Sonntag, 19. November 2023

Keine Rechtsgrundlage für Geheimhaltung des Resultats

Heute ging ja die Ausmarchung um den zweiten Zürcher Ständeratssitz über die Bühne. Und wie nach dem woke-links-grünen Propaganda-Stahlgewitter gegen den SVP-Kandidaten Rutz nicht anders zu erwarten, war nach dem Rückzug aller anderen aussichtsreichen Kandidierenden, die ihr hätten Stimmen kosten können, die GLP-Kandidatin Moser sozusagen gewählt. Dasselbe Muster wie in Deutschland (Alle gegen die AfD): Hauptsache kein SVP-ler, was man an seiner Stelle wählt, ist egal. Denn die SVP ist «Nazi». 

Das focht die Weiacher wie gehabt auch diesmal nicht an. Bei einer wie gewohnt tiefen Stimmbeteiligung von 27 % (nur 344 von 1264 Stimmberechtigten reichten ihren Wahlzettel ein) holte Rutz 227 Stimmen, Moser 102. Dieses Resultat wurde heute um 12:44 publiziert. Das war, wie wir uns erinnern, am 18. Juni diesen Jahres anders. 

Bezirksratspräsident spricht Publikationsverbot aus

Der Bezirksratspräsident hatte aufgrund des Stimmrechtsrekurses in Sachen «Zukunft 8187» dem Wahlbüro explizit verboten, die Resultate der Öffentlichkeit bekanntzugeben (vgl. WeiachBlog Nr. 1936). Abstimmungsprotokoll und Wahlzettel seien zu siegeln und lediglich dem Bezirksrat zur Kenntnis zu bringen. Über die Gründe für dieses Publikationsverbot war beim Bezirksrat auch auf Anfrage nichts zu erfahren. Mehr als einige Hinweise konnte auch das Aufsichtsorgan beim Kanton nicht geben.

Der Bezirksrat wies die Stimmrechtsbeschwerde in der Folge ab, wie die Gemeinde am 30. August per Medienmitteilung verlauten liess. Eine weitere Medienmitteilung gab am 12. September bekannt, dass der Beschwerdeführer den Entscheid ans kantonale Verwaltungsgericht weitergezogen habe. Und bereits am 14. September lag der erste Zwischenentscheid des neu für das Verfahren zuständigen Richters vor. Er ordnete an, die Resultate der Abstimmung seien umgehend zu veröffentlichen! Wie kam es dazu?

Zwischenentscheid vom 14. September ist publiziert

Da dieser sogenannte Zwischenentscheid in der Sache VB.2023.00508 nun in der öffentlich für jedermann zugänglichen Datenbank publiziert ist (vgl. Quellen unten), kann auch problemlos daraus zitiert werden.

Geheimhaltungsbefehl rekapituliert

In Ziff. II wird der Geheimhaltungsbefehl durch den Vorsitzenden Reto Häggi Furrer und seinen Gerichtsschreiber David Henseler wie folgt beschrieben:

 «Der Präsident des Bezirksrats wies "[d]as Wahlbüro" der Gemeinde Weiach mit Verfügung vom 6. Juni 2023 an, die Abstimmung durchzuführen und die Stimmen auszuzählen, jedoch das Abstimmungsresultat einstweilen nur dem Bezirksrat Dielsdorf mitzuteilen und nicht zu publizieren; die Stimmzettel und das unterschriebene Abstimmungsprotokoll seien "ordnungsgemäss zu versiegeln".

Mit Beschluss vom 28. August 2023 wies der Bezirksrat den Stimmrechtrekurs ab, soweit er darauf eintrat (Dispositiv-Ziff. I). In Dispositiv-Ziff. II wies er den Gemeinderat Weiach an, das Abstimmungsresultat vom 18. Juni 2023 "nach Rechtskraft dieses Entscheids mit Rechtsmittelbelehrung zu publizieren"

Mit dem Weiterzug, so das Verwaltungsgericht weiter, sei die Zuständigkeit für sog. prozessleitende Anordnungen (wie es eine solche Geheimhaltungsverfügung darstellt) vom Bezirksrat auf das Gericht übergegangen. So weit, so klar. 

Nachvollziehbarkeit? Fehlanzeige!

Was nun folgt, ist einigermassen ernüchternd. Zuerst wird festgehalten, der Entscheid sei in keiner Art und Weise nachvollziehbar: «Weder der Präsidialverfügung vom 6. Juni 2023 noch dem Endentscheid vom 28. August 2023 lässt sich eine Begründung entnehmen, weshalb die Vorinstanz dem Beschwerdegegner verbot, das Ergebnis der Abstimmung vom 18. Juni 2023 vor Rechtskraft des Rekursentscheids zu publizieren.»

Umgehende Veröffentlichung ist ein Gebot der Demokratie

Dann kommt es knüppeldick, denn da heisst es weiter: «Das vorinstanzliche Vorgehen ist denn auch nicht nachvollziehbar. Nach § 13 des Gemeindegesetzes vom 20. April 2015 (LS 131.1) in Verbindung mit § 81 Abs. 2 des Gesetzes über die politischen Rechte (GPR, LS 161) veröffentlicht die wahlleitende Behörde das Ergebnis der Abstimmung mit der entsprechenden Rechtsmittelbehörde; bei kommunalen Abstimmungen kann sie diese Aufgabe an das Wahlbüro übertragen (§ 81 Abs. 3 GPR). 

Weder diese noch eine andere Bestimmung des Gesetzes über die politischen Rechte berechtigen die wahlleitende Behörde, die Publikation des Abstimmungsergebnisses wegen eines Rechtsmittelverfahrens gegen die Abstimmung aufzuschieben. Es entspricht vielmehr einem Gebot der Demokratie, dass das Abstimmungsergebnis umgehend öffentlich bekannt gemacht wird.

Dementsprechend fehlt auch dem Bezirskrat [sic!] eine Rechtsgrundlage, um die Publikation des Abstimmungsergebnisses zu untersagen.»

Der letzte Satz ist eine – man kann es nicht anders sagen – juristische Ohrfeige an die Adresse des Bezirksratspräsidenten. Denn ohne Rechtsgrundlage darf ein Staatsangestellter überspitzt formuliert nicht einmal einen Bleistift in die Hand nehmen. Fazit: Eine überaus deutlich formulierte Rüge!

Denkfehler: Abstimmungsresultat erst am St. Nimmerleinstag rechtskräftig

Mit diesem Vorwurf der mangelnden Rechtsgrundlage für eine Geheimhaltung ist die Standpauke aber noch nicht beendet. Der Vorsitzende setzte noch eins drauf, indem er auf einen folgenschweren Denkfehler des Bezirksratspräsidenten hinweist:

«Es kommt hinzu, dass aufgrund des vorinstanzlichen Vorgehens [Anm. WeiachBlog: der Geheimhaltungsbefehl] das Abstimmungsergebnis mit dem Abschluss des vorliegenden Verfahrens [der Schlussentscheid des Verwaltungsgericht] gar nicht in Rechtskraft erwachsen könnte, weil die Rechtsmittelfrist gegen das Abstimmungsergebnis mangels Publikation gar noch nicht zu laufen begonnen hat.»

Denn erst mit der Publikation (für den zweiten Wahlgang der Ständeratswahlen 2023 also heute um 12:44) beginnt eine kurze Frist zu laufen, innerhalb derer Stimmberechtigte Beschwerde gegen das Protokoll einreichen können, z.B. zur Art und Weise, wie das Ergebnis ausgezählt wurde.

Und deshalb ordnete das Verwaltungsgericht an, die Ergebnisse seien umgehend zu publizieren, was die Gemeindeverwaltung auch tat.

Bezirksratspräsident behält Gründe für Geheimhaltung für sich

Gegenüber WeiachBlog hat sich der Herr Bezirksratspräsident auch in einem persönlichen Gespräch nicht materiell zur Frage geäussert, aus welchen Gründen er im konkreten Fall die Geheimhaltung des Resultats angeordnet hat. Er akzeptiere aber die Verfügung des Verwaltungsgerichts und dessen Rechtsauffassung. Jetzt sei es wichtig, dass man nach vorne schaue und zu einem Entscheid komme, damit die Angelegenheit einer Lösung zugeführt werden könne. 

Hinweis: «Dieser Entscheid ist noch nicht rechtskräftig.» Da dieser Satz auch zwei Monate nach dem oben diskutierten Zwischenentscheid noch so in der Datenbank steht, ist nicht auszuschliessen, dass der Bezirksrat Dielsdorf Beschwerde beim Bundesgericht in Lausanne erhoben hat.

Quellen

[Veröffentlicht am 20. November 2023 um 00:30 MEZ]

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