Montag, 12. August 2024

Sich gegenseitig gebannt. Übersinnliches aus dem Unterland

Nicht nur in der Alpenregion sind etliche Sagen überliefert. Es gibt sie auch aus dem Kanton Zürich. Die Sammlung Glaettli wurde 1959 durch die Antiquarische Gesellschaft in Zürich veröffentlicht.

Das Kapitel V versammelt Unterländer Sagen, besonders aus dem Rafzerfeld, dem Bachsertal und dem Wehntal.

Direkt in Weiach selber spielt zwar keine dieser in gedruckter Form erhaltenen Unterländer Sagen. Aber zumindest in einem Fall ist der Ortsname unserer Gemeinde genannt. Richtung Weiach fahren wollte nämlich einer von zweien, die zwischen Glattfelden und Aarüti aneinander gerieten:

«Ein Mühleknecht fuhr mit dem Mühlewagen von der Glattbrücke gegen Aarüti. Einen neben der Straße mähenden Bauern begrüßte er mit: „Guten Tag, haut s es?" Der Bauer gab den Gruß zurück, die Frage des Knechtes bejahend. Als er aber wieder weitermähte, bemerkte er, wie die Sense viel schlechter schnitt als vorher, und alles Wetzen half nichts. Der Bauer schien aber die Ursache sofort herausgefunden zu haben. Er wußte sich auch zu helfen. Als nämlich der Fuhrknecht den Stich gegen den Zweidlergraben hinauffahren wollte, ging's auf einmal nicht mehr vorwärts, er mochte die Pferde antreiben wie er wollte. Der Fuhrmann ließ den Wagen stehen und lief zurück zum Bauern, um ihn zu bitten, er solle ihn doch „la gaa". Nun forderte dieser von jenem natürlich, er solle ihm zuerst dazu verhelfen, daß seine Sense wieder schneide. So entließen sie sich gegenseitig wieder aus dem Bann, und der Knecht konnte mit seinem Fuhrwerk weiterfahren gegen Weiach.»

Hier ist also eine Steigung erwähnt, die man normalerweise mit etwas Vorspann problemlos bewältigen kann. Klar, die Strassen waren früher (d.h. vor den 1840er-Jahren) teils in hundsmiserablem Zustand. Denn der Zürcher Staat kümmerte sich nicht so intensiv um das Landstrassennetz, wie das die Regenten der Republik Bern taten.

Aber sonst? Die Fahrbahn der Glattbrücke unmittelbar westlich Glattfelden liegt auf 357 m ü.M. Und die Brücke über den Zweidlergraben auf 371 m ü.M. Dazwischen liegt eine Strecke von 1.3 km. Wirklich heftig ist so eine Steigung nicht. Umso eher musste der Müllereiangestellte den Verdacht hegen, verhext worden zu sein, wenn die Rösser plötzlich nicht mehr wollen. Oder gar können?

Wie dem auch gewesen sein mag: Liebhaber von kleinen Geistergeschichten mit unmittelbarem Bezug zu unserer nächsten Umgebung werden in diesem Band 41 fündig.

Quelle
  • Glaettli, K.W.: Zürcher Sagen. Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. 41 (1959) – S. 165-166. [Kapitel V, Nr. 22 Gebannt]

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