entsprachen: 

«Es wird dadurch der Bau von 133 Wohnungen, die alle zu verhältnismäßig billigem Zins abgegeben werden können, unterstützt.»  Ein günstiger Mietzins dürfte also eins der Kriterien gewesen sein. 

Auch der Weiacher Gemeinderat hatte Projekte geprüft. Drei Wohnungen in Weiach wurden so vor genau 100 Jahren vom Regierungsrat Subventionen zugesprochen.













Den Bauherren H. Grießer und A. Baltisser wurde also je ein klassisches Bauernhaus mit Wohnteil, Scheune und Stall genehmigt. 

Bei Griesser wurde 59 % Wohnanteil festgestellt, weshalb er von den Gesamtkosten von 51'000 Franken auch nur 30'000 anerkannt bekam. Dafür war aber der Mietzins der beiden neuen Wohnungen tief (560.-), weshalb er auch 3000 Franken Subvention erhielt (428.-/Zimmer).

Baltisser hingegen hatte zwar fast 70 % Wohnanteil, veranschlagte für die eine Wohnung jedoch einen vergleichsweise hohen Mietzins (500.-). Für die erhielt er aber immerhin 1600 Franken Subvention zugesprochen (400.-/Zimmer). 

Das ergibt dann die versprochenen 10 % Subvention.

Das technische Gebäudealter 1924 führt die kantonale Gebäudeversicherung übrigens für die Gebäude Glattfelderstrasse 10, Steinbruchstrasse 17, Chälenstrasse 32 sowie Dörndlihag 7 (ehemals Kaiserstuhlerstrasse 45). Die beiden erstern sind die wahrscheinlichsten Kandidaten für die oben beschriebenen Bauernhäuser.

Quelle

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