Im Herbst 1992 wurden in unserer Gemeinde die Weichen für das heute geltende Adresssystem gestellt. Statt der damals seit fast zwei Jahrhunderten verwendeten Assekuranznummern wurde neu das Polizeinummernprinzip eingeführt. Das bedeutete: Strassenname und Hausnummer gehörten ab diesem Zeitpunkt untrennbar zusammen. Vorbei die Zeiten, als man noch einfach im Haus Nummer 505 gewohnt hat. Und der Weiacher Pöstler wusste, dass er dieses Gebäude in der oberen Chälen findet.
Polizeinummernprinzip verlangt konsequente Strassenbenennung
Die Umstellung hatte zur Folge, dass die vom Gemeinderat eingesetzte Kommission für eine ganze Reihe von bisher offiziell noch namenlosen Wegen und Gässlein neue Bezeichnungen vergeben musste und die Bevölkerung um Vorschläge bat. Aus dieser Zeit stammen denn auch die Namen Alte Poststrasse (vgl. WeiachBlog Nr. 2029), Rebweg oder Querweg, die alle rechts bzw. links von der Oberdorfstrasse abzweigen.
Die an diesen Wegen liegenden Gebäude erhielten neue Adressen zugeteilt. So mussten sich die Korrespondenten der Familien Rutschmann (Alte Poststrasse 4, Assek.-Nr. 262) sowie Meierhofer (Alte Poststrasse 2, Assek.-Nr. 399) an die Neuerung gewöhnen, was nicht allzu schwer war, denn beide hatten aus beruflichen bzw. historischen Gründen sehr enge jahrzehntealte Beziehungen zur Schweizerischen Post.
Einige durften ihre alte Adresse behalten
Andere taten sich damit offenbar schwerer und so kam es, dass nur ein paar Meter weiter die Oberdorfstrasse hinauf der nach Osten Richtung Chabis (s. WeiachBlog Nr. 2009) hinaufführende Rebweg eben nur von einer der beiden daran liegenden Parteien adoptiert wurde. Was dazu führte, dass es bislang nur die Adresse Rebweg 2 gab (Assek.-Nr. 279). Das weiter vorn auf der anderen Seite des Wegleins gelegene Haus Assek.-Nr. 265 behielt seine traditionelle Adresse Oberdorfstrasse 13.
Auch das altehrwürdige Haus Oberdorfstrasse 22 (Assek.-Nr. 282) konnte seinen Namen behalten, obwohl sein Hauseingang auf die Querstrasse hinausführt. Vor 33 Jahren war das noch kein Problem. Aber die Zeiten ändern sich.
Im neuen Jahrtausend erliessen Bund und Kanton dann Leitfäden zur Gebäudeadressierung (vgl. u.a. WeiachBlog Nr. 639), die vorsehen, dass die jeweilige Lage des Haupteingangs eines von Menschen genutzten Hauses massgebend für die Zuweisung des Strassennamens sei. Würde dieses Prinzip auch in unserer Gemeinde konsequent durchgesetzt, dann müssten etliche Weiacherinnen und Weiacher sich an neue Adressen gewöhnen (vgl. WeiachBlog Nr. 2048 für eine Auswahl).
Gemeinderat beschliesst Normkonformität für Einzelfall
Nun kommt im Oberdorf Bewegung in die Sache. In der jüngsten Ausgabe des Mitteilungsblatts (MGW, Oktober 2025, S. 4) findet man den folgenden kommunalen Rechtssetzungsakt:
Oberdorfstrasse 13 wird zu Rebweg 1 - Adressänderung
Der Gemeinderat Weiach hat beschlossen, die Gebäudeadresse Oberdorfstrasse 13 auf Rebweg 1 zu ändern. Die Anpassung wurde notwendig, da es an der Oberdorfstrasse zu einer doppelten Hausnummerierung kam, was wiederholt zu Problemen bei Postzustellungen und Dienstleistungen führte. Zudem grenzt das Gebäude faktisch an den Rebweg, womit die neue Adressierung sachlich gerechtfertigt ist.
Die Umadressierung erfolgt gemäss den gesetzlichen Vorgaben, wonach jede Gebäudeadresse eindeutig sein muss. Die erforderlichen Anpassungen in den amtlichen Registern sowie die Information der relevanten Stellen werden nun umgesetzt.
Die Lösung eines Pseudoproblems?
Ein Blick auf den oben eingefügten Ausschnitt aus dem Plan der Amtlichen Vermessung lässt einen etwas ratlos zurück. Worin liegt denn diese angeblich «doppelte Hausnummerierung»? Die Oberdorfstrassse Nr. 13 gibt es nicht doppelt. Oder finden SIE ein doppeltes Lottchen? Wenn nein, wo ist dann das Problem?
Dass ein und dasselbe Gebäude je nach Eingängen völlig unterschiedliche Adressen haben kann, das müsste der Gemeindeverwaltung klar sein. Schon allein aufgrund des Umstandes, dass das Baumgartner-Jucker-Haus (Assek.-Nr. 246; Stadlerstrasse 11 bzw. Büelstrasse 20) zu ihrem Immobilienbestand gehört.
Unfähige Pöstler?
Probleme können bei der Postzustellung höchstens auftreten, wenn die Bewohner der Oberdorfstrasse 13 neu darauf bestanden haben, – vermessungsamtlich korrekt – am Rebweg 1 zu wohnen, eine Adresse, die es auf den Katasterplänen (siehe oben) bislang jedoch schlicht nicht gibt.
Oder ist es ernsthaft schon so weit, dass Pöstler kognitiv herausgefordert sind, nur weil auf eine 11 unmittelbar die 15 folgt und die 13 etwas zurückversetzt zu finden wäre? Exakt dasselbe Problem liegt bei der Liegenschaft Büelstrasse 3 (Assek.-Nr. 227) vor, die nach den Richtlinien eigentlich die Adresse Brunnenweg 1 tragen müsste.
Auf Google Street View (Stand August 2022)
sieht man überdies deutlich, dass der Rebweg laut der an der Holzwand des Nebengebäudes Assek.-Nr. 273 (Nr. 13.2) angebrachten Strassentafel scheinbar erst dort beginnt. Auch das muss ein nicht mit Plänen bewaffneter Betrachter so interpretieren, dass links davon die im Strassenverlauf fehlende Nr. 13 zu finden ist.
Pläne kann man ändern. Der Geometer hätte helfen können
Die Formulierung im Mitteilungsblatt, das Gebäude Nr. 265 grenze «faktisch an den Rebweg», womit die neue Adressierung gerechtfertigt sei, lässt vermuten, dass die Umbenennung gewünscht wurde und Exekutive wie Verwaltung eine andere Lösung daher gar nicht in Betracht gezogen haben: Nämlich die, den Rebweg (wie im letzten Abschnitt gezeigt) auch auf dem Katasterplan erst auf der Höhe des Nebengebäudes Nr. 273 beginnen zu lassen.
Dafür gibt es einen Präzedenzfall. Nämlich das am nordwestlichen Ende der Büelstrasse gewählte Vorgehen (vgl.
WeiachBlog Nr. 1380). Dort gab auf dem Plan einst tatsächlich zwei Gebäude, die nach Ansicht des Kantons die Adresse Bachweg 2 trugen. Bis dann der Nachführungsgeometer die Parzelle 1475 auf dem Katasterplan optisch (Strassentafel!) und benennungstechnisch den in der Landschaft tatsächlich vorzufindenden Gegebenheiten angepasst hat.
Oberdorfstrasse 11 und 15 ebenfalls nicht richtlinienkonform
Die im Titel gestellte Frage muss mit Nein beantwortet werden. Bei der genehmigten Umadressierung liegt wohl lediglich eine erratische Einzelfall-Entscheidung vor.
Den Beweis findet man an derselben Ecke. Laut den Richtlinien müsste man auch das Gebäude Oberdorfstrasse 15 (Assek.-Nr. 275) umadressieren. Dessen Hauseingang führt nämlich eindeutig auf den Rebweg (laut dem Plan der Amtlichen Vermessung). Die Adresse ist damit nicht richtlinienkonform. Sie müsste auf Rebweg 2 geändert werden und das heutige Gebäude Rebweg 2 auf die Nummer 4 (oder wenigstens 2a).
Dasselbe trifft auch für das Gebäude Oberdorfstrasse 11 zu, dessen Hauseingang ebenfalls auf das westlichste Stück des Rebwegs hinausführt. Was wiederum dazu führt, dass die soeben vergebene Adresse eigentlich Rebweg 3 lauten müsste, denn der Neubau (Ersatz für das Vögeli-Huser-Haus) würde dann die Nummer 1 erhalten. So sind die Vorschriften der Polizeinummerierung nun halt einmal.
Sie sehen: Es ist komplizierter als man denkt.
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