Donnerstag, 29. August 2024

Wahlbeteiligung 1849 «grenzenlos gering»

Es wird ja immer wieder einmal beklagt, die Stimmbeteiligung sei auf kommunaler Ebene unterirdisch tief. Das suggeriert indirekt, früher sei alles besser gewesen. Dem ist aber beileibe nicht so. 

Auch vor 175 Jahren kam es schon vor, dass die Stimmberechtigten ihre Rechte situativ ausübten, oder eben mit Abwesenheit geglänzt und auf ihre Stimme verzichtet haben. Dies kann man der Eidgenössischen Zeitung (zu dieser Zeit in Zürich publiziert) vom Mittwoch, 29. August 1849 entnehmen:

«Zürich. Gestern den 28. d. versammelte sich der Große Rath [heute = Kantonsrat] zu seiner ordentlichen Sommersitzung nicht gar zahlreich. Die wenigen Eröffnungsworte des Präsidenten Herrn Reg Rath Rüttimann bezogen sich auf einige der wichtigern Berathungsgegenstände, vorzüglich eidgenössischer Natur, welche heute zum ersten Mal vorlagen. Die Geschäfte vermehrten sich durch eine Vorlage des Regierungsrathes betreffend die Handwerks-Verhältnisse und das Entlassungsgesuch des Herrn Oberrichter Ammann als Mitglied des Ständerathes. Die von den Wahlkreisen Wald, Kloten, Basserstorf und Stadel getroffenen Wahlen von vier Mitgliedern des Großen Rathes wurden anerkannt und die Neugewählten (Herren Gemeindammann Heußer von Wald, Landschreiber Schäppi, Kommandant Winkler von Kloten und Gemeindammann Willi in Weiach) beeidigt. — Die Theilnahme bei diesen Wahlen war grenzenlos gering. Der letzte z. B. wurde von 31 Anwesenden gewählt!! [...]»

Hier lässt sich der Artikel dann weiter über die behandelten Geschäfte aus. Wir nehmen eine andere Publikation zur Hand, die am 31. August 1849 erschienene Ausgabe der Züricher Freit[ags-]. Zeitung. Auch ihr Verhandlungsbericht nimmt das Wahlergebnis des Kreises Stadel ins Visier:

«Großer Rath. — Eröffnung am 28. August. Die Versammlung war nicht sehr zahlreich. Hr. Präsident Rüttimann meinte, die kostspielige Aufstellung eines vollen Justizapparates sei nicht geeignet, die neuen Bundeseinrichtungen beliebt zu machen, die Wahl von eidg. Geschwornen dürfte übrigens der Jury auch in den Kantonen Eingang verschaffen. Die neugewählten Herren Großräthe Heußer (Wald), Schäppi (Kloten), Winkler (Kloten) und Willi (von Weyach — bei bloß 31 Stimmenden gewählt) werden beeidigt.»

Man kann das jetzt unterschiedlich werten: Als selbstverständlichen Anspruch der Weiacher auf den Grossrats-Sitz (im Turnus mit den anderen Gemeinden des Wahlkreises) oder als Vertrauensbeweis für den (einzigen?) Kandidaten. Regionale Zeitungen kann man zur Beantwortung dieser Frage leider nicht konsultieren, denn diese gibt es erst seit dem Jahr 1850 (vgl. WeiachBlog Nr. 2132 und Nr. 2150).

Quellen

[Veröffentlicht am 30. August 2024 um 13:53 MESZ]

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