Die alten Römer hatten zwar auch schon viele Bauten in Kalkbeton-Ausführung erstellt - am Beispiel des spätrömischen Wachtturms kann man das sogar auf Weiacher Gemeindegebiet feststellen. (vgl. WeiachBlog vom 17. April)
In moderner Zeit kam der Beton aber erst ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wieder in grösserem Stil in Gebrauch, vor allem nach der Erfindung des Portlandzements im Jahre 1824.
Deshalb mutet der Vergleich der 300-jährigen Weiacher Kirche mit einem Bunker etwas schräg an.
Wehrkirche - Burg - Bunker?
Dieser Vergleich wurde laut Zürcher Unterländer von Pfarrer Christian Weber angestellt. Die Journalistin Vanessa Eugster schreibt heute im Unterländer, die Weiacher Kirche sei eine Wehrkirche und zitiert dann Weber mit den Worten: «Sie war Burg und Kirche in einem».
Eugster erwähnt weiter, eine Wehrmauer mit Schiessscharten umgebe den Bau [korrekt wäre: den alten Kirchhof] und zitiert dann erneut den derzeitigen Weiacher Verweser: «Im Krieg sollte die Kirche der Bevölkerung Schutz bieten und war darum auch eine Art Bunker.» Als das Gotteshaus 1706 erbaut wurde, habe man eigentlich keine Wehrkirchen mehr gebaut, so Weber. Warum in Weiach trotzdem eine im Burgstil gebaut wurde, sei nicht völlig klar. Die Standortwahl sei durchaus auf kriegsstrategische Gründe zurückzuführen. «Von hier aus hat man einen optimalen Überblick.»
Nur ein befestigter Platz
Der Vergleich mit einer Burg hinkt genauso wie der mit einem Bunker. Die Zeit der Burgen (und damit die der Wehrkirchen) war mit dem Ende des Mittelalters abgelaufen und die für Bunker in der Aufklärung noch nicht gekommen.
Richtig ist hingegen, dass die Weiacher Kirche damals eines der wenigen Gebäude in der Gemeinde mit dicken, soliden Steinmauern gewesen ist.
Was man nach Plänen des Zürcher Festungsbauingenieurs Hans Caspar Werdmüller in Weiach vor genau 300 Jahren gebaut hat, war aber lediglich ein befestigter Platz, der Kirche, Pfarrhaus und Pfarrscheune einbezog - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Symbol der Wehrhaftigkeit
Als Schutz gegen eine Belagerung im grossen Stil (mit Kanonen und Granatwerfern) taugte diese Befestigung schon damals nicht viel. Sie wäre im Nu sturmreif geschossen worden. Gegen Angriffe mit leichten Hand- und Faustfeuerwaffen dagegen mochte sie durchaus ihren Fortifikationswert gehabt haben - und hätte ihn heute noch, wäre die Wehrmauer gegen die Hofwiese nicht umgelegt worden.
Im Gegensatz zum oben Gesagten ist der Autor der Festschrift ziemlich sicher, dass der an eine Wehrkirche erinnernde Charakter unseres Kirchenensembles (zusammen mit Standortwahl, Grundriss und Ausstattung der Mauern mit Schiessscharten) primär dem Pragmatismus der Zürcher Obrigkeit geschuldet ist. Sie ergriff vor 300 Jahren die Gelegenheit, einen ohnehin fälligen Kirchenneubau gleich auch mit einer militärischen und repräsentativen Funktion zu versehen.
Denn Spitzhelm und Ummauerung strahlen unmissverständlich Wehrhaftigkeit aus. Ein wichtiges Zeichen am Rande des Zürcher Herrschaftsbereichs. Und dieses Ziel haben die Bauherren erreicht: Wir diskutieren noch heute darüber.
Vorschau: Jubiläumsfeier vom 1. Oktober
10.30 Uhr Jubiläumsgottesdienst.
11.45 Uhr Apéro im Foyer des Gemeindesaals.
12.15 Uhr Mittagessen im Gemeindesaal.
14.00 Uhr Kurzvortrag «Wehrhaft und an neuem Platz gebaut» von Ulrich Brandenberger, Ortshistoriker.
14.30 Uhr Folklore aus aller Welt, Geigenstudio Suzuki, Dielsdorf.
Parallel zu den Anlässen kann im Ortsmuseum Weiach die Ausstellung zum Jubiläum besucht werden. Das Museum öffnet nach dem Gottesdienst und bleibt bis zum Abend geöffnet.
Quelle
- Eugster, V.: Gotteshaus und Bunker. Weiach - Die Kirche wurde 1706 erbaut und feiert ihr 300-jähriges Bestehen. In: Zürcher Unterländer, 29. September 2006.
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