Freitag, 19. November 2010

«Gefährliches Spiel mit dem Feuer»

Im Zürcher Lexikon «Memorabilia Tigurina» von 1857 findet man unter dem Stichwort «Feuersbrünste» beim Jahr 1810 den folgenden Eintrag: «am 19. November brannte ein Wohnhaus und Scheune zu Weyach ab». (Mem. Tig. 1857, p. 194)

Ein Brandfall unter vielen. Und doch ein denkwürdiger - nicht nur weil es die Gemeinde Weiach traf und er sich genau heute vor 200 Jahren ereignete.

Die Festschrift zum 200-jährigen Bestehen der kantonalen Gebäudeversicherung (vgl. Literaturangaben unten) enthält dazu nämlich folgenden Beitrag von Verena Rothenbühler mit dem Titel «Gefährliches Spiel mit dem Feuer»:

«Kinder lösten aus Unachtsamkeit immer wieder verheerende Brände aus. Vor dem gefährlichen Umgang mit Streichhölzern warnt daher die Geschichte von «Paulinchen» im «Struwwelpeter» von 1845.

Am 19. November 1810 steckte Johannes Meyerhofer das Wohngebäude seiner Familie in Weiach in Brand. (Fn-30) Dem Feuer fielen auch die Scheune, der Stall sowie sämtliche Fahrhabe zum Opfer.

Nach dem Bericht des Gemeinderates kam es zu dem Unglück wegen der «ausserordentlichen Unwissenheit oder Sorglosigkeit» eines fünfjährigen Knaben. Die Eltern waren ausser Haus, als das Feuer ausbrach. Die einzige Zeugin war Dorothea, die 13-jährige Schwester von Johannes. Dorothea berichtete, dass ihr Bruder Lust auf Birnen bekommen habe, die in der oberen Kammer des Hauses im Stroh lagen. Da es im Zimmer dunkel war, zündete Johannes einen Kienspan an. Als er sich bückte, um die Früchte aufzunehmen, fing das Stroh Feuer. Der Knabe rannte darauf mit grossem Geschrei nach unten und erzählte, dass oben ein Schelm sei, der das Stroh angezündet habe.

Von Kindern verursachte Brände kamen immer wieder vor. Auf diese Gefahr wies schon die Feuerordnung von 1803 hin und verbot daher, Kinder unbeaufsichtigt im Haus zu lassen. (Fn-31)

Die Brandassekuranz wollte im Fall von Weiach ein Exempel statuieren. Sie ordnete an, dass der Pfarrer dem Jungen im Beisein der Kirchenvorsteher und des Schulmeisters eine Rüge erteilen solle. Die Bestrafung des Knaben sollte den anderen Kindern in der Gemeinde eine «warnende Belehrung» sein. Der Pfarrer lehnte dies aber mit der Begründung ab, dass der Knabe zu klein sei und eine Strafe nichts nützen werde. Er nahm jedoch den Brand zum Anlass, die ganze Dorfgemeinschaft in der Kirche mit «ernstlichsten Warnungen» ins Gebet zu nehmen und auf die gefährlichen Folgen hinzuweisen, die beim leichtsinnigen Umgang mit Feuer entstehen konnten.
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  • Fn-30: Vgl. im Folgenden: StAZH RR I 70.2 Protokoll der Brandassekuranzkommission, 10. Dezember 1810.
  • Fn-31: StAZ III Ce 3. Erneuerte Feuerordnung 1803, V.
Beim hier erwähnten Pfarrer handelt es sich um Johann Heinrich Burkhard (in Weiach von 1799 bis zu seinem Tod 1837 tätig). Burkhard war seit 1802 Schulinspektor des Bezirks Bülach - und es ist wohl dieser pädagogischen Ader zu verdanken, dass er auf die Forderung der Brandassecuranz-Kasse nicht tel quel eintrat. In der Friedhofmauer von Weiach findet man Burkhards Grabplatte übrigens bis heute. Und gleich daneben diejenige seiner Ehefrau, einer geborenen Freudweiler.

Quellen und Literatur
  • Rothenbühler, V.: 200 Jahre sichern und versichern. Die Gebäudeversicherung Kanton Zürich 1808-2008. Zürich 2008 – 148 S. (Weiach: S. 40-41 u. 84).
[Veröffentlicht am 27. Dezember 2010]

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