«Im Rheinhof unten (Besitztum von Hr. Prsdt. Richner Kaiserstuhl), wo aus dem ehemaligen Bauernhaus des Walter Joost-Meierhofer ein Zweifamilienhaus entstanden ist, sind Ende Februar zwei neue Familien eingezogen, beides Graphiker aus Zürich: Elias Konrad Stieger-Herzog und Josef Stieger-Sabnis. Des Letztern Gemahlin ist eine geborne Indierin, die natürlich etliches Aufsehen erregt, wenn sie in ihrem heimatlichen Gewand zum Posten im Dorf erscheint. Sie spricht schriftdeutsch.» (Zollinger, Chronik 1958)
«Posten» ist ein Helvetismus, so nennen die Hiesigen das Einkaufen. Und vom Rheinhof war in diesem Blog schon früher die Rede (siehe den fast ein Jahr alten Artikel Nr. 434: Der Rheinhof im Griesgraben).
Ein Banklehrling als Grossgrundbesitzer
Der dazumalige Eigentümer des Rheinhofs ist übrigens kein Unbekannter. Im Gegenteil. Er war so etwas wie ein Anti-Ospel. Richner wurde nämlich 1964 zum Ehrenpräsidenten der UBS gewählt und blieb es auch.
Der von Zollinger respektvoll «Herr Präsident» Genannte ist Fritz Richner (1894-1974), «der sich im vergangenen Jahrhundert in der Bankgesellschaft vom Dokumentalisten bis zum Verwaltungsratspräsidenten emporgearbeitet hat». Das kann man der Zeitschrift BILANZ Nr. 17/2005 entnehmen, die auch gleich kolportiert, dass seine Enkelin in die Bankier-Familie Bär eingeheiratet hat.
Richner war ein Bauernsohn und mit dieser Herkunft ist es wohl zu erklären, dass er das herrschaftliche Lindengut beim Kaiserstuhler Turm mitsamt dem dazugehörenden weitläufigen Areal gekauft hat und weitere landwirtschaftliche Güter dazu erworben hat.
Ein Gutsbetrieb, wo man ihn nicht erwartet
Die ausgedehnte, der Öffentlichkeit nicht zugängliche Parklandschaft zwischen dem Rheinbord im Norden, der Bahnlinie im Süden, der Stadtmauer im Westen und der Kantonsgrenze im Osten gehört heute noch zu diesem Anwesen und macht dessen Eigentümer zu einem Latifundien-Besitzer - jedenfalls gemessen am Verhältnis der Quadratmeter des Grundstücks zur Gesamtfläche der Gemeinde Kaiserstuhl, die mit 32 Hektar eines der kleinsten politisch selbstständigen Gemeinwesen der Schweiz ist. Umgesetzt auf Weiacher Proportionen wäre das nämlich ein Grundbesitz von über 2 Quadratkilometern.
Wer nun am Rheinufer die exotischere Erscheinung war - der weltgewandte Richner, vor dem die Einheimischen grossen Respekt hatten, oder die Inderin in ihrem aufsehenerregenden Sari - diese Spekulation sei dem geneigten Leser überlassen.
Quellen
- Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1958 – S. 16 (Original in der Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Signatur: G-Ch Weiach 1958)
- Bank Julius Bär. Der Bär ist los. In: BILANZ 17/05, 4. Oktober 2005
- Fritz Richner, 1894-1974 (Quelle: Website der UBS AG, abgerufen 16. April 2008)
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