Samstag, 5. Mai 2007

Kleinbauern-Existenzen unter dem Hammer

Zwischen 1880 und 1888 sank die Bevölkerungszahl der Gemeinde Weiach um 15%. Die Wirtschaftskrise im Gefolge des grossen Börsenkrachs von 1873 sowie mehrere Missernten in den Folgejahren liessen mehr als jedem zehnten Einwohner den wirtschaftlichen Schnauf ausgehen und zwangen ihn zur Abwanderung.

Viele behalfen sich, indem sie vorerst Teile ihrer Habe verpfändeten, um an Geld zu kommen. Wer nach Ablauf der festgesetzten Frist aber die Pfandscheine nicht wieder auslösen konnte, dessen darin genannte Wertgegenstände wurden versteigert. Sie gingen in die «Versilberung» von Amtes wegen.

Blättern wir (wie im gestrigen WeiachBlog-Beitrag) noch etwas in 125-jährigen Zeitungen, dann fällt die Menge der betreibungsamtlichen Ankündigungen von Konkursen und Versteigerungen auf.

So fand nach der gestrigen Eichenschälholzgant in Weiach bereits am Tag darauf wieder eine Versteigerung statt, diesmal eine

Versilberungsgant

«Freitag den 5. Mai wird von Vormittags 10 Uhr an, gegen Baarzahlung verkauft:

1 Kuh, ca. 8 Jahre alt, 1 drei- und 1 zweispänniger Wagen sammt Leitern und Benne, 1 Vor- und Hinterpflug, 1 doppelter, tannener Kasten, 1 tannener Tisch, Aexte, Handbeile, Haggertel, Zweispitz, Maurerhämmer, Pflasterkellen, 1 Pflasterkübel, 2 Ziegen, 4 Jahr alt, ca. 30 Stück fertige Flaschenkörbe, 1 Stück schwarzes Tuch, 1 Handwägeli mit Brugg, 1 Handstrohschneidstuhl sammt Messer, ein 4 Hektoliter haltendes Weinfaß, Sensen, Rechen, Gabeln, 1 Küchekasten, 1 Handsäge, Hauen, Kärste, 1 Bickel, 1 Reuthaue, 1 Waschständli, 1 Kupferhafen sc., ein 650 Fr. haltendes Obligo.

Gantlokal bei Wirth Schenkel.

Weiach, am 1. Mai 1882.
Das Gemeindammannamt.
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Mehrere Schuldner oder nur einer?

Ob es sich hier um die Habe eines einzelnen Landwirts mit Zusatzstandbein im Bauhandwerk oder aber um die mehrerer Personen mit unterschiedlichen Professionen gehandelt hat, ist anhand dieses Inserats aus dem «Bülach-Dielsdorfer Volksfreund» nicht eruierbar. Kleinbauern mit Nebenerwerb dürften sie aber alle gewesen sein.

Dass es sich um mehrere Pfandscheine und wahrscheinlich auch mehrere Schuldner gehandelt haben dürfte, kann man anhand der Abfolge der zu versilbernden Nutztiere, Arbeitswerkzeuge, Warenbestände und Einrichtungsgegenstände schliessen.

In den Weiacher Geschichte(n) 34 und 35 (vgl. Links unten) findet man ausführliche Beschreibungen zur Wirtschaftskrise der 1880er-Jahre und den Gegenmassnahmen sowie viele weitere Beispiele von Versilberungs- und anderen Ganten.

Quelle und weiterführende Artikel

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