Auch prestigiöse Publikationen sind vor peinlichen Druckfehlern nicht gefeit. Das trifft auch für das Zürcher Taschenbuch (ZTB) zu, ein seit 1878 zuverlässig wie ein Uhrwerk erscheinendes Jahrbuch mit Fachaufsätzen zur Zürcher Historie, das wie andere zürcherische Neujahrsblätter jeweils auf den Bächtelistag herausgegeben wird.
So war das u.a. mit einem Artikel des Regensberger Lehrers und Regionalhistorikers Heinrich Hedinger, der im Taschenbuch auf das Jahr 1934 seinen Aufsatz über den sog. Stadlerhandel in Druck gab (vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 114 zu diesem handfesten Schulbücher-Streit).
Zwei Zeilen auf der falschen Druckplatte eingefügt
Entweder gab es überhaupt keinen Probeabzug (höchst unwahrscheinlich), oder das «Gut zum Druck» wurde ohne genügend sorgfältige Prüfung der Fahne gegeben.
Der Setzer hat sich jedenfalls geirrt, was zur Folge hat, dass man beim Lesen noch heute stolpert und leicht verwirrt zurückbleibt, wenn man sich nicht die Mühe nimmt, der Sache auf den Grund zu gehen.
Da nun diejenige Stelle, wo zwei Zeilen irrtümlicherweise auf der vorangehenden Seite in die Druckplatte eingefügt wurden, ausgerechnet eine Passage betrifft, in der es um die Rolle der Weiacher in diesem Schulbücher-Aufstand geht, sei hier erst das Original aus dem ZTB und danach die korrigierte Fassung wiedergegeben:
« Als Bezirksschulpfleger Hauser von Stadel
am 12. Dezember 1833 die Abteilung in Raat besuchte,
bemerkte er im Visitationsbuch: „Es ist mir leider bekannt, daß
die Hausväter zu Raat sich widersetzen, die obrigkeitlich
angeordneten oder gesetzlichen Lehrmittel in die Schule
einführen zu lassen, worüber ich mein Mißfallen aussprechen
muß. Auf eine solche Widersetzlichkeit kann nicht nur eine
leichte Ahndung, sondern gelegentlich eine ernstere Strafe
folgen" [Anm-42]. Am 29. Dezember 1833 besprach der hiesige, nur
[...]
[...]
S. 172
aus wenigen Mitgliedern bestehende freisinnige Zunftverein
die Angelegenheit, ohne eine befriedigende Lösung zu finden.
Nun bat die Schulpflege Stadel am 30. Dezember 1833 die
Bezirksschulpflege, „daß die obern Behörden einmal einschreiten
möchten, weil sie selbst nichts mehr wirken könne [Anm-43]. Am
gleichen Tag besammelten sich auch die Bürger von Weiach.
„Mit großer Mehrheit ward dabei beschlossen, den Gebrauch
des ersten Lesebüchleins und des Scherrischen Tabellenwerks
in hiesiger Schule nicht zu gestatten und ebenso die Aufbauung
eines Schulhauses zu verweigern" [Anm-44]. In dieser Gemeinde-
versammlung äußerte sich u.a. Gemeinderat Bersinger, „man
wolle mit der neuen Lehre die Religion wegtun, und das
könne man nicht leiden" [Anm-45]. Damit erfahren wir in unserer
Gegend erstmals etwas vom Gedanken der Religionsgefahr,
der später den Stadlerhandel wesentlich beeinflußte, weil nun
zu den Geldsorgen hinzu noch die zähe Verteidigung des
geistigen Lebens kam, das damals eben hauptsächlich religiöser
Natur war.»
Bemerkungen
1. Die vom Bezirksschulpfleger getadelten Raater Väter, ihrer 40 an der Zahl, waren geschlossen gegen die Einführung der neuen Schulbücher, ob primär aus Gründen des Geldmangels oder tatsächlicher religiöser Bedenken wegen, ist schwierig zu eruieren. Jedenfalls haben sie den dortigen Lehrer im späteren Verlauf der Angelegenheit unter Gewaltandrohung gezwungen, zu unterschreiben, dass in Raat die neuen Lehrmittel nicht eingeführt würden.
2. Der in der ersten Zeile auf S. 172 genannte «freisinnige Zunftverein» war die Vorläuferin der heutigen gemeindeübergreifenden FDP-Sektion Stadel. Diese politische Partei war mit der Staatsumwälzung 1831 an die Macht gekommen und hatte natürlich jedes Interesse, alles Beförderliche zu tun, damit die neue Schulkonzeption ihre Ziele auch erreicht. Die Zunft Stadel war eine Unterabteilung des Bezirks Regensberg. Sie fungierte als Wahlkreis für den Grossen Rat (Kantonsrat) und verfügte über ein Zunftgericht, das die Bezirksgerichte entlasten sollte.
3. Den Auszug aus dem Weiacher Schulpflegeprotokoll (Anmerkung 44) verdankt Hedinger sehr wahrscheinlich dem bei uns wohlbekannten Lehrer und Ortschronisten Walter Zollinger. Er erwähnt ihn explizit in Anmerkung 3 auf S. 163 des Aufsatzes als Lieferant für «vereinzelte Angaben».
Quelle und Literatur
- Hedinger, H.: Der Stadlerhandel. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1934. Zürich 1933 – S. 162-187.
- Brandenberger, U.: Aufstand wegen neumodischen weltlichen Schulbüchern. Die Weiacher im «Stadlerhandel» vor 175 Jahren. Weiacher Geschichte(n) 114. In: Mitteilungen für die Gemeinde Weiach, Mai 2009 – S. 14-21.



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