Die Budgetgemeindeversammlung der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach ging am letzten Samstag, 2. November, problemlos über die Bühne. Was niemanden wundert, denn die Traktandenliste war so unspektakulär wie sie mit Abkürzungen gespickt ist.
Es ging neben dem eigentlichen Budget nur um die Festsetzung von Stellendotationen, die man ohnehin jedes Jahr hätte beschliessen müssen. Und ausserdem ist die Rechnungsprüfungskommission (RPK) der Kirchgemeinde – von den Stimmberechtigten so gewählt – personell deckungsgleich mit Teilen der Kirchenpflege, die sich also faktisch selber kontrolliert.
Nun, wenn's mit den Finanzen schiefgeht – so mag sich manche/r gedacht haben – dann kann man ja jederzeit den Austritt aus diesem Verein mit Steuereinzugsprivileg geben.
Kein Austritt möglich aus diesem Verein
Bei der Politischen Gemeinde (seit 1. Januar 2022 mit der Primarschulgemeinde fusioniert) handelt es um ein ganz anderes Kaliber. Die will mehr als das Sechsfache an Geld sehen und akzeptiert keine Austrittserklärung, wenn man auf ihrem Gebiet wohnen bleibt.
Die gegenwärtige Rechnungsprüfungskommission der Politischen Gemeinde passt zu diesem Umstand. In ihr sitzen Persönlichkeiten, die dem Gemeinderat sehr genau auf die Finger schauen. Und so zeichnet sich das Gremium in seiner bisherigen Amtszeit durch eine auffällige Bissigkeit aus. Daran ändert auch die durch den Hinschied eines Mitglieds nötige Nachwahl nichts.
Ja, aber... Zustimmung zum Budget nur unter Vorbehalt
Wie man dem Beleuchtenden Bericht zuhanden der Gemeindeversammlung vom Donnerstag, 7. Dezember 2023 entnehmen kann, liegen Gemeinderat und RPK auch bezüglich des Budgets 2024 in wesentlichen Punkten über Kreuz.
Das Protokoll der RPK-Sitzung vom 19. Oktober zeigt, dass versucht wurde, den Gemeinderat zur Abänderung seiner Vorlage zu bewegen, denn da heisst es:
«Das Budget wird einstimmig unter Berücksichtigung der untenstehenden Änderungsanträge verabschiedet und der Gemeindeversammlung zur Annahme empfohlen.»
Diese Anträge haben es allerdings in sich:
«Änderungsantrag 1: Vollständige Streichung des Betrages über CHF 10'000'000.00 der Budgetposition INV01095, Schulhausneubau
Begründung: Ein Budget hat die Ist-Situation im kommenden Jahr abzubilden. Da der Abstimmungsentscheid vor dem Verwaltungsgericht hängig ist [Anm.: vgl. WeiachBlog Nr. 1985], ist mit einem Baustart 2024 nicht zu rechnen. Damit werden auch keine Mittel benötigt und deshalb ist die Budgetposition zu streichen.
Änderungsantrag 2: Anpassung des Betrages über CHF 400'000.00 auf CHF 160'000.00 der Budgetposition INV01066, Asylbewerberunterkunft
Begründung: Die Gemeinde soll kostenschonend zuerst Umnutzungsmöglichkeiten von bestehenden Gemeindeliegenschaften prüfen und wahrnehmen, bevor ein Neubau realisiert wird. Ein Betrag von CHF 160'000.00 sollte dafür ausreichen.
Änderungsantrag 3: Streichung der beantragten Steuererhöhung von 67% auf 73%
Begründung: Aufgrund der Einsparungen, die gemäss Änderungsantrag 2 realisiert werden können und ein Steuerprozent ca. CHF 40'000.00 entspricht, ist eine Steuererhöhung auf Vorrat weder notwendig noch erlaubt (Art. 92, Abs. 1 Gemeindegesetz des Kantons Zürich) und deshalb ist der Steuersatz bei 67% zu belassen.»
Denn wie man der Weisung des Gemeinderates vom 30. Oktober entnehmen kann, will man seitens der Exekutive offenbar kein Iota ändern. Und wenn die RPK diesmal nicht erneut mit Abwesenheit glänzt (wie bei der letzten Rechnungsgemeinde, vgl. WeiachBlog Nr. 1938), dann wird der Schlagabtausch auch unausweichlich in deutlichen Worten geführt werden.
Hängiges Bauvorhaben = Keine Steuerfusserhöhung?
Der Antrag Nummer 3 ist besonders brisant, weil hier dem Gemeinderat explizit ein rechtswidriges Vorgehen vorgeworfen wird. Die Gemeindeexekutive habe, so die RPK, den ersten Absatz des Haushaltgleichgewicht-Artikels im Gemeindegesetz verletzt. § 92 Abs. 1 GG lautet:
«Der Gemeindesteuerfuss wird grundsätzlich so festgesetzt, dass die Erfolgsrechnung des Budgets ausgeglichen ist.» (ZH-GG, 4. Teil: Finanzhaushalt, 2. Abschnitt: Steuerung des Finanzhaushalts, A. Haushaltsgleichgewicht)
Der Gemeinderat hält dagegen und betont, dass man die Angelegenheit über mehrere Jahre betrachten müsse: «Gemäss § 92 des Gemeindegesetzes muss der kommunale Finanzhaushalt mittelfristig ausgeglichen sein. Das bedeutet, dass im Zeitraum von acht Jahren ein ausgewogenes Verhältnis von Aufwendungen und Erträgen ausgewiesen werden muss.» (Beleuchtender Bericht, S. 4)
Der Gemeinderat glaubt an einen Sieg vor Verwaltungsgericht, hofft auf einen Baubeginn 2024 und will daher das Pulver möglichst frühzeitig ins Trockene bringen. Bei der RPK glaubt man, es werde weitere Verzögerungen geben, vielleicht sogar eine neue Abstimmung.
Da bestehen also höchst unterschiedliche Rechtsauffassungen. Welche Weiterungen diese Diskrepanz erfahren wird, hängt vom Ausgang des Showdowns im Gemeindesaal ab.
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