Da haben die Weiacherinnen und Weiacher eine Frau in die Gemeindeexekutive gewählt - zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinde überhaupt. Und schon wenige Stunden später lehnt Elsbeth Ziörjen die Wahl in den Gemeinderat ab. Warum das?
Nach der Pattsituation vom Sonntag (vgl. Patt nach Kampfwahl um Gemeindepräsidium. WeiachBlog vom 31. Januar 2010) war eines klar: Paul Willi hat das absolute Mehr nicht erreicht. Selbst bei einer Wahl nach relativem Mehr wäre er als Sechster überzählig ausgeschieden. Noch am Abend der Wahl sah es so aus, dass die Stimmberechtigten nun den Gemeindepräsidenten aus den fünf bereits Gewählten würden aussuchen müssen. Denn nur wer auch als Gemeinderat gewählt ist, kann als Präsident gewählt werden. Paul Willi war also aus dem Rennen.
Wer zu spät kommt, den bestraft das briefliche Verfahren
Aber nicht für lange. Denn den neu Gewählten mit nur wenigen Stimmen über dem absoluten Mehr von 95 Stimmen (Ziörjen mit 117 und Galimberti mit 120) ist ziemlich schnell klar geworden, dass einer von ihnen wohl nicht gewählt worden wäre, hätte der bisherige Gemeinderat Paul Willi seine Kandidatur nur wenige Tage früher bekanntgegeben. Und nicht erst am Freitag vor der Wahl.
Zu diesem Zeitpunkt hatten viele Stimmberechtigte ihre Zettel bereits ausgefüllt oder sogar schon brieflich zu Handen der Wahlurne eingeschickt. Viele aus der ersten Kategorie wollten sich noch umentscheiden, nachdem die Kandidatur Willi bekannt wurde. Nach Aussage des amtierenden Gemeindepräsidenten Gregor Trachsel seien am Freitag etliche Einwohner auf die Gemeindekanzlei gekommen und hätten neue Wahlzettel verlangt!
Mit dem Rücktritt von Ziörjen wird wieder ein Sitz vakant. Und es sieht ganz so aus, als ob beim zweiten Wahlgang am 7. März 2010 Paul Willi nicht nur als Gemeinderat wiedergewählt, sondern auch zum neuen Gemeindepräsidenten gekürt wird. Der Kandidat aus dem ersten Wahlgang, Emanuel Galimberti, hat sich nämlich aus dem Rennen zurückgezogen. Und Ernst Eberle hat schon vor dem ersten Wahlgang klar zu verstehen gegeben, er stehe nicht zur Verfügung.
Mutmasslicher Volkswille versus gesetzliche Vorschriften
All das dürfte dem Willen einer Mehrheit der sich aktiv an der Wahl beteiligenden Stimmberechtigten entsprechen. Das Ziel: mehr Kontinuität in die Arbeit des Gemeinderats zu bringen, ist so besser gewährleistet. Ob dieses von Ziörjen genannte Ziel aber als Rücktrittsgrund vor dem Gesetz bestehen würde, ist sehr fraglich.
Das kantonale Gesetz über die politischen Rechte sieht nämlich für ein Amt mit Amtszwang (wie es ein Gemeinderatsposten nun einmal darstellt), lediglich vier explizit genannte Ablehnungsgründe vor.
Entweder ist der/die Gewählte a) bereits über 60 Jahre alt, hat b) bereits ein anderes Amt inne, in das er von Stimmberechtigten gewählt worden ist (z.B. Kantonsrat), oder er/sie ist c) schon seit zwei Amtsperioden im fraglichen Gremium. Als vierten und letzten Grund gibt es d) nur noch sonstige «wichtige Gründe».
Kontinuität im Gemeinderat: kein wichtiger Grund
Beim Gemeindeamt des Kantons ist der von WeiachBlog angefragte Jurist der Meinung, ein Grund wie der von Ziörjen genannte sei kein vom Gesetz vorgesehener oder durch die Gerichtspraxis bestätigter, gültiger Ablehnungsgrund. Es gelte für alle fünf Personen, die am Sonntag das absolute Mehr übertroffen hätten der Grundsatz «Gewählt ist gewählt».
Mit anderen Worten: erhebt ein Stimmberechtigter fristgerecht beim Bezirksrat Stimmrechtsbeschwerde gegen diesen Rücktritt und wird diese gutgeheissen, dann muss der vom Gesetz vorgesehene Zustand wiederhergestellt werden: Elsbeth Ziörjen ist im Gemeinderat, Paul Willi nicht.
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