Donnerstag, 25. Mai 2023

Überschuldung! RPK Weiach einstimmig gegen «Zukunft 8187»

Mit der offiziellen Veröffentlichung des Beleuchtenden Berichts auf zukunft8187.ch in der Nacht auf Montag, 25. Mai, ist nun für alle einsehbar geworden, was die Spatzen schon seit längerem von den Dächern pfeifen: Die Rechnungsprüfungskommission Weiach stellt sich einstimmig gegen die beiden Abstimmungsvorlagen vom 18. Juni!

Eine RPK prüft nicht nur die Jahresrechnungen, sondern auch finanzrelevante Vorlagen für Gemeindeversammlungen und Urnenabstimmungen. Die fünfköpfige Kommission unter Leitung von Peter Lamprecht begutachtete das Projekt «Zukunft 8187» damals noch zusammen mit ihrem Mitglied Jürg Koller. Jürg ist am 18. Mai plötzlich und unerwartet verstorben (vgl. Amtliche Publikation der Gemeinde vom 22. Mai).

Der Auftrag des Rechnungsprüfers, richtig verstanden

Eine RPK soll so etwas wie ein Spürhund sein, der treu und unbestechlich zu seinem Herrn, dem Souverän steht. Wenn eine RPK ihren Job richtig macht, dann lässt sie sich vom Gemeinderat kein X für ein U vormachen, sondern prüft so unvoreingenommen wie nur möglich, was die Vorlagen für die Gemeinde mit sich bringen, insbesondere, ob mit den Steuergeldern haushälterisch umgegangen wurde. Oder eben künftig wird, wenn es sich um einen Kreditantrag handelt.

Bei einem der wichtigsten Vorhaben der Gemeinde Weiach im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat die RPK jetzt sehr dezidiert eine grell leuchtende Warnlampe angeschaltet. Sie formuliert ihre Vorbehalte zwar zurückhaltend. Aber der Inhalt hat die Wirkung einer Sprengladung.

Hauptantrag: Überschuldung, unrichtige Zahlen bei Folgekosten, etc.

Natürlich können sich die Stimmberechtigten immer noch entscheiden, diese Warnung in den Wind zu schiessen und den Antrag des Gemeinderates und der Baukommission trotzdem anzunehmen. Bei einem zustimmenden Entscheid hätte es wenig bis gar keinen Diskussionsbedarf gegeben. Aber bei gleich 2 deutlichen NEIN?

Beim Hauptantrag werden nicht weniger als sieben (!) Mängel aufgeführt. Die in Klammern gesetzten Buchstaben bezeichnen die einzelnen Alinea. Im Original stehen dort simple Beistriche. Die Kennzeichnung soll der Referenzierung in künftigen Artikeln auf WeiachBlog dienen.

Nachstehend der volle Wortlaut (gemäss den Teildokumenten RPK auf zukunft8187.ch):

Hauptantrag (Abstimmungsvorlage 1)

Kreditantrag von CHF 28,3 Mio. (inkl. MwSt) für das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt "Zukunft8187"

Beschlussfassung über das Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt «Zukunft8187»

Die Rechnungsprüfungskommission hat den beleuchtenden Bericht und die Vorlage eingehend geprüft. Sie fasst einstimmig folgenden Beschluss:

[1.] Die Rechnungsprüfungskommission anerkennt den Bedarf nach einer Modernisierung der Gemeindeinfrastruktur und zusätzlichem Schulraum. 

[2.] Die Rechnungsprüfungskommission prüft gem. Art. 59 Ziff. 2 Gemeindegesetz das Projekt auf finanzielle Angemessenheit. 

[3.] Die Rechnungsprüfungskommission erachtet das Projekt für die Gemeinde als langfristig nicht tragbar und empfiehlt der Bevölkerung[,] die Abstimmungsvorlage 1 «Gemeindeinfrastruktur-Bauprojekt» vom 18. Juni 2023 abzulehnen. 

Der Beschluss wird wie folgt begründet:

[A] Die Umsetzung dieses Projekts führt zu einer massiven, langfristigen Überschuldung der Gemeinde.

[B] Die Fremdverschuldung sollte pro Einwohner nicht mehr als 3'000 Franken betragen. Mit Annahme des vorliegenden Projekts wird eine Pro-Kopfverschuldung von über 9'000 Franken erwartet. Im Bericht vom 24. Oktober 2022 empfiehlt die Swissplan (Strategische Finanzplanungen für Gemeinden) eine Reduzierung und Optimierung des Projekts.

[C] Die ausgewiesenen, langfristigen Fremdkapitalkosten sind in der aktuellen Zinssituation als zu niedrig ausgewiesen und können zu einer zusätzlichen Steuerprozenterhöhung führen.

[D] Die ausgewiesenen Zinsfolgekosten von jährlich 160'000 Franken sind in der Übersicht der Gesamtfolgekosten in den ersten Jahren nicht korrekt ausgewiesen (Bsp. 16 Mio. Franken Fremdkapital zu 2 Prozent im ersten Jahr ergeben 320'000 Franken). Das führt in den ersten Jahren nach einer Inbetriebnahme zu deutlich höheren Folgekosten als ausgewiesen.

[E] Im Projektkredit sind keine Reserven enthalten.

[F] Die Folgekosten für die Sanierung des «alten Schulhauses» sind im Kredit von 28.3 Mio. Franken nicht enthalten.

[G] Die Annahme, dass die Abbauerträge über die nächsten 13 Jahre aus dem Kiesabbau stabil bleiben, kann nicht nachvollzogen werden.

Zusatzantrag: Unnötige Zusatzbelastung mit fraglicher Ertragslage

Auch der Zusatzantrag kam bei den Rechnungsprüfern nicht besser weg. Und auch hier empfehlen sie einstimmig ein NEIN:

Zusatzantrag (Abstimmungsvorlage 2)

Falls der Hauptantrag angenommen wird, zusätzlicher Kreditantrag von CHF 3,2 Mio. (inkl. MwSt) für den Bau einer Tiefgarage (inkl. Sanierung Sportanlage)

Beschlussfassung für den Bau einer Tiefgarage (inkl. Sanierung Sportanlage)

Die Rechnungsprüfungskommission hat den beleuchtenden Bericht und die Vorlage eingehend geprüft. Sie fasst einstimmig folgenden Beschluss:

Die Rechnungsprüfungskommission erachtet das Projekt für die Gemeinde als langfristig nicht tragbar und empfiehlt der Bevölkerung die Abstimmungsvorlage 2 «Zusatz-Kreditantrag für den Bau einer Tiefgarage (inkl. Sanierung Sportanlage)» vom 18. Juni 2023 abzulehnen.

Der Beschluss wird wie folgt begründet:

[ZA]  Die Kosten von 3.2 Mio. Franken sind für die Gemeinde langfristig nicht tragbar und stellen eine unnötige Kostenbelastung dar.

[ZA]  Die Annahme, dass betriebliche und personelle Folgekosten mit potenziellen Erträgen der Tiefgarage gedeckt werden sollen, kann nicht nachvollzogen werden. Es wurden keine Folgekosten in Schweizer Franken genannt.

[ZC]  Im Projektkredit sind keine Reserven enthalten.

Eintretenswahrscheinlichkeit 100 Prozent

Am gravierendsten ist wohl der Befund, es trete durch das Bauvorhaben eine «massive, langfristige Überschuldung» ein. Es besteht nicht etwa nur das Risiko. Nein, die Eintretenswahrscheinlichkeit für dieses Szenario ist 1. Also 100 %!

Und da steht nicht etwa VERschuldung. Sondern ÜBERschuldung. Aus ersterer könnte man sich noch herausarbeiten. Bei letzterer wird das schon sehr schwierig bis nahezu unmöglich.

Denn: «Überschuldung liegt vor, wenn weder vorhandenes Vermögen noch erwartete Einnahmen eines Schuldners dessen bestehende Verbindlichkeiten abdecken». Bei einem Unternehmen in dieser Lage kann ohne Betreibung sogleich der Konkurs eröffnet werden (Art. 192 SchKG). Was das für eine Gemeinde bedeutet, soll in den nächsten Tagen erläutert werden.

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