Montag, 16. Juni 2008

Weinbau seit dem Spätmittelalter nachweisbar

Erwin Griesser beim Alten Schulhaus hat mich am letzten Samstag gefragt, seit wann in Weiach Reben gepflanzt und Wein gekeltert worden sei. Aus dem Stegreif konnte der Verfasser von WeiachBlog keine fundierte Aussage machen. Nachstehend die Ergebnisse der Recherche.

Im online abrufbaren offiziellen Porträt der Gemeinde findet man den Schlüssel: «Seit dem 13. Jahrhundert sind Viehzucht und Ackerbau die Haupterwerbsquellen der Einwohner.» Die Frage ist nun, auf welche Quellen sich dieser Satz stützt.

Maurer wies als Erster darauf hin

In seiner 1965 von der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach herausgegebenen Schrift «Die Kirche zu Weiach» schreibt Emil Maurer:

«Als Haupterwerbsquellen der Einwohner erscheinen seit dem 13. Jahrhundert Viehzucht und Weinbau. Die ausgedehnten Weiden, die auch von den Kaiserstuhlern benützt wurden, ergaben in späteren Jahren gute Ackerflächen.»

Auf Maurer basiert der Beitrag über Weiach im 1981 zum 125. Jubiläum des Vereins Zürcherischer Gemeinderatsschreiber und Verwaltungsbeamter aufgelegten Bändchen «Die Gemeinden im Kanton Zürich». Dort gibt der damalige Gemeindeschreiber Hans Meier eine leicht andere Version wieder:

«Seit dem 13. Jahrhundert sind Viehzucht und Ackerbau die Haupterwerbsquellen der Einwohner. Aber auch der Weinbau spielte bis ins 19. Jh. eine bedeutende Rolle.»

Woher haben die beiden diese Information? Lässt sich die Aussage, dass der Weinbau seit dem 13. Jahrhundert eine Haupterwerbsquelle der Weiacher gewesen sei, in den Quellen nachweisen?

Eine Urkunde von 1309 liefert Beweise

Im Band 8 des Urkundenbuchs der Stadt und Landschaft Zürich findet man unter der Nr. 2960 die Ratifikation eines umfangreichen Grundstückverkaufs in Weiach:

Im Februar 1309 erwarb das Kloster Oetenbach in Zürich von Rudolf von Kloten unter anderem «ein aker heisset der alte Wingarte».

Ein deutlicher Hinweis auf die Kultivierung von Weinreben! Eine Aussage, dass schon im 13. Jahrhundert in Weiach Weinbau betrieben worden sei, ist also durchaus gerechtfertigt.

Dass es sich beim Weinbau um eine Haupterwerbsquelle der damaligen Bewirtschafter landwirtschaftlicher Flächen zu Weiach gehandelt habe, ist hingegen reine Spekulation. Eine solche Behauptung liesse sich nur untermauern, wenn Abgabenverzeichnisse derer von Kloten (oder anderer Grundherren) gefunden würden, welche Grundstücke in Weiach betreffen und grössere Quanten an Wein aufführen.

Sonntag, 15. Juni 2008

Brand im Baumgartner-Jucker-Haus

Zum Glück nur supponiert. Der Schopfanbau des Baumgartner-Jucker-Hauses mitten in Weiach war gestern Samstagnachmittag Schauplatz einer Demonstration der Feuerwehr Glattfelden-Stadel-Weiach (GlaStaWei). Die kleine Übung war Teil des 10-jährigen Jubiläums des Sicherheitszweckverbandes der drei Unterländer Gemeinden.

Die letzte solche Übung stand Ende 2006 noch unter dem Kommando von Hptm Otto Meier von Weiach.

Stadler, Glattfelder und Weiacher arbeiten eng zusammen

Diese Demonstration leitete Lt Denzler von Stadel. Für die nicht sehr zahlreich erschienenen Zuschauer kommentierte der Ausbildungschef der Feuerwehr, Oblt Marcel Graf von Weiach.

Um 15:30 erscheint der Zug Weiach mit Blaulicht und Sirene. Zwei Einsatzfahrzeuge und ein Sanitätsfahrzeug beziehen Position rund um die Südfront des Baumgartner-Jucker-Hauses. Aus dem Schopf dringt grauer Qualm. Es sind Hilferufe zu hören. Hier wendet gerade das Sanitätsfahrzeug:


Auch die Feuerwehrleute haben ihre Einsatzkamera an vorderster Front dabei (vgl. den Mann links in Schussposition):


Hier sieht man sehr schön was der Sicherheitszweckverband bringt. Feuerwehr und Zivilschutz sind nicht nur durch die gemeinsame Sicherheitskommission verbunden. Sie arbeiten auch im Einsatz zusammen. Im Bild der Einsatzleiter, Lt Denzler, assistiert von drei Angehörigen des Zivilschutzes:


Schlauch ausgerollt. Atemschutztrupp in Position. Gleich kann es losgehen mit der Personenrettung:


Nach kaum einer Viertelstunde ist schon alles paletti. Die Geretteten werden von der Sanität versorgt. Die Übungsbesprechung kann beginnen. Hier der Blick Richtung Zuschauer (samt historischen Feuerwehrfahrzeugen):


Und hier die gesamte Mannschaft in Daher-Formation:


Oblt Marcel Graf erklärt den Übungsablauf:


Nach der Übungsbesprechung beim Einsatzfahrzeug:


Was bin ich stolz auf meinen Papi. Und der Strick gibt Sicherheit. So kommt er mir nicht abhanden:


An einem Juni-Nachmittag kann es einem in der Feuerwehrkluft doch recht heiss werden:


Kurz, aber interessant war das Gebotene. Schade ist bei dem ganzen Aufwand nur, dass so wenige Zuschauer dabei waren. Die Feuerwehrleute hätten das verdient. Sie machen diese Arbeit im Dienste der Allgemeinheit schliesslich freiwillig und - abgesehen vom Sold - ohne Entschädigung.

Herzliche Gratulation zum Jubiläum. Auf weitere zehn Jahre mit vielen Übungen und möglichst wenigen Einsätzen!

Freitag, 13. Juni 2008

Feuerwehrjubiläum auch in Weiach

Angekündigt ist die Jubiläumsveranstaltung zum 10-jährigen Bestehen des Sicherheitszweckverbands Glattfelden-Stadel-Weiach, so u.a. im Tages-Anzeiger von heute Freitag, 13. Juni 2008, Regionalbund Zürcher Unterland, Seite 73:

Sicherheit geht über alles

Glattfelden. - Am Samstag wird der vor 10 Jahren erfolgte Zusammenschluss der Feuerwehren und der Zivilschutzorganisation von Glattfelden, Stadel und Weiach gefeiert. Der gemeinsame Sicherheitszweckverband informiert die Besucher über das in den vergangenen zehn Jahren erarbeitete "Zusammenfunktionieren" und bietet Interessierten Einblick in die Arbeit des Zweckverbands. Zu sehen sind auch die Gerätschaften des Verbands.

Samstag, 14. Juni, Werk- und Feuerwehrgebäude, Aarütistrasse 3.
10.30 bis 17 Uhr.


Stadel und Weiach sind natürlich auch als Veranstaltungsorte mit von der Partie. Wie man dem (u.a. in den Mitteilungen für die Gemeinde Weiach abgedruckten) Einladungsflyer entnehmen kann, werden dort immerhin zwei von vier Demonstrationen geboten:


Nur scheint das die Redaktion des Tagi überhaupt nicht zu interessieren. Für die gibt es nur Glattfelden.

Wer in Weiach trotzdem dabei sein will, kommt am Samstag, 14.6. um 15:30 zur Demonstration Feuerwehreinsatz in die Oberdorfstrasse.

Montag, 9. Juni 2008

Nächtliche Ausschaffungsflüge für Fussballfans

Jetzt stehen sie also unmittelbar bevor, die unsäglichen Nachtflüge. Erneut wird das Zürcher Unterland bis spät in die Nacht mit Fluglärm eingedeckt. Und erneut wird der Süden des Flughafens verschont. Denn die Gnädigen Herren zu Zürich (auch bekannt als Regierungsrat) haben beschlossen, den gesamten Lärm einseitig uns aufzuhalsen.

Entscheid über unsere Köpfe hinweg

Über unsere Köpfe hinweg donnern nicht nur die Jets. Über unsere Köpfe hinweg wurde auch entschieden, dass diese Flüge überhaupt stattfinden. Das hat ganz generell System. Die Stimmbürger - formell eigentlich der Souverän dieses Landes - wurden nicht gefragt, ob sie diesen unsäglichen Kommerz-Event «UEFA EURO 08» überhaupt will. Wir haben ihn einfach zu akzeptieren und uns auch noch auf Kommando darüber zu freuen.

Dutzende von Millionen an Steuergeldern wurden ungefragt in Stadien investiert. Die Sicherheitsausgaben für Polizei und Militär bewegen sich ebenfalls im dreistelligen Millionenbereich - jedenfalls wenn man eine Vollkostenrechnung aufstellen würde, was wohlweislich kaum jemand tut. Und darüber hinaus haben wir Opportunitätskosten - unter anderem besagte Nachtflüge. Das Tüpfchen auf dem i ist: die UEFA-Granden erzielen auf unsere Kosten einen Supergewinn und zahlen praktisch keine Steuern. Ein Skandal neofeudalistischer Prägung ohnegleichen.

Lex Euro 08

Am 9. April hat es dem Bundesrat gefallen, eine Spezial-Nachtflugverordnung zu dekretieren. Quasi als Lex EURO 08 gibt es im Ausnahmen-Artikel 39d der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt (VIL, SR 748.131.1) seit 15. März 2008 einen Absatz 3, der wie folgt lautet:

«Soweit es aus Sicherheitsgründen, insbesondere zur Verhinderung von gewalttätigen Ausschreitungen, nötig ist, kann das Bundesamt für bedeutende Anlässe mit internationaler Beteiligung Ausnahmen von Artikel 39 Absätze 1 und 2 sowie von den Artikeln 39a und 39b gewähren. Das Bundesamt entscheidet auf Antrag der für die Sicherheit zuständigen Organe oder Behörden nach Anhörung der betroffenen Kantone und Flugplätze.»

Systematische Aushöhlung des Nachtflugverbots

Also eine Extrawurst nicht nur für die EURO 08. Auf diesen Absatz kann sich der Bundesrat nun immer dann berufen, wenn er das Nachtflug-Verbot in Art. 39a Abs. 1 lit. b VIL aushebeln will. Dort heisst es eigentlich klipp und klar, dass Starts bei den Landesflughäfen Genf und Zürich für gewerbsmässige Flüge zwischen 24 und 06 Uhr verboten sind.

Der Witz dabei ist, dass sich jeder Flugkapitän weigern darf (und wird!), frustgeladene oder euphorisierte - auf jeden Fall aber bis kurz vor dem Kollaps alkoholisierte Fans mitzunehmen. Die bleiben dann also doch in der Schweiz, womit der neue Absatz 3 jeden Sinn verliert.

Der Verdacht liegt nahe, dass lediglich eine vorgeschobene, vordergründig akzeptable Begründung gesucht wurde, um das Nachtflugverbot sukzessive in seiner Substanz auszuhöhlen.

Verordnungen von Bundesberns Gnaden

Extra für die Euro 08 erliess der Bundesrat eine Verordnung über diese Nachtflüge: «Diese Verordnung regelt die Zulässigkeit von Flügen zwischen 22.00 und 06.00 Uhr, die in direktem Zusammenhang mit der Fussball-Europameisterschaft 2008 (UEFA Euro 08) stehen und in der Zeit vom 7. Juni bis 30. Juni 2008 durchgeführt werden. »(Art. 1)

«Art. 3 Abflüge mit Besuchergruppen
1 Das BAZL kann auf Antrag des betreffenden Austragungskantons auf den Flughäfen Bern-Belp, Genf und Zürich Abflüge mit Besuchergruppen bewilligen. Die für diese Flüge benötigten Flugzeuge dürfen wenn nötig nach 22.00 Uhr zugeführt werden.
2 Es gewährt in der Regel pro Nacht und Flughafen höchstens 20 Abflüge.
3 Es gewährt in der Regel keine Flugbewegungen nach 02.00 Uhr.
4 Auf den Flughäfen Genf und Zürich dürfen nur Flugzeuge mit mehr als 95 Sitzplätzen und in Bern-Belp nur Flugzeuge mit mindestens 28 Sitzplätzen eingesetzt werden.
»

Also Gummiparagraphen ohne Ende. Wenn doch nach 2 Uhr gelandet oder gestartet wird, dann wird eben alles mit dem Ausnahmezustand namens Euro 08 gerechtfertigt. Da sind so viele Hintertürchen offen, dass es eine Schande ist. Und dazu kommt dann noch, dass es vor allem grosse, schwere und entsprechend laute Maschinen sind, die wohl auch noch nach 2 Uhr Fussballfans ausfliegen werden. Wozu ist völlig schleierhaft. Denn dass die am Tag darauf alle arbeiten gehen ist wohl auszuschliessen, wenn sie frühestens im Morgengrauen zuhause ankommen.

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt doppelte gestützt darauf noch mit einem Separaterlass nach: der «Verfügung betreffend Nachtflüge mit Mannschaften der Fussball-Europameisterschaft 2008 (UEFA Euro 08) auf den Flughäfen Bern-Belp, Genf, Lugano-Agno und Zürich»:

«Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) stellt fest und zieht in Erwägung:
1. Gemäss Artikel 4 der Verordnung vom 9. April 2008 über die Nachtflüge während der Fussball-Europameisterschaft 2008 kann das BAZL Flüge mit teilnehmenden Mannschaften bewilligen.
»

Dann folgen weitschweifige Erwägungen und schliesslich der Entscheid:

«Aus diesen Gründen wird verfügt:
1. Während der UEFA Euro 08 sind Flüge mit den an den jeweiligen Spielen teilnehmenden Mannschaften zwischen 22.00 und 06.00 Uhr auf den Flughäfen Bern-Belp, Genf, Lugano-Agno und Zürich wie folgt zugelassen:
a. in der Nacht nach den Gruppenspielen in Österreich und der Schweiz Abflüge bis 02.00 Uhr und Landungen bis 03.00 Uhr;
b. Landungen in der Nacht nach den Viertel- und Halbfinals und dem Final in Österreich und der Schweiz zeitlich unbeschränkt.
2. Für jede Mannschaft darf pro Nacht höchstens ein Flugzeug eingesetzt werden.
»

Super. Die Fussballgötter dürfen also sogar die ganze Nacht fliegen. Hochobrigkeitlich bewilligt.

Protestnote der Zürcher Regierung

Mit welcher Taktik die Euro 08-Verantwortlichen vorgegangen sind, kann man einer Medienmitteilung entnehmen, mit welcher der Zürcher Regierungsrat vor etwa zwei Monaten bekanntgab, dass er gegenüber dem Bundesrat seinen Unmut geäussert habe:

«Mit der nun vom Bundesrat beschlossenen Sonderverordnung wurde sehr kurzfristig eine Rechtsgrundlage für weitere Ausnahmen vom Nachtflugverbot geschaffen. Zugleich wird dem Austragungskanton die Verantwortung für die Antragstellung an den Bund übertragen. Nach Auffassung der Regierung hätte den Bundesstellen und den Organisatoren der EURO 08 bereits seit längerer Zeit klar sein müssen, dass viele Matchbesucher keine Übernachtungsmöglichkeit in der Schweiz haben werden und deshalb in ihre Heimat zurück fliegen wollen. Noch im März 2008 antwortete Bundesrat Moritz Leuenberger auf eine Frage aus dem Nationalrat, dass sich die Zahl der nicht als Sicherheitsmassnahme begründeten Flüge innerhalb der Nachtsperrzeiten auf einen oder zwei pro Tag beschränken würden. Der Delegierte des Bundesrates für die EURO 08 spricht mittlerweile jedoch von rund 580 Nachtflügen.»

Zwischen eins bis zwei und den in der Verordnung vorgesehenen «in der Regel» höchstens 20 Abflügen pro Nacht (hoffentlich: Spielnächte nur in Zürich) ist dann doch ein ziemlicher Unterschied. So etwas darf man getrost Salamitaktik nennen. Entweder können diese Herren nicht vorausschauend planen oder sie haben uns bewusst brandschwarz angelogen.

Der Regierungsrat ist jedenfalls nicht bereit, die Gummiparagraphen aus Bern zu akzeptieren:

«Die Kantone Bern, Basel und Genf haben bereits Gesuche eingereicht. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beugt sich im Sinne der Sache dem Entscheid des Bundesrates und wird das erzwungene Gesuch ebenfalls einreichen.
Er fordert dabei die Berücksichtigung folgender Bedingungen:
- es dürfen keine Leerflüge bewilligt werden
- es sind maximal 20 Abflüge und keine Anflüge zu gestatten
- nach 2 Uhr nachts dürfen keine Flugbewegungen mehr stattfinden.
»

Schlaflos im Unterland: Abflüge die ganze Nacht?

Heute Montag, 9. Juni und am kommenden Freitag, 13. Juni werden die Spiele in Zürich um 18:00 angepfiffen. Nachtflüge nach 2 Uhr dürften also eigentlich nicht bewilligt werden, da Fans bis dahin längstens am Flughafen eingetroffen, abgefertigt und die Jets abflugbereit sein müssten.

Wirklich bedenklich sieht es aber am Dienstag, 17. Juni aus. Denn da werden die Spiele in Zürich und Bern erst um 20:45 angepfiffen. Da es dabei auch noch zwingend einen Sieger geben muss wird es im schlimmsten Fall bis zu einem Penaltyschiessen kommen. Und das bedeutet, dass bis weit nach 2 Uhr nachts noch Flugzeuge die Fans ausschaffen werden.

Wir werden sehen, wie sich der Gummiparagraph «in der Regel keine Flugbewegungen nach 02.00 Uhr» in der Nacht vom 17./18. Juni auswirken wird.

Quellen

  • Schweizerischer Bundesrat: Verordnung über die Nachtflüge während der Fussball-Europameisterschaft 2008 vom 9. April 2008 (AS 2008 1723)
  • Regierungsrat des Kantons Zürich: Regierungsrat reagiert mit Unverständnis auf Verordnung des Bundes über Nachtflüge während der EURO 08. (Medienmitteilung des Regierungsrates vom 10.4.2008)
  • Bundesamt für Zivilluftfahrt: Verfügung betreffend Nachtflüge mit Mannschaften der Fussball-Europameisterschaft 2008 (UEFA Euro 08) auf den Flughäfen Bern-Belp, Genf, Lugano-Agno und Zürich. (BBl 2008 3203)

Sonntag, 8. Juni 2008

Wie das Studenland zu seinem Namen kam

Als Weiacher hört man früher oder später das Wort «Studeland». Dieser geographische Begriff bezeichnet den östlich der Aare gelegenen Teil des Aargauer Bezirks Zurzach.

Zum Bezirk Zurzach, aber nicht zum Gebiet des Studenlands gehören die Gemeinden mit Anstoss an den Unterlauf der Aare und rechts und links ihrer Einmündung in den Rhein: Böttstein, Döttingen, Full-Reuenthal, Klingnau, Koblenz, Leibstadt und Leuggern.

Geographische Abgrenzung

Das Studenland besteht also aus dem Gebiet der folgenden Gemeinden: Bad Zurzach (bis 1. Dezember 2006 offiziell: Zurzach), Baldingen, Böbikon, Endingen, Fisibach, Kaiserstuhl, Lengnau, Mellikon, Rekingen, Rietheim, Rümikon, Schneisingen, Siglistorf, Tegerfelden, Unterendingen und Wislikofen.

Diese geographische Abgrenzung machen zumindest die für Katastrophenlagen zuständigen Organisationen der Gegend und beide, das Regionale Führungsorgan (RFO) wie die Zivilschutzorganisation (ZSO) tragen den Namen Studenland und sind unter dem URL: http://www.studenland.ch zu finden [Nachtrag 14.3.2016: beide Links nicht mehr aktiv; ersterer im Besitz einer US-Firma und mit Werbetexten gepflastert!].

Heinrich Gutersohn machte die Abgrenzung in seinem Buch «Geographie der Schweiz» aus dem Jahre 1969 leicht anders: «Das Teilgebiet zwischen Surb- und Rheintal wird auch Studenland genannt.» Er bezieht sich also nur auf die zwischen den Dörfern dieser Täler liegende Hügellandschaft.

Waldwirtschaft in armen Gegenden und die Folgen

Wer verstehen will, woher der Name «Studenland» kommt, muss sich in die Praxis der Waldbewirtschaftung vor einigen Jahrhunderten vertiefen.

Im 16. Jahrhundert hatte das verfügbare Landwirtschaftsland mit den damals üblichen Methoden die Tragbarkeitsgrenze erreicht. Es gab im Zürcher Unterland und im Zurzibiet zuviele hungrige Mäuler und immer öfter wurden die öffentlichen Wälder als Weideplatz für das Vieh genutzt.

Besonders beliebt war der sogenannte Ackeret, also die Schweinemast in einem Eichenwald. Schweine lieben Eicheln - deshalb sagt man auch, der beste Schinken wachse auf den Eichen. Das Problem dabei ist nur, dass zu intensive Beweidung dem Wald keine Chance zur Verjüngung lässt.

Ein weiteres Problem der Überbevölkerung ist der Bedarf nach Brennholz. Was das bedeutet, sieht man heute noch in vielen Entwicklungsländern. Hochwald, wie wir ihn hierzulande kennen und schätzen war vor 200 bis 400 Jahren auf unserem Gemeindegebiet und auch westlich davon eher selten.

Im besten Fall wuchs Gebüsch («Stude»), welches zwischen einigen hohen Überständern wucherte und regelmässig geschlagen wurde. Von einem eigentlichen Wald, der auch ordentliches Bauholz lieferte, konnte keine Rede mehr sein.

So ist die Andeutung Tschopps in seiner Aargauer Landeskunde von 1961 zu verstehen, wenn er schreibt, «gewisse Wälder, vor allem im Studenland - der Name ist nicht bedeutungslos -», habe man in schamloser Art und Weise übernutzt.

Ins gleiche Horn stösst auch ein Beitrag von 1951 in der Schweizerischen Zeitschrift für das Forstwesen: «... für den Zustand dieser Wälder können wir erwähnen, daß die ganze Gegend zwischen Schneisingen und Zurzach heute noch «Studenland» genannt wird».

Auswirkungen auf den Baustil

Der Mangel an Bauholz hatte ganz konkrete Auswirkungen auf die Technik des Häuserbaus. Wo die Wälder noch genügend Holz hergaben (so anscheinend im Süden des Kantons Aargau) blieb man eher «bei der hergebrachten Ständerbautechnik, während in der nordöstlichen Region Surbtal/Studenland Fachwerkhäuser und in der Umgebung von Baden Steinbauten überhandnahmen», wie der Klappentext zum Band 22 der «Bauernhäuser der Schweiz» erklärt.

Für einen Ständerbau braucht man mindestens zwei grosse dicke Stämme, die vom Fundament bis zur Firstpfette reichen - und auch sonst geht ohne genug Holz nicht viel. Für ein Riegelhaus eignet sich hingegen auch weniger starkes und sogar krumm gewachsenes Baumaterial. Einen Nachteil hat die neue Bauweise natürlich schon: ein Riegelhaus kann man nicht mehr so einfach abbrechen und zügeln wie ein herkömmliches Bohlenständerhaus.

Wenn Sie also in unsere vom Tages-Anzeiger so charakterisierte Nachbargegend kommen: «Wenig bekannt ist auch das Studenland im Bezirk Zurzach. Der zwischen Rhein und Limmattal gelegene Landstrich wartet mit viel Natur und kleinen Bauerndörfern wie Baldingen oder Böbikon auf.», dann schätzen Sie die heutigen schönen Hochwälder hoffentlich umso mehr.

Nachtrag vom 18. August 2014

Mögliche Antworten auf die von Philippe Schultheiss unten gestellte Frage finden sich im WeiachBlog-Beitrag Nr. 1178 vom 28. Juni 2014: Zum Namen «Studenland». Neue Erkenntnisse, frische Thesen.

Literatur
  • Schweizerischer Forstverein (Hrsg.): Schweizerische Zeitschrift für das Forstwesen, 1951 - S. 304.
  • Tschopp, Charles: Der Aargau, eine Landeskunde (Hrsg.: Stiftung pro Argovia), 1961 - S. 131.
  • Gutersohn, Heinrich: Geographie der Schweiz, 1969 - S. 116.
  • Räber, Pius: Die Bauernhäuser des Kantons Aargau 1: Freiamt und Grafschaft (Die Bauernhäuser der Schweiz, Band 22 ) Baden 1996. - 472 S., 783 Abb., 4 Farbtafeln ISBN 978-3-908122-66-1

Samstag, 7. Juni 2008

Public Viewing in der Pfarrscheune

Die Euro 08 hat selbst im kleinen Weiach ihre Auswirkungen. Neben den gelegentlichen Fähnchen in Landesfarben, die von Automobilisten um den Preis höheren Benzinverbrauchs spazierengefahren werden, gibt es auch bei uns eine Fanzone. Gut versteckt ist sie. Und grosser Rummel mit Sponsorengerangel ist in Weiach auch nicht zu befürchten, da die Platzzahl sehr begrenzt ist.

Das vom f.o.r.u.m. Weiach organisierte, hiesige Public Viewing beschränkt sich auf die Pfarrscheune.


Für das mehr als regnerische Wetter der vergangenen Stunden ist das die perfekte Wahl. Und sollte der Regen trotzdem noch aufhören (oder es den Zuschauern im Verlauf der Spiele zu heiss werden), so kann bei dieser Lokalität schnell für Frischluft gesorgt werden: Scheunentore auf, Glasfront auf. Und schon ist die Festhütte offen.

Montag, 2. Juni 2008

Skepsis in der Ausländerfrage bestätigt

Ein Blick auf die Gemeindekarten, welche das Statistische Amt des Kantons Zürich jeweils am Abstimmungssonntag erstellt, genügt um festzustellen, dass Weiach trotz Neuzuzügern auch Anfang Juni 2008 nichts von seiner nationalkonservativen Grundausrichtung eingebüsst hat.

Einmal ein deutliches Ja und zweimal ein knappes Nein

Die Resultate sehen wie folgt aus:

  • 60.13% Ja für die Initiative «Für demokratische Einbürgerungen»
  • 45.31% Ja für die Initiative «Volkssouveränität statt Behördenpropaganda»
  • 48.20% Ja für den Verfassungsartikel zu Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Krankenversicherung
Was die beiden von den Weiachern abgelehnten Vorlagen betrifft, so sind sie in guter Gesellschaft und fallen im Kanton Zürich nicht weiter auf. «Behördenpropaganda» scheint zwar ein Ärgernis zu sein - aber nicht für eine Mehrheit der Stimmenden.

Emotionsbefrachtete Überfremdungsfrage

Ganz anders bei der emotionsbefrachteten Einbürgerungsfrage. Obwohl unser Gemeinwesen mittlerweile als «periurbane Wohngemeinde» gilt - in Fragen der Ausländerpolitik ist es ländlich geblieben. Eine SVP-Hochburg eben. Will heissen: man ist unter den hier wohnenden Urnengängern offenbar mehrheitlich der Ansicht, das Schweizer Bürgerrecht werde zu leichtfertig erteilt und man werde von Bundesrichtern bevormundet, welche für ablehnende Entscheide eine Begründung einfordern, die nicht diskriminierend sein dürfe.

Da fiel der Slogan des Initiativkomitees im Abstimmungsbüchlein «Ja zur Initiative - Nein zu Masseneinbürgerungen» auf fruchtbaren Boden. Die Angst vor der schleichenden Überfremdung durch gebärfreudige Migranten aus dem Balkan, der Karibik und Schwarzafrika sitzt den Leuten offensichtlich im Nacken. Offenbar bezweifelt man deren Integrationsfähigkeit und/oder -willen ganz grundsätzlich und befürchtet, Clanstrukturen und ethnisch organisierte mafia-ähnliche Verbindungen würden überhand nehmen.

Eine erstaunliche Gemeinsamkeit mit dem Glattal

Dennoch ist es nur eine Minderheit von nicht einmal einem Drittel der Stimmberechtigten, die an der Urne dieser Unsicherheit Ausdruck verliehen hat. Die Stimmbeteiligung lag nämlich im Kantonsvergleich recht tief: mit 42.18% bei der Initiative «für demokratische Einbürgerungen», 41.78% bei den beiden anderen Vorlagen ist Weiach zwar im Mittelfeld des eher stimmabstinenten Streifens entlang des Glattals und nördlich von Zürich.

Bemerkenswert ist dagegen, wie viel höher die Stimmbeteiligung im ebenfalls eher konservativen Säuliamt und im Weinland war - oder am Zürichberg und der Goldküste, wo Beteiligungen von 55% und mehr erreicht wurden.

Weiterführende Literatur

Erste Analyseversuche wagen die Statistiker Peter Moser und Regula Gysel mit:
Ein Sonntag der klaren Resultate. Eine Erstanalyse der Zürcher Resultate der Abstimmungen vom 1. 6. 2008.