Vor einigen Tagen wurde die Rolle der Rechnungsprüfungskommission als Wach- und Spürhund im Auftrag des Souveräns erläutert (vgl. WeiachBlog Nr. 1925). Wenn dieser Hund Laut gibt, dann sollte man als Stimmberechtigte/r hellhörig werden und nachschauen, was es gibt. Bei unseren besten Freunden und Abkömmlingen der Wölfe machen wir das ja auch so, oder?
Es liegt in der Natur der Sache, dass die kontrollierte Instanz alles andere als erfreut sein kann, sich vielleicht gar über den «kläffenden Köter» beschwert, ihn nicht in den eigenen Unterlagen herumschnüffeln lassen will, etc.
Nur eben: es handelt sich um öffentliche Angelegenheiten. Und nicht um die Privatsphäre eines Gemeindefunktionärs. Es soll ja gerade überprüft werden, ob im Gemeindehaus finanzielle Leichen im Keller liegen (oder man die Einlagerung von solchen gar plant). Also hat, wer vor dem Volk nichts zu verbergen hat, auch nichts zu befürchten.
Nachdem schon der Finanzplan 2022-2026 zu einigem Stirnrunzeln Anlass gegeben hat und sich die RPK, wenn auch zurückhaltend formuliert, so doch klar und deutlich gegen das grosse Infrastrukturprojekt «Zukunft 8187» auf dem Schulareal ausgesprochen hat (vgl. WeiachBlog Nr. 1925), ist das Ergebnis des nächsten Prüfvorgangs von einigem Interesse.
Gut versteckte Jahresrechnung? Jetzt nicht mehr!
Morgen Abend um 19:30 ist bekanntlich Rechnungsgemeinde. Noch vor einigen Tagen war es nicht gerade einfach, auf der Website der Gemeinde Weiach die Unterlagen zur Gemeindeversammlung vom 13. Juni 2023 zu finden. Jetzt findet man alle Unterlagen direkt über die Startseite unter «Veranstaltungen», samt Beleuchtendem Bericht (eine Art Kurzfassung).
Jetzt vorbildlich gelöst, war wenige Tage zuvor der Upload Politische Gemeinde Weiach, Jahresrechnung 2022 (mittlerweile gelöscht) nur zu finden, wenn man die Logik hinter der Informationsstruktur der Website begriffen hat.
Diese Rechnung und die Umstände ihrer Abnahme wollen wir jetzt einmal etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Wieso dauert es so lange, bis die RPK die Rechnung erhält?
Die auf Seite 3 der Jahresrechnung 2022 aufgeführten Tagesdaten sind schon einmal ziemlich interessant. Da heisst es:
17.03.2023 Ablieferung an Gemeindevorstand
20.03.2023 Abnahmebeschluss Gemeindevorstand
14.04.2023 Ablieferung an Rechnungsprüfungskommission
04.05.2023 Abnahmebeschluss Rechnungsprüfungskommission
Was fällt einem dabei auf? Erstens einmal das blinde Vertrauen des Gemeinderates in seinen Rechnungsführer im Gemeindehaus. Haben die Gemeinderäte tatsächlich alle innerhalb von nur drei Tagen (noch dazu übers Wochenende!) die ganze Rechnung en détail überprüft? Oder nicken sie die Jahresrechnung ganz einfach brav ab?
Dann hat es sage und schreibe 24 (!) Tage gedauert, bis diese - wohlverstanden abgesegnete - Rechnung der RPK übergeben werden konnte. Was zum Kuckuck dauert da so lange? Wieso ist die Rechnung nicht bereits am 21. März den Rechnungsprüfern vorgelegt worden?
Bericht des Gemeindevorstands
«Zum positiven Ergebnis beigetragen haben höhere Steuererträge bei den Grundstückgewinnsteuern von rund CHF 0.81 Mio. Ebenfalls positiv ist der Ressourcenausgleich für die Politische Gemeinde mit CHF 1.34 Mio. Die Kiesentschädigungen der Weiacher Kies AG ist mit CHF 1 Mio. rund CHF 0.36 Mio. unter dem Budget 2022 ausgefallen. Hingegen resultiert bei der Entschädigung für die Inertstof-fen [sic!] ein Mehrertrag von rund CHF 0.11 Mio. gegenüber dem Budget 2022. Trotz des positiven Gesamtergebnisses enthält die Jahresrechnung 2022 auch Mehrbelastungen des Finanzhaushalts. Zu erwähnen sind hier Mehrkosten in der Verwaltung für temporärer Arbeitskräfte [sic!] sowie externe Berater und Dienstleister.» (Jahresrechnung 2022, S. 5)
In die Hintergründe der im Vergleich mit anderen Gemeinden exzessiv hohen Verwaltungskosten und die Frage, ob sie lediglich der Personalfluktuation geschuldet sind (vgl. den Finanzplan, den die Firma Swissplan erstellt hat) könnte auch einmal mit der ganz grossen Taschenlampe hineingeleuchtet werden. Dann kann der Souverän nämlich zu gegebener Zeit durchgreifen, wenn die Ursache in seinen Kompetenzbereich fällt.
Antrag der Rechnungsprüfungskommission
Und was meint unser Wachhund zur Rechnung? Er kläfft, wie man auf Seite 7 unter der Ziffer 2 sehen kann. Nicht überall, aber der fünfte Kläff ist doch deutlich vernehmbar:
«[1.] Die Rechnungsprüfungskommission stellt fest, dass die Jahresrechnung der Politischen Gemeinde Weiach finanzrechtlich zulässig und rechnerisch richtig ist.
[2.] Die finanzpolitische Prüfung der Jahresrechnung gibt zu keinen Bemerkungen Anlass.
[3.] Das positive Resultat ist hauptsächlich auf Erträge aus Grundstückgewinnsteuern zurückzuführen [d.h. einmalige Effekte, die in späteren Jahren nicht greifen könnten]
[4.] Es ist bedauerlich, dass das Fest "750 Jahre Weiach" ein Defizit von über CHF 92'000 produziert hat. [Warum die RPK den Zeigefinger beim Dorffest-Defizit hebt, wird verständlich, wenn man weiss, dass die Garantieversprechen der Gemeinde für frühere Dorffeste damit um fast das Zehnfache übertroffen werden]
[5.] Die Rechnungsprüfungskommission hält den Gemeinderat dazu an, in der kommenden Jahresrechnung Auskünfte über umgesetzte Sparbemühungen zu veröffentliochen [sic!] und weitere Bemühungen für das kommende Jahr im Budget 2024 zu benennen.»
Rechenschaft über Sparbemühungen gefordert - Gemeinderat sauer?
Dieser letzte Absatz birgt einigen Sprengstoff. Ist man bei der RPK der Ansicht, die Finanzmittel der Gemeinde würden von den Gemeindeoberen mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen? Es wäre möglich, wenn man sich einige der Eskapaden und Sonderausgaben der letzten Jahre vor Augen führt. Da wäre dann das Dorffestdefizit noch längst nicht das grösste Problem.
Brisant wird die Angelegenheit, angesichts der Aussage des RPK-Präsidenten, die Gemeindeverwaltung habe versucht, ebendiesen Absatz aus dem Abschied hinauszukippen. Als der Aktuar der RPK zwecks Unterschrift unter den RPK-Abschied im Gemeindehaus war, sei der fragliche Absatz 5 nämlich erst einmal aus dem Protokoll verschwunden gewesen.
Gegendarstellung der Gemeinde zum vorstehenden Absatz
Gemeindeschreiber Diethelm äussert sich heute, 12. Juni, auf Anfrage von WeiachBlog wie folgt zu dieser Angelegenheit:
«Gemäss Protokoll der RPK wurde der Abschied durch die Verwaltung für die RPK vorbereitet. In einer ersten Version wurde nur die Beschlussfassung abgedruckt, denn was beschlossen wird, wird auch im Abschied gezeigt. Die RPK wünschte anschliessend, dass auch die Diskussionspunkte abgedruckt werden. Der Gemeindeschreiber hat deshalb den Aktuar der RPK darauf hingewiesen, dass Beschlusspunkte publiziert werden und nicht Diskussionspunkte. Nach Rücksprache mit dem RPK-Präsidenten wurde seitens der RPK darauf bestanden, alles im Abschied aufzunehmen, was die Verwaltung anschliessend auch gemacht hat. Wenn nun geschrieben wird, die Verwaltung habe versucht was zu streichen oder hinauszukippen, dann muss ich dies entschieden zurückweisen.
Der Gemeinderat hat das Protokoll der RPK zum Abschied der Jahresrechnung 2022 an der Sitzung vom 9. Mai 2023 zur Kenntnis genommen (ohne Äusserungen). Dass der Gemeinderat sauer sei, stimmt somit schlichtweg nicht! Der Gemeindeschreiber hat lediglich den RPK Präsidenten darauf hingewiesen, dass wenn die RPK Sparbemühungen vom Gemeinderat wünscht, diese schriftlich als Auftrag angezeigt werden müssen. Bisher hat die RPK lediglich das Defizit vom Dorffest bemängelt. Die Schlussabrechnung dafür erfolgt im 2023.»
Ablehnung durch die Gemeindeversammlung? Nicht vorgesehen.
Wie man auf Seite 8 der Jahresrechnung 2022 feststellen darf, verfügen Gemeindepräsident und Gemeindeschreiber über hellseherische Fähigkeiten. Haben sie doch bereits spätestens am 12. Mai gewusst, was die Gemeindeversammlung am 18. Juni beschliessen wird.
Man könnte das durchaus als Bevormundung des Souveräns bezeichnen, wenn sich ein von den Stimmberechtigten gewählter Amtsträger und sein Adlat die Décharge per Unterschrift gleich schon im Voraus selber erteilen und per Publikation in die Welt hinausposaunen.
Ja, das ist eine polemische Spitze. Und es mag üblich sein, die Angelegenheit mit der Unterschrift aus Effizienzgründen so zu handhaben, wie Arnold und Diethelm das gemacht haben. Da die RPK die Annahme der Rechnung empfohlen hat, ist eine Ablehnung auch nicht wahrscheinlich.
Aber eben nicht unmöglich. Denn Gemeindeversammlungen, in denen es um Jahresrechnung und Budget geht, sind ja in aller Regel sehr schwach besucht. Um das erwartete Resultat in sein Gegenteil zu verkehren, reicht somit ein im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stimmberechtigten kleiner Aufmarsch von wild Entschlossenen, die dann im (für sie) richtigen Moment die Hand heben. Dass eine solche Taktik aufgehen kann, haben Weiacher Vereine in der Vergangenheit schon bewiesen.
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