Sonntag, 2. Februar 2020

Zollingers Jahreschroniken – eine aussergewöhnliche Leistung

Von Walter Zollinger (1896-1986) kennen die meisten seit längerem mit Weiach Verbundenen nur sein 1972 erstmals publiziertes blaues Büchlein (vgl. Quellenangaben unten). Diese erste zwischen harte Buchdeckel gepresste Ortsgeschichte wurde dank geschicktem Marketing Zollingers in jede Haushaltung verteilt und nicht zuletzt dadurch zum Weiacher Standardwerk des 20. Jahrhunderts.

Fast unbekannt hingegen sind die sogenannten Jahreschroniken, die er in seinem gedruckten Werk an mehreren Stellen erwähnt. So im Lauftext des blauen Büchleins auf S. 74: «die seit 1952 vom Verfasser dieser Arbeit zusammengestellten, ziemlich ausführlich gehaltenen jährlichen Dorfchroniken».

Die dazu gehörende Anmerkung 83 lautet: «Die Originale derselben werden in der Zentralbibliothek Zürich aufbewahrt, die Doppel liegen vorläufig noch beim Verfasser.» Ob diese Doppel noch im Besitze der Erben Zollingers sind, ist nicht bekannt. Teil des Archiv des Ortsmuseums sind sie jedenfalls nicht (Mdl. Mitteilung des heutigen Präsidenten der Ortsmuseumskommission Weiach).

Siehe Handschriften-Abteilung der Zentralbibliothek Zürich

Anmerkung 81 erwähnt die «vom Verfasser zusammengestellten Jahreschroniken 1952 bis 1967» und gibt damit den Umfang bekannt, der auch tatsächlich am von ihm angegebenen Ort zu finden ist. Die Originale der Zollingerschen Typoskripte sind Teil der Handschriftensammlung der Zentralbibliothek Zürich (vgl. WeiachBlog Nr. 761).

Der Umstand, dass die Katalogisierer der ZB für diese Art von Chroniken gleich eine eigene Signatur G-Ch [Gemeindename] [Jahrzahl] geschaffen haben, deutet darauf hin, dass auch von anderen Gemeinden als nur von Weiach solche Jahreschroniken existieren.

Gagliardi/Forrer erwähnen im Abschnitt Zürcherische Gemeindechroniken (S. 19-20) ihres 1982 publizierten Handschriften-Katalog (vgl. Quellen unten) immerhin 78 Gemeinden, darunter solche, die heute aufgrund von Fusionen verschwunden sind.

Zollinger ist einer von wenigen mit Kontinuität

Bei vielen sind nur wenige Jahrgänge Teil der Sammlung, wobei der oder die Bearbeiter oft bereits nach zwei oder drei Jahren das Handtuch geworfen haben. Nur für wenige Gemeinden gibt es lückenlose Serien über Jahrzehnte hinweg.

Unsere Nachbargemeinden glänzen in der Liste nach Gagliardi/Forrer durch Abwesenheit, einzig aus Glattfelden ist für 1918 eine Gemeindechronik in der Zentralbibliothek abgeliefert worden.

Man darf daher festhalten, dass Zollinger eine ausserordentliche Leistung erbracht hat, zumal wenn man bedenkt, dass die lediglich 20 Gemeinden, die eine längere ununterbrochene Zeitreihe als Weiach zustande gebracht haben (mehr als 16 Jahreschroniken), in diesem Zeitraum eine wesentlich grössere Einwohnerzahl aufgewiesen haben – vom kleinen Städtchen Regensberg einmal abgesehen (Bild: Gagliardi/Forrer, S. 20 oben).

Gemeindechroniken als aussterbende Textgattung

Der Katalog von Gagliardi/Forrer ist nun auch schon mehrere Jahrzehnte alt. Welche Anzahl an Bänden mit der Signatur G Ch [Gemeindename] [Jahrzahl] gibt es heute? Eine Suche im NEBIS-Katalog ergibt:

Bülach 54 (zwischen 1901 und 2006), Rafz 53 (zwischen 1902 und 1967), Zollikon 26, Männedorf 18, Dinhard 18, Weiach 16, Andelfingen 13, Regensberg 13.

Daneben sind aus dem Unterland wenige  kleinere Bestände zu finden, wie das oben erwähnte Glattfelden, aber auch Niederhasli (1901-1903) oder Rorbas (1901-1906).

Was nicht bedeuten muss, dass es im Unterland keine Jahreschroniken von Gemeinden gäbe. Diese sind heute nämlich oft Teil von separaten Publikationen, meist Jahrbüchern, die in Form von Neujahrsblättern o.ä. herausgegeben werden.

Daher erscheinen sie auch nicht unter dem Gattungsbegriff Gemeindechronik in der G-Ch-Sammlung der ZB. Dort wären solche Jahreschroniken nämlich 25 Jahre unter Verschluss.

Das ursprüngliche Konzept der Initiative von Kirchenhistoriker Emil Egli und Lokalhistoriker Emil Stauber aus der Übergangszeit vom 19. ins 20. Jahrhundert hat seine Kraft somit längst an neue Generationen übertragen.

Quellen
  • Zollinger, W.: Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach 1271-1971. 1. Aufl. 1972, 2. Aufl. 1984.
  • Gagliardi, E.; Forrer, L.: Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich, Band II: Neuere Handschriften seit 1500 (Ältere schweizergeschichtliche inbegriffen). Zürich, 1982. S. 19-20.
  • An Ostern 1972 veröffentlicht – nicht 1971. WeiachBlog Nr. 19 v. 19. November 2005.
  • Die Zollingerschen Jahreschroniken in der ZB. WeiachBlog  Nr. 761 v. 2. Februar 2010.
  • Über Sinn und Zweck kommunaler Jahreschroniken. WeiachBlog Nr. 1160 v. 27. März 2014.
  • Eine 1. August-Rede als Publikationshelfer. WeiachBlog Nr. 1352 v. 28. Oktober 2017.
  • Erste oder zweite Auflage der «Chronik Weiach»? WeiachBlog Nr. 1365 v. 30. April 2018.

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