Dienstag, 25. Mai 2010

Wegen Verschwendung unter Vormundschaft gestellt

Jemanden «vogten» hiess früher soviel wie «ihn unter Vormundschaft stellen», oder mindestens so zu behandeln, wie wenn man sein Vormund wäre.

Wenn die Angehörigen oder Nachbarn feststellten, dass sich das Vermögen einer Person in Luft aufzulösen begann und sich der Betreffende nicht freiwillig einen Beistand suchte, dann wurden die Gemeindeoberen in der Regel sehr schnell aktiv: Sie erwirkten eine provisorische Massnahme, die oft in einer dauerhaften mündete. So wie bei Hans Ulrich Griesser:

«Hs. Ulrich Grießer, Zimmermann von Weiach, über welchen wegen Verschwendung eventuell Bevogtigung verhängt worden, ist nunmehr wegen Geisteskrankheit unter staatliche Vormundschaft gestellt und Herr Hs. Heinrich Grießer, Bäcker, daselbst zu seinem Vormunde ernannt.

Regensberg, den 7. Weinmonat 1863.
Im Namen des Bezirksrathes:
Der Rathsschreiber,
H. Duttweiler.
»

Unklar ist, wie diese «Geisteskrankheit» im vorliegenden Fall diagnostiziert wurde. Unbekannt ist weiter, ob und wie Hans Ulrich Griesser darauf reagiert hat.

Selbst wenn es nur um einen Fall von Altersdemenz ging, dann würde man Näheres wohl den im Gemeindearchiv Weiach liegenden «Bevogtigungsetat» genannten Akten der damaligen Sozialbehörde entnehmen können. Allenfalls auch dem Bestand P 142.1 des Staatsarchivs des Kantons Zürich.

Quelle
  • Amtsblatt des Kantons Zürich, No. 88, Dienstag, den 3. Wintermonat 1863 - S. 1691, Eintrag Nr. 8

2 Kommentare:

Martin hat gesagt…

Verschwendung ist weiterhin ein Vormundschaftsgrund: http://www.admin.ch/ch/d/sr/210/a370.html .

Wiachiana-Verlag hat gesagt…

Ja, der Art. 370 ZGB ist da erstaunlich deutlich. Er stammt der Formulierung nach zu schliessen noch aus den Zeiten der ersten Kodifierung vor 100 Jahren.

Die Vergangenheitsform habe ich im obigen Artikel deshalb gewählt, weil heute wohl viel länger zugewartet würde, bevor jemand tatsächlich einen Vormund erhält. Viel eher wird eine Beistandschaft errichtet.

Weiter wird wahrscheinlich nicht gleich jede Meldung eines potentiellen künftigen Erbberechtigten, der einen zu rasanten Mittelabfluss befürchtet, zu einer vormundschaftsbehördlichen Sicherungsmassnahme führen.