Dienstag, 8. September 2020

Weiacher «Geburtsschein» korrekt übersetzt

Im Stadtarchiv Zürich (StArZH) gibt es nicht allzu viele Dokumente zum Thema Weiach, die leicht zu finden wären. Eine Abfrage des Online-Katalogs liefert eine schnell überschaubare Liste.

Vor einigen Jahren habe ich herausgefunden, dass es zu den von den Archivaren des Fraumünsteramts im Verlauf des 18. Jahrhunderts erstellten Urkundenabschriften, die heute im Findmittel unter dem Titel «Documenta der Abtei und des Fraumünsteramtes» aufgeführt sind, ein sogenanntes Lokalregister gibt (Signatur: StArZH III.B.15.1; Band XIV).

Es wurde gemäss Findbuch 1794 erstellt und enthält auch einen Abschnitt über Weÿach. Mit einem einzigen Eintrag, wie sich jüngst gezeigt hat.

Dieser eine Eintrag verweist auf das älteste Zeugnis über den Ortsnamen Wîach überhaupt, das uns erhalten geblieben ist, nämlich eine Notiz in einem Zinsurbar der Fraumünsterabtei, das von heutigen Experten auf das 13. Jahrhundert datiert wird.

So sieht der Eintrag aus dem 18. Jahrhundert aus:


Der Eintrag in Form des Regests und «[s.] D.» (sine dato, also: ohne Datum) lautet:

«Johannes brodbeck von Kaÿserstuhl zinset dem Frau Münster 1 d. von seinen Gütteren in Weÿach, so er von Jacob Gebj erkauft, lt Zinsrodel, vermuthlich aus dem 14. Seculo. Tom. VII. pag. 725

Bis auf die Datierung ist das eine völlig korrekte Beschreibung dieses leicht zu übersehenden Zweizeilers auf einem beidseitig beschriebenen, gerollten Pergamentstreifen (StAZH C II 2, Nr. 79 e, vgl. WeiachBlog Nr. 1400 m. weiteren Hinweisen).

Erstaunlich, wie tief die Erschliessung des Urkundenbestandes vor über 225 Jahren bereits vorangetrieben worden ist. Ob dieser inhaltlich das Original fast 1:1 widerspiegelnde, regestartige Hinweis auch von den Bearbeitern des Urkundenbuchs der Stadt und Landschaft Zürich gefunden wurde, ist unklar. Jedenfalls haben sie Ende des 19. Jahrhunderts (UBZH Nr. 1459 in Bd. IV im Jahre 1896) den lateinischen Originaltext abdrucken lassen (vgl. Abbildung in WeiachBlog Nr. 1379).

Klar ist jedoch, dass Zollinger dieses Regest nicht gekannt haben kann, sonst hätte er in seiner 1972 erschienenen Monographie nicht den lateinischen Zweizeiler falsch übersetzt, dabei Käufer und Verkäufer verwechselt und – via Vorabinformation nach der 1. August-Rede 1971 oder anlässlich der Ortsmuseums-Ausstellung im September – auch die NZZ mit Fake News gefüttert (vgl. WeiachBlog Nr. 453, Abschnitt «1271: Wer hat wem verkauft?» sowie WeiachBlog Nr. 1352).

Die grosszügige Zurverfügungstellung des Scans sei hiermit Dr. Schultheiss, Stadtarchiv Zürich, herzlich verdankt.

Quelle und Literatur
  • Documenta der Abtei und des Fraumünsteramtes. Alphabetisches Lokalregister. Documenta, Band XIV: 1794. Signatur: StArZH III.B.15.1 (vgl. Findmittel, S. 4).
  • Höber, H.: 700 Jahre Weiach. In: Neue Zürcher Zeitung, 15. Oktober 1971. Signatur: StAZH Bib. Dc W 15.1b (5)
  • Zollinger, W.: Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach 1271-1971. 1. Aufl. 1972, 2. Aufl. 1984 – S. 17.
  • Brandenberger, U.: Ein alter NZZ-Artikel unter der Lupe. WeiachBlog Nr. 453 vom 11. Mai 2007.
  • Brandenberger, U.: Eine 1. August-Rede als Publikationshelfer. WeiachBlog Nr. 1352 vom 28. Oktober 2017.
  • Brandenberger, U.: Weiach 1271. Der Schatten einer Urkunde. WeiachBlog Nr. 1379 vom 2. November 2018.
  • Brandenberger, U.: Die älteste erhaltene Erwähnung: StAZH C II 2, Nr. 79 e. WeiachBlog Nr. 1400 vom 17. Juni 2019.

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