Worum geht es? Nach Schweizer Recht (ZGB 328 und 329) hat eine Person, die für ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst aufkommen kann, einen gesetzlichen Anspruch auf Unterstützung durch ihre direkten Verwandten. Diese haben sich gegenseitig unter die Arme zu greifen, sobald sie ohne diese Massnahme in Not geraten würden. Diese Bestimmungen im Schweizerischen Zivilgesetzbuch werden zuweilen als alter Zopf bezeichnet und die Forderung nach Abschaffung erhoben.
Keine Unterstützungspflicht in Weyach
Alter Zopf? Zumindest was die Gemeinde Weiach anbelangt, scheint es früher nicht selbstverständlich gewesen zu sein, bei der Armenunterstützung auf die nächsten Verwandten zurückzugreifen. Im Gegenteil.
Dies kann man dem ältesten erhalten gebliebenen Stillstandsaktenbuch der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Weiach entnehmen. Die Kirchenpflege (damals Stillstand genannt) hatte bis zur Revision des Gemeindegesetzes in den 1920er-Jahren die Aufsicht über das Armenwesen.
Umfrage für neues Armengesetz
1834 plante die Regierung des Kantons Zürich die Armengesetzgebung zu überarbeiten und machte daher eine Umfrage. Sie schickte im Januar 1834 eine handschriftlich verfasste Liste von «Fragen an die ehr. Kirchenstillstände, behufs Abfassung eines Gesetzesvorschlags über das Armenwesen», welche als Beilage im Original erhalten geblieben ist. Die Stillstände sollten bis Ende Februar Antwort geben.
Eine der Fragen lautete: «5. Wie wurde es mit der Verpflichtung der Verwandten zur Unterstützung Armer, bisher in der Gemeinde gehalten?».
Was taten die Weyacher? «23. Febr. 1834 versammelte sich der E. Stillst. um zu berathen, wie die in Beylage enthaltenen Fragen des Raths des Innern zu beantworten seyen: man beschlosz dieselben auf folgende Weise zu beantwortnen:»
«ad frag 5. Die Verwandten wurden noch nie zur Unterstützung Armer verpflichtet.»
Interessant. Aus welchen Gründen dies in unserem Dorf so gehandhabt wurde, wird leider nicht erläutert. Ob es die Hiesigen auch so sahen wie heute der Beobachter?
Zitat: «Gegen eine freiwillige Unterstützung unter Familienmitgliedern ist sicher nichts einzuwenden. Problematisch wird es aber dort, wo sie erzwungen wird. Besonders dann, wenn die Pflichtigen selbst nicht sehr begütert sind und Konflikte das Familiensystem ohnehin belasten.»
Weiterführende Infos
- Verwandtenunterstützungspflicht. Gesetzliche Grundlagen und Anwendungspraxis nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Beobachter-Merkblatt, Oktober 2008.
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