Mittwoch, 30. April 2014

Kirchenglocken zur Eröffnung der EXPO 64

Heute vor 50 Jahren ging es in der Hauptstadt der Waadt feierlich zu und her. Honoratioren aus allen Bereichen und Gegenden des Landes versammelten sich dort auf dem Gelände der Landesausstellung EXPO 64 und wohnten der Eröffnungszeremonie bei. Sogar in der Jahreschronik Walter Zollingers fand dieser symbolische Akt unter der Rubrik «Volkskundliches/Kulturelles» seinen Niederschlag:

«30. April: Um 10.15 Uhr läuten, wie überall im Schweizerland, auch unsere Kirchenglocken zur Eröffnung der EXPO 64 in Lausanne.» (G-Ch 1964, S. 23)

10:15 Uhr - das war der Zeitpunkt als Bundespräsident Ludwig von Moos das Eröffnungsband durchschnitt.


Original-Kommentar des Schweizer Fernsehens in der Wochenschau vom 8. Mai 1964: während von Moos «die symbolische Handlung vollzieht, läuten in der ganzen Schweiz die Kirchenglocken, denn die Expo ist ein Werk des ganzen Landes und fordert uns auf, über unsere Existenz als Volk und Staat nachzudenken.» (siehe Schweizer Filmwochenschau vom 08.05.1964)

Wenn man der Einschätzung von Georg Kreis im Historischen Lexikon der Schweiz (Online-Ausgabe) Glauben schenkt, dann ist dieses vom staatlichen Fernsehen übermittelte Ziel erreicht worden: «Bereits die Expo 64 sah sich den verschiedensten Erwartungen ausgesetzt. Den einen war sie zu traditionell oder zu affirmativ, den anderen zu futuristisch oder zu kritisch.» (vgl. Artikel Landesausstellungen, Stand 22.9.2010).

Bitte nicht wecken?

Der sprichwörtliche Mann und die Frau von der Strasse haben nämlich sehr wohl über die Zukunft nachgedacht. Oder zumindest über die Gegenwart und was daran gut ist oder eben verbesserungswürdig wäre, wie man der Website expo-archive.ch entnehmen kann:

«Für Schlagzeilen sorgte das Projekt "Gulliver". Ziel war es mittels einer soziologischen Untersuchung ein facettenreiches Gesicht der Realität aufzeigen. Dieses Bild sollte dank 310 Fragen präzise ausfallen. In einer Voruntersuchung wurden 1240 Personen in 344 Gemeinden befragt und die Antworten fielen teilweise so ungeschminkt ehrlich aus, dass Hans Georg Giger, Delegierter des Bundesrates, intervenierte und durchsetzte, dass die Fragen auf 80 reduziert und entschärft wurden. Zu den Themen Bodenspekulation, Medienmonopol, Militärdienstverweigerung, 40-Stunden-Woche, Schwangerschaftsabbruch, Niederlassungsrecht, nukleare Bewaffnung, die Beteiligung der Schweiz an der europäischen Integration und zum Kommunismus durften keine Fragen mehr gestellt werden.»

Denn: «Gulliver barg in den Augen des Bundesvertreters Giger die Gefahr, "schlafende Hunde zu wecken."» Wenig später, Ende Juni 1968, sind sie dann trotzdem aufgewacht: mit den Globus-Krawallen und der ganzen 68er-Bewegung.

Der traditionellen Schweiz blieb natürlich eher das an der EXPO64 ausgestellte Fahnenmeer der damals noch rund 3000 Schweizer Gemeinden in Erinnerung.

Quellen
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1964 – S. 23. [Original in der Handschriftenabteilung der Zentralbibliothek Zürich. Signatur: G-Ch Weiach 1964].
  • Historisches Lexikon der Schweiz (www.hls-dhs-dss.ch, Referenz im Text)
  • expo-archive.ch (Website der SRG SSR idée suisse, Referenz im Text)

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