Modern heizen bei den Schülern
Dem Schulhaus wurde eine ganz spezielle Neuerung spendiert, nämlich der «Einbau einer Zentralheizung» (zit. n.: Weiach, 4. Aufl., Fussnote 160). Über eine solche Annehmlichkeit konnten sich die meisten Weiacher in ihren privaten Wohnungen noch nicht erfreuen, wie man der elektronischen Version des Historischen Lexikons der Schweiz (e-HLS) entnehmen kann:
«Im 17. und 18. Jh. kamen in den Bauernstuben die Kachelöfen auf. Die dafür benötigte Keramik wurde häufig aus städt. Abbruchmaterial gewonnen. Die ländl. Kachelofenheizung, die heute als bäuerl. Attribut schlechthin gilt, ist eine Form von diffundiertem höf. und städt. Kulturgut. [...] Im 18. und 19. Jh. setzte sich die industrielle Produktion von gusseisernen Zimmeröfen durch. Mit dieser zweiten Zäsur war die H[eizung] nicht mehr zwingend an Küche und Stube gebunden. Die Brüder Johann Jakob und Salomon Sulzer führten hierzulande - nach nordamerikan. und engl. Vorbild - 1841 die dampfbetriebene Zentralheizung ein. Deren Betrieb mit warmem Wasser verbreitete sich im Wohnungsbau erst nach dem 1. Weltkrieg.» (e-HLS, Artikel Heizung, Stand 24/03/2011).
Ob es sich bei der neuen Schulhausheizung um eine nach dem Prinzip Sulzer oder doch schon um eine Warmwasserheizung gehandelt hat? Die Protokollbände im Archiv der Primarschulgemeinde könnten da allenfalls zur Aufklärung beitragen.
Immerhin ein neuer Bodenbelag für die Kirche
Die Kirchgemeinde konnte (oder wollte) in der Zeit vor 100 Jahren nicht allzu viel Geld auf einmal verbauen. 1912 wurde zum ersten Mal eine elektrische Beleuchtung installiert, womit die Kirche eines der ersten mit Strom versorgten Gebäude im Dorf war.
1914 wurde eine von der Kantonalen Denkmalpflege Zürich als «Gesamtrenovation» (s. unten) bezeichnete Sanierung durchgeführt:
«Dabei wurden zwei bisher neben dem Taufstein liegende Grabplatten entfernt und in die nahen Mauern eingelassen (es könnte sich um die Grabplatten von Pfarrer H.R. Wolf und seiner Schwester handeln). Der alte Klinkerboden wurde durch einen Plättlibelag ersetzt. Die Kosten für diese Innen- und Aussenrenovation beliefen sich damals auf Fr. 37'900 (nach Maurer, 1965; indexiert auf heute ca. Fr. 400'000).» (zit. n.: 300 Jahre Kirche Weiach, S. 54).
Mit dieser Gesamtrenovation 1914 war es also nicht weit her - ausser man wolle auch die beiden folgenden Bauprojekte dazuzählen: 1926 liess die Kirchgemeinde das Wandtäfer ausbauen, sanieren und teilweise erneuern. Auf den Heizkomfort, der die Schüler damals schon seit mehr als einem Jahrzehnt erfreute, mussten die Kirchgänger bis 1929 warten, als durch die Elektrizitätsgenossenschaft Weiach (EGW) eine elektrische Heizung installiert wurde. Ob man vorher mit Kohlenöfen oder dergleichen zu Winterzeiten ein bisschen Wärme in die Kirche gebracht hat, ist mir nicht bekannt. Zusätzlich zur neuen Heizung wurde eine neue Turmuhr eingebaut (bis heute in Betrieb), sowie die erste richtige Orgel (von 1930 bis 1967 in Betrieb - vorher gab es nur ein Harmonium).
Gesamtrenovation?
Diese schrittweise Renovationstätigkeit war aus der Sicht des Denkmalschutzes ein Glücksfall, wie der 6. Bericht der Kantonalen Denkmalpflege Zürich verrät:
«Glücklicherweise überstanden der aus der Bauzeit stammende Taufstein, die auf 1706 datierte Kanzel, grosse Teile der Chorbestuhlung, die Empore sowie die Bretterdecke auch die Gesamtrenovation von 1914, so dass für die Gesamtrestaurierung von 1967/68 noch wichtigste Teile der alten Bausubstanz vorhanden waren.» (zit. n.: 300 Jahre Kirche Weiach, S. 30).
Die vermeintliche Gesamtrenovation 1914 entpuppt sich als ganze Serie von Entscheiden der Kirchgemeinde. Letztlich war es neben der konservativen Grundhaltung sicher auch das mangelnde Geld, das die damaligen Weiacher (Frauen hatten bis 1964 nichts zu sagen - zumindest in der Gemeindeversammlung) davon abgehalten hat, alte Bausubstanz im grossen Stil durch Modernität zu ersetzen.
Die erste wirkliche Gesamtrenovation dürfte somit die von 1967/68 gewesen sein.
Quellen
- Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006, (Internetausgabe 2007)
- Brandenberger, U.: Weiach. Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Vierte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach» (Internet-Ausgabe 2014)
- Maurer, E.: Die Kirche zu Weiach. Weiach, 1965. Hrsg.: Evang.-ref. Kirchgemeinde
Weiach. - Zürcher Denkmalpflege (Hrsg.): Weiach. Reformierte Kirche. Gesamtrestaurierung. In: 6. Bericht 1968/1969 – S. 143-144.
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