Sonntag, 11. Juni 2006

Wie die Pestalozzi in Weiach wirkten

Neben dem wohl bekanntesten Vertreter dieses alteingesessenen Zürcher Geschlechts, dem Pädagogen Heinrich Pestalozzi, gibt es noch Dutzende weiterer interessanter Personen, die im Lauf der Jahrhunderte der Welt ihren Stempel aufdrückten.

Frau Pfarrer macht Politik - Ende 40er/Anfangs 50er-Jahre

Und das waren beileibe nicht nur Männer. Auch in den Zeiten vor dem Frauenstimmrecht hatten und nahmen Frauen aus dem Hause Pestalozzi sehr wohl Einfluss. Zum Beispiel Gertrud Hauser-Pestalozzi, die von 1947 bis 1956 den Frauenverein Weiach präsidierte.

«Frau Pfr. T. Hauser», wie sie von den Hiesigen dem damaligen Brauch entsprechend mit Vornamen und Funktion des Herrn Gemahls, Theodor Hauser, genannt wurde, wird als eine ziemlich resolute, tatkräftige Frau beschrieben, die sich auch nicht scheute, sich mit den politisch massgebenden Männern im Ort anzulegen, wo ihr das nötig schien.

So kann man dem Protokoll der Vorstandsitzung vom 13. Oktober 1948 im Pfarrhaus entnehmen: «Von der Offerte der Winterhilfe betr. Verbilligung der Textilien wurde Umgang genommen, da wir die Verkaufsläden im eigenen Dorf berüksichtigen wollen. Wir wollen uns an der Unterschriftensammlung im Kampf gegen die Schnapstrinkerei beteiligen, und einige Bogen zirkulieren lassen.».

Wo es in letzterem Fall nur die einheimischen Wirte betraf, so legte sie sich später direkt mit den Vereinsgewaltigen an: «Frau Pfarrer war an der Kindervorstellung des Turnvereins. Sie sagte solch schlechte Theater seien doch nichts für die Kinder, und wir möchten nun die Vereine anfragen, ob Sie in Zukunft diese Kindervorstellungen nicht weglassen möchten? Frl. Vollenweider [1911-1952 (!) Lehrerin in Weiach] unterstützte dies lebhaft. Um dies zu erreichen wurden Unterschriften gesammelt (ca 25)».

Weit zurückreichender Stammbaum

Wer sich für die genealogischen Zusammenhänge und die Herkunft dieser Pfarrersfrau interessiert, dem kann ein umfangreiches Online-Familienbuch weitere Einblicke verschaffen. Beginnend mit der Stammtafel 28 – Pestalozzi von Zürich und Männedorf kann man sich da durch die Jahrhunderte zurückhangeln.

Da erfährt man dann u.a. folgendes:

Gertrud, geboren 1918, verheiratet 1943 mit Theodor Hauser, geb. 1915, Pfarrer in Weiach. Sie war das dritte von sechs Kindern des Karl Gerold, geb. 1884, V.D.M. (d.h. Verbi divini minister, also Theologe), Dr. phil., Gymnasiallehrer, in Thalwil. Ihr Vater hatte sich 1914 mit Marta Beerle, geb. 1891, vermählt.

Karl Gerolds Vater, Karl Heinrich, geb. 1854, gest. 1918, Dr. med., Arzt in Männedorf, "Zur Schönau", hatte sich 1883 mit Susanna Bertha Bindschedler, geb. 1858, gest. 1931 verheiratet (von dort Verweis auf Stammtafel 27 – Pestalozzi in Zürich: Linie zum Wolkenstein) .

Gertruds Urgrossvater im Mannesstamm war ein Carl, geb. 1815, gest. 1869, Pfarrer am Kantonsspital, Dr. theol. h. c., verh. 1845 mit Anna Pestalozzi, von der Froschau, geb. 1822, gest. 1907 (wieder ein Verweis: diesmal auf Stammtafel 26).

Der Urgrossvater hiess für einmal nicht Carl sondern Salomon. Geboren 1781, gestorben 1848, Kaufmann und Sensal, zum Wolkenstein, des Großen Rates. Er war dreimal verheiratet: die erste Ehe 1812 mit Anna Margaretha Ott, geb. 1793, gest. 1822 von der Sohn Carl abstammte. In zweiter Ehe 1826 mit Marie Ottilie Hirzel, geb. 1793, gest. 1826 und in dritter Ehe 1830 mit Anna Catharina Ott, geb. 1797, gest. 1871, der Witwe von Pfarrer Hans Jakob Tobler (erneut ein Verweis: Stammtafel 25) .

Also eine weitverzweigte Ärzte-, Pädagogen- und Theologen-Familie. Nur folgerichtig, dass die Töchter oft ihrerseits Pfarrer heirateten und in der Funktion als Pfarrersfrau auch dank ihrem Familien-Netzwerk Erfolg hatten.

Quellen

1 Kommentar:

Wiachiana-Verlag hat gesagt…

Die im obigen Artikel erwähnte Lehrerin Louise Vollenweider war bereits ab 1906 in Weiach tätig - nicht erst ab 1911, wie in den Weiacher Geschichte(n) Nr. 59 fälschlicherweise notiert.

In den ersten Jahren 1906-11 betreute sie die "Realabteilung" (höhere Klassen der Primarschule), ab 1911 dann die "Elementarabteilung" (die jüngsten Schüler).

Vgl. den Blogartikel vom 28. Januar 2007: Viereinhalb Jahrzehnte als Lehrerin in Weiach [Nr. 370]