Donnerstag, 20. August 2020

Fundraising-Kampagne mit Vordruckbriefen, Anno 1929

Die evangelisch-reformierte Kirchenpflege Weiach (die sich vor 90 Jahren noch völlig zu Recht lediglich «Kirchenpflege Weiach» nennen konnte) hat innert weniger Tage eine Fundraising-Aktion aus dem Boden gestampft, die in der Geschichte der Gemeinde wohl ihresgleichen sucht.

Nach dem Angebot des Spenders in spe aus Amerika vom 10. bzw. 20. April 1929 blieb auch nichts anderes übrig als schnell zu handeln. Und so griff die Kirchenpflege zum Mittel eines Vordrucks, der ausser dem genauen Datum (einem Tag im Mai), Adresse, Anrede und Unterschriften so ziemlich alles automatisierte, was die damalige Technik hergab.

Das (einst in einem Ordner abgeheftete) erhalten gebliebene Original im Archiv der Kirchgemeinde trägt die Unterschriften von Walter Zollinger (Präsident) und Jakob Willi (Aktuar):


Obwohl der Autor des WeiachBlog überzeugt ist, dass seine treuen Leserinnen und Leser ohne Ausnahme problemlos in der Lage sein werden, den Text wie oben dargestellt zu entziffern (Bild wenn notwendig durch Anklicken vergrössern), so wird für Computerhirne hier dennoch eine Transkription bereitgestellt:

Die Kirchenpflege Weiach erlaubt sich, mit einer grossen Bitte an Sie zu gelangen. 

Ein Herr Albert Meier geb. 1852 von Wasterkingen, der von 1878-1884 in Weiach wohnte und hernach nach Amerika auswanderte, hat zum Andenken an seine l. Frau und seinen l. Vater, die beide in Weiach gestorben u. beerdigt sind, unserer Kirchgemeinde an eine neue Orgel 10'000 Franken geschenkt. Er stellte aber die Bedingung, dass durch freiwillige Gaben in und ausser der Gemeinde weitere 5'000 Fr. bis zum 15. Okt. 1929 aufgebracht würden, einen schon bestehenden Orgelfond von 1450 Fr. inbegriffen. Um das Legat nun wirklich zu erhalten, müssen wir noch 3550 Fr. auf freiwilligem Wege sammeln. Da wir diese Summe wohl kaum innerhalb der Gemeinde zusammen bringen werden, möchten wir auch auswärtige Bürger oder Freunde von Weiach und darunter auch Sie höfl. bitten, uns einen angemessenen Beitrag an eine neue Orgel zu schenken, damit uns jenes schöne Legat nicht verloren geht, und wir bald an einen Orgelbau heran treten können. Die Kirchgemeinde ihrerseits hätte ausserdem für nötige Umbauten etc. noch etliche Tausend Franken auf dem Steuerwege zu leisten.

Mit Ihrer freundlichen Gabe würden Sie mithelfen, unsere einfachen, gottesdienstlichen Feiern zu bereichern und das Leben in unserer evangelischen Kirche zu fördern. Unserer dankbaren Anerkennung mögen Sie zum Voraus versichert sein.

Gef. Gaben können an die Kirchengutsverwaltung Weiach gesandt werden.

In der angenehmen Hoffnung, dass Sie unserer Bitte entsprechen werden,
zeichnen achtungsvoll

Namens der Kirchenpflege Weiach
der Präsident: [sig.] W. Zollinger.
der Aktuar: [sig.] Jb. Willi.

Quelle und Literatur
  • ERKGA Weiach, Signatur: II.B.5.06.7 Orgel
  • Maurer, E.: Eine neue Orgel für die Kirche Weiach. Weiach, 1966. Hrsg.: Kirchenpflege Weiach – S. 8.
  • Brandenberger, U.: Zeitgeschmack und Holzwurmsorgen. Vor 75 Jahren wurde die erste grosse Weiacher Orgel festlich eingeweiht. Weiacher Geschichte(n) Nr. 68. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Juli 2005 – S. 11-17. (Gesamtausgabe: S. 214-220)

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