Samstag, 14. August 2021

Wenn es in der Kirche zu kalt ist

Ein Gebäude heizen, das man nur einmal pro Woche für zwei bis drei Stunden braucht? Da muss man entweder früh mit einheizen anfangen, wie die für die Weiacher Kirche Verantwortlichen feststellen konnten. Oder eben gar nicht heizen.

Nach aktuellem Stand des Wissens gab es in unserer Kirche erst seit 1888 eine mit Holz und Kohle betriebene Heizanlage. Es sind wohl die Reste des Kamins dieser Heizung, die Gregor Trachsel, der Architekt der Renovation 2020, wiederentdeckt und letzten September mit einem Bild im Mitteilungsblatt dokumentiert hat.

Ausweichlokalitäten

Bis dahin hätten also die Weiacherinnen und Weiacher zu Winterszeiten in ihrer Kirche jämmerlich gefroren (vgl. Jubiläumsbroschüre von 2006, S. 55). Es sei denn, man wäre von vornherein in einen geheizten Raum ausgewichen. 

Solche öffentlichen (oder quasi öffentlichen) Räume gab es in der Gemeinde durchaus. Und nicht nur im Wirtshaus zum Sternen. Seit 1836 hatte Weiach ja auch (wieder) ein Schulhaus, das diesen Namen verdiente, und entsprechend beheizt werden konnte.

Dass dieses auch regelmässig für kirchliche Zwecke genutzt wurde, zeigt sich im Protokoll der Sitzung der Kirchenpflege vom 27. Dezember 1875, an der alle Mitglieder der Pflege anwesend waren und wo als Punkt 4 notiert wurde:

«Für die Wintersonntage, an denen Kälte halber auch die Predigt in der Schule abgehalten wird», solle der Mesmer, um «Beschwerden wegen den Schulbänken abzuhelfen», die hintersten beiden Bänke zusammenschieben (und nach dem Gottesdienst wieder auseinander). Daraus lässt sich schliessen, dass die Unterweisung der Jugend in Religionsfragen im Winter wohl bereits im Schulhaus stattfand.

Das Schulhaus muss sowieso geheizt werden

Da schon die Zürcher Landschulordnung von 1658 verlangt hat, dass der Schulmeister «alldiewyl es kalt ist / am Morgen bey guoter zeit» die Schulstube zu heizen hat, «damit die Kinder ein warme Stuben findind / und in der Schuol nit friehren müssind» (vgl. Art. 14), konnte man das ohne grosse Zusatzkosten zu verursachen auch an einem Sonntag so praktizieren.

Das war zu Zeiten des Ancien Régime umso einfacher zu bewerkstelligen, als der Lehrer ja ohnehin dem Pfarrer unterstellt war und dessen Weisungen zu befolgen hatte. Man musste nur das Brennholz zur Verfügung stellen. 

1875 lag die Sache dann etwas anders, indem die Schulpflege nicht mehr dem Pfarrer unterstellt war. Aber auch hier wird man sich arrangiert haben, sonst wäre der oben zitierte Regieauftrag nicht so erteilt worden.

Quellen und Literatur 

  • Gwerb, R.: Christenliche und nothwendige Gebätte für die Schuolmeister und Lehrkinder auff der Landschaft der Statt Zürich; sampt beygethanen nutzlichen Schuol-Satzungen, so wol zuo beobachten. Getruckt zuo Zürich 1658 – S. 19.
  • Stünzi, J.: 5te Sitzung, den 27 Dec. 1875. In: Protocoll der Kirchenpflege Weÿach, 1838-1884. Signatur: ERKGA Weiach IV.B.6.2 – S. 338.
  • Brandenberger, U.: «ein nöüer Kirchenbauw allhier zu Weyach». 300 Jahre Kirche Weiach, 1706 – 2006. Herausgegeben von der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach und der Ortsmuseumskommission Weiach. Weiach 2006 – S. 55. [Online-Ausgabe 2007]
  • Brandenberger, U.: Dreijahresvertrag für den Kirchenheizer, 1891 bis 1894. WeiachBlog Nr. 1558 v. 5. August 2020.
  • Trachsel, G.: Notizen über die Renovationsarbeiten 2020. Datiert 7. August 2020. In: Mitteilungsblatt Gde Weiach, MBGW, Sept. 2020 – S. 17.

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