Montag, 14. Juli 2025

Wehntaler Warnung vor Weiberwelt-Umrennern

Mit dem Nebelspalter ist das so eine Sache. Er nervt. Ist politisch inkorrekt. Und das seit 150 Jahren. Heute nervt die rechtsgebürstete Redaktion die Woken und Linken. Wen Redaktor Nötzli damals geärgert hat, das wäre noch zu eruieren.

«Illustriertes humoristisch-satirisches Wochenblatt». So nannte sich das Printprodukt aus Zürich 1899, in seinem fünfundzwanzigsten Jahre. Und wie man dem von der Schweizerischen Nationalbibliothek gescannten Exemplar entnehmen kann, war auch das «Bureau» im «Bundesrathaus» zu Bern unter den Abonnenten (vgl. Bild). Nolens volens, hoffen wir. Schliesslich gibt es im Bundesrat nichts zu lachen.

Auf der fünften Seite von Heft 18 liest man dann tatsächlich die folgenden Zeilen, die wohl von einem Zürcher Unterländer Verseschmied eingesandt worden sind:

Wehmütig Wehnthaler Wehrliches

«Immer werden Lehrerinnen
Kinderwitz Vermehrerinnen
Dort im Wehnthal fort geweht.
Kömmt ein Löckler angegangen,
Wird die Liebschaft angefangen,
Und das Frauenzimmer geht!

Unsern Jungen nicht ersprießlich
Und den Alten recht verdrießlich
Ist ein solcher Hochzeitszug.
Hoffentlich in kurzen Jahren
Wird die Hausfrau wohl erfahren:
Kinder hat man bald genug!

Lehramtstochter! – solltest bleiben;
Lehre Göhren lesen, schreiben,
Nimm uns diese Arbeit ab.
Meide doch die falschen Männer
Diese Weiberwelt-Umrenner
Bleibe ledig bis ins Grab!
»

In den drei sechszeiligen Strophen ist jeweils ein Reimschema angelegt, das nach dem Muster a-a-b-c-c-b funktioniert. Bei diesem sog. Schweifreim bilden die ersten drei (a-a-b) sowie die letzten drei Verse (c-c-b) jeweils einen Satz bzw. eine Sinneinheit. Diese beiden Elemente werden zu einem Gesamtbild verwoben, indem sich jeweils die Verse 3 und 6 reimen.

Mit dem Begriff Witz war damals noch gemeint, dass ein Kind gewitzt, also schlauer werde durch die Schule. Ein Vorgang, der seitens des Lehrkörpers Kontinuität erfordert, die aber – wie obiges Lamento vermuten lässt – auch schon vor 125 Jahren zu wünschen übrig liess.

Ledige Frauen waren damals noch an ihrer Anrede zu erkennen. Und Lehrerinnen, wie in Weiach Luise Vollenweider, die ihr ganzes Leben dem Lehrberuf gewidmet hat, bestanden darauf, auch im hohen Alter noch mit «Fräulein» angesprochen zu werden. Angesichts solcher Anfechtungen durch männliche Verführer durchaus verständlich.

Quelle und Literatur

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