In den WeiachBlog-Artikeln vom 26. und 27. November war bereits die Rede vom Visitationsbericht des Weiacher Pfarrers Kilchsperger an die vorgesetzte Behörde in Zürich.
Die vierte vom Kirchenrat zur Periode 1912 bis 1923 gestellte Frage betraf die sogenannten Kasualien, d.h. nach Bedarf angesetzte Amtshandlungen des Pfarrers. Gemeint sind besonders die kirchlichen Feiern zur Taufe, Konfirmation, Trauung (Hochzeit) und Beerdigung (Bestattung). Hier die Antworten aus Weiach:
Taufe als öffentliche Zeremonie
«Ad 4. Die Taufe wird hier nur in wenig Fällen unterlassen, u. gewöhnlich findet sie im Beisein der Gemeinde statt.»
Dass die Taufe einen Teil des normalen Sonntagsgottesdienstes darstellt ist in Weiach auch heute noch üblich. Dies im Gegensatz zu stark frequentierten Kasualien-Kirchen (wie z.B. Regensberg), für welche oft eine Trennung eingeführt worden ist, da sich kirchenungewohnte Tauf- und Hochzeitsgesellschaften häufig nicht an die ungeschriebenen Regeln halten (kein Schwatzen und Telefonieren bzw. exzessives Fotografieren im Gottesdienst).
Trinken aus gemeinsamem Kelch
«Die Abendmahlsfeiern werden gut besucht, auch von Seiten der Männer; nur einzelne Besucher der Festgottesdienste verlassen die Kirche vor dem Abendmahl, jedenfalls nicht aus Angst vor dem gemeinsamen Kelch, den wir nicht ohne dringende Notwendigkeit durch Einzelkelche ersetzen würden.»
Die damals gemeinsam genutzten Kelche aus Holz sind heute als Exponate im Weiacher Ortsmuseum zu finden.
Es ist halt Tradition...
«Krankenkommunion wurde schon begehrt u. gerne ausgeführt. Wohl werden Taufe und Abendmahl von Manchen nur als gute, fromme Sitte, gewohnheitsmässig mitgemacht, doch von der Mehrzahl wohl als sinnvolle Handlungen wert gehalten.»
Da besteht wohl kein Unterschied zur heutigen Zeit. Gläubig mögen die Leute ja durchaus sein - was sich aber nicht in fleissigem Kirchgang ausdrückt.
Mitbestimmung für Konfirmanden
«Die Konfirmation ist hier eine von der ganzen Gemeinde besuchte Feier, u. wird mit möglichst einfachen gehaltenem Versprechen gefeiert, wobei den Konfirmanden soweit Freiheit geboten wird, dass in einer der letzten Stunden des Unterrichts das Versprechen zur Prüfung vorgelegt wird, u. später jedes Einzelne befragt wird, ob es von sich aus dem Versprechen zustimme oder nicht.»
Heute eine Selbstverständlichkeit. Dass Kilchsperger dieses Verfahren ausdrücklich erwähnt lässt vermuten, dass es damals durchaus auch anders gehandhabt wurde.
Wenn der Priester die Ehe mitbestimmt
«Grundsätzliche Änderung wird von Seiten der Gemeinde nicht gewünscht.
Die kirchliche Trauung wird nur selten unterlassen, dagegen häufig Trauung am Samstag begehrt.»
Früher wurde offensichtlich die Hochzeit eher am Sonntag gehalten. Hier zeichnet sich der Trend ab, diese Kasualie zu einem privaten Event zu machen, was heute die Regel ist.
«Mischehen kommen hie u. da vor, gewöhnlich aber behält die katholische Braut die Oberhand, u. wagt der protest. Bräutigam nicht zu protestieren. Allen kirchlich getrauten Ehepaaren wird eine Traubibel verabfolgt.»
Auch hier keine signifikante Änderung. Der religiöse Hoheitsanspruch auf die Kinder einer Mischehe wird von den katholischen Priestern auch heute noch erhoben - und durchgesetzt.
Letztes Geleit
«Die kirchlichen Bestattungen sind Regel - selbst die Angehörigen von Gemeinschaften begehren sie. Auch hier ist eine Ansprache des Pfarrers üblich, worin er die Personalien mit den Gedanken des Textes verbindet u. zu den vielen Anwesenden ein Wort christl. Glaubens u. Hoffens spricht.»
Mit den angesprochenen Gemeinschaften sind v.a. evangelikale Freikirchen wie die Pfingstgemeinden oder die Chrischona-Mission gemeint.
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