Samstag, 29. Dezember 2007

Gehörte Weiach einst dem Kloster Allerheiligen?

Die älteste erhalten gebliebene Nennung des Ortsnamens Wiâch findet man bekanntlich in einem Zinsrodel (Einnahmenverzeichnis) der Fraumünsterabtei zu Zürich, datiert auf Februar 1271. Der Eintrag selber ist zwar nicht mit einer Datumsangabe versehen, er steht jedoch zwischen datierten Einträgen, welche in etwa diese zeitliche Zuordnung vermuten lassen.

Fussnote 21 reloaded

Nun gibt es aber noch ältere Dokumente, welche uns diesen Namen mit der genau gleichen Buchstabenkombination überliefern - wie ich 2003 angemerkt habe:

«Eine noch frühere Nennung des Ortsnamens «Wiach» erfolgte in einer Urkunde des Schaffhauser Klosters Allerheiligen von 1167 in der vom Bischof von Konstanz bestätigt wird, dass ein «Anno von Busilingin» im Jahre 1131 dem Kloster zur Beförderung seines und seiner Vorfahren Seelenheil u.a. Güter in «Wiach» überschrieben habe.

Die Forschung ist offenbar der Ansicht, dass es sich bei diesem Ort um Wiechs am Randen, heute ein deutsches Dorf nahe Bargen SH, gehandelt habe. Dies erscheint zwar logisch. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass eigentlich «Wiach» am Rhein gemeint war.

Umgekehrt ist es möglich, dass spätere Nennungen von «Wiach» unserem Dorf fälschlicherweise zugeschrieben wurden und sich tatsächlich auf Wiechs am Randen beziehen.

Im Bezug auf obgenannte Urkunde lässt sich diese Frage nur dann beantworten, wenn es im Aktenbestand des Klosters Allerheiligen weitere Dokumente geben sollte, die eine eindeutige Zuordnung der fraglichen Güter im genannten «Wiach» zu solchen in Wiechs ermöglichen.
»

Wo hatte dieser Anno von Busilingin seinen Grundbesitz?

Das ist die entscheidende Frage. Ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht, dass das 1049 von einem Nellenburger gegründete Benediktinerkloster Allerheiligen durch die Schenkung des Anno von Busilingin (wohl: von Büsingen; vgl. den letzten Abschnitt) ab 1131 auch in Weiach Grundbesitz hatte.

Es muss sich ja nicht um denselben Besitz gehandelt haben, welcher der Fraumünsterabtei spätestens ab Februar 1271 Einkünfte brachte. Denn daneben waren bis 1295 vor allem die Freiherren von Wart Besitzer von Boden und Rechtstiteln wie der niederen Gerichtsbarkeit.

Wenn es so war, dann müsste das Kloster diese Besitzung relativ rasch wieder veräussert haben, ohne dass diese Transaktion für uns heute verwertbare Spuren hinterlassen hätte - es sei denn, dass in den Akten zum Kloster noch die eine oder andere Notiz unbeachtet geblieben wäre.

Wenn aber die Einträge zu Wiach seit 1131 nicht mehr abbrechen und sich diese als eindeutig und ausschliesslich auf Wiechs am Randen bezogen herausstellen sollten, dann steht die These, Allerheiligen mit dem rheinabwärts gelegenen Weiach in Verbindung bringen zu wollen, nach den noch vorhandenen Urkunden zu urteilen auf schwachen Füssen.

Quelle
  • Brandenberger, U.: Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Dritte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach». Oktober 2003 – S. 11, 14 und Fn-21, S. 73
[Ein pdf-File der 4. Auflage, Ausgabe November 2007 (auf den neuesten Stand gebrachte Version) ist verfügbar unter dem URL: http://www.esnips.com/web/Ortsgeschichte-Auflage-4 ]

Korrektur vom 9. April 2019

Im Haupttext dieses Beitrags wird vermutet, bei Busilingin handle es sich um die östlich Schaffhausen gelegene deutsche Exklave Büsingen. Gemäss dem Topographischen Wörterbuch des Großherzogtums Baden muss es sich jedoch um «Büßlingen» handeln. Büsingen wird mit den historischen Bezeichnungen «villa Bousingin (1111)» oder «villa Bousingen (ca. 1150)» in Verbindung gebracht. «Anno de Busilingin» ist in Spalte 361 unten erwähnt: im Artikel über Büßlingen.

Vgl. Krieger, Albert; Badische Historische Kommission [Hrsg.]: Topographisches Wörterbuch des Großherzogtums Baden (Band 1) Heidelberg, 1904 – Sp. 360-361. https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/krieger1904bd1/0203 f.

Hinweis vom 16. Mai 2019

Die Urkunde (Signatur. StASH Urkunden 1/80) ist auf den 27. Dezember 1166 datiert. Aufgrund des damals üblichen Natalstils begann das Jahr 1167 bereits an Weihnachten, weshalb in Urkundenbüchern teils die im Original stehende Jahrzahl 1167 erwähnt wird.

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