Mittwoch, 24. Januar 2007

Elektrisch geläutet wird erst seit 50 Jahren

Über Jahrhunderte war das Läuten der Weiacher Kirchenglocken reine Handarbeit. Da musste man sich richtig hineinhängen. Und das auch noch pünktlich und genau so lange wie vorgegeben. Denn die Dorfbevölkerung schaute dem Sigrist (auch Mesmer genannt) genau auf die Finger:

«S' hät immer so Schpezialischte gha, wo mit der Uhr sind go kontrolliere ob me gnueg lang glütet hät», sagte Emma Erb, die Ehefrau des letzten Sigristen der noch von Hand läuten musste, im Gespräch mit dem Autor der Weiacher Geschichte(n).

So ist es leicht verständlich, dass sich die Sigristenfamilie über die Ankunft der elektrischen Heinzelmännchen freute, wie Walter Zollinger in seiner Jahreschronik schreibt:

«Ein längst gehegter Wunsch des Mesmers, Herr Albert Erb, ging endlich in Erfüllung: der Einbau des elektrischen Antriebes des Kirchengeläutes und der Umbau der Turmuhr auf el.-automatischen Aufzug. Die Gesamtkosten betrugen Fr. 4'853.40 bzw. Fr. 3'357.70. An diese bewilligte das politische Gut gesamthaft Fr. 4'665.15.» (G-Ch 1957, S. 9)

Warum die Gemeinde auch etwas daran bezahlte ist schnell erklärt. Jeder Einwohner, ob reformiert oder nicht, hatte schliesslich etwas vom regelmässigen Gang der Turmuhr und den Läutezeichen. Glocken und Uhr strukturierten den Tagesablauf für alle - auch für die Katholiken.

Automatisch läuten = Weniger Lohn

Die Kosten liessen die Kirchenoberen aber dennoch ans Sparen denken. «So, jetzt gits weniger Lohn», habe der Kirchenpflegepräsident zu ihnen gesagt, als die elektrische Läutung endlich installiert war.

Das fand die Familie Erb dann doch mehr als knauserig. Vor allem wenn man bedenkt wie wenig sie bisher schon für das täglich mehrmals fällige Läuten ausbezahlt erhielten - ganze 1200 Franken im Jahr.

Nach heutigem Geldwert sind dies nicht einmal 5000 Franken (Index 1914=100; 1957=245.1; 2006=1000). Wahrlich nicht viel Geld wenn man sich ausrechnet, wieviele Einsätze dafür bei jedem Wetter und zu allen Tageszeiten zu leisten waren.

Quellen

  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1957 – S. 9 (Original in der Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Signatur: G-Ch Weiach 1957)
  • Persönliches Gespräch des Verfassers mit Frau Emma Erb am 21. Oktober 2005 im Altersheim Eichi, Niederglatt
  • Albert Erb-Saller (* 4.11.1905 † 16.12.2001). Erinnerungen an einen der letzten Vertreter des Wagner-Handwerks. Weiacher Geschichte(n) 72. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, November 2005 – S. 13-17.

[Veröffentlicht am 11.2.2007]

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