Dienstag, 12. Juli 2011

Trotz Spionage kein Direktangriff: Haniel hält sich still

Um das Weiacher Kiesvorkommen wurde vor rund 50 Jahren offenbar mit Haken und Ösen gekämpft. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man den nächsten Abschnitt «Politische Gesichtspunkte» im gestern schon zitierten Dokument aus dem Frühjahr 1961 an den Verwaltungsrat der Franz Haniel AG Basel liest:

«Wie Ihnen bekannt sein wird, ist über die Frage der Beteiligung des Kantons Zürich an der Weiacher Kies AG. eine heftige Zeitungspolemik entstanden, deren Urheber ganz offensichtlich Holderbank ist. Diese Urheberschaft darf deshalb mit grösster Sicherheit angenommen werden, weil verschiedene Sätze in den Zeitungsartikeln mit solchen identisch sind, die im Brief an Herrn Dr. Reusch vom Dezember v.J. enthalten waren. Wir wissen auch aus vertraulichen Informationen des Kantons, dass von dieser Seite gegen uns opponiert wird. Als Holderbanks Verbündeter hat auch der Schweiz. Kiesverband eine mehr als zweifelhafte Tätigkeit gegen uns entfaltet. Es ist zweifellos richtig, dass sich Haniel in dieser Sache ruhig verhält, umsomehr als unsere Firma an sich bis heute noch keinen ehrenrührigen Angriffen ausgesetzt war. Auch die Herren des Kantons Zürich haben sich dieser Meinung angeschlossen und uns geraten, möglichst nichts zu unternehmen. Es war anzunehmen, dass im Kantonsparlament gegen die Beteiligung des Kantons an der Weiacher Kies AG. eine Opposition entstehen werde. Wir glauben aber zuversichtlich, dass der Kanton sein Vorhaben mit so vielen stichhaltigen Argumenten begründen kann, dass die Vorlage angenommen werden muss. Wir haben diesbezüglich auch verschiedene Parlamentarier aller Richtungen nach ihrer Meinung befragt und durchwegs die Antwort erhalten, dass sie die Vorlage unterstützen werden. Im übrigen ist es bezeichnend für die Hilflosigkeit der Opposition, dass sie im Kampf gegen unser projektiertes Werk zum Mittel des Diebstahls greifen muss (Diebstahl der Kiesmuster aus unserer Versuchsbohrung).

Sollte die Beteiligung des Kantons trotz allem doch abgelehnt werden, wird der Kanton Zürich seinen Kiesbedarf für den Nationalstrassenbau sofort öffentlich ausschreiben. Selbstverständlich würden wir uns dann im Rahmen dieser Ausschreibung um die Aufträge bewerben. Mit den dann eingehenden Aufträgen des Kantons würden wir unsere weitere Planung in Uebereinstimmung bringen.
» (Haniel Archiv, Duisburg, ZABW:201, S. 113)

Dazu zwei Bemerkungen:

1. Bei dem oben erwähnten «Dr. Reusch» handelt es sich um Hermann Reusch, den Vorstandsvorsitzenden der Gutehoffnungshütte (GHH) von 1947-1966. Dieses Unternehmen war ab 1808 so eng mit dem wirtschaftlichen Erfolg und der Geschichte der Familie Haniel verknüpft, dass das Kürzel GHH im Volksmund scherzhaft mit «Gehört Hauptsächlich Haniel» übersetzt wurde.

2. Der Vorwurf der Franz Haniel AG, ihre Gegenspieler (das Schweizer Kiesgewerbe unter Führung von Holderbank) hätten einen Diebstahl in Auftrag gegeben, um an Informationen zur Weiacher Kiesqualität zu gelangen, wiegt schwer. Nicht überprüft wurde durch WeiachBlog bislang, ob der in diesem internen Dokument angedeutete Fall von Industriespionage zur Anzeige gebracht wurde und welche Weiterungen die Angelegenheit hatte.

Quelle
  • Auszug aus: Haniel Archiv, Duisburg, Signatur: ZABW:201, S. 113.
Für die Genehmigung zur Veröffentlichung auf WeiachBlog sei Herrn Dr. Ulrich Kirchner, Leiter des Haniel-Archivs, an dieser Stelle herzlich gedankt.

Jubiläum 50 Jahre Weiacher Kies AG

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