Samstag, 8. August 2020

Das Gute vor der Haustüre: Wanderung über den Leuenchopf.

«Patriae fumus igne alieno luculentior», wörtlich übersetzt «Der Rauch des Vaterlandes ist leuchtender als fremdes Feuer» ist der Wahlspruch des Wiachiana-Verlags, der bekanntlich einen geographisch stark eingegrenzten Fokus hat.

Man kann dieses mittellateinische Sprichwort, das u.a. vom Humanisten Erasmus von Rotterdam (Adagia 1,2,16) überliefert wird, mit Johann Wolfgang v. Goethe auch so ausdrücken:

«Willst du immer weiter schweifen? 
Sieh, das Gute liegt so nah. 
Lerne nur das Glück ergreifen, 
Denn das Glück ist immer da.»

Eine Erkenntnis dieser Art reifte bei der Journalistin Andrea Söldi in den Tagen des Corona-Lockdowns. Sie begab sich gezwungenermassen in der näheren Umgebung wandernd auf Entdeckungstour und hat das Ergebnis jüngst mit folgenden Worten zusammengefasst:

«Ich war überrascht, wie viele attraktive Wege und Orte es praktisch vor der Haustür zu entdecken gibt – und schämte mich fast ein wenig, dass ich all dem in der Vergangenheit so wenig Beachtung geschenkt hatte.»

Viele Wanderbücher über die Region

Mit einer Artikel-Serie, die im publizistischen Sommerloch 2020 im «Zürcher Unterländer» erscheint, hat Söldi sich in die nicht gerade kurze Liste der Autoren eingereiht, die Wanderungen in unserer engeren Heimat beschreiben.

Die Ära dieser Wanderbücher beginnt anfangs der 1930er-Jahre mit den «Plaudereien» von Julius Schwyzer über seine «Wanderungen im Zürichgau» bzw. mit dem im Verlag der Zürcher Jllustrierten 1937 erschienenen Wanderatlas Zürich Nord-West von Heinrich Hedinger (vgl. Literatur am Schluss dieses Beitrags sowie WeiachBlog Nr. 1368) und hält bis heute an.

Am 27. Juli war das Thema ein Ausflug von Kaiserstuhl über Weiach und den Leuenchopf nach Zweidlen. Und von dort via Rheinsfelden nach Eglisau. Also eine Rheinufer-Wanderung mit Abstecher auf eine markante Anhöhe, die mit folgenden Worten angepriesen wird: «Für diese kurze Wanderung muss man nicht weit fahren. Abkühlung sowie Abwechslung für Gross und Klein sind garantiert.».

Ambitionierter Abstecher nach Weiach

Nachstehend der Abschnitt, der sich mit dem Weiacher Gemeindegebiet befasst und auch etwas Tourismuswerbung macht, unterbrochen von einigen Anmerkungen und Verlinkungen durch den Redaktor des WeiachBlog:

«Jetzt [Anm: nach der Besichtigung des Städtchens Kaiserstuhl] könnte man auch auf deutscher Seite dem Rhein entlangspazieren. Wir aber bleiben zurzeit im eigenen Land. Träge ziehen die blaugrauen Wassermassen dahin. Und als ob die Schönheit der Natur nicht genügte, werden wir auf dem Weg Richtung Weiach mehrfach mit Kunst beglückt. Denn hier führen sowohl der grenzübergreifende Skulpturenweg als auch der Gottfried-Keller-Weg vorbei. Auf Tafeln werden Prosa-Müsterchen des Dichters präsentiert, der Bürger von Glattfelden war.

Prächtiger Ausblick

Nun könnte man gemächlich dem Flussufer entlang geradewegs bis Eglisau spazieren. Doch etwas mehr Ambitionen haben wir schon. Bei der grossen Feuerstelle
[an der Einmündung des Weiacher Dorfbachs in den Rhein] biegen wir deshalb rechts ab und gehen dem Sagibach [der beginnt erst unter der Sternenkreuzung] entlang bis nach Weiach, wo wir im Café Chamäleon einen Halt einlegen. Mussten wir noch im Frühling den Kaffee in der Thermoskanne mittragen, so gibts jetzt wieder einen frisch gebrauten Cappuccino. Vorbei ist es aber nun auch mit der Stille: Immer wieder düsen wenige Meter über unseren Köpfen Flugzeuge über das Dorf. Wer Kinder dabeihat, dürfte hier dennoch nicht so schnell wieder loskommen: Ein grosszügiger Spielplatz lockt zum Hüpfen, Rutschen, Schaukeln und Gigampfen [Da haben die Initiatoren des Platzes (eingeweiht 26./27. Juni 2009) ja doch einiges richtig gemacht].

Um die Abzweigung auf die Anhöhe im Wald zu erwischen, müssen wir auf der Büelstrasse etwas retour gehen. Nun führt der Weg zum ersten Mal etwas bergauf, bis wir nach einer Viertelstunde unseren heutigen Gipfel erreichen: Vom Leuenchopf auf 505 Metern über Meer geniessen wir einen prächtigen Ausblick über den Rhein bis nach Hohentengen [...und auf die Kieslöcher, was aber gnädig verschwiegen wird]. Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat das Waldstück namens Fürstenhalde 2003 zu einem Naturwaldreservat erkoren.

Hier und in 43 weiteren Gebieten wollen die Forschenden untersuchen, wie sich der Wald entwickelt, wenn für 50 Jahre keine Bäume gefällt werden. Zurzeit sehe man als Laie noch keinen grossen Unterschied zu einem gewöhnlichen Wald, sagt Kreisforstmeister Stefan Studhalter. Doch wenn immer mehr Bäume von selbst absterben, können sich darin Insekten und Pilze entwickeln. «Und auch Spechte sind auf Totholz angewiesen.»

Wir nehmen nun das schmale Weglein unter die Füsse, das der Krete entlang durch die Heidelbeersträucher führt und pflücken da und dort eine reife Beere. Hier ist gutes Schuhwerk ratsam. Nun geht es im Wald hinunter bis nach Zweidlen, [...]»

Damit verlässt Söldi das Weiacher Territorium wieder. Bis auf den Schnitzer mit der Bezeichnung des Baches, der aber einer nicht Ortsansässigen schnell passieren kann, ist (soweit der Redaktion des WeiachBlog bekannt) alles korrekt. Fast alles. Nur bei der Ausrüstung muss noch eine kleine Anmerkung hinzugefügt werden:

«Ausrüstung: Für den Weg über die Fürstenhalde sind Schuhe mit gutem Profil ratsam.»

Der Weg, den Söldi genommen hat, führt genau genommen nicht durch die Fürstenhalde hindurch, sondern über ihr durch. Denn das kantonale Naturwaldreservat Fürstenhalden, um das es hier geht, liegt im Hang unterhalb der Ebene des Wörndel, zu dem die Wallanlage Leuenchopf gehört (vgl. Waldentwicklungsplan Kanton Zürich 2010: Planungsgrundlagen; https://maps.zh.ch/s/n2ndpywk). Aber es stimmt schon: Wer die teil sehr steile Fürstenhalde nicht nur entlang der Forststrassen erkunden will, der/die ist auf gutes Profil zwingend angewiesen. Sonst wird es schnell gefährlich.

Quellen und Literatur
  • Schwyzer, J.: Wanderungen im Zürichgau. Plaudereien. 4 Bändchen. Zürich, 1931-1938. Band 1, 2. Auflage: Zürich 1933 – S. 26-28.
  • Hedinger, H.: Wanderatlas der Zürcher Jllustrierten Nr. 10A. Zürich Nord-West. Zürich, 1937 – S. 76-77.
  • Zur Wallanlage Leuenchopf, vgl. die Beiträge unter dem Titel: Wie alt sind die Wallanlagen im Ebnet und auf dem Wörndel? Teil 1: Die Helvetier-Hypothese. Weiacher Geschichte(n) Nr. 76; Teil 2: «Unbekannte Zeitstellung». Weiacher Geschichte(n) Nr. 77). In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, März u. April 2006.
  • Der neue Spielplatz – Zeichen unseres Gemeinschaftssinns. WeiachBlog Nr. 898 vom 2. August 2010 (Ansprache des Gemeindepräsidenten zum 1. August 2010).
  • Söldi, A.: Wandern mit Wasser, Wald und Kulturdenkmälern. [Sommerserie: Ausflugstipps]. In: Zürcher Unterländer, 27. Juli 2020 – S. 2.

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