Samstag, 7. September 2024

Meldehunde-Übung zwischen Kaiserstuhl und Weiach

Gemäss dem im Zweiten Weltkrieg geltenden Dienstreglement musste der Einheitskommandant ein Tagebuch führen (Ziff. 72). In einem dafür eigens vorgesehenen Büchlein. Mit fixen Berichtspunkten und vorgeschriebenen Beilagen (z.B. die Tagesbefehle). Am Ende des Aktivdienstes haben die meisten – leider längst nicht alle – Einheiten ihre Tagebücher dem Armeearchiv abgeliefert. Deshalb findet man sie heute noch im Schweizerischen Bundesarchiv.

Wie hält man die Verbindung aufrecht?

Dem Eintrag zum 17. Mai 1940 im Tagebuch Gz. Füs. Kp. V/269 kann man entnehmen, dass man sich – vielleicht angestossen durch den Telefonverwirrungsvorfall am 19. April (vgl. WeiachBlog Nr. 2140) – auch Gedanken zur Frage gemacht hat, wie man denn kommuniziert, falls die Telefonverbindungen ausfallen (z.B. gekappt durch Saboteure) und es nicht möglich oder opportun ist, einen Soldaten als Meldeläufer einzusetzen, um die vorgesetzte Stelle zu orientieren.

Pestalozzi-Kalender 1941 (Ausgabe für Knaben), S. 306.

Die Antwort auf diese Frage war schon im 1. Weltkrieg erprobt worden: Meldehunde! 

Der Schweizer Soldat vom 6. März 1940 beschreibt sie wie folgt: «Nicht weniger wichtig und anstrengend [als derjenige der Verwundetensuchhunde] ist der Dienst der Meldehunde. Je paarweise mit ihren Führern zu einer Equipe zusammengestellt, haben sie den Melde- und Verbindungsdienst bis zu den äußersten Posten am Gegner sicherzustellen und die Kriegsgeschichte ist reich an Beispielen, in welchen ganze Grabenbesatzungen ihr Leben nur der restlosen Pflichterfüllung eines Meldehundes zu verdanken haben. Bei Nacht und Nebel, mitten im größten Kampflärm findet sich der Meldehund mit seiner Meldung zurück zum rückwärtigen Posten, keuchend vor Anstrengung läßt er sich die Meldekapsel abnehmen, ein leichtes Flattieren ist ihm Lohn genug, um, wenn es verlangt wird, den gleichen Weg wiederum unter die Läufe zu nehmen.»

Und so verwundert es nicht, dass man diese wertvollen Mitstreiter auch im Grenzfüsilierbataillon 269 ausprobiert hat. Für die Meldungsübermittlung zwischen den Kommandoposten der Grenzfüsilierkompanie V/269 im herrschaftlichen Haus zur Linde vor den Toren Kaiserstuhls zum Kommandoposten des Grenzfüsilierbataillons 269 im alten Dorfkern von Weiach:


«2115-2400: Übung für Meldehunde.
Organisation: 2 Mann + 3 Hunde.
Aufgabe: Verbindung herstellen zwischen KP V/269 und KP Bat 269 in Weiach. Benötigte Zeit feststellen.
Der als zuverlässig bekannte Hund: "Gürk" durchläuft die Strecke hin und zurück in zusammen 12-14 Minuten. "Cany" lief in der gleichen Zeit. – Der Lernhund "Lei" konnte den Weg noch nicht finden.»

Brieftaube auf vier Pfoten

Die zurückgelegte Strecke entspricht etwa vier Kilometern. Rennen Sie die mal mit einem Schnitt von 3 min/km! – Die angegebene Zeit scheint auch die Auswechslung der Nachricht in der am Hundehalsband befestigten Metallkapsel zu umfassen. Wenn man einen solchen Meldehund hat, dann ersetzt der also locker einen Meldefahrer auf dem Velo, der sich beeilen muss, um diese Zeit zu erzielen.

In späteren Jahrzehnten gab es in der Schweizer Armee das fliegende Äquivalent, eingesetzt vom Brieftaubendienst, dessen Kragenspiegel eine goldene Taube auf silbergrauem Grund zeigte. Tauben können längere Strecken zurücklegen, sind unauffälliger als Hunde und weniger in Gefahr vom Feind (oder einem Jäger, der einen wildernden Hund identifiziert) abgeschossen zu werden.

Berichte in der ASMZ schon 1883, vom späteren General 1934 eingeführt

In der Fachliteratur der Offiziere, der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitung (ASMZ) wird schon etliche Jahre vor der Jahrhundertwende über Versuche in Deutschland und Frankreich berichtet, solche sog. Kriegshunde für Armeezwecke dienstbar zu machen.

Kriegshunde wurden bei der Schweizerischen Armee «nach vielen zaghaften Anläufen» offiziell jedoch erst 1934 eingeführt: Laut der Zeitschrift des Rotkreuzdienstes auf Initiative des damaligen Kommandanten des 1. Armeekorps, dem späteren General Guisan. Der Artikel beschreibt die Ausbildung dieser Hunde, die vor allem als Verwundetensuchhunde auf dem Gefechtsfeld zum Einsatz kommen sollten. Meldehunde waren da nur eine weitere Einsatzvariante. Ein solcher Militärhund wurde seinem militärdienstpflichtigen Hundeführer fix zugeteilt, der ihn ausser Dienst bei sich zu Hause auf eigene Kosten pflegen und füttern musste. Dafür war er immerhin hundesteuerfrei. Und nach fünf Jahren ging er ins Eigentum des Hundeführers über.

Quellen

[Veröffentlicht am 8. September 2024 um 18:11 MESZ]

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