In den Zürcher Ratsmanualen ist der Ankauf des ersten Weiacher Pfarrhauses unter dem 17. März 1591 notiert (Zitat nach einer Mitteilung von Staatsarchivar Anton Largiadèr, 19. Mai 1934):
«Der Kauf um Mathÿß Schöublis Haus zu Weiach, “den neuen Pfarrer darein zu setzen“, wird bestätigt. Es soll nach und nach dieses Haus, was die Notdurft erfordert, erbaut und verbessert, und dem Prädikanten etwas Zinses daran jährlich zu geben auferlegt werden (in maßen er sich anerboten).»
An diesem Datum war der sog. Natalrat am Ruder, der an Weihnachten des Vorjahres die Geschäfte übernommen hatte. Fundstelle: StAZH B II 235 (Ratsmanual des Unterschreibers, 1591 I, S. 23).
Wer hat die Rechnung bezahlt?
Bislang war der Verfasser dieser Zeilen der Ansicht, dass damals die Finanzmittel zum Kauf des – im Ortsteil Chälen stehenden – Schöubli-Hauses aus der Staatskasse geflossen seien (vgl. WeiachBlog Nr. 1483).
Eine Passage in einem kürzlich aufgefundenen Regest zu einem Dokument, das wenige Jahre später (nach 1591, aber vor 1605) entstanden ist, stellt diese Auffassung jedoch fundamental infrage. Da schreibt die Regestenerstellerin nämlich:
«Hernach auf Anhalten der Bauern setzte Zürich in Weiach einen eigenen Prädikanten ein und bestimmte seine Belohnung aus dem Weiacher grossen seinerzeit durch Escher an Zürich bzw. an das Augustiner-Kloster verkauften Zehnten; dazu hat die Bauernsame jährlich 40 Gulden beizusteuern und musste für den Prädikanten das Haus Matheus Schüblis zu Weiach kaufen.» (StAZH C II 6, Nr. 504.6; Auszug Ziff. 3)
Heisst im Klartext: Die Kirchgemeinde Weiach musste, um überhaupt eine solche zu werden, nicht nur 2/3 der Besoldung des neuen Pfarrers selber berappen (wie am 25. Oktober 1590 zugesichert), sondern auch ein aus eigenen Mitteln finanziertes Pfarrhaus zur Verfügung stellen!
Ein sehr bescheidenes Haus, aber immer noch ein grosser Fortschritt
Die Formulierung, das Haus solle «was die Notdurft erfordert» renoviert und repariert werden, erscheint unter diesem Blickwinkel plötzlich sehr plausibel, denn wahrscheinlich hatten die Weiacher schlicht das Geld nicht, um ein repräsentatives Haus in gutem Zustand zu kaufen. Es könnte durchaus sein, dass es sich bei diesem ersten Pfarrhaus um das gehandelt hat, was heutzutage manch einer als «Bruchbude» bezeichnen würde.
Dass die Zürcher Obrigkeit in dieser Sache nicht die Spendierhosen anhatte, ist nicht allzu verwunderlich, wenn man sich vergegenwärtigt, wie tief die Demütigung von 1540 empfunden worden sein muss. Damals sahen sich Bürgermeister und Rat mit der Drohung ihrer Weiacher Untertanen konfrontiert, eher wieder in die katholische Messe nach Kaiserstuhl oder Hohentengen gehen zu wollen, statt wie befohlen in den reformierten Gottesdienst nach Stadel. Zur Vermeidung eines vollständigen Gesichtsverlusts und propagandistisch ausschlachtbaren Erfolgs der katholischen Konkurrenz waren sie sozusagen gezwungen gewesen, den Weiachern einen Prädikanten zuzuteilen, der zu ihnen ins Dorf kam.
Für den ersten residenten Pfarrer unserer Gemeinde, Hans Felix Schörli, dürfte aber auch dieses bescheidene Occasions-Pfarrhaus noch eine spürbare Verbesserung zum vorherigen Zustand gewesen sein, musste er doch jetzt nicht mehr regelmässig zwecks Predigt zu Fuss von Zürich nach Weiach (und zurück) pilgern und erhielt erst noch den sechsfachen Verdienst an Bargeld ausbezahlt.
Quelle und Literatur
- N.N. (mutm. Zuber, Sinaida): Berichtigungen des [bischöfl. Konstanzer] Vogts zu Kaiserstuhl [Andreas Zwyer] zum Renovationswerk Gottfrieds von Rammingen im auf dem eidgenössischen Boden gelegenen Teil des Amts Kaiserstuhl. Regest Staatsarchiv des Kantons Zürich. Signatur: StAZH C II 6, Nr. 504.6.
- Brandenberger, U.: Beim Weiacher Pfarrhaus machte der Staat eine Ausnahme. WeiachBlog Nr. 1483, 13. März 2020.
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