Man könnte es denken, wenn man im Historischen Lexikon der Schweiz (HLS) blättert. Der SVP-Volkstribun Christoph Blocher kommt zwar in etlichen Artikeln vor, wie man über die Volltext-Suche herausfindet:
- Ems-Chemie (Blocher als Unternehmer)
- Bündner Tagblatt (Blocher als Investor)
- Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS)
- Europäischer Wirtschaftsraum (EWR)
- Bundesrat
- Bürgerliche Parteien
- Konservatismus, 5 - Nationalkonservatismus (seit Mitte der 1960er Jahre)
- Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), 2 - Die CVP als Regierungspartei (Abwahl Ruth Metzler-Arnold)
Verwunderlich ist das nicht, schliesslich kommt man hierzulande an diesem Herrn nicht vorbei - ob man ihn nun vergöttert und auf einen Sockel stellen will - oder ihn am liebsten auf eine Mondumlaufbahn schiessen würde. Der Mann polarisiert wie kein zweiter.
Den Artikel über Christoph Blocher sucht man vergeblich
Umso interessanter, dass es im HLS keinen eigenen Artikel über ihn gibt! Und zwar weder in der Printausgabe noch in der Internetversion. Da haben zwar vier verstorbene Herren mit demselben Familiennamen Erwähnung gefunden (Eduard Blocher (1870-1942); Eugen Blocher (1882-1964); Hermann Blocher (1872-1942); Rudolf Blocher (1920-1995)), nur der heutzutage Bekannteste nicht.
Vergessen gegangen ist das Lemma (Lexikon-Stichwort) «Blocher, Christoph», obwohl alle anderen amtierenden und ehemaligen Bundesrätinnen und Bundesräte bis zurück zu Kurt Furgler und Willi Ritschard (weiter habe ich das nicht überprüft) zumindest einen Stichwort-Eintrag (für einen noch zu schreibenden Artikel) haben. Selbst Eveline Widmer-Schlumpf wird zu einem Lemma. Die Artikel über sie, Adolf Ogi und Samuel Schmid liegen aber - wenn überhaupt - erst als Autorenversionen vor und sind nur im Lesesaal der Nationalbibliothek in Bern einsehbar, da noch nicht publiziert.
Nun kann die Redaktion natürlich einwenden, dass Blocher bei der Drucklegung des 2. Bandes noch nicht als Bundesrat gewählt war (die Publikationsjahre der bisher veröffentlichten Bände würden ihre Argumentation stützen) :
- Bd. 1: Aa - Basel (Fürstbistum). - Cop. 2002. - XXXIX, 754 S.
- Bd. 2: Basel (Kanton) - Bümpliz. - Cop. 2003. - XXV, 829 S.
- Bd. 3: Bund - Ducros. - Cop. 2004. - XXV, 824 S.
- Bd. 4: Dudan - Frowin. - Cop. 2005. - XXV, 856 S.
- Bd. 5: Fruchtbarkeit - Gyssling. - Cop. 2006. - XXV, 854 S.
- Bd. 6: Haab - Juon. - Cop. 2007. - XXV, 860 S.
Wo bleibt die kritische Würdigung?
Aber spätestens seit 2005 müsste in der Internet-Version ein eigener Artikel aufgenommen worden sein. Denn gerade bei einer derart umstrittenen Person (die von 2004 bis 2007 auch einmal Bundesrat war) wäre eine kritische Würdigung umso wünschenswerter.
Es muss ja keine Hagiographie werden, aber grad ganz weglassen kann man ihn auch nicht. Sonst wird das Unternehmen HLS seinem im Leitbild geäusserten Anspruch, ein «kritisches gesamtschweizerisches Forum zur Schweizergeschichte» zu sein, nicht ganz gerecht.
Zudem hört die Arbeit der Stiftung HLS ja nicht bei der Publikation der Printversion auf. Einer der Zwecke der «im Rahmen des Forschungsgesetzes mit Mitteln der Schweizerischen Eidgenossenschaft» finanzierten Stiftung ist es nach deren eigenen Angaben, «das Historische Lexikon der Schweiz als elektronische Datenbank zu veröffentlichen und diese nach Abschluss der Drucklegung weiterzuführen». Darunter wird offensichtlich auch ein Updaten der bereits vor Jahren in Buchform publizierten Artikel verstanden. Der oben erwähnte über Eduard Blocher beispielsweise trägt das Bearbeitungsdatum «25/06/2007».
Auch angesichts der grossen Wähler- und Steuerzahleranteile, welche - nicht nur in Weiach - die Blocherpartei favorisieren, ist ein HLS-Artikel über Christoph Blocher meines Erachtens ein nicht von der Hand zu weisendes Desiderat.
1 Kommentar:
Jemand schreibt mir gerade auf meine Anfrage wegen Blocher:
Ich glaube, das Problem dabei ist das, dass zwar die alten Artikel überarbeitet werden können, vor Abschluss des letzten Bandes aber keine neue Artikel in den bereits publizierten.
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