Am 3. September schrieb Sandra Zrinski im Tages-Anzeiger Unterland unter dem Titel «Militärküche wird nicht mehr benötigt»:
«Weiach. – Die Militärküche im Untergeschoss des Abwarthauses wird aufgehoben und umgenutzt. Sie wurde in den letzten Jahren nicht mehr benützt und müsste teuer saniert werden.» (TA, 3.9.2009, S. 47 Unt)
So ganz stimmt das nicht. Die Anlage wurde durchaus noch militärisch genutzt, allerdings nur für kurze Gastspiele von kleineren Detachementen, die sich bei Übungen für einige Stunden oder Tage dort aufhielten. Und nicht mehr für komplette Wiederholungskurse ganzer Einheiten. Fragt sich also, woher die Journalistin die Informationen für ihre Kurzmeldung hat. Sie basiert auf einer Vorlage in den Gemeindemitteilungen:
«Der Gemeinderat stimmt auf Antrag der Primarschulgemeinde der Aufhebung und Umnutzung der Militärküche im Untergeschoss des Abwarthauses zu. Mit der Armeereform haben sich die militärischen Einheiten in der Regel auf rund 200 Dienstpflichtige pro WK-Standort verdoppelt. Die Militärunterkunft bietet aber nur Raum für max. 120 Mann, weshalb in den letzten Jahren keine Einquartierungen mehr erfolgt sind. Die sehr kostenintensive Sanierung der bald vierzigjährigen Grosskücheneinrichtung ist deshalb nicht mehr begründet.» (MGW, September 2009, S. 4)
Wehrgerechtigkeit, nicht Vergrösserung der Soll-Bestände
Die Aussage, die Mannschaftsstärke der militärischen Einheiten habe sich auf rund 200 Dienstpflichtige verdoppelt, kann falsch verstanden werden. Eine Vergrösserung der Sollbestände ist keineswegs das Ziel der Reform Armee XXI gewesen.
Dass die effektiven Truppenbestände heute weit grösser sind als die Sollbestände, hat lediglich damit zu tun, dass auf Ende 2003 zwar viele Verbände aufgelöst wurden, die Dienstpflichtigen aber (aus Gründen der Wehrgerechtigkeit) nach wie vor ihre restlichen Diensttage ableisten müssen. Ein rein politisch motiviertes Manöver also.
Dazu kommt, dass rund 90% aller Dienstpflichtigen mit ihren WK gegenüber dem offiziellen Zeitplan (jedes Jahr ein WK ab dem RS-Jahr) im Rückstand sind. Auch das vergrössert die Bestände, weil Armeeangehörige später (oder gar nicht) in Reserveeinheiten umgeteilt werden können.
Kumuliert führt dies seit einigen Jahren unweigerlich zu übergrossen Kompaniebeständen (mit bis zu 400 Armeeangehörigen), die nun natürlich nicht mehr in eine einzige Anlage von der Grösse derjenigen in Weiach passen.
«Mir tuets au weh, jetzt diä Chuchi ufzgää!»
Auch Gregor Trachsel, Gemeindepräsident von Weiach, betont, dass es ihm gar nicht recht sei, diese Küche nun einfach herausreissen zu lassen. Nun sei es aber so, dass unsere Zivilschutzanlage in den letzten acht Jahren in der Planung der Koordinationsstelle der Territorialregion zwar regelmässig für einen 2-Wochen-Block aufgeführt gewesen, sie jedoch kaum je wirklich belegt worden sei. In den meisten Fällen hätte sich die Truppe für einen anderen Standort entschieden.
Schon die Tatsache, dass nur 2-Wochen-Blöcke reserviert wurden, zeigt, dass gar keine vollständigen WK-Dienstleistungen mit Basierung Weiach mehr geplant wurden. Und selbst wenn eine Kompanie dies gewollt hätte: die Vorgaben der Koordinationsstellen sind sakrosankt, freie Standortwahl wie früher gibt es nur noch in engsten Grenzen.
Das VBS hat die Armee auch angewiesen, vermehrt auf VBS-eigene Unterkünfte zu setzen, um diese besser auszulasten. Diesen Befehl haben die Koordinationsstellen umgesetzt. Mithin haben noch ganz andere Gemeinden dieses Problem mit der Auslastung, nicht nur Weiach.
Elektrische Schalter und Hygienevorschriften
Nun wäre das allein ja noch kein Beinbruch, schliesslich könnte man die Küche noch für Grossanlässe in der Gemeinde brauchen. Die Kippkessel sind zwar mittlerweile so alt, dass es kaum mehr Ersatzteile gibt - z.B. die elektrischen Schalter. Selbst wenn einige dieser Schalter nicht mehr über alle Zweifel erhaben sein sollten: diese Probleme liessen sich mit ein paar Handgriffe eines erfahrenen Elektrikers lösen - schliesslich ist diese Küche noch nicht mit Elektronik vollgestopft, die man nur noch austauschen, aber nicht mehr repariere kann.
Fazit: Die Mechanik würde schon halten - und den Elektriker könnte man auch noch auftreiben. Nur müsste der auf Pikett stehen, damit bei plötzlichen Ausfällen sofort repariert werden könne, gibt Trachsel zu bedenken. Schliesslich müsse sich eine ganze Kompanie mehrere Wochen lang auf unsere Truppenküche verlassen können.
Komme dazu, dass in den letzten Jahren auch die Hygienevorschriften verschärft worden seien. In der alten Küche gibt es noch viele Holzoberflächen - das ist nach neuen Regeln für Grossküchen nicht mehr erlaubt.
Die dörfliche Infrastruktur als Sargnagel
Abgesehen davon müsse man einfach sehen, dass Weiach ganz generell für einen Verband nicht mehr so attraktiv sei, meint Trachsel. Und er hat recht: Wir haben keine Beizen, die über genügend Kapazität verfügen und eine Übernachtungsinfrastruktur, die diesen Namen verdient, gibt es erst recht nicht.
Konkret stellen sich Fragen wie: Wo werden die Offiziere und höheren Unteroffiziere untergebracht? Wo geht die Truppe in den Ausgang? Geschlossen nach Kaiserstuhl? Wenn die rekognoszierenden Kader von Kompanien und Bataillonsstäben diese Faktoren in ihre Standortauswahl einbeziehen, dann haben halt schnell einmal andere Ortschaften die besseren Karten.
1 Kommentar:
Bezugnehmend auf die MGW März 2010, S.8 publizierte der Tages-Anzeiger Unterland am 10. März den folgenden Artikel:
Alte Militärküche wird verschenkt
«Weiach – Die Gemeinde verschenkt eine voll ausgestattete Militärküche. Es gibt gratis eine zusammengebaute Kippkesselkombination aus vier Kesseln mit bis zu 180 Liter Fassungsvermögen abzuholen. Allerdings seien kaum mehr Ersatzteile erhältlich, steht im Mitteilungsblatt. Die Demontage und der Transport müssen durch den Erwerber organisiert und ausgeführt werden. Und man könne keine Garantieansprüche geltend machen. Interessierte können sich schriftlich bis zum 19. März bei der Gemeindeverwaltung melden.»
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