Sonntag, 28. Januar 2007

Viereinhalb Jahrzehnte als Lehrerin in Weiach

In der heutigen Zeit des job hopping und der Tendenz, sich alle paar Jahre wieder eine neue «Herausforderung» zu suchen, muten jahrzehntelange Arbeitsverhältnisse eigenartig an. Was für eine Loyalität einem Arbeitgeber gegenüber, ja einem einzelnen Ort, wenn man sein ganzes Arbeitsleben dort verbringt!

Fräulein Luise Vollenweider war so ein Mensch. Sie blieb zeitlebens ledig. Und ihre einzige Leidenschaft scheint das Lehrerdasein gewesen zu sein. Zumindest wohnte sie gleich im Schulhaus.

Ruth Schulthess-Bersinger schrieb in ihrem im November 1941 gehaltenen Schüler-Vortrag: «Die Weiacher Lehrerin, (Luise Vollenweider) und ihre Schwester (Ida) wohnen schon über 35 Jahre in diesem grossen Gebäude.» Gemeint ist das (heute als das «alte» bezeichnete) Schulhaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Kampf den schlechten Theater-Vorführungen!

Auch in den Protokollen des Frauenvereins taucht Fräulein Vollenweider auf. Da heisst es zum Beispiel über einen der Vereinsabende im November 1949: «In lebhaften und praktischen Beispielen zeigte uns die Referentin [nicht Frl. Vollenweider, Anm. d.Vf.] wie sich unsere Gespräch[e] auswirken auf die Kinder, und wie ein gutes Wort einen Menschen auf seinem Lebensweg begleiten kann. Wohl alle wurden sich bewusst, dass wir uns viel zu wenig besinnen, was und wie wir sprechen und welchen Einfluss wir dadurch auf die Kinder ausüben! Mit neuen Vorsätzen gingen wir nach einer kurzen Disskusion auseinander.» (Zit. nach Weiacher Geschichte(n) Nr. 59)

Bereits im Dezember wurde obiges Thema, bei dem Lehrerin Vollenweider natürlich im Element war, erneut aufgenommen : «Frau Pfarrer [Hauser-Pestalozzi] war an der Kindervorstellung des Turnvereins. Sie sagte solch schlechte Theater seien doch nichts für die Kinder, und wir möchten nun die Vereine anfragen, ob Sie in Zukunft diese Kindervorstellungen nicht weglassen möchten? Frl. Vollenweider unterstützte dies lebhaft. Um dies zu erreichen wurden Unterschriften gesammelt. (ca 25)» (ebenfalls zit. nach Weiacher Geschichte(n) Nr. 59)

Lehrerin in Weiach von 1906-1952

In der im Oktober 2004 zum 75-jährigen Bestehen des Frauenvereins Weiach publizierten Fassung der Weiacher Geschichte(n) Nr. 59 habe ich irrtümlich geschrieben, Frl. Vollenweider sei 1911-1952 Lehrerin in Weiach gewesen.

Wer die Jahreschronik 1954 von Walter Zollinger aber genau liest, der stellt fest, dass sie schon früher in unserem Dorf tätig war:

«1906/11» führte «Fräulein L. Vollenweider» die «Realabteilung (incl. 7.8. Kl.)» und «1911/52» ein «Fräulein Louise Vollenweider» die «Elementarabteilung (1.-4., später 1.-3. Kl.)»

Folgerichtig schreibt ihr langjähriger Lehrerkollege Walter Zollinger in seiner Jahreschronik 1957: «Die während 46 Jahren an unserer Schule tätig gewesene a. Lehrerin Frl. L. Vollenweider (1952 pensioniert u. seither in ihrem Heimatort Langnau/ZH wohnhaft) erhält von der Schulpflege anlässlich ihres 70. Geburtstages (am 28. Jan.) ein prächtiges Blumenangebinde.» (G-Ch 1957, S. 12)

Dass über 40 Jahre Treue auch damals nicht selbstverständlich waren, scheinen die Weiacher durchaus erkannt zu haben. In der Gemeindeversammlung vom 10. Mai 1957 «bewilligten die Schulgenossen an die Ruhegehalte von Frl. Vollenweider a. Lehrerin und Frau Berta Stegmüller a. Nähschullehrerin freiwillige Ergänzungszulagen von jährlich Fr. 300.- bzw. Fr. 100.-.» (G-Ch 1957, S. 13)

Nöd grad de Huufe. Deshalb gedenken wir heute einer treuen Seele, die mit dem heutigen Tag just 120 Jahre alt geworden wäre.

Quellen

  • Bersinger, R.: "Weiach!" 20Min-Vortrag in der Bezirksschule Kaiserstuhl. Handschrift, 10 Seiten. Zusammengestellt im November 1941. Xero-Kopie im Archiv des Ortsmuseums Weiach.
  • Zollinger, W.: Gemeinde Weiach. Chronik des Jahres 1957 – S. 12 & 13 (Original in der Zentralbibliothek Zürich, Handschriftenabteilung, Signatur: G-Ch Weiach 1957)
  • Brandenberger, U.: Gemeinnützigkeit auf die Fahne geschrieben. 75 Jahre Frauenverein Weiach, 1929-2004. Weiacher Geschichte(n) 59. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Oktober 2004 – S. 15-22.

[Veröffentlicht am 11.2.2007]

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Habe die WeiachBloggerGeschichten schon vermisst ... aber nun fliessen sie wieder ;-)
Gruss von Dorf zu Dorf vom Wanderer
P.S. Ein Fräulein Dorfleherin haben wir auch zu bieten ... siehe meinen Eintrag vom 8.2.2007, Ausschnitt SWR-Film 2003