Sonntag, 11. Februar 2024

Weiacher Tote bei Schiffsunglück auf dem Rhein

Retrodigitalisierungen mit automatischer Texterkennung von Druckschriften, die quer über den Globus in Bibliotheken lagern, öffnen zuweilen den Zugang zu völlig neuen Erkenntnissen. So geschehen jüngst mit dem Periodikum «Monatliche Nachrichten einicher Merkwürdigkeiten» aus dem 18. Jahrhundert.

«Unglükliche Zufälle»

Die Ausgabe vom November 1755 enthält eine längere Liste von Kurzberichten zu Unglücksfällen teils ziemlich banaler Art. Mehrere über Menschen, die eine Treppe hinunterstürzen und dabei zu Tode kommen, beispielsweise. Aber auch spektakulärere Ereignisse, die es selbst heute locker in die Schlagzeilen schaffen würden, wie dieses hier, das sich am 29. September 1755 ereignet hat:

«Montags den 29. Herbstmonat ist auf dem Rhein ein Schiff verunglüket worden, welches von Kayserstuhl gen Thüingen auf den Markt fuhre, und da man anländen wollte, wegen starken Nebels in einen Wirbel gerathen, und aufgefahren, da es dann alsbald soll umgekehrt worden seyn und in Stüke zerrissen; acht Personen sollen, ungeachtet kein ander Schiff zu ihrer Hülfe vorhanden gewesen, mit dem Leben davon gekommen, und achtzehn ertrunken seyn. Unter den leztern waren einiche von Weyach, unter den erstern ein Hausvater, von Freyenstein, bey Rorbas.»

Schwimmen können war nicht selbstverständlich

Eine Kollision mit einem Hindernis, Kentern und Auseinanderbrechen des Schiffs. Folge: Insgesamt 18 Tote. Von diesen stammten offenbar mehrere aus Weyach! 

Wir lernen aus dieser Nachricht mehrerlei. 

Erstens, dass man offenbar aus dem Züribiet von weiter her den Herbstmarkt der süddeutschen Stadt Tiengen besucht hat. Wo man anlanden wollte, ist nicht erwähnt. Zu vermuten ist, dass der Landgang in Kadelburg vorgesehen war, denn von dort ist der Weg nach Tiengen am kürzesten.

Zweitens, dass es damals für Weyacher nicht selbstverständlich war, schwimmen zu können, sonst hätten wohl nicht «einiche» aus unserer Gemeinde trotz relativer Nähe des Ufers («da man anländen wollte») ihr Leben verloren. Die Formulierung, dass sich einige Schiffbrüchige ungeachtet dessen, dass kein anderes Schiff verfügbar war, um sie aus dem Wasser zu ziehen, hätten retten können, spricht Bände. 

Es sei denn, der Wirbel, der offenbar am Anfang der unglücklichen Verkettung stand, sei so stark gewesen, dass auch geübtere Schwimmer heutiger Tage ihm zum Opfer gefallen wären.

Quelle

  • Monatliche Nachrichten einicher Merkwürdigkeiten, in Zürich gesammlet und herausgegeben. Wintermonat MDCCLV – S. 126. [Hathitrust-Website]

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