Dienstag, 30. Mai 2023

Schulfinanzierung. Eine halbbatzige Angelegenheit

Da die Gemeinde Weiach aktuell vor der Frage steht, ob sie einen zweistelligen Millionenbetrag für ein Grossprojekt mit Schulräumen namens «Zukunft 8187» auszugeben gewillt ist, wollen wir eine Rückschau auf einen anderen gewichtigen Ausgabenposten werfen: die Betriebskosten.

Zur Zeit der Helvetik, konkret 1799/1800, als die neue Zentralgewalt des Direktoriums in der Person von Minister Stapfer eine grosse Schul-Umfrage durchführen liess, war das in Weyach sozusagen eine halbbatzige Angelegenheit. 

Nur eine kleine Münze pro Woche

Die Antwort auf die Frage IV.14 «Schulgeld. Ist eines eingeführt? Welches?» lautete nämlich: «Jst eins eingeführt von jeden Kind wochentlich im Winter 1/2 Bazen.»

Halbbatzen (5 Rappen-Stück) von 1799. Quelle: schweizer-geld.ch

Laut dem Schweizerdeutschen Wörterbuch, dem Idiotikon, steht der Begriff «halbbatzig»(Id. IV, 1974) für zweierlei:

«1. einen Halbbatzen (2 Kreuzer, 5 Rappen) kostend

2. nicht viel wert, gering, wenig taugend, von Sachen und Personen (phys. und mor.)»

Ob letzteres auch damals zutraf, dem gehen wir in der Folge nach.

Je mehr Schüler, desto grösser die Einnahmen

Die Helvetische Republik übernahm den Batzen, den es bereits seit Jahrhunderten gegeben hatte, in ihre Einheitswährung «als 1/10 des Frankens, geprägt nach dem bernischen Münzfuss». Batzen, Halbbatzen und Rappenstücke waren als Billon ausgeführt. Damit ist eine Legierung gemeint, «die weniger als 50% Silber bzw. mehr als 50% Kupfer oder andere Legierungsbestandteile (z.B. Zink oder Zinn) enthält. Diese Legierung wurde ausschliesslich für kleinere Münznominale verwendet.» (Artikel Billon und Batzen im Historischen Lexikon der Schweiz). Wertvollere Münzen waren in Silber oder Gold geprägt (sog. Bimetallismus).

10 Franken von 1800, umgerechnet nach dem Historischen Lohnindex von Swistoval entsprechen 1169 Franken im Jahre 2009. Bei 73 Schülern, die 1799 laut den Antworten auf die Schul-Umfrage (II.6) von Martini (11. November) bis zum 1. April täglich 6 Stunden (II.9) die Winterschule besuchten, waren das 3 Franken 65 Rappen pro Woche. Hochgerechnet auf die 142 Tage, die die Winterschule dauerte (also rund 20 Wochen) sind das 73 Franken für das Winterhalbjahr. Das Schulgeld belief sich umgerechnet in heutige Werte somit auf höchstens 8500 Franken. Was mit diesem Geld bezahlt wurde, ist nicht klar. 

Eine Zulage zur Lehrerbesoldung?

Nötig wäre es gewesen. Denn laut Punkt IV.16 «Einkommen des Schullehrers» der Umfrage belief sich dieses auf gerade einmal 14 Gulden 8 Schilling aus staatlichen Töpfen, entsprechend rund 2500 Franken. Dazu kam als Naturalleistung «ein Fuder Holz».

Schon damals war es so, dass die Gemeinde über 80 % des Lehrerlohns zu tragen hatte. Aus dem staatlichen Almosenamt in Zürich (gab es nach dem Ende des alten Staates 1798 offenbar noch) kamen lediglich 3 Gulden. Der Rest ging auf Kosten des Weyacher Armenguts.

Ist die Annahme berechtigt, dass diese Besoldung eher eine Art Grundlohn war und der Schullehrer den Hauptteil aus den «halbbatzigen» Schulgeldern ziehen musste? Lehrer als Akkordarbeiter nach Stück bezahlt? Affaire à suivre.

Quellen und Literatur

  • Schmidt, H.R. / Messerli, A. / Osterwalder, F. / Tröhler, D. (Hgg.), Die Stapfer-Enquête. Edition der helvetischen Schulumfrage von 1799, Bern 2015, Nr. 629: Weiach.
  • Brandenberger, U.: Martini: Schulbeginn und Zinszahlungstermin. WeiachBlog Nr. 1609 v. 11. November 2020.

[Veröffentlicht am 31. Mai 2023 um 21:26 MESZ]

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