Montag, 9. Dezember 2024

Das Sechspfarrerjahr 1566

Ein Dreikaiserjahr erlebten die Untertanen des Deutschen Reichs 1888, Dreipäpstejahre waren auf dem Stuhl Petri keine Seltenheit (letztmals 1978) und 1276 verzeichnete die katholische Christenheit gar ein Vierpäpstejahr.

Weiach toppt das alles locker. Unsere Vorfahren mussten 1566 nämlich als Sechspfarrerjahr abbuchen. Weshalb? In der Stadt Chur war die Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr hoch, an der Pest zu sterben. Und auch sonst war das Leben damals durchaus nicht ungefährlich. 

Nach kurzer Zeit wegbefördert

Aber im Gegensatz zu den obgenannten Fällen hochgestellter Herren und auch den zwei Vierkaiserjahren der Römerzeit (69 und 193 n. Chr.) kam kein einziger dieser sechs Pfarrer bei uns ums Leben. Sie wurden alle durch den Zürcher Rat, der sie eingesetzt hatte, bereits nach wenigen Wochen auf eine andere Stelle verschoben.

Das Jahr 1566 zeigt besonders eindrücklich, wie damals unsere Pfarrstelle sozusagen als erste Bewährungsprobe für junge Absolventen angesehen wurde. Fünf dieser sechs wurden im selben Jahr 1566 als Pfarrer ordiniert. Und Weiach war ihre erste Pfarrstelle überhaupt. 

Im Telegramm-Stil des älteren der beiden gedruckten Zürcher Pfarrerverzeichnisse, dem Etat von 1890, liest sich die Abfolge so:

1565. Jesaias Wecker, ordin. 65. - Er wurde Pfr. in Kirchberg (St. Gl.)

1566. Leonhard Hofmeister, ordin. 66. - Er wurde Diakon in Stein, 67 Pfr. in Steckborn, später in Männedorf.

1566. Joh. Wilhelm Brennwald, geb. 42, ordin. 66, Sohn des Schaffners Jost B. in Embrach. - Er wurde Diakon zu Kappel.

1566. Rudolf Bräm v. Zürich, geb. 40, ordin. 66. - Er wurde Diakon zu Küsnacht.

1566. Kaspar Zurlinden v. Zürich, geb. 41, ordin. 66. - Er kam nach Hombrechtikon.

1566. Georg Boßhardt v. Zürich, geb. 40, ordin. 66. - Er wurde Pfr. in Balgach (St.Gl.) später in Niederhasle.

Nach der Weiacher Pfarrerzählung WPZ24 sind das die Nummern 36 bis 41.

Aus anderen Quellen wissen wir, dass Wecker (auch Wegger geschrieben) vom Zürcher Rat am 13. März 1566 auf die Stelle im Untertoggenburg gewählt wurde. Und weiter, dass Zurlinden im Dezember 1566 nach Hombrechtikon kam. Also sechs Amtsträger in rund neun Monaten.

Miserabler Praktikantenlohn

Dass keiner länger als unbedingt nötig Pfarrer für die Weiacher bleiben wollte, hatte einen einfachen Grund: Schlechter bezahlt war kaum eine andere Pfarrstelle im Zürcher Gebiet. 

Die Jahresbesoldung aus der Staatskasse betrug gerade einmal 10 Gulden! Davon konnte man selbst als Einzelperson kaum überleben. Und ein Pfarrhaus gab es in diesen ersten Jahren nach der Reformation in Weiach auch noch nicht.

Selbst eine Stelle als Assistenzpfarrer (Diakon), wie sie Hofmeister, Brennwald und Bräm erhielten, war offensichtlich einiges besser dotiert.

Quelle

  • Wirz, K.: Etat des Zürcher Ministeriums von der Reformation bis zur Gegenwart. Aus gedruckten und ungedruckten Quellen zusammengestellt und nach Kirchgemeinden geordnet. Zürich 1890.

Sonntag, 8. Dezember 2024

Verrauchter Kirchenraum kommt teuer zu stehen

Die Reformierten hätten «kilchen glych den rossställen». So oder ähnlich tönten katholische Schmähreden im ersten und zweiten Jahrhundert nach der Reformation. 

Vielleicht sprach aus solchen spitzen Bemerkungen auch ganz einfach der bare Neid. Denn wenn man nur glatte weisse Wände hat, ohne jegliche Verzierung, dann ist auch die Renovation ähnlich billig wie das regelmässige Kalken der Wände von Viehställen. 

In aufwändig verzierten und opulent mit Malereien ausgestatteten Kirchen geht das nicht. Da wird eine Renovation schnell zur superteuren Restauration oder führt gleich zu einer kompletten Neugestaltung. Wenn man berücksichtigt, dass in katholischen Kirchen wesentlich häufiger Kerzen brennen, dann schlägt sich pro Zeiteinheit auch viel mehr Russ an den Wänden nieder.

Exakteste Reinigungsarbeit erforderlich

Ganz so teuer wurde es in der evangelisch-reformierten Weiacher Kirche bei der letzten Renovation 2019/2020 nicht. Denn die Innenwände präsentieren sich so schlicht, wie es das zwinglianische Glaubensbekenntnis verlangt. Mit einer einzigen Ausnahme: dem Bibelzitat (Jer 17, 12-14) an der Nordwestmauer. Gemalt im April 1968 von Otto Rüger.

Im Bild sieht man die Initiale E im Verlauf der Arbeiten. Die beauftragte Firma Fontana tastete Rügers Werk nicht an. Ihre Spezialistin entfernte in minutiöser Präzisionsarbeit den Schmutz, der sich in einem halben Jahrhundert auf den weissen Stellen rundherum festgesetzt hatte.

Quelle

  • Aufnahme Gregor Trachsel, 29. April 2020, 09:10 (IMG_7598.jpg).

Donnerstag, 5. Dezember 2024

Budgetversammlung: Des öffentlichen Schaukampfs zweite Auflage

Heute vor einem Jahr wurden auf diesem Blog die Differenzen zwischen RPK und Gemeinderat bezüglich des diesjährigen Budgets beleuchtet (vgl. WeiachBlog Nr. 2018).

Die weitestgehende Absenz von Budgetkritikern an der Gemeindeversammlung vom 7. Dezember 2023 hat dann zuverlässig dazu geführt, dass der Gemeinderat mit seiner Auffassung, man dürfe auch auf Vorrat Steuern erheben, um das Budget mittelfristig ausgeglichen zu gestalten, per Handmehr in der Versammlung durchgedrungen ist.

Der diesjährige Abschied der RPK zum Budget ist sozusagen eine Neuauflage, ein ceterum censeo, was das beim Bundesgericht zu Lausanne schlummernde Infrastrukturprojekt betrifft. Die RPK lehnt zwar das Budget 2025 nicht in globo ab, macht aber erneut zwei Anträge, um die Diskussion an der Versammlung anzukurbeln:

«Das Budget wird einstimmig unter Berücksichtigung der untenstehenden Änderungsanträge verabschiedet und der Gemeindeversammlung zur Annahme empfohlen.

Änderungsantrag 1: Vollständige Streichung des Betrages über CHF 5'000'000.00 der Budgetposition 5040.04, Gemeindeinfrastrukturprojekt

o Begründung: Ein Budget hat die Ist-Situation im kommenden Jahr abzubilden. Da der Abstimmungsentscheid vor dem Bundesgericht hängig ist, ist mit einem Baustart 2025 nicht zu rechnen. Damit werden auch keine Mittel benötigt und deshalb ist die Budgetposition zu streichen.

Änderungsantrag 2: Rückabwicklung der Steuererhöhung von 67% auf 73% wieder auf 67%

o Begründung: Die Steuererhöhung auf Vorrat war weder notwendig (Asylantenunterkunft von CHF 400'000.00 ist nicht gebaut worden), noch erlaubt (Art. 92, Abs. 1 Gemeindegesetz des Kantons Zürich) und deshalb ist der Steuersatz wieder auf 67% zu senken. Es können trotzdem noch 140'000.00 in die finanzpolitische Reserve eingebracht werden.»

Ebenso sicher wie das Amen in der Kirche war natürlich, dass sich die Rechtsauffassung des Gemeinderates ebenfalls um kein Iota verändert hat.

Da von einer fristgerechten Beschwerde gegen den Beleuchtenden Bericht nichts bekannt ist – und nur dieses Vorgehen auf dem Rechtsweg würde zur Klärung der Frage führen, wer von beiden denn nun tatsächlich im Recht ist – wird sich heute Abend wohl lediglich eine Neuauflage des Schaukampfes zwischen dem Gemeindepräsidenten und dem Präsidenten der RPK abspielen. 

Amüsant, ärgerlich, wie auch immer man das Spektakel dann einstufen will. Nur halt nicht wirklich zielführend. Im Gegenteil. Doch dazu mehr am morgigen Samichlaustag.

Finanzunterlagen auf den letzten Drücker vorgelegt

Eine andere Beobachtung im Zusammenhang mit dieser Budgetversammlung soll hier noch Erwähnung finden. 

Da hat doch die Gemeindeverwaltung die amtliche Publikation des Budgets 2025 samt Beleuchtendem Bericht erst auf den letzten Drücker hinbekommen: am 21. November um exakt 10:00 Uhr, d.h. wenige Stunden vor Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist von zwei Wochen! 

Immerhin so, dass die Stimmberechtigten, die den Newsletter abonniert haben, das auch mitbekommen haben. Die Push-Benachrichtigung funktioniert. Aber man fragt sich schon, weshalb das nicht speditiver ging. Warum man dem Souverän nicht mehr Zeit lässt, um sich das Budget genauer anzusehen.

Eine Spurensuche beim Präsidenten RPK ergibt: 

Der Gemeindeschreiber forderte eine Antwort per spätestens 4. November 2024 abends. Und erhielt den Beschluss von der RPK auch fristgerecht. 

Dann schaute er sich das Protokoll der RPK-Sitzung aber offenbar nicht an, merkte daher erst eine Woche später, dass der RPK-Aktuar den Titel des Traktandums 2 «Beschlussfassung Budget 2024» (noch vom Vorjahr her) auf «Beschlussfassung Budget 2025» zu ändern vergessen hatte.

Am 12. November monierte jedenfalls die Gemeindeverwaltung besagten Fehler bei der RPK, den diese am 13. durch Einreichung eines korrigierten Protokolls richtigstellte. 

Daraus kann man jetzt folgendes Fazit ziehen:

Die Stimmberechtigten hätten die entscheidenden Unterlagen für die Gemeindeversammlung von heute Abend also eigentlich bereits vor vier Wochen erhalten können! Oder zumindest vor drei Wochen erhalten sollen. Denn was hat bitteschön höhere Priorität als die Bedenkzeit des Souveräns?

Eigentlich möchte ich die Frage nicht stellen, ob der Finanzvorstand dem Gemeindeschreiber den Auftrag erteilt hat, dem Souverän möglichst wenig Zeit zu lassen, um die Unterlagen zu sichten. Sie drängt sich aber leider ob dieser Art von Fristenlösung mit Macht in den Vordergrund.