Was war das erste Wort, das aus Ihrem Mund kam? Ich weiss ja nicht, was Ihnen Ihre Eltern erzählt haben. Laut meiner Mutter – Gott hab' sie selig – war es bei mir jedenfalls «Daudapf». Nicht etwa «Mamma» oder «Pappa», wie das sonst so üblich zu sein scheint. Nein. Für mich waren mit Nachdruck geäusserte Worte offenbar schon in ganz jungen Jahren von höchster Wichtigkeit.
Als mein Vater sich am Abend erkundigte, was denn dieses in Dauerschleife wiederholte Wort bedeuten könnte, musste meine Mutter eingestehen, dass sie sich lautstark über einen landenden Jet enerviert habe. Und das mit dem Ausruf: «Scho wieder so en SAUCHLAPF!!!».
Als die Flugzeugmechaniker noch keine Mantelstromtechnik warten mussten
Dazu muss man wissen, dass ich ein Flughafenkind bin. Eines, das seine ersten Monate sozusagen umwabert von Kerosindämpfen erlebt hat: In einem mehrstöckigen mittlerweile längst wieder abgerissenen Wohnhaus an der Schaffhauserstrasse mitten im aufstrebenden Flughafendorf Kloten.
Wer vor über einem halben Jahrhundert im Zürcher Unterland wohnhaft war, der kann sich noch lebhaft an vibrierende Fensterscheiben und klirrende Gläser im Chuchichäschtli erinnern. Wie alt Regierungsrat Markus Kägi in seiner Weiacher 1. August-Rede im Jahre 2007 (vgl. WeiachBlog Nr. 498). Das war damals völlig normal, wenn die Tupolevs und Caravelles aus aller Herren Ländern gestartet sind. Viele davon noch mit Militärtriebwerken. Ohne jede Mantelstromtechnik.
Was dieses erste Wort des Stammhalters in der Paarbeziehung meiner Eltern angerichtet hat? Versetzen Sie sich in den Haushaltsvorstand. Mein Vater war ein stolzer Swissair-Angestellter. Bei der nationalen Airline als gelernter Flugzeugmechaniker direkt an der Wartung dieser «Daudäpfe» beteiligt. Von seiner Warte aus betrachtet könnte in dieser pädagogischen Meisterleistung der Kindsmutter – einer ausgebildeten Primarlehrerin mit mehrjähriger Berufserfahrung – doch eine recht bittersüsse Note mitschwingen.
Die Kraft der Kraftausdrücke
Falls Sie sich je gefragt haben sollten, woher eine gewisse Faszination für die Kraft der Kraftausdrücke, die Tendenz des Redaktors zum verbalen Zweihänder oder seine zuweilen nicht nur als subtiles Stilmittel verwendete Provokation mit Worten stammen, dann haben Sie jetzt zumindest einen Erklärungsansatz zur Hand.
P.S.: Mein Vater erinnert sich nicht mehr an diese Daudapf-Geschichte. Dafür an das Interesse seines kleinen Buben für Baukräne. «Graaanä!» sei ein Wort gewesen, das man von mir immer wieder gehört habe. Verbunden mit «düllätä, düllätä!». Nicht so überraschend, dass in der Hochkonjunktur im Zürichbiet signifikante Bautätigkeit geherrscht hat. Sein Sohn werde Bauingenieur oder Architekt, habe er damals gedacht. Wurde der dann aber nicht.
[Veröffentlicht am 26. September 2024 um 22:46 MEZ]
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