Dienstag, 27. März 2012

Jungbürgerfeier in der Bowlinghalle

Wie sehr die direkte Demokratie in unserem Land mittlerweile profaniert und zur relativen Belanglosigkeit degradiert ist, zeigt sich auf der Gemeindeebene besonders deutlich.

Aktuelles Beispiel: die Aufnahme der Jungbürger in den Kreis der Stimmberechtigten.

Vereidigung, Parlamentsbesuch...

Früher fand diese noch unter den Augen der gesamten Gemeinde statt. So geschehen in der «Gemeindversamlung vom 24ten Mai 1857». Da wurde «die Beeidigung der im Jahr 1837 gebornen jungen Bürger vorgenommen». Wie die Eidformel gelautet hat ist schon fast nebensächlich. Wichtiger scheint mir, dass damit die Ernsthaftigkeit unterstrichen und signalisiert wurde, dass es um etwas Wichtiges geht.

Ansatzweise war das sicher auch vor rund 50 Jahren der Fall, als am 1. August 1961 «der Gemeindeprsdt. Alb. Meierhofer-Nauer [...] die Aufnahme der volljährig gewordenen Jungbürgerinnen und Jungbürger» vornahm (G-Ch 1961, S. 18). Oder 1987 als der WeiachBlog-Autor und sein Jungbürgerjahrgang zusammen mit dem Gemeindepräsidenten und dem Gemeindeschreiber nach Bern reisten und dort dem Parlament einen Besuch abstatteten.

... oder nur noch auf die Gokart-Bahn

Heute ist da offenbar nur noch «Action statt Politik» gefragt (vgl. Artikel im Zürcher Unterländer vom 21. März): «Gokart fahren, Bowling oder Golf spielen – viele Gemeinden stellen für ihre Jungbürgerfeiern ein ausgefallenes Programm zusammen. Die jungen Erwachsenen damit zu begeistern, gelingt allerdings nicht immer.» Der Autor des Artikels, Alexander Lanner, zieht ein trauriges Fazit.

Dass «die mit der Volljährigkeit neu erworbenen Rechte und Pflichten in den Ansprachen der Gemeinderäte kurz gestreift» würden, sei zwar «bei den Jungbürgerfeiern der meisten Gemeinden gängige Praxis.»

Der bei den Jungen bleibende Eindruck dürfte aber eher der eines Happenings sein: «So wurden die Jugendlichen von Buchs beispielsweise zu einem Bowling-Abend eingeladen. Dasselbe stand auch für die Jungbürger aus Bachs, Stadel und Weiach an. Die drei Gemeinden haben ihre Feier vor einigen Jahren zusammengelegt. Rund 60 Jugendliche folgten 2010 der Einladung.»

Wie man der Zusammenstellung im Unterländer entnehmen kann führt Weiach die Feier nicht mehr allein durch - und auch nur noch alle zwei Jahre:


Diese Zusammenlegung ist nicht nur der effizienten Abhandlung einer Tradition geschuldet, sie garantiert auch eher für zahlreicheres Erscheinen. Kennen sich doch viele Jugendliche ähnlicher Jahrgänge aus der gemeinsamen Oberstufenzeit in Stadel. De facto organisieren die politischen Gemeinden die erste Klassenzusammenkunft.

Quellen

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