Montag, 8. Juli 2024

«Wandelt allezeit selbst in frommer Reinheit der Sitten!»

Johann Heinrich Burkhard (1772-1837) war fast sein ganzes Berufsleben Pfarrer der Gemeinde Weiach, von 1799 bis zu seinem Tode am 8. April 1837. Und nicht nur das: Bereits 1802, schon zur Zeit der Helvetischen Republik also, übernahm er auch noch das Amt eines Schulinspektors des Distrikts Bülach und übte auch dieses jahrzehntelang aus. 

Dieser Distrikt umfasste damals das gesamte Gebiet des heutigen Zürcher Unterlands, also im Wesentlichen die heutigen Bezirke Bülach und Dielsdorf. Wenn also vor rund 200 Jahren einer aus eigener Anschauung durch regelmässig ausgeführte Visitationen einen Überblick darüber hatte, wie es um das Schulwesen in den Gemeinden quer durch das Unterland bestellt war, dann er. Es ist deshalb von Interesse, wie er die Frage beantwortet hat, was eine gute Lehrkraft ausmacht.

Das Bild eines idealen Lehrers

Die nachstehenden Worte stammen aus der Niederschrift seiner eigenen Ansprache, die er nur Monate vor seinem Tod am 24. November 1836 anlässlich der feierlichen Einweihung des neu erbauten Weiacher Schulhauses (dem heutigen Alten Schulhaus am Schulweg 2) gehalten hat: 

«Welche Eigenschaften nun zu einem guten Schullehrer erforderlich sind, kann ich hier nicht ausführen, sondern nur andeuten. – Vorausgesezt werden dabey die Kentnisse, Geschicklichkeiten und Fertigkeiten, welche zum Unterricht der Jugend nöthig sind. Sie dürfen dem Lehrer derselben nicht fehlen: aber sie allein sind noch nicht hinreichend. Zu ihnen muss hinzukommen eine weise Methode, die eigenen Kenntnisse der Jugend bey zu bringen – ein liebreicher Sinn, Kinderseelen anzuziehen und zu gewinnen – pünktliche Berufstreue, welche nicht müde wird, an der Ausbildung und Veredlung der Schüler zu arbeiten – und vor allen Dingen ein unsträflicher Wandel in allen Verbindungen und Verhältnissen des Lebens, welcher sich durch Sittenreinheit, Wahrheitsliebe, Rechtlichkeit und ungeheuchelte Nächstenliebe zu erkennen gibt. – – – Ein Schullehrer, welcher diese Eigenschaften besizt, wird grossen Segen in einer Gemeinde wirken. Unter seiner Leitung wird die Jugend bedeutende Fortschritte in allen Kenntnissen und Fertigkeiten machen, worin unterrichtet wird, und frühe den heiligen Entschluss fassen, gut und immer besser zu werden, also sich durch ein musterhaftes Verhalten und lobenswerthe Gesinnungen auszuzeichnen. Durch ihn werden selbst die Einwohner der Gemeinde ermuntert werden, der Frömmigkeit und Tugend nachzustreben, weil sein Beysbiel nicht ohne Segen bleiben kann. Nicht zu berechnen ist der Nuzen und Segen, welcher durch eine Reihe von guten Schullehrern in einer Gemeinde kann gewirkt werden. – Ihr beginnet diese Reihe, geliebte Lehrer! Mit euch ziehe in unser Schulhaus ein, Tugend u. Frömmigkeit, Berufstreue, Liebe zu den Kindern mit weisem Ernst verbunden! Wuchert mit dem Talent der Erkenntniss, welches Gott euch verliehen hat, weise und standhaft nach seinem Willen, zum Heil für die euerer Leitung anvertraute Jugend. Lehret dieselbe halten alles, was der Herr ihr befohlen hat. Haltet an mit Lehren, mit Ermahnen[,] mit Lesen! Bildet die Seelen dieser Kinder, dass ihr Verstand sich immer mehr entwikle und entfalte; aber veredelt nicht minder ihre Herzen, dass sie das Gute und Heilige lieben und umfassen, gut gesinnet seye u. recht handeln lerne! – Wandelt allezeit selbst in frommer Reinheit der Sitten und Lautherkeit des Gemüths. Beweiset, sey es unter den Schülern oder in häuslichen und andern Verbindungen, frommen Eifer, Sanftmuth, Liebe, Geduld und ungeheuchelte Gottesforcht. – Dies wird der schönste Schmuck unsers Schulhauses seyn. Er mangle ihm nie!»

Heisst: Das Schulhaus gehörte zum Lehrer und der Lehrer zum Schulhaus. Denn anfangs war die Hälfte der Kubatur unseres Alten Schulhauses für die Wohnräume der Lehrkräfte reserviert. Was natürlich den Vorteil hatte, dass sie auch sozusagen automatisch beheizt wurden. Die Lehrkräfte (bzw. ihre Ehefrauen) dienten dadurch auch gleich als Abwarte. Und man konnte die Schulräume im Winter nutzen, um bei Kälte Gottesdienste aus der Kirche dorthin zu verlegen.

Quelle und Literatur

  • Auszug aus: Weiherede Altes Schulhaus Weiach, gehalten am 24. November 1836 durch Pfr. Johann Heinrich Burkhard. Nach der Transkription von W. Zollinger, 1969. Vorabdruck aus Wiachiana Fontes Bd. 2.
  • Brandenberger, U.: Wenn es in der Kirche zu kalt ist. WeiachBlog Nr. 1720, 14. August 2021.

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