Wer auf seinem hohen Ross sitzen bleibt und einen Fehler partout nicht zugeben will, der sollte sich wenigstens gut überlegen, ob er den Fall auch noch vor Gericht ziehen will.
Es kann leicht passieren, dass eine missliebige Sache, die sonst kaum jemand zur Kenntnis genommen hätte, schlussendlich öffentlich in den Zeitungen besprochen wird. Ein ähnliches Phänomen wird seit zwanzig Jahren als Streisand-Effekt bezeichnet.
In diesem Fall aus dem Jahre 1840 in der Unterländer Provinz ging es um gegenseitige Überempfindlichkeit, die schlussendlich und letztinstanzlich zu einer Quelle der Belustigung des Publikums in der Stadt Zürich wurde.
Die Streithähne in dieser Posse: der 1837 als erster von der Gemeinde selbst gewählte Weiacher Pfarrer Johann Heinrich Keller sowie der Bezirksratsschreiber Heinrich Duttweiler auf Schloss Regensberg, ein Oberweninger (vgl. Regierungs-Etat).
Ist der Vorwurf «Unverantwortliche Fahrlässigkeit» ehrabschneidend?
In der Freitagszeitung wurde der Fall wie folgt rapportiert: «Letzten Donnerstag erschien Herr Pfarrer Keller von Weyach vor Obergericht. Derselbe hatte nemlich, um den Vorwurf wegen verspäteter Stellung der Armengutsrechnung von 1838 von sich abzuwenden, in dem Berichte für 1839 sich darauf berufen, daß die Rechnung von 1837 nach der Abnahme noch sehr lange in der Bezirksrathskanzlei liegen geblieben sei, und hatte hiebei den Ausdruck „unverantwortliche Fahrläßigkeit" gebraucht. Hr. Bezirksrathschreiber Duttweiler erhob wegen dieses Ausdrucks Klage über Verletzung der Amtsehre; das Bezirksgericht Regensberg fand sie begründet, und verurtheilte den Hrn. Pfarrer Keller zu Strafe; das Obergericht dagegen sprach den Hrn. Kellee [sic!] einmüthig frei, zumal sich aus der Untersuchung zeigte, daß es von der Abnahme der Rechnung an sehr lange gedauert hatte, bis dieselbe nach Weyach kam, und der Ausdruck in einer Beschwerdeschrift an die vorgesetzte Behörde gebraucht war.»
- Regierungs-Etat des Kantons Zürich für das Jahr 1840, S. 153.
- Züricher Freitagszeitung, Nummer 50, 11. Dezember 1840, S. 3.
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